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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.473/2004 /bnm 
 
Urteil vom 23. Februar 2005 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Nordmann, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiberin Scholl. 
 
Parteien 
X.________ (Ehemann), 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dr. Stefan Grundmann, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau. 
 
Gegenstand 
Art. 9 u. 29 BV (unentgeltliche Rechtspflege), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, 
vom 16. November 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 21. Mai 2002 stellte X.________ (Ehemann) das Begehren, es sei ihm im Verfahren gegen Y.________ (Ehefrau) betreffend negativer Feststellungsklage die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und es sei ihm ein unentgeltlicher Rechtsvertreter zuzuweisen. Mit Verfügung vom 21. August 2003 wies der Gerichtspräsident von B.________ das Gesuch ab. 
 
Im Appellationsverfahren betreffend der Hauptsache trat das Obergericht des Kantons Aargau auf ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege von X.________ mit Beschluss vom 16. Dezember 2003 nicht ein. 
 
Mit Beschwerde vom 11. September 2003 gelangte X.________ gegen die Verfügung vom 21. August 2003 des Gerichtspräsidenten an das Obergericht des Kantons Aargau. Am 19. Januar 2004 stellte er zudem in Bezug auf den Beschluss vom 16. Dezember 2003 des Obergerichts ein Wiedererwägungsbegehren. 
B. 
Mit Urteil vom 16. November 2004 wies das Obergericht die Beschwerde gegen die Verfügung des Gerichtspräsidenten ab. Gleichzeitig hiess es das Wiedererwägungsgesuch gut und erteilte X.________ für das obergerichtliche Hauptverfahren die unentgeltliche Rechtspflege. 
C. 
X.________ gelangt mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Er verlangt im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Obergericht darin die Beschwerde gegen die Verfügung des Gerichtspräsidenten abgewiesen hat. Zudem stellt er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einschliesslich Verbeiständung. 
 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. Y.________ hat sich in einer als "staatsrechtlichen Beschwerde" bezeichneten Eingabe unaufgefordert vernehmen lassen, womit ihre Vorbringen nicht zu berücksichtigen sind. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Mit Urteil vom 16. November 2004 hat das Obergericht dem Beschwerdeführer kantonal letztinstanzlich die unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bezirksgericht verweigert. Der Beschwerdeführer ist insoweit beschwert und die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als zulässig. Nicht eingetreten werden kann hingegen auf den Antrag auf Bestätigung des angefochtenen Entscheids, soweit dem Beschwerdeführer darin die unentgeltliche Rechtspflege für das obergerichtliche Verfahren gewährt worden ist, da diesbezüglich keine Beschwer vorliegt. 
2. 
Zur Begründung seines Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege beruft sich der Beschwerdeführer ausschliesslich auf verfassungsmässige Rechte. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anrecht auf unentgeltlichen Rechtsbeistand (BGE 127 I 202 E. 3b S. 205). 
 
Strittig ist im vorliegenden Fall die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers. Als bedürftig gilt, wer die Kosten eines Prozesses nicht aufzubringen vermag, ohne die Mittel anzugreifen, deren er zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes für sich und seine Familie bedarf. Die prozessuale Bedürftigkeit beurteilt sich nach der gesamten wirtschaftlichen Situation des Rechtsuchenden. Das Bundesgericht prüft frei, ob die Kriterien zur Bestimmung der Bedürftigkeit zutreffend gewählt worden sind, während seine Kognition in Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde auf Willkür beschränkt ist (BGE 119 Ia 11 E. 3a S. 12; 124 I 1 E. 2 S. 2; 129 I 129 E. 2.1 S. 133). 
2.1 Der Beschwerdeführer kritisiert als Erstes, dass ihm nur die Hälfte des Grundbetrages für ein Ehepaar zugestanden worden ist. Es sei bei Konkubinatspartnern nicht auf den Grundbetrag für Ehepaare abzustellen, da bei ersteren keine Beistandspflicht existiere. Es müsse daher vom Grundbetrag für eine allein stehende Person ausgegangen werden und dazu noch ein Zuschlag von 25 % gewährt werden. 
 
 
In wirtschaftlicher Hinsicht sind die Kosten der im Grundbetrag enthaltenen Positionen (Nahrung etc.) für zwei erwachsene Personen, die in einer Hausgemeinschaft von Dauer leben, mit denjenigen die einem Ehepaar entstehen, vergleichbar (vgl. BGE 130 III 765 E. 2.4 S. 768 betreffend betreibungsrechtliches Existenzminimum). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht dem unstreitig im Konkubinat lebenden Beschwerdeführer den halben Ehegatten-Grundbetrag zugestanden hat. Der fehlenden gesetzlichen Unterstützungspflicht zwischen Konkubinatspartner hat es ausreichend Rechnung getragen, indem es ihm nicht weniger als die Hälfte des Grundbetrages für Ehegatten belassen hat. Die staatsrechtliche Beschwerde ist insoweit abzuweisen. Nicht darauf eingetreten werden kann, soweit der Beschwerdeführer die Gewährung eines Zuschlages von 25 % zum Grundbetrag verlangt. Zu diesem Antrag fehlt jegliche Begründung (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
2.2 Das Obergericht hat den Grundbetrag weiter an das tiefere Preisniveau in Deutschland, wo der Beschwerdeführer wohnt, angepasst und um 20 % reduziert. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, angesichts der Grenznähe seines Wohnortes zur Schweiz sei diese Herabsetzung willkürlich. 
 
Der Beschwerdeführer übersieht bei dieser Rüge, dass das Obergericht die Grenznähe des Wohnortes berücksichtigt hat. Was der Beschwerdeführer darüber hinaus über die Preisunterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland ausführt, geht über appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht hinaus. Darauf kann nicht eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3; 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.). 
2.3 Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Wohnkosten würden die Miete inklusive der Nebenkosten wie Heizung, Wasser, Kehrichtbeseitigung etc. beinhalten. Ihm seien daher unter diesem Titel Fr. 444.35 anzurechnen. 
Die Höhe des Anteils des Beschwerdeführers am Mietzins ist nicht bestritten. Die Heizkosten hat das Obergericht bereits separat berücksichtigt und zu den Wohnkosten hinzugerechnet. Auch gegen deren Höhe trägt der Beschwerdeführer keine Einwände vor. Im Übrigen hat das Obergericht erwogen, die Kosten für Wasser und Strom seien bereits im Grundbetrag enthalten. Inwiefern diese Annahme nicht zutreffend sein soll, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Damit kann auch auf diese Rüge nicht eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
2.4 Nicht am Notbedarf angerechnet hat das Obergericht Prämien für Mobiliar- und Privathaftpflichtversicherung sowie Kommunikationskosten, da der Prämienaufwand für nichtobligatorische Versicherungen nur in begründeten Fällen berücksichtigt werden könne und der Unterhalt der Wohnungseinrichtung sowie Auslagen für Kulturelles bereits im Grundbetrag enthalten seien. 
 
In diesem Punkt begnügt sich der Beschwerdeführer mit der Behauptung, die strittigen Kosten seien zu berücksichtigen, ohne indes substantiiert zu begründen, inwiefern die Erwägungen des Obergerichts unzutreffend sein sollen. Darauf kann nicht eingetreten werden (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
2.5 Schliesslich verlangt der Beschwerdeführer die Anrechnung von Mobilitätskosten an den Notbedarf. Dieses Vorbringen erweist sich als neu und damit unzulässig, da der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren die Berücksichtigung dieser Kosten nicht beantragt hat. Mit staatsrechtlicher Beschwerde können grundsätzlich keine Tatsachen und Beweismittel sowie keine rechtlichen Argumente vorgebracht werden, welche nicht bereits im kantonalen Verfahren geltend gemacht worden sind (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26; 129 I 49 E. 3 S. 57). 
2.6 Strittig ist schliesslich das Einkommen des Beschwerdeführers. Das Obergericht hat festgehalten, im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung habe der Beschwerdeführer eine AHV-Rente von Fr. 1'924.--, eine Rente der Pensionskasse von Fr. 835.-- sowie eine Rente aus Deutschland in der Höhe von Fr. 163.-- erhalten. Der Beschwerdeführer habe sich zwar per März 2003 das Altersguthaben der Pensionskasse auszahlen lassen und damit Schuldverpflichtungen beglichen. Eine solche freiwillige Einkommensverminderung während des Prozesses sei aber nicht zu berücksichtigen und die Freizügigkeitsleistung in dem Masse als Renteneinkommen anzurechnen, als das ausbezahlte Kapital einer nach der statistischen Lebenserwartung proratisierten Rente entspreche. Da eine solche Rente ungefähr der bisherigen Pensionskassenrente entspreche, vermindere sich der Überschuss durch die Auszahlung des Altersguthabens nicht. 
 
 
 
 
Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, es sei willkürlich, ihm aus dem ausbezahlten Kapital eine hypothetische Rente anzurechnen. Die Rückzahlung der Schulden sei bei seinem Notbedarf zu berücksichtigen. 
 
Die prozessuale Bedürftigkeit beurteilt sich auf Grund der wirtschaftlichen Umstände im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs (BGE 120 Ia 179 E. 3a S. 181; 122 I 5 E. 4a S. 6 mit Hinweisen). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht die später beglichenen Schulden in seinem Entscheid nicht berücksichtigt hat. Damit kann die Frage nach der Anrechnung der Kapitalabfindung offen bleiben. 
3. 
Dementsprechend ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). 
4. 
Der Beschwerdeführer hat für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. Diese ist einer Partei zu bewilligen, die bedürftig und deren Sache nicht aussichtslos ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f.). 
 
Im vorliegenden Verfahren hat sich ein grosser Teil der Rügen als unzulässig oder mangelhaft begründet herausgestellt, so dass darauf gar nicht eingetreten werden konnte. Damit haben die Verlustgefahren von vornherein überwogen, so dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege des Beschwerdeführers wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Februar 2005 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin: