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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.25/2004 /bmt 
 
Urteil vom 10. Mai 2004 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiberin Scholl. 
 
Parteien 
B.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Marcel Grass, 
 
gegen 
 
W.________, 
Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Dr. Michael Kull, 
Appellationshof des Kantons Bern, I. Zivilkammer, Hochschulstrasse 17, Postfach 7475, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Art. 9 BV (Eigentumsklage, Pfand etc.), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Appellationshofs des Kantons Bern, I. Zivilkammer, 
vom 5. Dezember 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
W.________ erwarb im Jahr 1991 einen Mercedes Benz 500 SL. Nachdem er diesen zunächst in einer Garage eingestellt hatte, überführte er ihn Ende 1996 bzw. Anfang 1997 in die Räumlichkeiten von B.________. Im Frühjahr 1997 erwarb W.________ zudem einen Chevrolet Corvette ZR 1, welcher ebenfalls bei B.________ abgestellt wurde. Ein Entgelt für die Einstellung wurde nicht vereinbart. Am 22. Oktober 1999 bzw. am 31. Januar 2001 verkaufte B.________ die beiden Fahrzeuge an Dritte und erzielte dafür einen Gesamterlös von ca. Fr. 60'500.--. 
B. 
Mit Klage vom 11. August 2000 machte W.________ Eigentum an den beiden Fahrzeugen geltend und verlangte von B.________ ihre Herausgabe, eventualiter die Bezahlung von Fr. 100'000.--. Dagegen wendete B.________ ein, die beiden Autos seien ihm zwecks Anrechnung an eine bestehende Schuld, sei es an Zahlungs statt, zahlungshalber oder als Faustpfand, übergeben worden. 
 
Mit Urteil vom 24. April 2003 verurteilte der Gerichtspräsident 3 des Gerichtskreises II Biel - Nidau B.________, W.________ den Betrag von Fr. 95'000.-- zu bezahlen. Dagegen gelangten beide Parteien mit Appellation bzw. Anschlussappellation an den Appellationshof des Kantons Bern. Mit Urteil vom 5. Dezember 2003 verpflichtete dieser B.________ zur Bezahlung von Fr. 100'000.-- an W.________. 
C. 
Gegen dieses Urteil erhebt B.________ staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Umstritten ist, ob ihm gegenüber W.________ eine Forderung zusteht, welche er dem Herausgabeanspruch entgegensetzen kann. 
 
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
In der gleichen Sache ist B.________ zudem mit eidgenössischer Berufung an das Bundesgericht gelangt (Verfahren 5C.19/2004). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Wird gegen ein Urteil sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung ist auszusetzen (Art. 57 Abs. 5 OG). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen. 
2. 
Nach unbestrittener Sachverhaltsfeststellung finanzierte der Beschwerdeführer einen Prozess, welchen der Beschwerdegegner gegen einen Dritten führte. Der Beschwerdeführer übernahm dabei Gerichts- und Anwaltskosten im Umfang von insgesamt Fr. 64'878.80. Dieser Betrag wurde von ihm direkt an das zuständige Schiedsgericht und den mit der Streitsache beauftragten Rechtsanwalt A.________ geleistet. Die Parteien hatten keine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung getroffen, ob und inwiefern der Beschwerdegegner diese Summe an den Beschwerdeführer zurückzuerstatten habe. Einzig in Bezug auf den erwarteten Prozessgewinn bestätigte Rechtsanwalt A.________ in einem Schreiben von 4. Juli 1997 eine Abmachung der Parteien, wonach der Prozesserlös so aufzuteilen sei, dass der Beschwerdegegner vorab Fr. 20'000.-- erhalte, alsdann der Betrag sämtlicher Prozess- und Anwaltskosten an den Beschwerdeführer gehe und ein allfälliger Überschuss zwischen den Parteien hälftig aufgeteilt würde. In der Folge resultierte jedoch kein Prozessgewinn, da der Beschwerdegegner im Schiedsgerichtsverfahren im Wesentlichen unterlag. 
3. 
Strittig ist zwischen den Parteien, ob der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens zu ersetzen hat. Der Appellationshof hat erwogen, eine Einigung zwischen den Parteien für den Fall des Prozessverlustes fehle. Es würden jedoch genügend Indizien bestehen, um zu schliessen, dass sich der Beschwerdegegner nicht zur Rückerstattung der vom Beschwerdeführer bezahlten Gerichts- und Anwaltskosten verpflichtet habe. Damit stehe dem Beschwerdeführer gegen den Beschwerdegegner auch keine Forderung bzw. kein Schuldpfand zu, die ihn berechtigen würde, die Herausgabe des Mercedes und des Chevrolets zu verweigern. 
4. 
Der Beschwerdeführer rügt, diese Schlussfolgerung des Appellationshofes beruhe auf einer willkürlichen Beweiswürdigung. Es sei vielmehr erstellt, dass die beiden Fahrzeuge ihm als Sicherheit für die Finanzierung des Schiedsgerichtsverfahrens übergeben worden seien. 
4.1 In der Würdigung von Beweisen steht dem Sachrichter ein grosses Ermessen zu. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erschiene oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid nur auf, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 118 Ia 28 E. 1b S. 30; 128 I 81 E. 2 S. 86). Inwiefern dies der Fall sein soll, hat der Beschwerdeführer durch präzise Argumentation im Einzelnen aufzuzeigen; er kann sich nicht damit begnügen, den Erwägungen des angefochtenen Entscheids bloss seine eigene Sicht der Dinge entgegenzuhalten (Art.90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3; 120 Ia 369 E. 3a S.373), wie er dies in einem Verfahren tun könnte, bei dem der Rechtsmittelinstanz freie Prüfung zusteht (BGE 109 Ia 217 E. 2b S.226; 117 Ia 10 E. 4b S. 12). Das Bundesgericht prüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene sowie, wenn möglich, belegte Rügen. 
4.2 Der Beschwerdeführer stützt sich vornehmlich auf zwei vom Beschwerdegegner verfasste Schreiben vom 29. Dezember 1996 bzw. 21. Februar 1997: Im ersten Brief werde bezüglich des Chevrolets ausdrücklich festgehalten, dieser sei ins "Depot" des Beschwerdeführers zu nehmen, welcher hiefür "sFr. 45'000.-- an den offenen Saldo anrechnen" solle. Aus dem zweiten Schreiben ergebe sich, dass der Beschwerdeführer den Chevrolet "als Schuldpfand" erhalten solle, wobei er noch etwas Geduld haben müsse, weil das Fahrzeug noch nicht ausgelöst werden könne. 
4.2.1 Bereits der Gerichtspräsident hat für möglich gehalten, dass die Einräumung eines Pfandrechts nur simuliert worden sei, um den Chevrolet bei seinem Veräusserer, Herrn K.________, herauszulösen. Der Appellationshof hat sich dieser Auffassung angeschlossen und erwogen, es bestünde keine tatsächliche Vermutung für die Echtheit von Privaturkunden. Zudem hätten beide Parteien angegeben, der Chevrolet habe bei Herrn K.________ herausgelöst werden müssen. 
4.2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die beiden Schreiben fingiert gewesen seien, um den Chevrolet von Herrn K.________ herauszulösen. Dieser habe als Zeuge klar ausgesagt, er habe das Fahrzeug nicht zurückbehalten. 
 
Der Gerichtspräsident hat als zwischen den Parteien unbestritten angesehen, dass der Chevrolet herausgelöst werden musste. Aus dem Urteil des Appellationshof ergibt sich zudem, dass der Beschwerdeführer anlässlich des Parteiverhörs selber ausgeführt hat, "sicher hätte K.________ [dem Beschwerdegegner] das Fahrzeug nicht mehr herausgegeben"; er (der Beschwerdeführer) habe dann auf das Schreiben hin das Auto erhalten. Im Weiteren hält auch der Brief vom 21. Februar 1997 ausdrücklich fest, das Fahrzeug müsse noch ausgelöst werden. 
 
Auf diese der Zeugenaussage von Herrn K.________ widersprechenden Beweise geht der Beschwerdeführer mit keinem Wort ein. Wie erwähnt (E. 4.1 vorangehend) prüft das Bundesgericht im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene Rügen, was insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid erfordert. Diesen gesetzlichen Begründungsanforderungen genügt die blosse Behauptung, es bestehe kein Grund, an der Zeugenaussage von Herrn K.________ zu zweifeln, nicht. Es kann daher in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
4.3 In Bezug auf die beiden strittigen Briefe hat der Appellationshof weiter festgehalten, aus der Chronologie der Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien sei zu schliessen, dass es sich bei den in den Schreiben genannten Beträgen nicht um Forderungen aus dem Schiedsgerichtsverfahren gehandelt haben könne, da die Klage erst ein halbes Jahr später eingereicht worden und man in diesem Zeitpunkt noch von einem Prozessgewinn ausgegangen sei. 
 
Diese Annahme bezeichnet der Beschwerdeführer als willkürlich. Die beiden Schreiben stünden durchaus im Kontext mit dem Schiedsgerichtsverfahren. Zwar sei die Klage tatsächlich erst am 8. September 1997 anhängig gemacht worden. Über die zu erwartenden Prozesskosten und die Finanzierung durch den Beschwerdeführer sei man sich jedoch bereits gegen Ende 1996 im Klaren gewesen. Er verweist zur Bekräftigung seiner Ausführungen auf die im Vorfeld zum Schiedsgerichtsprozess geführte Korrespondenz vom Juni 1996 zwischen Rechtsanwalt A.________ und dem Anwalt der damaligen Gegenpartei. 
Aus diesem Briefwechsel lässt sich jedoch bezüglich einer allfälligen Vereinbarung über die Kostenverteilung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner nichts ableiten. Der Umstand, dass im Vorfeld der Klageeinreichung aussergerichtliche Verhandlungen geführt worden waren, muss keineswegs bedeuten, dass man sich in diesem Zeitpunkt bereits über die Finanzierung des noch nicht angehobenen Prozesses geeinigt hatte. Jedenfalls legt der Beschwerdeführer einen solchen Zusammenhang nicht in nachvollziehbarer Weise dar. 
4.4 Weiter hebt der Beschwerdeführer gewisse Sachverhaltselemente und Aktenstücke hervor, welche seiner Meinung nach bei der Beweiswürdigung nicht oder nicht genügend beachtet worden seien: Er führt aus, der Appellationshof habe nicht berücksichtigt, dass für das Einstellen der beiden Fahrzeuge kein Entgelt vereinbart worden sei und der Beschwerdegegner die beiden Fahrzeuge während einer langen Zeitdauer gar nie herausverlangt oder besucht habe. Zudem verweist er auf eine Faxmitteilung vom 20. Januar 1999, woraus sich ergebe, dass sich der Beschwerdegegner seiner Verpflichtung zur Beteiligung an den Prozesskosten durchaus bewusst gewesen sei, und welche der Appellationshof gänzlich ausser Acht gelassen habe. 
 
Bei diesen Vorbringen nimmt der Beschwerdeführer keinen Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils, sondern würdigt die Beweise selber frei. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde ist ein solches Vorgehen unzulässig (siehe E. 4.1 vorangehend). Eine Auseinandersetzung mit den Haupterwägungen des Appellationshofes fehlt inbesondere bezüglich dessen Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer sei im Schiedsgerichtsverfahren nicht nur mit Kopien bedient worden, sondern sei die eigentliche Ansprechperson von Rechtsanwalt A.________ gewesen und habe die Herrschaft über den Inhalt der Rechtsschriften inne gehabt. Gleiches gilt bezüglich eines Schreibens vom 26. Mai 2000, in welchem Rechtsanwalt A.________ davon spricht, der Beschwerdegegner habe die Forderung (über welche im Schiedsgerichtsverfahren geurteilt wurde) an den Beschwerdeführer "zediert". Der Appellationshof hat diesbezüglich erwogen, ein Jurist würde kaum von einer Zession sprechen, wenn bloss ein Darlehen über die Prozesskosten geflossen wäre. Da in der Beschwerde jegliche Bezugnahme auf diese entscheidwesentlichen Erwägungen fehlt, gehen die Rügen des Beschwerdeführers nicht über appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung hinaus, worauf nicht eingetreten werden kann. Damit kann auch offen bleiben, ob es sich bei diesen Vorbringen, insbesondere bei der Berufung auf die Faxmitteilung von 20.Januar 1999, nicht ohnehin um unzulässige Noven handelt (BGE 108 II 69 E. 1 S. 71; 129 I 49 E. 3 S. 57). 
5. 
Ferner erblickt der Beschwerdeführer Willkür im Verzicht auf die Einvernahme von Rechtsanwalt A.________. 
 
Bereits der Gerichtspräsident hatte die Akten des Schiedsgerichtsverfahrens bei Rechtsanwalt A.________ ediert und daraufhin auf dessen persönliche Einvernahme verzichtet, da er davon keine neuen Erkenntnisse erwartet hat. Der Appellationshof hat sich dieser Auffassung angeschlossen und einen entsprechenden Beweisantrag des Beschwerdeführers ebenfalls abgewiesen, insbesondere weil keine neuen Argumente für die Einvernahme des Zeugen vorgebracht worden seien. Es liegt demnach eine antizipierte Beweiswürdigung vor: Will ein Beschwerdeführer diese anfechten, muss er dartun, inwieweit das Beweisergebnis ohne die Würdigung der ausser Acht gelassenen Beweise willkürlich ist (BGE 124 I 208 E. 4a S. 211). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde im vorliegenden Fall nicht, macht der Beschwerdeführer doch lediglich geltend, die Frage bezüglich der Vereinbarung der Parteien über die Finanzierung des Schiedsgerichtsverfahrens bleibe ohne die Einvernahme von Rechtsanwalt A.________ offen, wobei er übersieht, dass der Appellationshof keineswegs von einem offenen Beweisergebnis ausgegangen ist. 
6. 
Schliesslich kann auch auf das Vorbringen, die Parteien hätten in Bezug auf die Führung des Schiedsgerichtsprozesses eine einfache Gesellschaft gebildet, nicht eingetreten werden. Dies stellt eine Rechtsfrage dar, die grundsätzlich der eidgenössischen Berufung zugänglich ist. Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde unzulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung sonst wie beim Bundesgericht gerügt werden kann (BGE 129 III 301 E. 1 S. 303). 
7. 
Damit kann auf die staatsrechtliche Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Er schuldet dem Beschwerdegegner allerdings keine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationshof des Kantons Bern, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 10. Mai 2004 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: