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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2P.145/2002 /dxc 
 
Urteil vom 18. September 2002 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident, 
Bundesrichter Betschart, Merkli 
Gerichtsschreiber Schaub. 
 
A.________ und B.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Karl Tschopp, Dorfplatz 12, Postfach 1021, 6371 Stans, 
 
gegen 
 
Schulgemeinde Stansstad, vertr. durch den Schulrat, 
Postfach 261, 6362 Stansstad, 
Regierungsrat des Kantons Nidwalden, Kantonaler Rechtsdienst, Regierungsgebäude, Dorfplatz 2, 6371 Stans, 
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, Rathausplatz 1, 6370 Stans. 
 
Art. 9 BV, Art. 6 Abs. 1 EMRK (Kosten und Entschädigung) 
 
(Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, vom 18. März 2002) 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
1.1 A.________ und B.________ haben vier Kinder. Anfangs Februar 2000 buchten sie gemäss eigenen Angaben Ferien vom 8. bis 22. September 2000. Am 22. Februar 2000 meldeten sie ihre Tochter C.________ für das Schuljahr 2000/2001 für den Vollzeitkindergarten an. Das Gesuch von A.________ und B.________ vom 4. Mai 2000, ihre Tochter vom 8. bis 22. September 2000 vom Kindergartenbesuch zu dispensieren, wurde vom Schulrat von Stansstad am 19. Mai 2000 abgewiesen. Trotzdem reisten A.________ und B.________ mit ihrer Tochter wie geplant im September in die Ferien. Hierauf bestrafte sie der Schulrat mit einer Busse von Fr. 1'000.--. A.________ und B.________ fochten die Strafverfügung an. Der Regierungsrat des Kantons Nidwalden wies die Beschwerde mit Beschluss vom 3. Juli 2001 ab. 
 
Gegen die Abweisung und die Nichtgewährung einer Parteientschädigung erhoben A.________ und B.________ staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht, gegen die Auferlegung der Verfahrenskosten von Fr. 918.80 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung (nachfolgend: Verwaltungsgericht). Das Verwaltungsgericht sistierte das Verfahren bis zum Entscheid über die staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde am 28. November 2001 im Verfahren nach Art. 36a OG gutgeheissen und den Beschluss des Regierungsrates vom 3. Juli 2001 aufgehoben. 
1.2 Mit Schreiben vom 5. Februar 2002 liess der Anwalt von A.________ und B.________ dem Verwaltungsgericht eine Kopie des Bundesgerichtsurteils sowie eine Honorarnote zukommen und beantragte, das Verfahren als erledigt vom Protokoll abzuschreiben, weil der angefochtene Entscheid aufgehoben worden sei. Die Gerichtskosten seien zu Lasten des Staats zu verlegen, oder es sei auf diese zu verzichten sowie eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. 
 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. März 2002 (Versand 26. Mai 2002) die Beschwerde als durch Rückzug erledigt vom Protokoll abgeschrieben, den Beschwerdeführern Gerichtskosten von Fr. 100.-- auferlegt und keine Parteientschädigung zugesprochen. 
1.3 Dagegen haben A.________ und B.________ am 26. Juni 2002 erneut staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. März 2002 aufzuheben. Geltend gemacht wird ein Verstoss gegen Art. 9 BV wegen willkürlicher Auslegung der §§ 26, 123 und 124 der Verordnung über das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Nidwalden vom 8. Februar 1985 (Verwaltungsrechtspflegeverordnung, VRPV) bzw. durch die willkürliche Feststellung, die Beschwerde sei "sinngemäss zurückgezogen" worden. Weiter rufen A.________ und B.________ Art. 6 Ziff. 1 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) an. Mit Verfügung vom 26. August 2002 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung der staatsrechtlichen Beschwerde gutgeheissen. 
2. 
Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid, der sich auf kantonales Recht stützt. Dagegen steht nur die staatsrechtliche Beschwerde offen (Art. 84 und 86 OG). Im Hinblick auf die angerufenen Grundrechte verfügen die Beschwerdeführer über ein genügendes Rechtsschutzinteresse, so dass ihre Legitimation nach Art. 88 OG zu bejahen ist. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten (Art. 89 Abs. 1 und 90 OG) . 
3. 
Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Willkürlich ist ein Entscheid, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56; 125 I 166 E. 2a; 123 I 1 E. 4a, je mit Hinweisen). Willkür liegt nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Trotz unhaltbarer Begründung kann von der Aufhebung eines Entscheides abgesehen werden, wenn sich sein Ergebnis mit einer substituierten Begründung ohne weiteres rechtfertigen lässt (BGE 120 Ia 220 E. 3d S. 226; 112 Ia 129 E. 3c S. 135). 
4. 
Mit Schreiben vom 5. Februar 2002 beantragten die Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht, das Verfahren als erledigt vom Protokoll abzuschreiben, die Gerichtskosten zu Lasten des Staats zu verlegen oder auf diese zu verzichten sowie eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. Dass sie ihre Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht zurückziehen wollten, geht weder aus diesem Schreiben hervor, noch ist dies sonst aktenkundig belegt. Nachdem der angefochtene Regierungsratsbeschluss vom Bundesgericht aufgehoben worden war, wäre die Beschwerde wegen Gegenstandslosigkeit vom Protokoll abzuschreiben gewesen. Soweit ersichtlich enthält die VRPV keine ausdrückliche Vorschrift über die Kostenverlegung bei Gegenstandslosigkeit des Verfahrens. Unter diesen Umständen ist das Verwaltungsgericht in Willkür verfallen, wenn es ein Parteibegehren um Parteientschädigung und Abschreibung des Verfahrens wegen Gegenstandslosigkeit in einen Rückzug uminterpretiert, die Beschwerde wegen Rückzugs abgeschrieben und sich bei der Kostenverlegung auf die ausdrückliche Regelung von § 123 VRPV für den Rückzug berufen hat. Vielmehr wäre eine solche Lücke in der Gesetzgebung durch Auslegung zu schliessen gewesen, beispielsweise durch eine analoge Anwendung von Art. 40 OG in Verbindung mit Art. 72 BZP, also mit summarischer Begründung auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes. 
 
Eine solche Lückenfüllung hätte dazu geführt, dass die Beschwerde vom Verwaltungsgericht hätte gutgeheissen werden müssen, hatte doch der Regierungsrat durch Verweigerung des rechtlichen Gehörs elementare Verfahrenspflichten verletzt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis unhaltbar, so dass nicht einfach die Begründung substituiert werden kann, wie die Staatskanzlei des Kantons Nidwalden vorschlägt. 
 
Dasselbe gilt sinngemäss auch für die verweigerte Parteientschädigung. Nach § 124 Abs. 2 VRPV wird der obsiegenden Partei zu Lasten des Gemeinwesens, dem die Vorinstanz angehört, eine angemessene Vergütung für ihre Vertretungskosten zugesprochen, wenn der Vorinstanz grobe Verfahrensfehler oder offenbare Rechtsverletzungen zur Last fallen. Das ist hier der Fall gewesen. 
5. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG gutzuheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts Nidwalden, Verwaltungsabteilung, vom 18. März 2002 aufzuheben. Damit kann offen bleiben, ob sich die Beschwerdeführer auch auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK berufen könnten und ob sie eine Verletzung dieser Bestimmung überhaupt rechtsgenüglich gerügt haben (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG und BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.). 
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Der Kanton Nidwalden hat den Beschwerdeführern für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren aber eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts Nidwalden, Verwaltungsabteilung, vom 18. März 2002 wird aufgehoben. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Der Kanton Nidwalden hat den Beschwerdeführern für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- auszurichten. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Schulgemeinde Stansstad, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht, Verwaltungsabteilung, des Kantons Nidwalden schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 18. September 2002 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: