Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.64/2007 /len 
 
Urteil vom 7. November 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beklagte und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Erich Binder, 
 
gegen 
 
A.________, 
Kläger und Berufungsbeklagten, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Jlona Caduff. 
 
Gegenstand 
Arbeitsvertrag; Kündigung, 
 
Berufung gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 20. Dezember 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ (Kläger) arbeitete seit dem 8. Oktober 2001 bei der X.________ AG (Beklagte) als Buchhalter. Er teilte das Büro seit dem 1. April 2004 mit B.________. Im Zuge der Behebung eines EDV-Problems am Computer von B.________ entdeckte die Office Managerin der Beklagten am 14. April 2004, dass dieser im Internet Pornoseiten besucht hatte. Zur Sicherung des Beweises rief sie den Kläger als Zeugen herbei, der auf diese Weise mit pornographischen Bildern und Videos konfrontiert wurde. Der Kläger teilte dem Geschäftsführer und Inhaber der Beklagten am 21. April 2004 mit, er sei psychisch und physisch nicht mehr in der Lage, B.________ gegenüber zu sitzen. In einem am 23. April 2004 übergebenen Schreiben vom Vortag erklärte er sodann, nach seinem Empfinden verstosse es dermassen gegen Sitte und Arbeitsmoral, einem Mitarbeiter gegenüber zu sitzen, der während der Arbeitszeit Pornoseiten besuche, dass die Situation für ihn nicht mehr annehmbar sei. Er ersuche deshalb um eine Lösung, bei welcher er das Büro nicht mehr mit B.________ teilen müsse. Weiter bat er um die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses. Am 26. April 2004 informierte der Geschäftsführer den Kläger mündlich dahin, dass B.________ das Büro mit dem Chefbuchhalter tauschen werde. Am 28. April 2004 übergab der Geschäftsführer dem Kläger das verlangte Zwischenzeugnis mit einer tadellosen Leistungsbeurteilung und gleichzeitig die schriftliche Kündigung vom 27. April 2004 auf den 30. Juni 2004. Als Kündigungsgrund wurde das Schreiben des Klägers vom 22. April 2004 genannt sowie ein in diesem Zusammenhang erfolgtes Gespräch. 
B. 
Der Kläger belangte die Beklagte auf Zahlung von Fr. 22'343.75 vor dem Arbeitsgericht Zürich, welches die Klage am 27. Januar 2005 im Umfang von Fr. 13'000.-- wegen Missbräuchlichkeit der Kündigung im Sinne von Art. 336 Abs. 1 lit. d OR schützte und im Mehrbetrag abwies. Auf Berufung der Beklagten merkte das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 22. Dezember 2005 vor, dass das angefochtene Urteil im abgewiesenen Betrag rechtskräftig geworden sei. Im Übrigen hob es das Urteil des Arbeitsgerichts auf und wies den Prozess zur Durchführung eines Beweisverfahrens an die Vorinstanz zurück. Hierauf verpflichtete das Arbeitsgericht die Beklagte am 19. April 2006 erneut zur Zahlung von Fr. 13'000.-- netto, welches Urteil das Obergericht mit Beschluss vom 20. Dezember 2006 bestätigte. 
C. 
Gegen diesen Beschluss erhob die Beklagte sowohl kantonale Nichtigkeitsbeschwerde als auch eidgenössische Berufung. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hiess das Gesuch des Klägers um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters für das Kassationsverfahren gut und wies die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Mit der Berufung beantragt die Beklagte dem Bundesgericht die Abweisung der Klage, eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung, und er beantragt für den Fall des Obsiegens der Beklagten mit dem Haupt- oder Eventualantrag die Gewährung der unentgeltlichen Rechtsvertretung für das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
Nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ist in der Berufungsschrift kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt und inwiefern er gegen sie verstösst. Unzulässig sind dagegen Rügen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen und gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz richten (BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106, 136 E. 1.4 S. 140, je mit Hinweisen), es sei denn, es werde zugleich ein offensichtliches Versehen, eine Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften (Art. 63 Abs. 2 OG) oder eine unvollständige Ermittlung des Sachverhaltes vorgeworfen (Art. 64 OG). Wer sich auf solche Ausnahmen von der Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz beruft und den Sachverhalt gestützt darauf berichtigt oder ergänzt wissen will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; BGE 115 II 484 E. 2a S. 485 f.). 
Die Beklagte lässt in ihre Sachverhaltsdarstellung verschiedentlich Tatsachen einfliessen, die im angefochtenen Entscheid keine Stütze finden. Damit ist sie nicht zu hören. 
 
3. 
3.1 Nach dem angefochtenen Entscheid ist unbestritten, dass im Schreiben des Klägers vom 22. April 2004 zumindest teilweise der Grund der späteren Kündigung lag. Nach Auffassung der Vorinstanz stellte der Kläger in diesem Schreiben ausschliesslich Forderungen, zu denen er nach Treu und Glauben berechtigt war. Soweit diese zur Kündigung geführt haben, sei diese ungerechtfertigt und daher missbräuchlich. Dasselbe gelte, soweit das Gesuch um ein Zwischenzeugnis die Kündigung mitverursacht habe. Dass all diese berechtigten Ansprüche des Klägers für die Kündigung tatsächlich mitursächlich waren, ergibt sich nach Auffassung der Vorinstanz einerseits aus dem Kündigungsschreiben selbst und andererseits aus der geringen zeitlichen Distanz zwischen Anspruchserhebung und Kündigung. Diese Indizien lassen die Missbräuchlichkeit der Kündigung vermuten, wie die Vorinstanz festhält. 
3.2 Die Klägerin bringt vor, wenn die zeitliche Nähe für sich allein genüge, um den "Beweis" für die Missbräuchlichkeit der Kündigung zu erbringen, liefe dies auf blosse Glaubhaftmachung statt des bundesrechtlich verlangten Beweises der überwiegenden Wahrscheinlichkeit hinaus. 
3.3 Im Berufungsverfahren prüft das Bundesgericht frei, ob die Vorinstanz vom richtigen Beweismass ausgegangen ist. Ob der Beweis gemäss dem bundesrechtlich vorgegebenen Beweismass im konkreten Fall erbracht wurde, ist eine Frage der Beweiswürdigung (vgl. BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 275 ff.; Bundesgerichtsurteil 4C.225/2002 vom 7. Februar 2003 E. 2.1, publiziert in Pra 92/2003 Nr. 146 S. 786 f., je mit Hinweisen), welche das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüfen kann (BGE 127 III 73 E. 6a S. 81; 126 III 10 E. 2b S. 13; 119 II 84 E. 3 S. 85). 
3.4 Die Rüge, aufgrund der durch die Vorinstanz gewürdigten Beweismittel könne der Beweis bei Anwendung des richtigen Beweismasses nicht als erbracht gelten, läuft auf eine in der Berufung nicht zulässige Kritik an der Beweiswürdigung hinaus. Zudem hat die Vorinstanz nicht einzig auf die zeitliche Nähe, sondern zusätzlich auch auf den Inhalt des Kündigungsschreibens abgestellt. Sie hat sich demnach offensichtlich nicht mit einer blossen Glaubhaftmachung begnügt. Die Berufung ist insoweit unbegründet, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. 
 
4. 
4.1 Die Beklagte hat im kantonalen Verfahren vorgebracht, sie habe die Kündigung ausgesprochen, weil der Kläger gegenüber der Office Managerin geäussert habe, mit diesem "Sauhund" (gemeint war B.________) arbeite er nicht zusammen, was er im Gespräch vom 26. April 2004 gegenüber dem Geschäftführer erneut bekräftigt und darüber hinaus erklärt habe, er sehe sich nach einer neuen Stelle um. Die Beklagte rügt in der Berufung, mit der Beweisauflage für diese Behauptung sei sie mit dem Haupt- statt mit dem Gegenbeweis belastet worden, was einen Verstoss gegen Art. 8 ZGB bedeute. 
4.2 Art. 8 ZGB gibt der beweispflichtigen Partei einen bundesrechtlichen Anspruch darauf, für rechtserhebliche Vorbringen zum Beweis zugelassen zu werden, wenn ihr Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des kantonalen Rechts entspricht (BGE 133 III 295 E. 7.1 S. 299 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gewährleistet Art. 8 ZGB ebenfalls das Recht zum Gegenbeweis, d.h. er gibt dem Gegner der beweisbelasteten Partei einen Anspruch darauf, zum Beweis von konkreten Umständen zugelassen zu werden, die beim Gericht Zweifel an der Richtigkeit der Gegenstand des Hauptbeweises bildenden Sachbehauptung wach halten und diesen dadurch vereiteln können (BGE 130 III 321 E. 3.4 S. 326; 115 II 305 je mit Hinweisen). 
4.3 Zunächst erscheint fraglich, ob selbst bei gelungenem Nachweis der erwähnten Sachvorbringen die Kündigung als rechtmässig betrachtet werden müsste, wäre doch mit Blick auf den von der Beklagten selbst angeführten Kündigungsgrund des Schreibens des Klägers nach wie vor davon auszugehen, dass auch die darin erhobenen berechtigten Forderungen des Klägers massgeblich zum Entschluss der Beklagten, die Kündigung auszusprechen, beitrugen. Das genügt nach der Rechtsprechung, um diese als gegen Treu und Glauben verstossend auszuweisen (Urteil des Bundesgerichts 4C.27/1992 vom 30. Juni 1992, publ. in SJ 1993 S. 360, E. 3a mit Hinweisen). Darüber braucht jedoch nicht abschliessend geurteilt zu werden. 
4.4 Wie dargelegt (E. 3 hiervor) konnte die Vorinstanz bundesrechtskonform annehmen, der Kläger habe durch die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bewiesenen Tatsachen die Vermutung begründet, dass die Kündigung missbräuchlich im Sinne von Art. 336 Abs. 1 lit. d OR erfolgte. Unter diesen Umständen hat die Vorinstanz in Beachtung der Rechtsprechung des Bundsgerichts erkannt, der Arbeitgeber komme nicht umhin, die Beweise für seine Angaben zum Kündigungsgrund zu liefern (zit. Urteil des Bundesgerichts 4C.27/1992 E. 3a; ebenso 4C.262/2003 vom 4. November 2003, E. 3.2 mit Hinweisen). Dass die Beklagte die betreffenden Behauptungen nicht nachzuweisen vermochte, hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgehalten. Von einer Verletzung von Art. 8 ZGB kann nicht die Rede sein. 
5. 
Insgesamt erweist sich die Berufung als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Da der Streitwert unter Fr. 30'000.-- liegt, sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 343 Abs. 3 OR). Hingegen hat die Beklagte dem Kläger eine Parteientschädigung zu entrichten (BGE 115 II 30 E. 5c S. 42 mit Hinweis). Da der Kläger sein Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung nur für den Fall des Obsiegens der Gegenpartei gestellt hat, wird es mit seinem eigenen Obsiegen gegenstandslos. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben. 
3. 
Die Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. November 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Klett Luczak