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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_972/2020  
 
 
Urteil vom 18. Februar 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV), 
Ostermundigenstrasse 99B, 3011 Bern, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 23. Oktober 2020 (100.2019.417U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (geb. 1974) stammt aus Bosnien/Herzegowina. Er heiratete am 23. März 2015 eine in der Schweiz niederlassungsberechtigte Landsfrau und erhielt in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Gattin (letztmals verlängert bis zum 14. Juli 2018). Nach einem häuslichen Streit trennten sich die Ehegatten im Oktober 2017. 
 
B.   
Das Amt für Migration und Personenstand (Migrationsdienst) des Kantons Bern verlängerte am 23. Oktober 2018 die Aufenthaltsbewilligung von A.________ nicht mehr; es hielt ihn an, das Land zu verlassen. Die kantonalen Rechtsmittel hiergegen blieben ohne Erfolg. 
 
C.   
A.________ beantragt vor Bundesgericht sinngemäss, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 23. Oktober 2020 aufzuheben und seine Bewilligung zu verlängern. Er macht geltend, Opfer von häuslicher Gewalt geworden zu sein. Am 1. Dezember 2020 ersuchte A.________ um unentgeltliche Rechtspflege. Am 25. November 2020 wurden die kantonalen Akten eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer beruft sich in vertretbarer Weise auf einen Bewilligungsanspruch nach Art. 50 AuG (seit 1. Januar 2019: AIG [SR 142.20]), sodass seine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG). Ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht, bildet keine Frage des Eintretens, sondern eine solche der materiellen Beurteilung (vgl. BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f.; Urteil 2C_460/2017 vom 23. März 2018 E. 1).  
 
1.2. Ob die kantonalen Behörden dem Beschwerdeführer die Bewilligung im Bereich ihres Ermessens (Art. 3, 33 Abs. 2 bzw. 30 Abs. 1 lit. b und 96 Abs. 1 AuG) hätten verlängern müssen, kann das Bundesgericht nicht prüfen, da sich seine Zuständigkeit auf Anspruchsbewilligungen beschränkt (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG; vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348). Der Beschwerdeführer erhebt diesbezüglich keine begründeten Rügen, welche verfahrensrechtliche Punkte betreffen würden, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkäme, und die (im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde) von der Bewilligungsfrage getrennt beurteilt werden könnten ("Star"-Praxis; BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.; 123 I 25 E. 1 S. 26 f.; 137 II 305 E. 2 und 4).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Die Rechtsschriften an das Bundesgericht haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten (Art. 42 BGG). Die beschwerdeführende Partei muss in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen in gedrängter Form plausibel darlegen, inwiefern die Vorinstanz Rechte oder Rechtsnormen verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 ff.). Rügt die beschwerdeführende Partei eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsermittlung, müssen ihre Vorbringen den qualifizierten Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG genügen (BGE 139 I 72 E. 9.2.3.6 S. 96 f; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).  
 
1.3.2. Die Eingabe des Beschwerdeführers deckt sich weitgehend mit der von ihm im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Rechtsschrift und den dort erhobenen Rügen. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den Darlegungen im Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern zu den einzelnen aufgeworfenen Punkten kaum weiterführend auseinander. Soweit er die Beweiswürdigung der Vorinstanz nicht verfassungsbezogen, sondern bloss appellatorisch beanstandet, d.h. lediglich seine Sicht der Dinge derjenigen der Vorinstanz gegenüberstellt, ohne darzutun, inwiefern diese die Beweise in Verletzung von Art. 9 BV (Willkür) gewürdigt hätte, wird auf seine Ausführungen nicht weiter eingegangen.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV; vgl. BGE 142 II 218 E. 2.3 S. 222; 137 II 266 E. 3.2 S. 270). Zu Unrecht: Die Vorinstanz durfte auf die Abnahme weiterer Beweismittel verzichten, nachdem sie aufgrund der bereits abgenommenen Beweise ihre Überzeugung gebildet hatte; sie durfte willkürfrei in vorweggenommener (antizipierter) Beweiswürdigung annehmen, dass ihre Erkenntnisse auch durch weitere Erhebungen nicht mehr entscheidwesentlich beeinflusst würden (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit Hinweis). Eine persönliche Anhörung des Beschwerdeführers erübrigte sich; es besteht grundsätzlich kein entsprechender verfassungs-mässiger Anspruch (vgl. BGE 140 I 68 E. 9.6.1 S. 76 mit Hinweisen; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; Urteil 2C_339/2018 vom 16. November 2018 E. 6.2). Der Beschwerdeführer hat seine Sicht der Dinge in das Verfahren schriftlich einbringen können. Die von ihm beanstandeten Punkte konnten gestützt auf die vorhandenen Akten geprüft werden, ohne dass er hierzu noch hätte befragt werden müssen.  
 
2.2. Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, ist ebenfalls unberechtigt: Bei der Feststellung des Sachverhalts im Hinblick auf die Anwendung von Art. 50 AuG trifft die ausländische Person eine weitreichende Mitwirkungspflicht (vgl. BGE 142 I 152 f. E. 6.2 153 f.; 138 II 229 E. 3.2.3 S. 235; 124 II 361 E. 2b S. 365). Sie hat die eheliche Gewalt bzw. die häusliche Oppression in geeigneter Weise zumindest glaubhaft zu machen. Wird eine solche behauptet, müssen die Systematik der Misshandlung bzw. deren zeitliches Andauern sowie die daraus entstandene subjektive Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden (BGE 142 I 152 E. 6.2 S. 153 f.; 138 II 229 E. 3.2.3 S. 235; 2C_837/2016 vom 23. Dezember 2016 E. 4.2.1). Nur in diesem Fall und beim Vorliegen entsprechender Beweisanträge, die nicht in antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen werden können, rechtfertigt es sich, im Rahmen der Untersuchungsmaxime ein vertieftes ausländerrechtliches Beweisverfahren durchzuführen (BGE 142 I 152 E. 6.2 S. 153 ff.; 138 II 229 E. 3.2.3 S. 235; Urteil 2C_432/2013 vom 16. Mai 2013 E. 2.3 und 2C_165/2018 vom 19. September 2018 E. 2.2). Ein solches erübrigte sich hier im Hinblick auf die Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich der Vorkommnisse zwischen ihm und seiner Gattin (vgl. nachstehende E. 3.2).  
 
3.  
 
3.1. Art. 50 Abs. 2 AuG erfasst grundsätzlich jede Form ehelicher bzw. häuslicher Gewalt - sei sie physischer oder psychischer Natur. Häusliche Gewalt bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben, indessen nicht eine einmalige Tätlichkeit oder eine verbale Beschimpfung im Verlauf eines eskalierenden Streits. Nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung rechtfertigt bereits die Annahme, es liege ein nachehelicher Härtefall vor (vgl. BGE 138 II 229 E. 3.2.2 S. 233 f.; Urteil 2C_423/2020 vom 26. August 2020 E. 2.2.1 mit Hinweisen). Die anhaltende, erniedrigende Behandlung muss derart schwer wiegen, dass von der betroffenen Person bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen die Ehe aufrecht erhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit verneinenden Beziehung verharrt (BGE 138 II 229 E. 3.2.2 S. 234; Urteil 2C_922/2019 vom 26. Februar 2020 E. 3.1 u. 3.2 mit Hinweisen). Die häusliche Gewalt physischer oder psychischer Natur muss von einer gewissen Dauer, Konstanz und Intensität sein (BGE 138 II 229 E. 3.2.1 S. 233; Urteil 2C_423/2020 vom 26. August 2020 E. 2.2.1).  
 
3.2.  
 
3.2.1. Wenn die Vorinstanz davon ausgegangen ist, dass die Ehefrau nicht in einer hinreichend schweren Weise andauernd grundlegende, verfassungs- und menschenrechtlich relevante Positionen des Beschwerdeführers verletzt hat, ist dies - gestützt auf den für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG; vgl. vorstehende E. 2.1) - nicht offensichtlich unhaltbar: Der Beschwerdeführer machte geltend, seine Gattin habe Rechnungen nicht bezahlt, obwohl er ihr die Mittel hierzu gegeben habe; sie habe zudem Krankenkassengelder, die ihm zugestanden hätten, für sich gebraucht; im Herbst 2017 habe sie das Internet ausgeschaltet und das Passwort geändert, sodass er mit seinen Eltern vom Bahnhof aus habe telefonieren müssen. Am 17. September 2017 habe die Gattin ihm schliesslich den Autoschlüssel wegnehmen wollen, wobei sie im Gerangel versucht habe, ihn die Treppe hinunterzustossen; zudem habe sie ihn gekratzt.  
 
3.2.2. Auch wenn diese Vorkommnisse den Beschwerdeführer allenfalls destabilisiert haben mögen, liegt hierin noch keine relevante Form ehelicher Gewalt, welche ihm einen Bewilligungsanspruch im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AuG verschaffen würde. Gemäss dem polizeilichen Meldeformular vom 18. September 2017 haben sowohl er wie seine Gattin erklärt, es habe sich um einen "verbalen Streit" gehandelt. Obwohl das Formular "Häusliche Gewalt" bezüglich allfälliger Verletzungen auch eine Rubrik "Schürf-/Kratzwunden" vorsieht, wurde diese nicht markiert. Mit der Vorinstanz ist im Übrigen davon auszugehen, dass - selbst wenn die Vorwürfe des Beschwerdeführers an die Adresse seiner Gattin zutreffen sollten - darin kein wichtiger persönlicher Grund läge, der seinen weiteren Aufenthalt erforderlich machen würde, da die für den Bewilligungsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG erforderliche Eingriffsintensität nicht erreicht wurde.  
 
 
3.3.  
 
3.3.1. Auch die weiteren Einwände des Beschwerdeführers überzeugen nicht: Eine Rückkehr in sein Heimatland ist ihm zumutbar, nachdem er dort noch über Angehörige verfügt. Seine in der Schweiz zusätzlich erworbenen Kenntnisse in der Krankenpflege werden ihm auch in der Heimat nützlich sein (vgl. das Urteil 2C_293/2017 vom 30. Mai 2017 E. 3.4). Er ist erst im Alter von 40 Jahren in die Schweiz gekommen und ist mit der heimatlichen Sprache und den dortigen Gebräuchen nach wie vor vertraut. Seine Ehe wurde keine drei Jahre gelebt, weshalb er sich nicht auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG und seine geglückte Integration berufen kann (vgl. BGE 140 II 289 E. 3, 345 E. 4; 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119). Zwar mag er sich in die hiesigen Verhältnisse gut eingelebt haben; seine soziale und berufliche Wiedereingliederung in Bosnien/Herzegowina ist dadurch aber nicht bereits stark gefährdet. Dies gilt sowohl bezüglich seiner Hinweise auf die Kriegszeit, auf die Korruption in seinem Heimatland bzw. auf die dortige desolate wirtschaftliche Situation und seinen angeschlagenen Gesundheitszustand (chronische Hepatitis-B-Virusinfektion).  
 
3.3.2. Der blosse Umstand, dass die Sicherheits-, Wirtschafts- und gesundheitliche Versorgungslage in der Schweiz besser sind als im Heimatstaat, genügt nicht, um von einem nachehelichen Härtefall ausgehen zu können, auch wenn die betroffene Person in der Schweiz integriert erscheint, eine Landessprache mehr oder weniger korrekt beherrscht, eine Arbeitsstelle hat, für ihren Lebensunterhalt selber aufzukommen vermag und auch nicht straffällig geworden ist (vgl. die Urteile 2C_578/2011 vom 1. Dezember 2011 E. 3.3 und 2C_467/2012 vom 25. Januar 2013 E. 2.3). Um als wichtiger persönlicher Grund gelten zu können, müssen die gesundheitlichen Probleme so gravierend sein, dass eine Rückkehr ins Herkunftsland in medizinischer Hinsicht unhaltbar erschiene; dies ist hier - wie die Vorinstanz zutreffend festhält - nicht der Fall (vgl. das Urteil 2C_672/2015 vom 14. März 2016 E. 2.2 mit Hinweisen). Die Rückkehr in Lebensverhältnisse, welche im Herkunftsland allgemein üblich sind, stellt praxisgemäss keinen wichtigen persönlichen Grund dar, der im Rahmen eines nachehelichen Härtefalls einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz gebieten würde (Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG; Urteil 2C_672/2015 vom 14. März 2016 E. 2.2).  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerde erweist sich offensichtlich als unbegründet und kann im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. Das Urteil ist summarisch zu begründen; es wird ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
4.2. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein als aussichtslos zu gelten hatte (Art. 64 BGG). Der Beschwerdeführer wird dementsprechend kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der Festsetzung der Höhe der Gerichtskosten wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht vorweg behandelt wurde, was es dem Beschwerdeführer allenfalls noch ermöglicht hätte, seine Eingabe zurückzuziehen. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.  
 
2.2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.  
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Februar 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar