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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1189/2020  
 
 
Urteil vom 16. November 2020  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
3. C.A.________, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Stulz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
2. D.________, 
vertreten durch Fürsprecher Franz Müller, 
3. E.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lukas Wyss, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Einstellung (fahrlässige Tötung etc.); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 8. September 2020 (BK 20 216-218). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Am 4. April 2014 verstarb der Ehemann und Vater der Beschwerdeführer im Inselspital Bern, nachdem er zuvor notfallmässig durch das Regionalspital Emmental zugewiesen worden war. Die Staatsanwaltschaft Emmental-Oberaargau stellte mit Verfügung vom 7. August 2018 - soweit vorliegend von Bedeutung - das gegen die Beschwerdegegner 2 und 3 eröffnete Strafverfahren ein. Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess die Vorinstanz am 20. Dezember 2018 gut und wies die Staatsanwaltschaft an, die Strafuntersuchung gegen die Beschwerdegegner 2 und 3 fortzuführen. Die Staatsanwaltschaft verfügte am 30. April 2020 erneut die Verfahrenseinstellung. Die von den Beschwerdeführern hiergegen erhobene Beschwerde wiess die Vorinstanz mit Beschluss vom 8. September 2020 ab, soweit sie auf diese eintrat. 
Die Beschwerdeführer beantragen mit Beschwerde in Strafsachen sinngemäss, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Sache der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Vervollständigung des Sachverhalts und anschliessender Anklageerhebung zurückzuweisen. Die Beschwerdeführer ersuchen um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
2.  
 
2.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich nur berechtigt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung allfälliger, ihr durch die Straftat entstandener Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche im Sinne der Vorschrift gelten Ansprüche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4). Hingegen können öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen demnach nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 146 IV 76 E. 3.1 S. 82; Urteil 6B_1109/2019 vom 23. September 2020 E. 1.1; je mit Hinweisen). Die Beschwerdeberechtigung der Privatklägerschaft setzt zudem grundsätzlich voraus, dass diese, soweit zumutbar, ihre Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1; Urteile 6B_1202/2019 vom 9. Juli 2020; 6B_856/2018 vom 19. August 2019, nicht publ. in: BGE 145 IV 433; je mit Hinweisen), sich mithin im Strafverfahren nicht nur als Strafklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO), sondern auch als Zivilklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO) konstituiert hat (vgl. etwa Urteil 6B_1239/2019 vom 20. Februar 2020 E. 2.1).  
 
2.2. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung ihr zustehender Verfahrensrechte geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bedeutet. Unzulässig sind Rügen, deren Beurteilung von der Prüfung in der Sache nicht getrennt werden kann und die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; je mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Der vorinstanzliche Entscheid kann sich nicht auf die Beurteilung allfälliger Zivilansprüche der Beschwerdeführer auswirken. Diese weisen in ihrer Eingabe (zutreffend) darauf hin, dass sie eventuelle Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung, die aus einem (medizinischen und insoweit) strafrechtlich relevanten Fehlverhalten der Beschwerdegegner 2 und 3 im Rahmen der ärztlichen Versorgung des Verstorbenen resultieren könnten, im hierfür vorgesehenen kantonalen Verwaltungsverfahren bei der Direktion der Regionalspital Emmental AG (RSE) geltend gemacht haben. Daraus ergibt sich zum einen, dass bereits die anderweitige Rechtshängigkeit einer adhäsionsweisen Geltendmachung von Schadenersatz- und Genugtuungsansprüchen aus strafbarer Handlung - ungesehen deren rechtlicher Natur - im Strafverfahren entgegensteht (vorstehend E. 2.1). Allfällige "Zivilansprüche" waren mangels Geltendmachung (und aufgrund sachlicher Unzuständigkeit) von den Strafbehörden im kantonalen Verfahren nicht zu behandeln, weshalb sich der angefochtene Entscheid der Vorinstanz auch nicht auf deren Beurteilung auswirken kann.  
Zum anderen belegt die Eröffnungs- und Sistierungsverfügung des RSE, dass die geltend gemachten Ansprüche öffentlicher-rechtlicher Natur sind. Auch wenn die Regionalen Spitalzentren im Kanton Bern als privatrechtliche Aktiengesellschaften geführt werden, an denen der Kanton kapital- und stimmenmässig eine Mehrheit hält (vgl. Art. 10 und Art. 36 ff. des bernischen Spitalversorgungsgesetzes vom 5. Juni 2005, SpVG, BSG 812.11), nehmen sie öffentliche Aufgaben war und begründen gemäss Art. 117 SpVG/BE ihre Rechtsverhältnisse mit den Patientinnen und Patienten im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Öffentliche Organisationen des kantonalen Rechts und private Organisationen oder Personen, die unmittelbar mit kantonalen öffentlichen Aufgaben betraut sind, haften für den Schaden, den ihre Organe oder Angestellten in Erfüllung ihrer Aufgabe Dritten widerrechtlich zugefügt haben (Art. 101 Abs. 1 des bernischen Personalgesetzes vom 16. September 2004, PG, BSG 153.01). Die Haftung erstreckt sich insbesondere auf die Tätigkeiten der Mitarbeitenden (Art. 100 Abs. 1 PG/BE); deren persönliche Haftung ist ausgeschlossen (Art. 102 Abs. 1 PG/BE; vgl. zum Ganzen: Urteile 6B_1290/2018 vom 4. April 2019 E. 3; 1B_491/2012 vom 30. November 2012 E. 2.5 mit Hinweisen). Die Beschwerdegegner 2 und 3 haben die ihnen vorgeworfenen Handlungen als Angestellte des RSE vorgenommen, weshalb allfällige Ansprüche sich nach dem PG/BE richten und somit öffentlich-rechtlicher Natur sind. 
 
3.2. Die Beschwerdeführer erheben keine formellen Rügen, zu deren Vorbringen sie unbesehen der fehlenden Legitimation in der Sache befugt wären (sog. "Star-Praxis"; vgl. vorstehend E. 2). Bei der monierten "Missachtung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Verletzung von Verfahrensvorschriften der StPO" geht es nicht um eine formelle Rechtsverweigerung von ihnen zustehenden Verfahrensrechten. Die Beschwerdeführer bringen (zu Recht) nicht vor, dass Beweisanträge zu Unrecht nicht behandelt worden seien, sondern leiten eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung lediglich daraus ab, dass sie die Sachlage anders beurteilen. Damit zielen sie auf eine materielle Überprüfung der Verfahrenseinstellung durch die kantonalen Strafbehörden ab, wozu ihnen jedoch die Beschwerdelegitimation fehlt. Zudem tragen die Beschwerdeführer ihre Rechtsauffassung ohne (rechtsgenügende) Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen vor, was einen offensichtlichen Begründungsmangel darstellt (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
4.   
Auf die Beschwerde ist im Verfahren gemäss Art. 108 BGG nicht einzutreten. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Auf eine Kostenauflage kann ausnahmsweise verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt der Präsident:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Es werden keine Gerichtskostenerhoben. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. November 2020 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Held