Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_505/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 31. Juli 2013  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Borella, 
Gerichtsschreiber Nussbaumer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
H.________, vertreten durch 
Rechtsanwalt Thomas Wyss, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Gemeinde Wallisellen,  
Durchführungsstelle für  
Zusatzleistungen zur AHV/IV, 
Zentralstrasse 9, 8304 Wallisellen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. April 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1957 geborene H.________ bezieht seit 1. Juli 2003 bei einem Invaliditätsgrad von 50% eine halbe Rente der Invalidenversicherung sowie Ergänzungsleistungen. Am 3. Januar 2011 teilte die Gemeinde Wallisellen, Sozialabteilung, dem Versicherten mit, dass ihm ab 1. August 2011 ein hypothetisches Einkommen von Fr. 19'050.- pro Jahr anzurechnen sei. Mit Verfügung vom 5. Juli 2011 nahm die Durchführungsstelle der Gemeinde eine entsprechende Anpassung der Zusatzleistungen vor. Die hiegegen eingereichte Einsprache wies sie mit Entscheid vom 18. August 2011 ab. 
 
B.  
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. April 2013 ab unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung. 
 
C.  
H.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihm die gesetzlichen Leistungen ohne Anrechnung eines hypothetischen Einkommens zuzusprechen. Ferner sei ihm die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung zu gewähren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Ergänzungsleistungen einzig mit Blick auf die Anrechenbarkeit eines hypothetischen Erwerbseinkommens. 
 
2.1. Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 9 Abs. 1 ELG). Als Einnahmen angerechnet werden u.a. Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG).  
Invaliden unter 60 Jahren ist bei einem Invaliditätsgrad von 40 bis unter 50 % mindestens der um einen Drittel erhöhte Höchstbetrag für den Lebensbedarf von Alleinstehenden nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 1 ELG anzurechnen (Art. 14a Abs. 2 lit. a ELV in Verbindung mit Art. 9 Abs. 5 lit. c ELG). 
 
2.2. Wird der Grenzbetrag in Art. 14a Abs. 2 lit. a ELV nicht erreicht, insbesondere wenn keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, gilt die Vermutung eines Verzichts auf Einkünfte im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG. Diese Vermutung kann durch den Nachweis, dass invaliditätsfremde Gründe wie Alter, mangelhafte Ausbildung und Sprachkenntnisse, persönliche Umstände oder die Arbeitsmarktsituation die Verwertung der Resterwerbsfähigkeit übermässig erschweren oder verunmöglichen, widerlegt werden (Urteil 9C_190/2009 vom 11. Mai 2009 E. 3.2 mit Hinweisen). Dabei besteht eine verstärkte Mitwirkungspflicht des EL-Ansprechers oder -Bezügers bei der Sachverhaltsabklärung durch das Durchführungsorgan der EL (Art. 43 Abs. 1 ATSG) in dem Sinne, dass er die Umstände geltend zu machen hat, welche nach seiner Auffassung geeignet sind, die Vermutung eines Einkommensverzichts umzustossen. Werden solche Umstände nicht geltend gemacht und sind sie auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, oder führen die Abklärungen zu keinem schlüssigen Ergebnis, hat der invalide EL-Ansprecher oder -Bezüger die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen (BGE 117 V 153 E. 3b S. 158). Er hat sich anrechnen zu lassen, was er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung an Erwerbseinkommen tatsächlich noch erzielen könnte (Urteil 9C_190/2009 vom 11. Mai 2009 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht stellte in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Beschwerdeführer unzählige Absagebriefe erfolgloser Bewerbungsversuche zu den Akten gegeben habe, die aus dem Zeitraum zwischen dem 29. November 2005 und dem 4. Mai 2011 datierten. All diesen Schreiben sei gemeinsam, dass jeweils nicht ersichtlich sei, für welche Art von Stellen sich der Beschwerdeführer beworben habe. Insbesondere gingen die jeweiligen Anforderungsprofile daraus nicht hervor. Weiter sei den eingereichten Akten auch nicht zu entnehmen, in welcher Form sich der Beschwerdeführer beworben habe, da beispielsweise auch allfällig vorhandene Bewerbungsschreiben fehlten.  
Das kantonale Gericht ging davon aus, dass lediglich die im Jahr 2011 nach der Mitteilung der Gemeinde vom 3. Januar 2011 erfolgten Bemühungen massgebend seien. Es lägen insgesamt 19 Absagebriefe und ein Mail mit der Bitte um Geduld mit den Daten zwischen dem 6. Januar und dem 4. Mai 2011 vor. Dabei sei bei einer Stelle die Bewerbung zu spät erfolgt, bei vier Absagen handle es sich offenbar um Blindbewerbungen und bei zehn Absagebriefen sei ausdrücklich erwähnt worden, dass die Bewerbung den Anforderungen nicht genau entsprochen habe. Damit zeige sich einerseits in quantitativer Hinsicht, dass im Zeitraum zwischen der Ankündigung vom 3. Januar 2011 bis zum Erlass der Verfügung am 5. Juli 2011, also innerhalb von sechs Monaten nicht einmal annähernd die in der Arbeitslosenversicherung geforderten zehn bis zwölf Stellenbewerbungen pro Kalendermonat erfolgt seien. Darüber hinaus sei die Qualität nicht abschliessend ergründbar. Aufgrund der zahlreichen ausdrücklichen Erwähnungen des mangelnden Anforderungsprofils sei jedoch davon auszugehen, dass die Bemühungen zu wenig ernsthaft waren. Dafür spräche auch die Weigerung des Beschwerdeführers, sich durch das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) unterstützen zu lassen. 
Damit zeige sich, dass dem Beschwerdeführer der Beweis dafür, dass seine ihm verbliebene Arbeitskraft nicht verwertbar sei, mangels genügender und ernsthafter Bemühungen nicht gelinge, und er demnach die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen habe. 
 
3.2. Die von der Vorinstanz gestützt auf die für das Bundesgericht verbindlichen, vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen tatsächlichen Feststellungen gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen stehen im Einklang mit Bundesrecht. Dem Beschwerdeführer ist zwar beizupflichten, dass das Alter, der aktuelle Behinderungs- und Gesundheitszustand, die Ausbildung und der konkrete Arbeitsmarkt grundsätzlich zu berücksichtigen sind, wenn die Anrechenbarkeit eines hypothetischen Einkommens in Frage steht. Aufgrund der gesetzlich statuierten Vermutung von Art. 14a Abs. 2 lit. b ELV kann aber eine (in grundsätzlicher oder masslicher Hinsicht) fehlende Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit nur angenommen werden, wenn sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360) feststeht. Bei der Feststellung des Sachverhalts hat der Leistungsansprecher trotz Geltung des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. Art. 43 Abs. 1 resp. Art. 61 lit. c ATSG) mitzuwirken (Art. 28 Abs. 1 und 2 ATSG). Dass das kantonale Gericht die vor 2011 liegenden erfolglosen Stellenbemühungen mangels Aktualität nicht als Nachweis dafür berücksichtigt hat, dem Beschwerdeführer sei es - entgegen der gesetzlichen Vermutung - 2011 auch bei Aufbietung allen guten Willens nicht möglich gewesen, das ihm angerechnete Erwerbseinkommen von Fr. 19'050.- zu erzielen, hält vor Bundesrecht stand (Urteil 9C_120/2012 vom 2. März 2012 E. 4.5), zumal gemäss den verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts verschiedene Bewerbungen ungenügend, nicht überprüfbar oder Blindbewerbungen waren. Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder der Begründungspflicht kann darin erblickt werden, dass sich das kantonale Gericht in seinen Erwägungen nicht näher mit dem Alter des Beschwerdeführers befasst hat. Aus seinem Alter allein kann der Beschwerdeführer nichts für sich ableiten, gilt doch die gesetzliche Vermutung für die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit bis zur Vollendung des 60. Altersjahres und sein Alter betrug bei Erlass der Verfügung vom 5. Juli 2011 erst 54 Jahre (erwähntes Urteil 9C_120/2012 vom 2. März 2012 E. 4.3). Aus den Akten und namentlich den Bewerbungen lässt sich auch nicht der Schluss ziehen, der Beschwerdeführer habe sich wegen seines Alters erfolglos um eine Stelle bemüht. Die weitern in der Beschwerde geltend gemachten Umstände (gesundheitliche Beeinträchtigungen, angespannte Arbeitsmarktlage, berufliche Ausbildung, Teilzeittätigkeit) sind nicht geeignet, die Vermutung, der Beschwerdeführer könnte mit der ihm verbliebenen Arbeitsfähigkeit ein Einkommen erzielen, zu widerlegen. Der angefochtene Entscheid verletzt Bundesrecht nicht.  
 
4.  
 
4.1. Da mangels Erforderlichkeit (Art. 102 Abs. 1 BGG) kein Schriftenwechsel durchgeführt wird, ist das Gesuch um Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels gegenstandslos.  
 
4.2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann entsprochen werden (Art. 64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202). Es wird jedoch ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach der Beschwerdeführer der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er später dazu in der Lage ist.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwalt Thomas Wyss als Rechtsbeistand beigegeben. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4.  
Rechtsanwalt Thomas Wyss wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 31. Juli 2013 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer