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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_1194/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. März 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Andres. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Widmer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1.  Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,  
2. Y.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Tätlichkeiten), Wiederherstellung der Frist, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 25. September 2013. 
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:  
 
1.  
 
 X.________ stellte am 15. April 2013 und 3. Mai 2013 Strafantrag gegen Y.________ wegen Tätlichkeiten, Nötigung und Hausfriedensbruchs. Das Untersuchungsamt St. Gallen nahm das Verfahren am 11. Juli 2013 nicht an die Hand, unter Ansetzung einer Frist von 10 Tagen zur Einreichung einer Beschwerde an die Anklagekammer des Kantons St. Gallen. Die am selben Tag per Einschreiben versandte Verfügung wurde X.________ am 12. Juli 2013 zur Abholung gemeldet. Am 22. Juli 2013 retournierte die Post das Schreiben mit dem Vermerk "nicht abgeholt". Das Untersuchungsamt schickte die Verfügung am 26. Juli 2013 per A-Post an X.________. 
 
 Mit Beschwerde vom 5. August 2013 beantragte X.________, die Nichtanhandnahmeverfügung sei aufzuheben, eventualiter sei die Rechtsmittelfrist wiederherzustellen. Die Anklagekammer des Kantons St. Gallen wies das Wiederherstellungsgesuch ab und trat auf die Beschwerde nicht ein. 
 
 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Es sei festzustellen, dass ihre Beschwerde fristgerecht bei der Vorinstanz eingegangen sei. Eventualiter sei die Beschwerdefrist wiederherzustellen. Die Vorinstanz sei anzuweisen, die Beschwerde zu beurteilen. 
 
2.  
 
 Die Beschwerdeführerin rügt, sie habe nicht mit der Zustellung eines behördlichen Akts rechnen müssen, da ihr gesagt worden sei, ein solcher ergehe frühestens im August 2013. 
 
 Sie hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und macht die Verletzung eines Verfahrensrechts geltend. Zu dieser Rüge ist sie im bundesgerichtlichen Verfahren ungeachtet ihrer Legitimation in der Sache berechtigt (Art. 81 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 138 IV 78 E. 1.3; 136 IV 41 E. 1.4). 
 
3.  
 
 Gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO ist die Beschwerde innert 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz einzureichen. Nach Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO gilt eine eingeschriebene Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als zugestellt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste. Die Begründung eines Verfahrensverhältnisses verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, d.h. unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Akte zugestellt werden können, welche das Verfahren betreffen (BGE 139 IV 228 E. 1.1 S. 230; 138 III 225 E. 3.1 S. 227; 130 III 396 E. 1.2.3 S. 399; je mit Hinweisen). Von einem Verfahrensbeteiligten ist zu verlangen, dass er um die Nachsendung seiner an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz besorgt ist, allenfalls längere Ortsabwesenheiten der Behörde mitteilt oder einen Stellvertreter ernennt (BGE 139 IV 228 E. 1.1 S. 230; 119 V 89 E. 4b/aa; Urteil 6B_32/2014 vom 6. Februar 2014 E. 3; je mit Hinweisen). 
 
 Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie die Wiederherstellung der Frist verlangen; dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft (Art. 94 Abs. 1 StPO; vgl. Urteil 6B_125/2011 vom 7. Juli 2011 E. 1). 
 
4.  
 
 Die Beschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanz wendete die Zustellfiktion zu Recht an und durfte eine unverschuldete Säumnis der Beschwerdeführerin verneinen. 
 
 Diese äussert sich nicht zur vorinstanzlichen Feststellung, wonach sie gemäss einer E-Mail an ihren Hausarzt ab dem 15. Juli 2013 für eine Woche in den Ferien war, und folglich die eingeschriebene Sendung bereits am 12. oder 13. Juli 2013 bei der Post hätte abholen können (Entscheid S. 5 Ziff. 6; kantonale Akten, act. 3/8). Das Bundesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG). Diese weist zu Recht darauf hin, dass die Beschwerdeführerin ihre Ferienabwesenheit nicht belegte, obwohl dies möglich und zu erwarten gewesen wäre (Entscheid S. 5 Ziff. 6). Ebenfalls undokumentiert ist ihr Vorbringen, die Polizei habe ihr gesagt, die Staatsanwaltschaft würde sich frühestens im August 2013 bei ihr melden. 
 
 Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz erwägt, die Beschwerdeführerin habe nicht nur mit einer behördlichen Zustellung rechnen müssen, sondern habe tatsächlich damit gerechnet. Sie hat sich vor ihrer Abreise bei der Polizei über das weitere Vorgehen erkundigt und zusätzlich eine Freundin beauftragt, ihre Post während ihrer Abwesenheit zu kontrollieren (Entscheid S. 4 Ziff. 3). Ihr Einwand ist unbehelflich, die Freundin hätte in erster Linie zwecks Einbruchsprävention den Briefkasten leeren sollen. So führte die Beschwerdeführerin vor Vorinstanz aus, die Freundin hätte sie über wichtige Briefe informieren sollen. Sie (die Beschwerdeführerin) habe dafür gesorgt, dass ihr behördliche Sendungen zugestellt werden könnten (kantonale Akten, act. 1 S. 4 Ziff. 11 f.). Welcher Absendeort auf dem Abholschein angegeben wurde, ist irrelevant (vgl. Beschwerde S. 6 Ziff. 8 f.). 
 
 Die Beschwerdeführerin bringt erstmals vor Bundesgericht vor, das Untersuchungsamt habe ihre Säumnis verschuldet, indem es die zweite Zustellung per A-Post verzögert habe (Beschwerde S. 6 f. Ziff. 12 ff.). Darauf ist nicht einzutreten, da sie nicht darlegt, inwiefern erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 134 V 223 E. 2.2.1 mit Hinweis). 
 
5.  
 
 Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Beschwerdeführerin hat die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. März 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Andres