Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.406/2003 /leb
Urteil vom 16. September 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. Werner Bodenmann, Postfach 22, 9004 St. Gallen,
gegen
Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen.
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 2. Juli 2003.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der aus der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) stammende X.________, geboren 1977, stellte erstmals 1997 ein Asylgesuch, das umgehend abgewiesen wurde. Auf eine dagegen erhobene Beschwerde trat die Schweizerische Asylrekurskommission am 16. August 1997 nicht ein. Am 27. September 1998 stellte er erneut ein Asylgesuch, welches wiederum nach kurzer Zeit (22. Dezember 1998) abgewiesen wurde. Die Schweizerische Asylrekurskommission trat am 22. Februar 1999 auch auf die gegen diesen negativen Asylentscheid erhobene Beschwerde nicht ein.
Während der Hängigkeit des zweiten Asylbeschwerdeverfahrens, am 20. Januar 1999, heiratete X.________ eine um gut 17 Jahre ältere Schweizer Bürgerin; gestützt auf diese Ehe wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt (Art. 7 ANAG). Seit dem 1. Mai 2000 leben die Eheleute getrennt. Das Ausländeramt des Kantons St. Gallen leitete in der Folge Abklärungen betreffend das Vorliegen einer Scheinehe ein. Am 1. Oktober 2002 lehnte es eine Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung ab. Der gegen diese Verfügung an das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen erhobene Rekurs blieb erfolglos, und mit Urteil vom 2. Juli 2003 wies das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen die gegen den Rekursentscheid vom 1. April 2003 erhobene Beschwerde ab.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 8. September 2003 beantragt X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie die diesem zugrundeliegenden vorausgehenden Entscheidungen seien vollumfänglich aufzuheben und das Ausländeramt des Kantons St. Gallen sei anzuweisen, ihm die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten eingeholt. Ein Schriftenwechsel oder andere Instruktionsmassnahmen sind nicht angeordnet worden. Das Urteil, mit dessen Ausfällung das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos wird, ergeht im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 36a OG.
2.
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung; nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung. Kein Anspruch besteht, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung zu umgehen ("Ausländerrechtsehe", Art. 7 Abs. 2 ANAG). Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann sich die Berufung auf die Ehe als rechtsmissbräuchlich erweisen; auch in diesem Fall besteht kein Bewilligungsanspruch (BGE 128 II 145 E. 2 u. 3; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff.). Missbrauch wird nach der Rechtsprechung angenommen, wenn eine Ehe ohne jegliche Aussicht auf Wiedervereinigung nur noch formell besteht und sich der Beschwerdeführer einzig im Hinblick auf die damit verbundene besondere ausländerrechtliche Stellung beruft. Unerheblich ist dabei, aus welchen Gründen die Ehe aufrechterhalten wird und dass sie möglicherweise aus zwingenden rechtlichen Gründen (vgl. Art. 114/115 ZGB) noch nicht aufgelöst worden ist (BGE 128 II 145 E. 2.2 S. 151 f.; 127 II 49 E. 5a S. 56 f. mit Hinweisen).
2.2 Der Beschwerdeführer macht nicht etwa geltend, es bestehe noch eine wenigstens minimale Aussicht auf Wiederaufnahme der ehelichen Beziehung zur schweizerischen Ehefrau. Vielmehr beabsichtigt er erklärtermassen, diese Ehe raschmöglichst aufzulösen. Er legt Wert darauf, dass er dies gegenüber den Behörden immer kundgetan habe; daraus scheint er ableiten zu wollen, dass die Voraussetzungen eines Dahinfallens des Bewilligungsanspruchs wegen Rechtsmissbrauchs nicht erfüllt seien. Damit verkennt der Beschwerdeführer die Bedeutung der Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauch im Bereich des Art. 7 ANAG. Ausschlaggebend ist, dass ein Anspruch auf eine ausländerrechtliche Bewilligung nur solange aus Art. 7 ANAG abgeleitet werden kann, als der Ehe aus der Sicht des Ausländers - unabhängig von fremdenpolizeirechtlichen Überlegungen - überhaupt noch eine Bedeutung zukommt. Insofern geht es nicht notwendigerweise um eine Sanktion für das Verheimlichen von massgeblichen Umständen. Besteht die Ehe ausschliesslich noch formell, so wenn der Ausländer, wie vorliegend der Beschwerdeführer, erklärtermassen eine andere Beziehung eingehen will, kann aus einer solchen Ehe kein Rechtsanspruch auf Bewilligung (mehr) abgeleitet werden (vgl. Urteil 2A.37/2003 vom 3. Februar 2003). Der Missbrauch besteht im Falle des Beschwerdeführers darin, dass der mit der Ehe verknüpfte privilegierte ausländerrechtliche Status einzig zwecks Überbrückung des Zeitraums bis zum Eingehen einer neuen Ehe beansprucht wird. Es ist demnach so zu halten, als bestünde die Ehe nicht, und anwendbar ist dann letztlich allein Art. 4 ANAG, welcher es - vorbehältlich des Vorliegens eines anderen Anspruchstatbestands - ins freie Ermessen der zuständigen Behörde stellt, über die Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung zu entscheiden. Fehlt es an einem Anspruch gemäss Art. 7 ANAG, wird mit der Nichterneuerung der Bewilligung nicht in dem Ausländer zustehende Rechte eingegriffen, sodass die Bewilligungsverweigerung insofern kein Bundesrecht verletzt. Unter diesen Umständen war das Verwaltungsgericht auch nicht gehalten, weitere Abklärungen zu treffen, etwa die Schweizer Ehefrau des Beschwerdeführers zu befragen. Die einzige unter dem Gesichtspunkt von Art. 7 ANAG massgebliche Frage nach den Absichten des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Ehe war geklärt.
2.3 Der Beschwerdeführer erwähnt, dass er eine Freundin (geboren 1981) habe, die er zu heiraten gedenke; diese sei mittlerweile von ihm schwanger. Aus deren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde als Beilage beigegebenen Ausländerausweis ergibt sich, dass sie die Niederlassungsbewilligung hat. Offenbar will der Beschwerdeführer aus der Tatsache einer zukünftigen Heirat mit einer Niedergelassenen bzw. aus der Beziehung zu einem Kind, das auch über die Niederlassungsbewilligung verfügen könnte, gleichsam zum Voraus einen Anspruch auf Bewilligungsverlängerung ableiten.
Beim Umstand, dass der Beschwerdeführer möglicherweise im Laufe des Januars 2004 Vater werden könnte, handelt es sich um ein Novum, welches im bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht gehört werden kann (vgl. zum sich aus Art. 105 Abs. 2 OG ergebenden Novenverbot BGE 125 II 217 E. 3a S. 221). Was die Freundin des Beschwerdeführers betrifft, hält das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil fest, dass gesicherte Angaben über deren Aufenthaltsstatus fehlten; ob es dieser Frage allenfalls von Amtes wegen hätte nachgehen müssen, nachdem der Beschwerdeführer bereits in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht vom 28. April 2003 (S. 8) erwähnt hatte, die Freundin sei in der Schweiz niedergelassen, kann offen bleiben. Die noch bestehende Ehe steht einer - allfälligen - Heirat des Beschwerdeführers mit seiner Freundin noch einige Zeit im Wege. Kann schon bei Verlobten höchstens unter besonderen Umständen eine in ausländerrechtlicher Hinsicht bedeutsame Vorauswirkung einer zukünftigen Ehe anerkannt werden (erforderlich ist insbesondere eine unmittelbar bevorstehende Eheschliessung, vgl. Urteil 2A.274/1996 vom 7. November 1996 E. 1 mit Hinweisen; Alain Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997 I S. 267 ff., S. 284; Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Aufl. Zürich 1999, Rz 571 zu Art. 8), fällt die Berufung auf eine nur in Aussicht gestellte neue Ehe erst recht ausser Betracht, wenn der Ausländer noch verheiratet ist.
2.4 Soweit das Bundesgericht das angefochtene Urteil überhaupt überprüfen kann (hinsichtlich der Anwendung von Art. 7 ANAG bzw. des Bestehen eines Anspruchstatbestandes, nicht hinsichtlich der Ermessensausübung gemäss Art. 4 ANAG), ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offensichtlich unbegründet und abzuweisen.
Entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG ). Er hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (vgl. Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Justiz- und Polizeidepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. September 2003
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: