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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_195/2007 
 
Urteil vom 17. Dezember 2007 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Reeb, Fonjallaz, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Thönen. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Marc F. Suter, 
 
gegen 
 
Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt, Rathausgasse 1, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Arbeitszeugnis, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 6. Juni 2007 des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Dr. med. X.________ war ab 1. Oktober 1978 an einem Spital als leitender Arzt und später als Chefarzt tätig. Per 1. Januar 2001 wurde X.________ zum Abteilungsleiter eines neu geschaffenen Dienstes ernannt. 
 
Am 19./24. November 2004 vereinbarten X.________ und die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern (im Folgenden: Direktion), dass ersterer per 1. Dezember 2004 freigestellt und das Arbeitsverhältnis per 30. September 2005 aufgelöst werde. 
 
Die Parteien konnten sich über die Ausgestaltung des Arbeitszeugnisses nicht einigen. Die Direktion unterbreitete X.________ am 3. August 2005, 19. Oktober 2005 und 23. Dezember 2005 je eine Fassung des Arbeitszeugnisses, welche dieser nicht akzeptierte. Am 29. Mai 2006 eröffnete die Direktion das Arbeitszeugnis in Form einer anfechtbaren Verfügung. 
B. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 30. Juni 2006 verlangte X.________ im Wesentlichen, die Verfügung der Direktion vom 29. Mai 2006 sei aufzuheben und die Direktion sei zu verurteilen, dem Beschwerdeführer ein Arbeitszeugnis nach Massgabe seines Textvorschlags auszustellen. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde insoweit gut, als eine Jahresangabe im Zeugnistext zu streichen sei. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. 
 
Zur Begründung wurde angeführt, aus der strittigen Jahresangabe ergäben sich keine wesentlichen Informationen für künftige Arbeitgeber, sie sei daher zu streichen. Im Übrigen lägen bezüglich des Zeugnistextes keine Rechtsverletzungen vor. Das Verhalten von X.________ gegenüber seinen Vorgesetzten könne nicht in allen Teilen als positiv bewertet werden. Da er erst ab 2001 durch den Kanton angestellt worden sei, müsse sich das Arbeitszeugnis zur Zeit davor nicht äussern. 
C. 
Mit Eingabe vom 9. Juli 2007 führt X.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er rügt eine Verletzung des Obligationenrechts, des Fusionsgesetzes sowie verfassungsmässiger Rechte. Er beantragt, die Verfügung der Direktion vom 29. Mai 2006 und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Juni 2007 seien aufzuheben, und die Sache sei zur Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses (Vollzeugnis) an die Direktion zurückzuweisen. 
 
Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, die Direktion hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das angefochtene Urteil vom 6. Juni 2007 ist nach dem Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) am 1. Januar 2007 ergangen. Auf das vorliegende Verfahren ist das BGG anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
1.2 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG). Es untersucht deshalb grundsätzlich von Amtes wegen, ob und inwiefern auf eine Beschwerde eingetreten werden kann (BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251). Das Urteil des Verwaltungsgerichts, einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), betrifft ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis, d.h. eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts ist zur Behandlung der Beschwerde zuständig (Art. 29 Abs. 1 lit. g Reglement für das Bundesgericht vom 20. November 2006, SR 173.110.131). 
2. 
Gemäss Art. 83 lit. g BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse unzulässig, wenn sie eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, nicht aber die Gleichstellung der Geschlechter betreffen. Mit dieser Bestimmung wird die Beschwerde grundsätzlich auf vermögensrechtliche Arbeitsstreitigkeiten beschränkt. 
 
Es ist in Auslegung von Art. 83 lit. g BGG zu entscheiden, ob ein Streit um ein Arbeitszeugnis aus öffentlichem Personalrecht als "vermögensrechtliche Angelegenheit" im Sinne dieser Bestimmung zu betrachten ist. Gemäss der Rechtsprechung zur altrechtlichen zivilrechtlichen Berufung (Art. 46 OG) ist der Streit um die Ausstellung oder Formulierung eines Arbeitszeugnisses aus Zivilrecht vermögensrechtlicher Natur, denn das Arbeitszeugnis kann dem Beurteilten das wirtschaftliche Fortkommen erleichtern (BGE 116 II 379 E. 2b S. 380; 74 II 43 S. 44). Art. 83 lit. g BGG ist in Anlehnung an diese Rechtsprechung auszulegen und das Arbeitszeugnis aus öffentlichem Personalrecht analog zu beurteilen. Im Hinblick auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten handelt es sich bei einer Streitigkeit um ein Arbeitszeugnis demnach um eine vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 83 lit. g BGG
3. 
In vermögensrechtlichen Sachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn ein bestimmter Streitwert erreicht wird (Art. 85 Abs. 1 BGG) oder wenn sich eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Abs. 2). Auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse muss der Streitwert mindestens 15'000 Franken betragen (Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG). Da das Begehren betreffend das Arbeitszeugnis nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme lautet, setzt das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG). In zivilrechtlichen Streitigkeiten über ein Arbeitszeugnis ist zur Streitwertermittlung in erster Linie auf die übereinstimmenden Angaben der Parteien abzustellen (BGE 116 I 379 E. 2b S. 380 zu Art. 46 OG). Nach Ermessen des Verwaltungsgerichts ist im vorliegenden Fall der Streitwert von 15'000.-- Franken erreicht, wenn die berufliche Stellung des Beschwerdeführers, seine bisher ausgeübten Funktionen, die Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie sein Gehalt berücksichtigt werden. Diese Streitwertfeststellung wird nicht bestritten und es besteht kein Anlass, davon abzuweichen. Die Streitwertgrenze gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG ist überschritten. 
4. 
4.1 Das Bundesgericht kann angefochtene Urteile nicht uneingeschränkt, sondern nur hinsichtlich der im Gesetz (Art. 95 ff. BGG) genannten Beschwerdegründe überprüfen. Dies gilt namentlich dann, wenn in Dienstverhältnissen des kantonalen Rechts ergänzend das Obligationenrecht zur Anwendung kommt. Durch die im kantonalen öffentlichen Recht vorgenommene Verweisung auf das Bundesprivatrecht wird dieses zum subsidiären kantonalen öffentlichen Recht und ist nach dessen Regeln anzuwenden und auszulegen. Die übernommenen Normen gelten nicht als Bundesrecht, sondern als kantonales Recht. Entsprechend ist die Bundesrechtsrüge gemäss Art. 95 lit. a BGG auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte beschränkt (Urteil 1C_68/2007 vom 14. September 2007 E. 2.3; vgl. BGE 126 III 370 E. 5 S. 372; 108 II 490 E. 7 S. 495; Tomas Poledna, Annäherungen ans Obligationenrecht, in Peter Helbling/Tomas Poledna [Hrsg.], Personalrecht des öffentlichen Dienstes, Bern 1999, S. 213/214; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, Zürich 2006, Rz. 304). 
4.2 In der Begründung der Beschwerde ist gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. Im Anwendungsbereich dieser Bestimmung besteht eine qualifizierte Rügepflicht; die Praxis zum Rügeprinzip gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist weiterzuführen (BGE 133 II 249 E. 1.4 S. 254). Demnach prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.; 125 I 492 E. 1b S. 495, mit Hinweisen). 
5. 
Verfahrensgegenstand ist die Formulierung des Arbeitszeugnisses aus einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis mit dem Kanton Bern. Das Rechtsverhältnis untersteht dem kantonalen öffentlichen Recht (angefochtenes Urteil, Ziff. 1.1 und 2.1). Gemäss dem Verwaltungsgericht sind bei der Abfassung des Arbeitszeugnisses die Grundsätze der Wahrheit, des Wohlwollens und der Vollständigkeit zu beachten, wobei dem Arbeitgeber bei der Abfassung ein gewisser Ermessensspielraum zusteht (angefochtenes Urteil, Ziff. 2.2). Im vorliegenden Fall wurde der Text des Arbeitszeugnisses einer Rechtsprüfung unterzogen und für korrekt befunden. 
6. 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Fusionsgesetzes und des Obligationenrechts, indem die Zeit vor Übernahme des Arbeitsverhältnisses durch den Kanton Bern per Januar 2001 vom Arbeitszeugnis nicht erfasst werde; einen Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, weil er im Arbeitszeugnis disqualifiziert werde; eine Verletzung des Vertrauensgrundsatzes, weil ihm durch die verspätete Ausstellung des Arbeitszeugnisses das wirtschaftliche Fortkommen erschwert worden sei; und eine Verletzung der Verfahrensgarantien gemäss Art. 29 BV, indem sich das Verwaltungsgericht auf eine Rechtskontrolle beschränkt und die Beweisanträge abgelehnt habe. 
6.1 Das Bundesgericht prüft im vorliegenden Verfahren nur hinreichend begründete Verfassungsrügen (hiervor E. 2). Auf die Rüge der Verletzung des Obligationenrechts und des Fusionsgesetzes ist nicht einzutreten. Würde das Vorbringen sinngemäss als Willkürrüge entgegengenommen, so wäre es abzuweisen: Die zeitliche Beschränkung des Arbeitszeugnisses beruht auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführer erst seit Januar 2001 in einem Arbeitsverhältnis mit dem Kanton Bern steht. Dies ist sachlich nachvollziehbar und stellt keinen krassen oder unhaltbaren Fehler im Sinne des Willkürverbots dar (BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f.; 129 I 8 E. 2.1 S. 9, je mit Hinweisen). Es ist demnach nicht willkürlich, dass der Beginn des massgeblichen Zeitraums auf Januar 2001 festgelegt wurde. 
6.2 Das Vorbringen, der Beschwerdeführer werde im Arbeitszeugnis disqualifiziert, hat das Verwaltungsgericht anhand des Textes Punkt für Punkt geprüft und verworfen. Es ist der Ansicht, aus der Medienmitteilung vom 24. November 2004 könnten keine Ansprüche für die personalrechtliche Leistungsbeurteilung abgeleitet werden und es bestehe kein Anspruch auf die Verwendung bestimmter Formulierungen (angefochtenes Urteil, Ziff. 3.2.2 und 3.1.7 am Ende). In diesem Punkt ist die Beschwerde ungenügend begründet, denn der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern die Ausführungen im angefochtenen Urteil verfassungswidrig wären. Auf das Vorbringen ist mangels Begründung im Sinne von Art. 106 Abs. 2 BGG (hiervor E. 2.2) nicht einzutreten. 
6.3 Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die Behauptung, der Beschwerdeführer werde in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erschwert, weil er das Arbeitszeugnis verspätet erhalten habe. Das Verwaltungsgericht hat sich zu diesem Vorbringen nicht geäussert. Überdies ist auch kein aktuelles praktisches Beschwerdeinteresse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG ersichtlich, da heute ein Arbeitszeugnis vorliegt und kein verbleibender Nachteil ersichtlich ist, der durch die Verspätung verursacht wurde und durch die Gutheissung der Beschwerde behoben werden könnte. 
6.4 Zu den Rügen der mangelnden Sachverhaltsabklärung und Verletzung von Art. 29 BV ist festzuhalten, dass das Verfahren die Ausstellung und Formulierung des Arbeitszeugnisses betrifft und auf diese Frage begrenzt bleibt. Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten, das Verfahren auszudehnen, indem etwa Beweise über die Umstände erhoben würden, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führten. Folglich mussten die Mobbingvorwürfe nicht weiter abgeklärt werden. Die Rügen sind unbegründet. 
7. 
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 17. Dezember 2007 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Thönen