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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_586/2020  
 
 
Urteil vom 23. März 2021  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Gemeinsame Einrichtung KVG, 
Industriestrasse 78, 4600 Olten, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.A.________ und B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 5. August 2020 (VV.2020.74/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.A.________ und B.A.________ (geboren 1939 bzw. 1940) sind deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz. Sie beziehen je eine deutsche sowie eine schweizerische Altersrente. Bis Ende 2017 waren sie bei der Barmer Ersatzkasse in Deutschland (fortan: Barmer) gesetzlich krankenversichert und bei der Gemeinsamen Einrichtung KVG (nachfolgend: GE KVG) für die internationale Leistungsaushilfe registriert. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 teilte die GE KVG den Versicherten sowie der Barmer mit, A.A.________ und B.A.________ unterstünden als Bezüger von Wohnlandrenten aus der Schweiz der schweizerischen Krankenversicherungspflicht, weshalb ab 1. Januar 2018 kein Anspruch auf internationale Leistungsaushilfe mehr bestehe. Die Barmer bestätigte daraufhin, dass in Deutschland kein Anspruch mehr auf Sachleistungen bestehe (Formularvermerk vom Februar 2018). Am 19. April 2018 stellte die GE KVG fest, das Ehepaar A.A.________ und B.A.________ unterstehe ab 1. Januar 2018 dem schweizerischen Krankenversicherungsobligatorium. Mit Einspracheentscheid vom 11. Juni 2018 stellte sie die internationale Leistungsaushilfe ab 1. Januar 2018 ein. 
 
B.   
Hiergegen führte das Ehepaar A.A.________ und B.A.________ Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses trat darauf nicht ein und überwies die Angelegenheit an das zuständige Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (Entscheid vom 2. April 2020). Letzteres hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 5. August 2020 gut und hob den Einspracheentscheid vom 11. Juni 2018 auf. 
 
C.   
Die GE KVG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, es sei der vorinstanzliche Entscheid vom 5. August 2020 aufzuheben und ihr Einspracheentscheid vom 11. Juni 2018 zu bestätigen. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei das Ehepaar A.A.________ und B.A.________ zu verpflichten, ihre (mittlerweile abgeschlossene) Krankenversicherung gemäss KVG für die Dauer des Verfahrens weiterzuführen. 
A.A.________ und B.A.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde und ersuchen um unentgeltliche Rechtspflege. Die Bundesämter für Gesundheit (BAG) und Sozialversicherungen (BSV) schliessen sich den Ausführungen der GE KVG an. 
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2020 ordnete die Instruktionsrichterin bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung einen Vollzugsstopp an. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4 S. 61 f.). 
 
2.  
 
2.1. Es ist unbestritten, dass angesichts der geschilderten Gegebenheiten ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Gemäss Art. 8 des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) regeln die Vertragsparteien die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gemäss Anhang II (der Bestandteil des Abkommens bildet, Art. 15 FZA). Unter anderem soll die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften und die Zahlung der Leistungen an Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien haben, gewährleistet werden (Art. 8 lit. b und d FZA). Nach Art. 1 i.V.m. Abschnitt A Anhang II FZA (in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung) wandten die Vertragsparteien untereinander insbesondere die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (AS 2004 121; nachfolgend VO Nr. 1408/71), und (EWG) Nr. 574/72 des Rates Vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (AS 2005 3909) oder gleichwertige Vorschriften an. Mit Wirkung per 1. April 2012 sind diese beiden Rechtsakte durch die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1; nachfolgend: VO Nr. 883/2004) sowie (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.11; nachfolgend: VO Nr. 987/2009) abgelöst worden (Art. 1 i.V.m. Abschnitt A Anhang II FZA; BGE 144 V 127 E. 4.1 S. 129 mit Hinweisen).  
 
2.2. Unter den Parteien ist nicht bestritten, dass sich der Anspruch der Beschwerdegegner auf Sachleistungsaushilfe nach den VO Nrn. 883/2004 und 987/2009 richtet. Weiterungen hierzu erübrigen sich (oben E. 1).  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht erwog, die GE KVG habe die internationale Leistungshilfe faktisch mit der Begründung eingestellt, A.A.________ und B.A.________ seien in der Schweiz krankenversichert bzw. müssten sich in der Schweiz krankenversichern. Dabei habe sie ausgeblendet, dass diese mit Entscheid des Departements für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau vom 28. Juli 1997 von der Versicherungspflicht gemäss KVG befreit worden seien. Daran ändere nichts, dass die Barmer mit Schreiben vom 22. August 2018 bestätigt habe, die Mitgliedschaften von A.A.________ und B.A.________ seien jeweils zum 31. Dezember 2017 bei ihr gekündigt worden, laufe doch diesbezüglich noch ein Rechtsmittelverfahren. Damit habe die GE KVG nicht davon ausgehen dürfen, das Ehepaar A.A.________ und B.A.________ sei per 1. Januar 2018 in der Schweiz krankenversichert gewesen bzw. hätte dies sein müssen.  
 
3.2. Die GE KVG macht im Wesentlichen geltend, das kantonale Gericht habe es unterlassen, die Voraussetzungen für die Eintragung zur internationalen Leistungsaushilfe zu prüfen. Die Sachleistungsaushilfe nach Art. 17 ff. VO Nr. 883/2004 erfolge durch den aushelfenden Träger auf Rechnung des zuständigen Trägers. Ein Anspruch auf Sachleistungsaushilfe bestehe nur, wenn der nach den koordinationsrechtlichen Regeln zu bestimmende, zuständige Staat und der Wohnstaat auseinanderfielen. Für den Entscheid über den Anspruch auf internationale Leistungsaushilfe sei demnach vorfrageweise zu klären, ob in der Schweiz eine Krankenversicherungspflicht bestehe. In diesem Zusammenhang sei belanglos, ob in der Vergangenheit nach nationalem Recht eine Befreiung von der Versicherungspflicht gewährt worden sei. Abgesehen davon, dass die Fortgeltung einer 1997 - mithin noch vor Einführung des europäischen Koordinationsrechts - gewährten Befreiung fraglich erscheine, könne eine solche so oder anders nicht Grundlage bilden für die Eintragung der Beschwerdegegner zur internationalen Leistungsaushilfe.  
 
4.  
 
4.1. Das Versicherungsgericht hat nicht positiv (vorfrageweise) entschieden, wo - in der Schweiz oder in Deutschland - das Ehepaar A.A.________ und B.A.________ ab 1. Januar 2018 krankenversicherungspflichtig ist, sondern einzig erwogen, die GE KVG habe nicht davon ausgehen dürfen, dass es ab diesem Zeitpunkt in der Schweiz krankenversichert war oder hätte sein müssen. Dass es damit letztlich die Frage nach dem zuständigen Vertragsstaat bzw. Versicherungsträger offen gelassen hat, ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund zu sehen, dass A.A.________ nebst dem Bezug von Renten aus Deutschland und der Schweiz aktenkundig auch im Rentenalter noch als Geschäftsführer einer deutschen Gesellschaft tätig war, für die er ab 2018 als Liquidator amtet (e), wie er vor Vorinstanz geltend machte, hierzu jedoch nichts Genaueres bekannt ist (zur Bedeutung einer allenfalls fortgesetzten Tätigkeit in Deutschland vgl. untenstehend E. 4.4.1). Der Sachverhalt kann insoweit ergänzt werden (vorne E. 1). Die deutsche Zuständigkeit und der (Weiter-) Bestand eines Versicherungsverhältnisses zwischen der Barmer und den Beschwerdegegnern ist nach Feststellung des Verwaltungsgerichts Gegenstand eines in Deutschland hängigen Verfahrens (oben E. 3.1).  
 
4.2.  
 
4.2.1. Zur internationalen Sachleistungsaushilfe sieht Art. 17 VO Nr. 883/2004 unter dem Titel "Wohnort in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat" vor was folgt:  
 
"Ein Versicherter oder seine Familienangehörigen, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen, erhalten in dem Wohnmitgliedstaat Sachleistungen, die vom Träger des Wohnorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften des zuständigen Trägers erbracht werden, als ob sie nach diesen Rechtsvorschriften versichert wären." 
 
4.2.2. Das Bestehen eines Anspruchs auf internationale Sachleistungsaushilfe setzt demnach voraus, dass sich der für die Krankenversicherung zuständige Vertragsstaat (Versicherungsstaat) vom Wohn- oder Aufenthaltsvertragsstaat unterscheidet. Werden Sachleistungen im - aus Sicht des zuständigen Vertragsstaats - Ausland am Wohn- oder Aufenthaltsort der versicherten Person erbracht, greift das in den Art. 17 ff. VO Nr. 883/2004 vorgesehene System der aushelfenden Leistungserbringung mit punktueller Integration der versicherten Person in das ausländische Leistungssystem (BGE 146 V 152 E. 9.1 S. 163 f.; vgl. etwa KARL-JÜRGEN BIEBACK, Europäisches Sozialrecht, 7. Aufl. 2018, N. 12 der Vorbemerkungen zu den Art. 17 ff. VO Nr. 883/2004 und N. 1 zu Art. 17 VO Nr. 883/2004).  
 
4.2.3. Welches der zuständige Vertragsstaat ist, bestimmt sich im Bereich der Krankenversicherung nach den Art. 11 ff. bzw. Art. 23 ff. VO Nr. 883/2004. Diese regeln das primäre Versicherungs- bzw. Leistungsverhältnis (mit dem zuständigen Träger) und sind somit als Katalog von Kollisionsnormen zu verstehen (vgl. zit. BGE 144 V 127 E. 4.2 S. 130 f.; ausserdem HEINZ-DIETRICH STEINMEYER, in: Europäisches Sozialrecht, a.a.O., N. 1 der Vorbemerkungen vor den Art. 11 ff. VO Nr. 883/2004; CONSTANZE JANDA, a.a.O., N. 8 der Vorbemerkungen vor den Art. 23 ff. VO Nr. 883/2004).  
 
4.3. Die Anwendung der Kollisionsnormen der VO Nr. 883/2004, nach denen sich die anzuwendenden Rechtsvorschriften bestimmen, ist für die Vertragsstaaten zwingend. Sie bilden ein geschlossenes System, das den nationalen Gesetzgebern die Befugnis nimmt, in diesem Bereich den Geltungsbereich und die Anwendungsvoraussetzungen ihrer nationalen Rechtsvorschriften im Hinblick darauf zu bestimmen, welche Personen ihnen unterliegen und in welchem Gebiet sie ihre Wirkung entfalten sollen (BGE 146 V 290 E. 3.2 i.f. S. 293; 146 V 152 E. 4.2.3.1 S. 159; 144 V 127 E. 4.2.3.1 S. 131; EuGH-Urteil C-345/09 van Delft u.a, Rn. 51 f.). Auch mit der Sachleistungsaushilfe im Bereich der Krankenversicherung sieht das Koordinationsrecht eine zwingende, eigenständige Lösung vor (vgl. BIEBACK, Europäisches Sozialrecht, a.a.O., N. 10 der Vorbemerkungen vor den Art. 17 ff. VO Nr. 883/2004).  
 
4.4.  
 
4.4.1. Titel II der VO Nr. 883/2004 enthält in den Art. 11 bis 16 allgemeine Regeln zur Bestimmung des anwendbaren Rechts. Art. 11 Abs. 1 der Verordnung hält als Grundsatz fest, dass die erfassten Personen nur der Rechtsordnung eines einzigen Mitglieds bzw. Vertragsstaates unterworfen sein sollen. Gemäss ihrem Art. 11 Abs. 3 unterliegt eine Person, die in einem Vertragsstaat eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Staates. Übt sie eine Tätigkeit gewöhnlich in zwei oder mehr Vertragsstaaten aus, unterliegt sie den Rechtsvorschriften des Wohnvertragsstaats, wenn sie in diesem einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt (Art. 13 Abs. 1 lit. a VO Nr. 883/2004).  
Titel III der VO Nr. 883/2004 enthält weitere, spezifischere Konfliktregeln für bestimmte Sozialversicherungszweige, insbesondere in den Art. 17 bis 35 solche für den Bereich der Krankenversicherung. Art. 23 VO Nr. 883/2004 sieht vor: 
 
"Eine Person, die eine Rente oder Renten nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten erhält, wovon einer der Wohnmitgliedstaat ist, und die Anspruch auf Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats hat, erhält wie auch ihre Familienangehörigen diese Sachleistungen vom Träger des Wohnorts für dessen Rechnung, als ob sie allein nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats Anspruch auf Rente hätte." 
Art. 31 VO Nr. 883/2004 stellt klar: 
 
"Die Artikel 23-30 finden keine Anwendung auf einen Rentner oder seine Familienangehörigen, die aufgrund einer Beschäftigung oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates haben. In diesem Fall gelten für die Zwecke dieses Kapitels für die betreffende Person die Artikel 17-21." 
 
4.4.2. Nicht erwerbstätige Familienangehörige unterstehen grundsätzlich den Rechtsvorschriften, die auf die Person, von der sie ihre Rechte ableiten, zur Anwendung kommen (Art. 17 VO Nr. 883/2004; GUIDO EUGSTER, Basler Kommentar Krankenversicherungsgesetz/ Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, 2020, N. 95 zu Art. 3 KVG; BIEBACK, Europäisches Sozialrecht, a.a.O., N. 7 und 10 zu Art. 17 VO Nr. 883/2004). Zu beachten ist aber auch Art. 32 Abs. 1 VO Nr. 883/2004:  
 
"Ein eigenständiger Sachleistungsanspruch aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates oder dieses Kapitels hat Vorrang vor einem abgeleiteten Anspruch auf Leistungen für Familienangehörige. Ein abgeleiteter Anspruch auf Sachleistungen hat jedoch Vorrang vor eigenständigen Ansprüchen, wenn der eigenständige Anspruch im Wohnmitgliedstaat unmittelbar und ausschliesslich aufgrund des Wohnorts der betreffenden Person in diesem Mitgliedstaat besteht." 
 
4.4.3. Da für die Bestimmung der Zuständigkeit zur Versicherung von A.A.________ und B.A.________ aufgrund der soeben wiedergegebenen Normen insbesondere Informationen zu einer allfällig fortgesetzten Erwerbstätigkeit der Ehegatten in Deutschland fehlen, durfte die GE KVG - insoweit mit der Vorinstanz - nicht (vorfrageweise) davon ausgehen, das Ehepaar A.A.________ und B.A.________ sei ab 2018 in der Schweiz krankenversichert gewesen bzw. hätte dies sein müssen. Wie es sich damit verhält, ist indes hier weder Streitgegenstand, noch ist es für die Beurteilung des strittigen Anspruchs auf Eintragung zur internationalen Sachleistungsaushilfe entscheidend, wie sogleich aufzuzeigen ist.  
 
5.  
 
5.1.  
 
5.1.1. Mit der internationalen Sachleistungsaushilfe wird keine Auffangnorm für Fälle strittiger Zuständigkeiten geschaffen, sondern es wird die Leistungsaushilfe geregelt bei feststehendem zuständigem Träger. Es handelt sich mithin - wie die GE KVG sowie BSV und BAG dem Grundsatz nach richtig darlegen - nicht um eine subsidiäre Versicherung, sondern um einen Mechanismus zur Erleichterung der Inanspruchnahme von Sachleistungen in einem anderen als dem zuständigen Vertragsstaat. Die Eintragung zur Sachleistungsaushilfe setzt denn auch folgerichtig voraus, dass eine gültige Anspruchsbescheinigung des zuständigen Trägers vorgelegt wird (Art. 24 Abs. 1 VO Nr. 987/2009; vgl. ausserdem BIEBACK, Europäisches Sozialrecht, a.a.O., N. 3 und 22 zu Art. 17 VO Nr. 883/2004). Diese gilt grundsätzlich solange, bis der zuständige Träger den (aushelfenden) Träger des Wohnorts über ihren Widerruf informiert (Art. 24 Abs. 2 VO Nr. 987/2009). Dies wird bekräftigt durch Ziffer I./3. des Beschluss Nr. S6 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 22. Dezember 2009 über die Eintragung im Wohnmitgliedstaat gemäss Artikel 24 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 und die Erstellung der in Artikel 64 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 vorgesehenen Verzeichnisse i.V.m. Anhang II Abschnitt B Ziff. 17 FZA.  
 
5.1.2. Vorschriften zur vorläufigen Anwendung der Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates und der vorläufigen Gewährung von Leistungen finden sich in Art. 6 der VO Nr. 987/2009. Deren Anwendbarkeit setzt indes eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Trägern oder Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten voraus darüber, welche Rechtsvorschriften anzuwenden sind (Abs. 1 der Bestimmung).  
 
5.2. Vorliegend ist eine Meinungsverschiedenheit zwischen Trägern oder Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten nicht ersichtlich. Dass die Beschwerdegegner als zu versichernde Privatpersonen eine von der Barmer und der GE KVG abweichende Auffassung hinsichtlich der Zuständigkeit vertreten, stellt keinen (positiven oder negativen) Kompetenzkonflikt (soeben E. 5.1.2) dar. Vielmehr hat sich die Barmer als frühere deutsche Krankenversicherungsträgerin im Februar 2018 in Übereinstimmung mit der GE KVG als potenziell aushelfender Trägerin mittels Vermerk auf dem (damals gebräuchlichen) Formular E108 als für die Krankenversicherung der Beschwerdegegner nicht mehr zuständig erklärt. Dementsprechend hat sie ihre Versicherungsbescheinigung i.S.v. Art. 24 Abs. 2 VO Nr. 987/2009 auf diesen Zeitpunkt zurückgenommen. Angesichts dessen und des oben (E. 5.1.1) Ausgeführten hat die GE KVG die Eintragung zur internationalen Sachleistungsaushilfe in casu zu Recht verweigert. Eine allfällige spätere (Wieder-) Eintragung - mit entsprechender Sachleistungspflicht der GE KVG - im Falle einer Bejahung der deutschen Zuständigkeit im Rahmen des in Deutschland laufenden Verfahrens zwischen den Beschwerdegegnern und der Barmer wird damit ebensowenig präjudiziert wie die Zuständigkeitsfrage an sich.  
 
5.3. Eine allfällige (aktuelle oder frühere) Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz hat - soweit bei vom FZA sowie der VO Nr. 883/2004 erfassten Sachverhalten überhaupt gestützt auf Art. 2 Abs. 8 KVV möglich, was offen bleiben kann - in diesem Zusammenhang zum vornherein keine Bedeutung. Sie vermöchte jedenfalls nicht - über eine Befreiung von der schweizerischen Versicherungspflicht hinaus - auch die für die Sachleistungsaushilfe vorausgesetzte (oben E. 4.2.1 f. und E. 5.1.1) kollisionsrechtliche Zuständigkeit des ausländischen (hier: deutschen) Trägers zu begründen, wie die GE KVG zu Recht geltend macht. Weiterungen dazu erübrigen sich; insbesondere kann die novenrechtliche Zulässigkeit und Bedeutung eines Schreibens des Einwohneramtes U.________ vom 29. Januar 2018, wonach eine Befreiung nach Art. 2 Abs. 8 KVV nicht möglich sei, offen bleiben.  
 
5.4. Demnach bleibt es dabei, dass die GE KVG die Eintragung zur internationalen Sachleistungsaushilfe zu Recht verweigert hat. Die Beschwerde ist begründet.  
 
6.   
Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache erübrigt sich ein Entscheid über die beantragten vorsorglichen Massnahmen und die aufschiebende Wirkung der Beschwerde. 
 
7.   
Auf die Erhebung von Gerichtskosten zu Lasten der unterliegenden Beschwerdegegner wird umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Soweit damit nicht gegenstandslos geworden, kann ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entsprochen und Rechtsanwalt Dieter Studer als unentgeltlicher Anwalt bestellt werden (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es wird ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach die Beschwerdegegner der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten haben, wenn sie später dazu in der Lage sind. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 5. August 2020 wird aufgehoben und der Einspracheentscheid der Gemeinsamen Einrichtung KVG vom 11. Juni 2018 bestätigt. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Den Beschwerdegegnern wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwalt Dieter Studer wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt. Diesem wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1000.- ausgerichtet.  
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. März 2021 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald