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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_971/2009 
 
Urteil vom 22. März 2010 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Parteien 
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Roman Weber, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, 6430 Schwyz, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Bedingter Strafvollzug, Widerruf, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz vom 7. April 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Bezirksgericht Schwyz verurteilte X.________ am 21. Juni 2006 wegen versuchten Diebstahls, Angriffs, einfacher Körperverletzung, mehrfacher Sachbeschädigung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Hinderung einer Amtshandlung, Tätlichkeit, Widerhandlungen gegen das BetmG und mehrfacher Widerhandlungen gegen das SVG zu einer Gefängnisstrafe von 12 Monaten, bedingt vollziehbar mit einer Probezeit von 4 Jahren, sowie zu 500 Franken Busse. 
 
B. 
Das Bezirksgericht Schwyz sprach X.________ am 4. Juni 2008 des Diebstahls, der Sachbeschädigung, des Hausfriedensbruchs, der Hinderung einer Amtshandlung sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 19a Ziff. 1 BetmG schuldig. Es widerrief die bedingt ausgesprochene Gefängnisstrafe vom 21. Juni 2006, sprach eine Gesamtstrafe von 13 Monaten und 20 Tagen Gefängnis aus und setzte eine Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.-- sowie 500 Franken Busse fest. Es gewährte den bedingten Vollzug nicht. 
 
Das Kantonsgericht Schwyz hob am 7. April 2009 das bezirksgerichtliche Urteil im Sanktionspunkt auf (Ziff. 2 bis 5 des Dispositivs) und bestrafte X.________ mit gemeinnütziger Arbeit von 240 Stunden (unter Anrechnung von vier Tagen Untersuchungshaft) und 300 Franken Busse. Es schob den Vollzug der gemeinnützigen Arbeit nicht auf und widerrief die am 21. Juni 2006 bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe. 
 
C. 
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, den Vollzug der gemeinnützigen Arbeit aufzuschieben, die am 21. Juni 2006 bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe nicht zu widerrufen, ihm nur die Hälfte der vorinstanzlichen Kosten aufzuerlegen und die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens "auf die Staatskasse zu nehmen, eventuell der Vorinstanz aufzuerlegen". 
 
In der Vernehmlassung führt die Vorinstanz aus, die beim Bundesgericht eingereichten Anstellungsverträge seien erst nach ihrem Urteil abgeschlossen worden und könnten gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG nicht vorgebracht werden. Im Übrigen verweist sie auf ihr Urteil. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das Bundesgericht teilte dem Beschwerdeführer auf seine Anfrage hin am 11. Februar 2010 mit, in der Regel finde kein zweiter Schriftenwechsel statt (Art. 102 Abs. 3 BGG), weshalb ihm zurzeit auch keine Frist zur Replik angesetzt werde. Es stehe ihm frei, sich schon jetzt zur vorinstanzlichen Vernehmlassung zu äussern. 
 
Das Bundesgericht wartet zu, bis es annehmen darf, der Beschwerdeführer habe auf eine weitere Eingabe verzichtet (BGE 133 I 98). Der Beschwerdeführer reagierte nicht. Er hatte indessen bereits in seiner Beschwerde ausgeführt, dass er erst am 20. April 2009 und mithin 14 Tage nach der vorinstanzlichen Hauptverhandlung eine vorerst befristete Anstellung antreten konnte. Er anerkennt damit die Darstellung der Vorinstanz. Zur Anwendung von Art. 99 BGG holt das Bundesgericht keine Vernehmlassung ein. Somit liegt kein Grund vor, einen zweiten Schriftenwechsel anzuordnen bzw. eine Frist zur Replik zur vorinstanzlichen Vernehmlassung anzusetzen. 
 
Die eingereichten Belege (befristeter Anstellungsvertrag vom 9. Juni 2009 ["ersetzt den Vertrag vom 20. April 2009"], Anstellungsvertrag vom 7. Juli 2009, Zwischenzeugnis vom 29. Oktober 2009) sind echte Noven. Art. 99 Abs. 1 BGG schliesst echte tatsächliche Noven im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren aus (BGE 133 IV 342). Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). 
 
2. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich seit den Straftaten im Februar und August 2007 im Urteilszeitpunkt bereits zwei Jahre wohlverhalten. Er habe die Kontakte zu seinen Kollegen abgebaut und damit seine Einsicht manifestiert. Er nehme seit Oktober 2008 keine Drogen (Marihuana) mehr. Den Alkoholkonsum habe er im Griff. Weiter sprächen seine Geständigkeit, der regelmässige Kontakt zu seinen Eltern und der Einfluss seiner Freundin für eine deutlich positive Wandlung. Damit lägen besonders günstige Umstände gemäss Art. 42 Abs. 2 StGB vor. In der Widerrufsfrage trägt er im Wesentlichen die gleichen Gründe vor. 
 
2.1 Die Vorinstanz erwägt, dass gemeinnützige Arbeit den über mehrere Jahre arbeitslosen Beschwerdeführer wieder Richtung Arbeitswelt bewegen könne und davon die besten Auswirkungen erwartet werden könnten (angefochtenes Urteil S. 13). Er habe keine aufrichtige Reue gezeigt. Die Vorstrafe scheine ihn nicht sonderlich beeindruckt zu haben. Sein Verschulden sei als schwer einzustufen. Er sei stets bestrebt, die Verantwortung auf den schlechten Einfluss seiner Kollegen abzuschieben. Er verhalte sich respektlos. Der Einbruchdiebstahl zeige, wie labil er sei und wie spontan er sich zur Tat entschliessen könne. Er gehe keiner geregelten Arbeit nach. Einen Arbeitsvertrag könne er nicht vorweisen. Den Alkoholkonsum habe er nicht eingestellt, obwohl dieser ihn aggressiv mache. Er sei sich des Ernstes der Lage nicht bewusst. Positiv zu werten seien die Geständigkeit, der regelmässige Kontakt zu seinen Eltern und die Beziehung zu seiner Freundin, deren Einfluss ihn allerdings nicht vom Einbruchdiebstahl abgehalten habe. Es könne nicht von günstigen Umständen ausgegangen werden (angefochtenes Urteil S. 18 - 22). 
 
Hinsichtlich des Widerrufs der bedingt ausgesprochenen Vorstrafe weist die Vorinstanz erneut auf die fehlende Einsicht hin. Es sei kein Wandel erkennbar. Insbesondere unter Alkoholeinfluss könne er straffällig werden. Mit dem Bezirksgericht sei zu befürchten, dass er erneut Straftaten begehen werde (angefochtenes Urteil S. 24 ff.). 
 
2.2 Zwar bilden während der Probezeit begangene Vergehen oder Verbrechen nicht zwingend einen Widerrufsgrund. Der Widerruf hat aber gemäss Art. 46 Abs. 1 StGB zu erfolgen, wenn wegen der Begehung des neuen Delikts zu erwarten ist, dass der Täter weitere Straftaten verüben wird. Voraussetzung bildet das Fehlen einer ungünstigen Prognose, so dass aufgrund der erneuten Straffälligkeit eine Schlechtprognose besteht. Bei dieser Prognose steht dem Gericht ein Ermessen zu (BGE 134 IV 140 E. 4.2 und 4.3). 
 
In der Beurteilung der Bewährungsaussichten im Falle des Widerrufs ist zu berücksichtigen, ob die neue Strafe bedingt oder unbedingt ausgesprochen wird. Das Gericht kann zum Schluss kommen, dass vom Widerruf des bedingten Vollzugs für die frühere Strafe abgesehen werden kann, wenn die neue Strafe vollzogen wird. Auch das Umgekehrte ist zulässig: Wenn die frühere Strafe widerrufen wird, kann unter Berücksichtigung ihres nachträglichen Vollzugs eine Schlechtprognose für die neue Strafe im Sinne von Art. 42 Abs. 1 StGB verneint und diese folglich bedingt ausgesprochen werden. Liegt allerdings der Fall von Art. 42 Abs. 2 StGB vor und fehlt es an den "besonders günstigen Umständen", so muss die neue Strafe vollzogen werden. Ferner wird die Prognose für den Entscheid über den Widerruf umso eher negativ ausfallen, je schwerer die während der Probezeit begangenen Delikte wiegen (BGE 134 IV 140 E. 4.5). 
 
2.3 Weil der Beschwerdeführer am 21. Juni 2006 zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 12 Monaten verurteilt worden ist, ist der Aufschub der neuen Strafe nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB). Bezirksgericht und Vorinstanz verweigerten einen bedingten Vollzug. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. 
 
Für den Widerruf der bedingten Vorstrafe ist irrelevant, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer im Strafverfahren den Vollzug der Strafe gewünscht hatte (Beschwerde S. 9). Darauf stellt die Vorinstanz denn auch zu Recht nicht ab. Sie hält lediglich fest, wie gefährdet der Beschwerdeführer sich auch selber gesehen hatte (angefochtenes Urteil S. 26). Dass unter den massgeblichen Umständen aufgrund der erneuten Straffälligkeit eine Schlechtprognose besteht, lässt sich nicht in Abrede stellen. 
 
Schliesslich berücksichtigt die Vorinstanz beim Widerruf, dass die neue Strafe (gemeinnützige Arbeit) unbedingt ausgesprochen wird. Diese könne aber keine ausreichend grosse Wirkung haben. 
 
2.4 Der Beschwerdeführer legt keine Verletzung von Bundesrecht dar. Er begründet (besonders) günstige Umstände lediglich mit Gründen, welche die Vorinstanz einerseits bereits einbezieht und andererseits ausdrücklich und für das Bundesgericht in tatsächlicher Hinsicht verbindlich verwirft. Zur Hauptsache begründet der Beschwerdeführer eine günstige Entwicklung mit dem nach dem vorinstanzlichen Urteilszeitpunkt geschlossenen Arbeitsvertrag, welchen das Bundesgericht nicht berücksichtigen kann (oben E. 1). 
 
3. 
Der Beschwerdeführer verweist für seinen Antrag zur vorinstanzlichen Kostenverteilung auf sein Obsiegen im bundesgerichtlichen Verfahren. Da er unterliegt, ist darauf nicht einzutreten. 
 
4. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Hingegen ist nicht klar, was er damit meint, dass der Rechtsvertreter als "amtlicher Verteidiger" zu entschädigen sei. Der Beschwerdeführer hat vor Bundesgericht den Kostenvorschuss eingezahlt und kein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt (vgl. Art. 64 BGG). Zu den Kosten vor Bundesgericht kann auf das Urteil 6B_588/2007 vom 11. April 2008 E. 5.3 verwiesen werden (publ. in: Forumpoenale 1/2009 S. 11 sowie ebenda S. 51: MARC THOMMEN, Kosten und Entschädigungen im strafrechtlichen Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 22. März 2010 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Favre Briw