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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_111/2021  
 
 
Urteil vom 26. Juli 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Epidemiengesetz, Verordnung (des Regierungsrats des Kantons Zürich) über Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 24. August 2020, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, vom 3. Dezember 2020 (AN.2020.00016). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Bundesrat erliess am 19. Juni 2020 die (alte) Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung besondere Lage; AS 2020 2213). Diese wurde in der Folge wiederholt geändert. Art. 8 der Verordnung in der ursprünglichen Fassung lautete: 
Art. 8 Zusätzliche Massnahmen der Kantone 
1 Erhöht sich die Anzahl Personen, die nach Artikel 33 EpG identifiziert und benachrichtigt werden müssen, derart, dass diese Massnahme nicht praktikabel ist, so kann der Kanton für eine begrenzte Zeit vorsehen, dass die Anzahl Gäste, Besucherinnen und Besucher oder Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Einrichtungen und Betrieben sowie an Veranstaltungen über die Vorgaben dieser Verordnung hinaus beschränkt wird. 
2 Kommt es örtlich begrenzt zu einer hohen Anzahl von Infektionen oder droht eine solche unmittelbar, so kann der Kanton für eine begrenzte Zeit regional geltende Massnahmen nach Artikel 40 EpG treffen. Er hört vorgängig das BAG an und informiert dieses über die getroffene Massnahme. 
 
B.  
Der Regierungsrat des Kantons Zürich erliess am 24. August 2020 gestützt auf Art. 40 des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz; EpG; SR 818.101) sowie Art. 8 der Covid-19-Verordnung besondere Lage die Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (V Covid-19; LS 818.18; OS 75 403). Deren § 4 lautete wie folgt: 
§ 4. Maskentragpflicht in Einkaufsläden, Einkaufszentren und Märkten 
1 In den Innenräumen von Einkaufsläden, Einkaufszentren und Märkten muss eine Gesichtsmaske getragen werden. 
2 Keine Gesichtsmaske tragen müssen 
a. Kinder bis zum Alter von 12 Jahren, 
b. Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen, insbesondere medizinischen Gründen keine Gesichtsmaske tragen können, 
c. das Personal, sofern es durch eine physische Abtrennung (z.B. Plexiglasscheiben) geschützt ist. 
 
C.  
Am 7. September 2020 erhob A.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde und beantragte die Aufhebung von § 4 V Covid-19. 
 
D.  
Am 13. Oktober 2020 beschloss der Regierungsrat eine Änderung (u.a.) von § 4 V Covid-19 (OS 75 455) und am 21. Oktober 2020 hob er § 4 mit Wirkung ab 23. Oktober 2020 auf (OS 75 467), nachdem der Bundesrat am 18. Oktober 2020 die Covid-19-Verordnung besondere Lage geändert (AS 2020 4159) und dabei in Art. 3b bundesrechtlich eine Maskentragpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen von Einrichtungen und Betrieben eingeführt hatte. 
 
E.  
Mit Urteil vom 3. Dezember 2020 erwog das Verwaltungsgericht, der angefochtene § 4 sei zwar nicht mehr in Kraft. Es rechtfertige sich aber, vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen und auf die Beschwerde einzutreten. In der Sache wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
F.  
A.________ erhebt am 1. Februar 2021 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Maskentragpflicht gemäss § 4 V Covid-19 verfassungswidrig gewesen sei. Daneben stellt er eine Reihe prozessualer Anträge. 
Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich beantragt namens des Regierungsrats, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventualiter sie abzuweisen. Das Bundesamt für Gesundheit unterstützt die Ausführungen der Vorinstanz und verzichtet auf weitere Bemerkungen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das angefochtene Urteil, welches im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle eine Beschwerde gegen § 4 der kantonalen V Covid-19 abweist, ist grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. b, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 87 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer wohnt im Kanton Aargau, macht aber glaubhaft geltend, er tätige regelmässig bei seinem Arbeitsweg von U.________ nach V.________ in den Läden des Hauptbahnhofs Zürich seine Einkäufe; er ist daher durch die Maskenpflicht in Einkaufszentren zumindest virtuell berührt und zudem durch das angefochtene Urteil formell beschwert (Art. 89 Abs. 1 lit. a und b BGG).  
 
1.2. Das schutzwürdige Interesse (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG) besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Anliegen obsiegt und dadurch seine tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann (BGE 141 II 14 E. 4.4); das Rechtsschutzinteresse muss daher grundsätzlich aktuell sein. Das gilt auch für die abstrakte Normenkontrolle (BGE 146 II 335 E. 1.3). Am aktuellen Rechtsschutzinteresse fehlt es, wenn der angefochtene Erlass inzwischen aufgehoben worden ist.  
 
1.3. Ausnahmsweise tritt das Bundesgericht unter Verzicht auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses auf eine Beschwerde ein, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 146 II 335 E. 1.3; 142 I 135 E. 1.3.1; 139 I 206 E. 1.1). Das Bundesgericht kann dabei die Überprüfung auf diejenigen Streitfragen beschränken, die sich in Zukunft mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wieder stellen werden (BGE 131 II 670 E. 1.2).  
 
1.4. Die Beschwerde an das Bundesgericht muss die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 m.H.). Sodann prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Es gilt insofern eine gesteigerte Rügepflicht (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2). Enthält ein Rechtsbegehren überhaupt keine hinreichende Begründung, tritt das Bundesgericht darauf nicht ein.  
 
1.5. Die Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht betraf einzig § 4 der V Covid-19 in der ursprünglichen Fassung, und damit die Maskentragpflicht in Einkaufsläden, Einkaufszentren und Märkten. Diese Bestimmung war bereits im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils nicht mehr in Kraft, so dass kein aktuelles Rechtsschutzinteresse besteht. Der Beschwerdeführer ist sich dessen bewusst, macht aber geltend, es sei vom Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses abzusehen: Im vorliegenden dynamischen Regelungsumfeld sei davon auszugehen, dass sich die durch seine Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen jederzeit wieder unter gleichen oder ähnlichen Umständen erneut stellen könnten; eine rechtzeitige Überprüfung von kurzzeitig befristeten und sich in fortwährender Anpassung befindlichen Normen sei schwer zu bewerkstelligen.  
 
1.6. Das mag zutreffen. Indessen fehlt es an der zusätzlichen Voraussetzung, dass die Beantwortung der sich stellenden Fragen wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt: Das Bundesgericht hat nämlich mit Urteil 2C_793/2020 vom vom 8. Juli 2021 eine sinngemäss gleichlautende Bestimmung in einer Verordnung des freiburgischen Staatsrates beurteilt und die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen. Es hat dabei erwogen, die Maskentragpflicht stelle zwar eine leichte Einschränkung der persönlichen Freiheit dar. Diese beruhe aber auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage (Art. 40 EpG), diene einem öffentlichen Interesse und sei angesichts des der Exekutive einzuräumenden Spielraums und aufgrund des aktuell verfügbaren Wissens verhältnismässig: Die Covid-19-Pandemie sei gravierender als die saisonale Grippe-Epidemie; die Entwicklung der Pandemie namentlich ab Herbst 2020 rechtfertige die Maskenpflicht; die Gesichtsmaske schütze zwar nicht hundertprozentig, sei aber geeignet, die Verbreitung des Virus zu begrenzen, auch wenn nicht ausgeschlossen sei, dass eine unsachgemässe Verwendung kontraproduktive Auswirkungen haben könne, weil sie ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln könne. Die Maskentragpflicht sei zudem nicht besonders einschneidend, da sie nur während der Dauer des Aufenthalts in Einkaufsläden bzw. -zentren bestehe. Sie sei milder als denkbare alternative Massnahmen.  
 
1.7. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen die gleichen Argumente vor wie diejenigen, die das Bundesgericht in jenem Urteil bereits beurteilt hat. Eine andere Beurteilung drängt sich im Lichte der Vorbringen des Beschwerdeführers (vorne E. 1.4) nicht auf. Insbesondere ist seine Argumentation unbehelflich, der Umstand, dass die Fallzahlen nach Einführung der Maskenpflicht stabil geblieben oder zugenommen hätten, beweise die Ungeeignetheit der Maskenpflicht. Denn entscheidend ist die Entwicklung, die ohne die getroffenen Massnahmen eingetreten wäre (vgl. Urteil 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.3.4). Auch das vom Beschwerdeführer vorgelegte Urteil des Tribunal de Relacao de Lisboa vom 11. November 2020 und die darin enthaltene Kritik an den PCR-Tests führen nicht zu einem anderen Ergebnis; denn die Vorinstanz rechtfertigt die angefochtene Massnahme nicht nur oder primär mit positiven Testergebnissen, sondern mit Todesfällen und Hospitalisationen.  
 
1.8. Die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge, zum Erlass der angefochtenen Massnahmen wäre gemäss kantonalem Recht nicht der Regierungsrat, sondern der kantonsärztliche Dienst zuständig gewesen, wirft keine grundsätzliche Frage auf, die ein Eintreten trotz Wegfalls des aktuellen Rechtsschutzinteresses rechtfertigen würde, zumal ohnehin fraglich ist, ob diese Rüge den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG (vorne E. 1.4) entspricht.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. Juli 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Businger