Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_644/2011
Urteil vom 15. März 2012
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Borner.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Bohren,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Entschädigung für erbetene Verteidigung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 7. Juli 2011.
Sachverhalt:
A.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X.________ am 11. November 2010 wegen einfacher Körperverletzung und Tätlichkeiten zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 70.-- sowie Fr. 300.-- Busse.
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach ihn am 7. Juli 2011 vollumfänglich frei und entschädigte ihn für seine anwaltliche Verteidigung mit Fr. 4'000.--.
B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, und für das Berufungsverfahren sei ihm eine Entschädigung von Fr. 12'272.-- zuzüglich 8 % MWSt zuzusprechen.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz hält fest, der Sachverhalt präsentiere sich als unkompliziert. Zwar bestehe unter den Beteiligten bezüglich des genauen Geschehens im Tatzeitpunkt über weite Strecken Uneinigkeit, doch seien die zwei Kernhandlungen - der Tritt gegen den Strafanzeiger und die Ohrfeige gegen die Strafanzeigerin - nicht kompliziert oder schwer zu verstehen. Die Schwierigkeit des Falles bestehe vielmehr im Umstand, dass die Hauptbeweismittel in den Aussagen der beteiligten Personen bestünden und sich die Erstellung des Sachverhalts somit auf diese zu stützen hatte (angefochtener Entscheid, S. 7 Ziff. 6.3).
Die Vorinstanz beurteilt den Fall weder bezüglich des Sachverhalts noch in rechtlicher Hinsicht als komplex oder umfangreich. Es handle sich vielmehr um einen gewöhnlichen Nachbarschaftsstreit im Treppenhaus. Angesichts dessen erscheine der Aufwand der Verteidigung als deutlich zu hoch. Wie der Ausgang des Verfahrens zeige, sei es weder notwendig gewesen, weitere Beweise zu erheben, noch weitere Abklärungen zu treffen. Deshalb sei eine Pauschalentschädigung nach der Anwaltsgebührenverordnung zuzusprechen (a.a.O., S. 24 Ziff. 2.3).
2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt die vorinstanzliche Feststellung, der Sachverhalt entspreche einem einfachen Standardfall, als willkürlich. Das Bezirksgericht habe ihn nämlich aufgrund der Beweislage nicht nur für schuldig befunden, sondern die Strafe gegenüber der Anklage sogar noch erhöht. Das Aktenstudium und ausführliche Gespräche mit dem Beschwerdeführer und seiner Frau über die Hintergründe des Streits hätten Hinweise geliefert, dass die Strafanzeiger gegen den Beschwerdeführer und seine Familie ein Komplott geschmiedet hätten. Dies habe zu weiteren Abklärungen und diversen Beweisanträgen geführt. Besondere Schwierigkeiten habe auch der Umstand gemacht, dass die Verletzung des Strafanzeigers (gebrochener Mittelhandknochen) nur einen Tag nach dem Nachbarschaftsstreit ärztlich festgestellt worden war, und es für die Ursache dieser Verletzung neben der Behauptung, dass sie eine Folge des Streits sei, keine anderen Hinweise gegeben habe. Auch dies habe zu Beweisanträgen geführt. Dass die Vorinstanz ohne die weiteren Abklärungen des Rechtsvertreters zum Komplottverdacht und ohne die beantragten Beweismittel zu einem Freispruch kommen würde, habe die Verteidigung nicht im Voraus wissen können. Vor allem sei es notwendig gewesen, die theoretische Grundlage für die Aussageanalyse ausführlich darzulegen, selbst eine solche vorzunehmen und sich fundiert mit den erstinstanzlichen Erwägungen auseinander zu setzen.
2.2 Diese Begründung geht zum grossen Teil an der Sache vorbei. Dass lediglich die zwei Kernhandlungen - der Tritt gegen den Strafanzeiger und die Ohrfeige gegen die Strafanzeigerin - zu beurteilen und dazu ausschliesslich die Aussagen der vier Beteiligten zu analysieren waren, vermag der Beschwerdeführer nicht ernsthaft in Frage zu stellen. Die Aussagen von Beteiligten auf ihre Glaubhaftigkeit zu überprüfen, gehört zu den wiederkehrenden Aufgaben im Rahmen eines Strafverfahrens und stellt nichts Aussergewöhnliches dar. Auch der Aussagen-Umfang von 51 Seiten (Beschwerdeschrift S. 9 Ziff. 14) ist zu relativieren, da nur ein Bruchteil davon die Kernhandlungen betrifft. Ebenso wenig standen die zusätzlichen Abklärungen und Beweisanträge des Rechtsvertreters in direktem Zusammenhang mit den Kernhandlungen. Insgesamt ist deshalb die vorinstanzliche Annahme, der Sachverhalt entspreche einem einfachen Standardfall, nicht willkürlich. Somit verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, als sie den Beschwerdeführer gemäss der Zürcher Anwaltsgebührenverordnung pauschal entschädigte.
Daran ändert auch dessen Hinweis auf einen Beschluss der III. Strafkammer vom 12. September 2001 nichts. Letztere beurteilte zwar verbale Drohungen eines Nachbarn nicht mehr als Bagatelldelikt. Doch begründete sie dies nicht nur damit, dass "einer nachbarlichen Streitigkeit aufgrund der damit verbundenen Emotionen besondere Probleme persönlicher Art anhaften", sondern zudem mit dem Argument, dass die Parteien wegen ihres Streits bereits in andere Gerichtsverfahren verwickelt waren (ZR 105/2006 Nr. 1 S. 3 unten/4 oben). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Damit ist auch der Vorwurf an die Vorinstanz ungerechtfertigt, sie habe das Verbot der Rechtsverweigerung und das Gebot der Rechtsgleichheit verletzt ( Art. 29 Abs. 1 und 2 BV ).
3.
Die Beschwerde ist kostenpflichtig abzuweisen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. März 2012
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Borner