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Urteilskopf

126 IV 165


27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Oktober 2000 i. S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)

Regeste

Art. 146 Abs. 1 StGB, Art. 513 Abs. 1 und Art. 514 Abs. 2 OR; Betrug bei einem Fernsehquiz, Arglist, Vermögensschaden, Vorsatz.
Arglist in der Form besonderer Machenschaften bejaht bei einem Täter, der umfangreiche Vorkehren getroffen hat, um vor der Sendung Kenntnis von den gestellten Fragen und Antworten zu erhalten. Opfermitverantwortung verneint (E. 2).
Frage offen gelassen, ob es sich bei der Sendung um ein Spiel im Sinne des Obligationenrechtes handelt, da auch diesfalls der Veranstalter einen zivilrechtlich geschützten Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils hätte und damit ein Vermögensschaden gegeben wäre (E. 3).
Hält der Täter einen Gewinn für möglich und will er ihn für den Fall, dass er eintreten sollte, ist Vorsatz gegeben (E. 4).

Sachverhalt ab Seite 166

BGE 126 IV 165 S. 166

A.- Mit Anklageschrift vom 30. September 1998 warf die Bezirksanwaltschaft Zürich X. vor, sich in Mittäterschaft mit Y. und Z. des Betrugs bzw. des Versuchs dazu schuldig gemacht zu haben; dies gestützt auf folgenden Sachverhalt:
I. Sendung "Risiko" vom 22. April 1996
1. Mitte 1995 bewarb sich Y. als Kandidat für die Sendung "Risiko" des Schweizer Fernsehens DRS (SF DRS) in Zürich-Leutschenbach. Er wurde im Dezember 1995 von der Redaktion "Risiko" als Kandidat für die Sendung vom 22. April 1996 zugelassen, wobei er sich gleichzeitig unterschriftlich zur Einhaltung des Spielreglementes "Risiko" (Ausgabe September 1995) verpflichtete. Am 1. April 1996 nahm er als Testkandidat an der Generalprobe für die abendliche Live-Sendung "Risiko" teil. Dabei stellte er fest, dass in der Generalprobe von ca. 17.00-18.00 Uhr mit den Probekandidaten jeweils die gleichen Fragen und Antworten verwendet wurden wie in der abendlichen Live-Sendung ab 20.00 Uhr mit den richtigen Teilnehmern.
2. Zirka eine Woche nach der Generalprobe vom 1. April 1996 beschlossen X. und die beiden Mittäter, die Verantwortlichen der Sendung "Risiko" zu täuschen, um die Sendung vom 22. April 1996 zu manipulieren. Sie entschlossen sich, mit einem Kniff zu spielen, um den Spielverlauf und -ausgang zu ihren Gunsten zu bestimmen, die Gewinnchancen der beiden Mitkandidaten weitestgehend zu beschneiden und einen in der Höhe noch unbestimmten, aber möglichst hohen Spielgewinn zu erlangen, von welchem X. und Z. einen Anteil von zirka 10-20 Prozent und Y. den Rest erhalten sollten. Sie fassten den Plan, X. und Z. in die Generalprobe vom 22. April 1996 einzuschleusen, um so die Lösungen für die Live-Sendung in Erfahrung zu bringen und diese anschliessend Y. heimlich und unter gezielter Ausnützung einer von ihnen ausgeforschten Lücke im Sicherheitsdispositiv von SF DRS zu übermitteln. Das Sicherheits- und Betreuungskonzept der Sendung "Risiko" hatte einerseits den Sicherheitsaspekten und anderseits den besonderen technischen Voraussetzungen einer Live-Sendung Rechnung zu tragen, aber auch zu berücksichtigen, dass die Intimsphäre der Kandidaten gewahrt und eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens aufgebaut werden musste, damit die TV-unerfahrenen Kandidaten adäquat auf ihren Live-Auftritt vorbereitet werden konnten und nicht völlig verunsichert vor der Kamera auftraten. Dieses Konzept sah vor, dass die Kandidaten ab Betreten des Geländes von SF DRS dauernd abgeschirmt und von Mitarbeitern der Sendung "Risiko" begleitet und beaufsichtigt werden, ausser beim Besuch der Toilette und beim Umziehen in der (persönlichen) Garderobe.
3. Die drei Mittäter wussten, dass in den Runden 1-3, in welchen zehn Wissensfragen zu beantworten sind, mit Kenntnis der Lösungen und Setzen der Höchstbeträge (Fr. 1'000.-) bei einem Maximalgewinn von Fr. 14'500.- mit Sicherheit ein Gewinn von mindestens Fr. 11'000.-
BGE 126 IV 165 S. 167
erzielt werden konnte (Fr. 2'000.- Startkapital + 10 x Fr. 1'000.- + Fr. 1'000.- Jokereinsatz abzüglich Fr. 1'500.- Maximalverlust [sich ergebend aus den aleatorischen Elementen "Kugelspiel" Fr. 500.- und "Musiktip" Fr. 1'000.-]). Sie wussten, dass damit auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Einzug in die Finalrunde erreicht werden konnte, an welcher die beiden Kandidaten mit den höchsten Gewinnen teilnehmen können. Weiter war ihnen klar, dass in der Finalrunde, welche ein Wissenselement (6 Fragen) und ein aleatorisches Element (sog. "Gold-Rad") enthält, aufgrund des von Y. in diesem Zeitpunkt bereits erspielten sehr hohen Kapitals und des Wissensvorsprunges auf den noch verbleibenden Gegenkandidaten bei geschicktem, kalkuliertem Verhalten (d.h. nötigenfalls entweder gezielte Falschbeantwortung von Fragen, um nicht am "Gold-Rad" spielen zu müssen, oder Setzen von kleinen Beträgen am "Gold-Rad", um allfällige Zufallsverluste in vertretbarem Ausmass zu halten) mit grosser Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen war, dass der andere Finalist keine Chance haben und ausscheiden würde. Sie rechneten aufgrund dieser Umstände damit, dass Y. als Gesamtsieger der Sendung an der sog. "Risiko-Tafel" (aleatorischer Faktor) würde spielen können. An der "Risiko-Tafel" besteht eine objektive Wahrscheinlichkeit von 12,5% für die Aufdeckung des optimalsten Faktors (x 10), von 81,2% für eine positive Wahrscheinlichkeit und von ca. 60% für eine höhere Auszahlung als der Betrag, welcher gesetzt bzw. bis dahin erspielt wurde.
4. Einige Tage vor der Live-Sendung vom 22. April 1996 führte die Präsentatorin A. das übliche und vorgesehene Telefongespräch mit Y., um ein Vertrauensverhältnis zum Kandidaten aufzubauen und mit diesem nochmals den genauen Ablauf des TV-Quiz und die Spielregeln zu erörtern.
5. Dem Plan entsprechend telefonierte X. mit Frau B. von der Redaktion "Risiko" und verschaffte sich und dem namentlich nicht genannten Z. unter dem Vorwand, sie seien medieninteressierte Personen und würden gerne die Generalprobe der Sendung "Risiko" vom 22. April 1996 mitverfolgen, um einmal hinter die Kulissen von SF DRS zu sehen, Zugang als Gäste dieser Generalprobe. Z. und X. merkten sich während der Generalprobe die zu den Fragen gehörenden Lösungen und schrieben diese unmittelbar nach der Sendung heimlich auf zwei Zettel auf. Einen Kassiber deponierten sie im vereinbarten und von Y. erkundeten Versteck auf dem WC in unmittelbarer Nähe der Betriebskantine von SF DRS, in welcher die Kandidaten jeweils vor der Sendung gemeinsam speisen. Einen zweiten (Reserve-)Zettel hinterlegten sie im auf dem Besucherparkplatz abgestellten Auto von Y. für den Fall, dass dieser aus irgendeinem Grunde nicht auf den Kassiber im WC würde zugreifen können und sich unter einem Vorwand zu seinem Auto begeben müsste. Y. holte in der Folge plangemäss den Kassiber im WC und lernte die Lösungen vor seinem Live-Auftritt in der ihm in seiner (Einzel-)Garderobe zur Verfügung stehenden Zeit auswendig.
6. Anschliessend nahm Y. zusammen mit zwei anderen Kandidaten um 20.00 Uhr an der Live-Sendung vom 22. April 1996 teil. Während seines
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Auftritts verwendete er die ihm bekannten Lösungen gegenüber der Präsentatorin A. Wie es X. und die beiden Mittäter erwartet und beabsichtigt hatten, ging Y. aufgrund seines Wissensvorsprungs als bester Kandidat aus den Runden 1-3 hervor und konnte an der Finalrunde teilnehmen. Erwartungsgemäss ging er ebenfalls aus der Finalrunde als Sieger hervor und wies schliesslich einen Gewinn von Fr. 9'700.- auf. An der "Risiko-Tafel" erzielte Y. den Faktor "+5" und erhielt so von A. schliesslich einen Gesamtbetrag von Fr. 9'705.- zugesprochen.
Y. gab sich während der Sendung gegenüber A. als normaler, lauterer Kandidat aus und verheimlichte dabei die Tatsache, dass er sich spielreglementswidrig und unter Verstoss gegen das Prinzip des "Fairplay", auf welchem das TV-Quiz beruht und welches auch die Grundlage des schriftlichen Spielreglementes bildet, die Lösungen verschafft hatte und beabsichtigte, die Sendung derart zu seinen Gunsten zu manipulieren, dass die beiden Mitkonkurrenten faktisch chancenlos waren. Indem er vor, während und nach der Live-Sendung die Rolle des scheinbar normalen und regelkonform handelnden Kandidaten spielte, sich die - ihm scheinbar unbekannten - Fragen von A. stellen liess, überlegte und die Fragen dann - scheinbar ausschliesslich aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten bzw. seines "normalen" Wissens - beantwortete, behauptete er stillschweigend, dass er die Lösungen nicht im Voraus kannte, und täuschte dadurch die Ordnungsmässigkeit des Spieles vor.
Aufgrund des Gesamtverhaltens von Y. durfte und musste A. annehmen, dass er redlich und ohne spielwidrig erlangte Vorkenntnisse bzw. ohne Anwendung von Kniffen am Quiz teilnahm. Durch sein konkludentes Verhalten vor, während und nach der Sendung erweckte er bei A. den falschen Eindruck, dass er - wie die anderen beiden Kandidaten - keinerlei Kenntnisse von den gestellten Fragen bzw. den Lösungen hatte und auf lautere Art und Weise gewann, weil er einfach ein ausserordentlich "guter" Kandidat sei.
Diesen Irrtum von A. über die Tatsache, dass er die Lösungen für die Fragen vorgängig heimlich und unter Umgehung des Sicherheitsdispositives beschafft hatte, also unfair spielte und sich so einen positiven Spielausgang und einen finanziellen Gewinn gesichert hatte, unterhielt und festigte er während der Sendung fortlaufend durch ein bewusst unauffälliges und geschicktes Auftreten, indem er zum Beispiel einzelne Fragen absichtlich falsch beantwortete, damit A. keinen Verdacht schöpfte.
7. Dabei sahen X. und die beiden Mittäter voraus und rechneten damit, dass A. vor, während und nach der Live-Sendung bei dieser Vorgehensweise nicht in der Lage sein würde, diesen derart verheimlichten Umstand (Vorhandensein unlauterer Kniffe bzw. bestehende Kenntnis der Lösungen) zu überprüfen bzw. zu erkennen und auf die raffiniert, planmässig und systematisch inszenierten Machenschaften aufmerksam zu werden.
8. Tatsächlich hegte A. keine Zweifel und wurde durch das gesamte Verhalten von Y. dazu bewogen, diesem schliesslich als vermeintlich ehrlichem Sieger den Gewinn von Fr. 9'705.- zuzusprechen und am folgenden
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Tag die Auszahlung auf das Bankkonto von Y. zu veranlassen, was sie in Kenntnis des wahren Sachverhaltes nicht getan hätte.
9. In der Höhe des ausbezahlten Betrages von Fr. 9'705.- wurden X. und die beiden Mittäter bereichert (wobei X. einen Anteil von ca. Fr. 1'800.- und Z. einen solchen von ca. Fr. 600.- erhielt) und kam SF DRS zu Schaden, da Y. keinen Anspruch auf die spielwidrig und unfair erhältlich gemachte Gewinnsumme hatte, was die drei wussten und wollten, zumindest aber billigend in Kauf nahmen.
II. Sendung "Risiko" vom 5. Januar 1998
1. Im Februar 1997 bewarb sich X. im Einvernehmen mit den beiden Mittätern als Kandidat für die Sendung "Risiko". Dabei war es für X. und die beiden Mittäter von Anfang an klar, nach der gleichen, oben dargestellten Art und Weise wie 1996, aber mit vertauschten Rollen, vorzugehen. Sie wussten aus Erfahrung, dass die von ihnen gewählte Vorgehensweise zur Umgehung des Sicherheitskonzeptes von SF DRS funktionierte und sich die Organe der Sendung erneut täuschen lassen würden. X. wurde im September 1997 von der Redaktion "Risiko" als Kandidat für die Sendung vom 5. Januar 1998 zugelassen, wobei er sich gleichzeitig unterschriftlich zur Einhaltung des Spielreglementes "Risiko" (Ausgabe September 1995) verpflichtete. Am 15. Dezember 1997 nahm er als Testkandidat an der Generalprobe teil.
2. An einem nicht mehr genau bestimmbaren Tag zwischen der Generalprobe vom 15. Dezember 1997 und dem 5. Januar 1998 telefonierte der bei SF DRS bisher noch nie namentlich in Erscheinung getretene Z. dem Plan entsprechend mit C. von der Redaktion "Risiko" und verschaffte sich und Y. unter dem Vorwand, er und sein (namentlich nicht genannter) Kollege seien Studenten der Medienwissenschaft aus Basel und würden zu Studienzwecken gerne die Generalprobe der Sendung "Risiko" vom 5. Januar 1998 mitverfolgen, Zugang als Gäste dieser Generalprobe.
3. Einige Tage vor der Live-Sendung vom 5. Januar 1998 führte A. das übliche und vorgesehene Telefongespräch mit X., um ein Vertrauensverhältnis zum Kandidaten aufzubauen und mit diesem nochmals den genauen Ablauf des TV-Quiz und die Spielregeln zu erörtern.
4. Die beiden Mittäter merkten sich während der Generalprobe die Antworten und schrieben diese unmittelbar danach heimlich auf drei Zettel auf. Zur Erhöhung der Übermittlungssicherheit deponierten sie dieses Mal zwei Kassiber in verschiedenen, vorher vereinbarten Verstecken auf dem WC. Einen dritten (Reserve-)Zettel hinterlegten sie als Notfallvariante im Auto von X. auf dem Besucherparkplatz von SF DRS. X. holte in der Folge die zwei Kassiber im WC und lernte die Antworten vor seinem Live-Auftritt in seiner (Einzel-)Garderobe auswendig.
5. Anschliessend nahm X. zusammen mit zwei anderen Kandidaten um 20.00 Uhr an der Live-Sendung vom 5. Januar 1998 teil. Bei seinem Auftritt verwendete er die ihm bekannten Lösungen gegenüber A. Wie es X. und die beiden Mittäter vorausgesehen hatten, waren die zwei Mitkandidaten
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auch dieses Mal faktisch chancenlos. X. ging mit Fr. 10'200.- aus den Runden 1-3 hervor. Erwartungsgemäss blieb er - trotz mehreren unbeabsichtigten und selbstverschuldeten Fehlern - auch in der Finalrunde Sieger und kam mit einem Betrag von Fr. 9'500.- zur "Risiko-Tafel". Dort erzielte er den Faktor "x 10" und erhielt so von A. schliesslich einen Gesamtbetrag von Fr. 95'000.- zugesprochen.
6. und 7. (In der Sache gleiche Ausführungen wie oben zum täuschenden Verhalten in der Sendung vom 22. April 1996).
8. Tatsächlich hegte A. keine Zweifel und wurde durch das gesamte Verhalten von X. dazu bewogen, diesem als vermeintlich ehrlichem Sieger den Gewinn von Fr. 95'000.- zuzusprechen.
9. In diesem Betrag wären X. und die beiden Mittäter bereichert worden und SF DRS zu Schaden gekommen, da X. keinen Anspruch auf die spielwidrig und unfair erhältlich gemachte Gewinnsumme hatte, was die drei wussten und wollten, zumindest aber billigend in Kauf nahmen. Zur Zahlungsanweisung an die Kasse von SF DRS, welche jeweils durch A. am Tag nach der Sendung vorgenommen wird, kam es aber nicht mehr, weil die Organe von SF DRS mittlerweile Verdacht geschöpft hatten.

B.- Am 27. Januar 1999 sprach der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich X. schuldig des mehrfachen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB, teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB, und bestrafte ihn mit 4 1/2 Monaten Gefängnis, unter Anrechnung von 3 Tagen Untersuchungshaft. Der Einzelrichter gewährte den bedingten Strafvollzug bei einer Probezeit von 2 Jahren.

C.- Auf Berufung von X. und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin rechnete das Obergericht des Kantons Zürich am 20. September 1999 4 Tage Untersuchungshaft an. Im Übrigen bestätigte es das Urteil des Einzelrichters.

D.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Erwägungen

Erwägungen:

1. Die Vorinstanz erachtet in Übereinstimmung mit der ersten Instanz den in der Anklageschrift geschilderten Sachverhalt als erwiesen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze in dreierlei Hinsicht Bundesrecht. Es fehle am Tatbestandsmerkmal der Arglist, an einem betrugsrechtlich relevanten Vermögensschaden sowie am Vorsatz.
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2. a) Wegen Betruges ist strafbar, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt (Art. 146 Abs. 1 StGB).
Den Tatbestand erfüllt nur die arglistige Täuschung. Wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen bzw. den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können, wird strafrechtlich nicht geschützt (BGE 122 IV 246 E. 3a mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist die Täuschung arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses; mise en scène) bedient. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit zeugen, dass sich auch das kritische Opfer täuschen lässt. Ist dies nicht der Fall, scheidet Arglist jedenfalls dann aus, wenn sowohl das vom Täter gezeichnete Bild insgesamt wie auch die falschen Tatsachen für sich allein in zumutbarer Weise überprüfbar gewesen wären und schon die Aufdeckung einer einzigen Lüge zur Aufdeckung des ganzen Schwindels geführt hätte (BGE 119 IV 28 E. 3c). Als besondere Machenschaften (machinations) gelten Erfindungen und Vorkehren sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses) geeignet sind, das Opfer irrezuführen. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen (mise en scène); sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung voraus. Sie sind gekennzeichnet durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche oder intellektuelle Komplexität (BGE 122 IV 197 E. 3d mit Nachweisen).
Arglist ist auch bei einfachen falschen Angaben gegeben, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, sowie dann, wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (BGE 125 IV 124 E. 3; BGE 122 IV 246 E. 3a, je mit Hinweisen). Nach der neueren Rechtsprechung erlangt das Kriterium der Überprüfbarkeit
BGE 126 IV 165 S. 172
auch bei einem Lügengebäude und bei besonderen betrügerischen Machenschaften Bedeutung.
Mit dem Tatbestandsmerkmal der Arglist verleiht das Gesetz dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung wesentliche Bedeutung. Danach ist bei der Prüfung der Arglist nicht aufgrund einer rein objektiven Betrachtungsweise darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich vorsichtiger und erfahrener Dritter auf die Täuschung reagiert hätte. Vielmehr ist die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall zu berücksichtigen, soweit der Täter diese kennt und ausnützt. Das gilt insbesondere bei geistesschwachen, unerfahrenen oder aufgrund des Alters oder einer (körperlichen oder geistigen) Krankheit beeinträchtigten Opfern, ferner bei solchen, die sich in einem Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis oder in einer Notlage befinden und deshalb kaum imstande sind, dem Täter zu misstrauen (BGE 120 IV 186 E. 1a und c). Auf der anderen Seite ist die besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des Opfers in Rechnung zu stellen, wie sie etwa im Rahmen von Kreditvergaben Banken beigemessen wird (vgl. BGE 119 IV 28 E. 3f). Auch unter dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung ist für die Erfüllung des Tatbestands indes nicht erforderlich, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft. Entscheidend ist nicht, ob der Betroffene alles vorgekehrt hat, um den Irrtum zu vermeiden. Arglist scheidet lediglich dann aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit (URSULA CASSANI, Der Begriff der arglistigen Täuschung als kriminalpolitische Herausforderung, ZStR 117/1999 S. 163).
b) Die Vorinstanz nimmt eine Täuschung durch konkludentes Verhalten an. Der Beschwerdeführer bzw. Y. hätten sich durch ihre Teilnahme generell und insbesondere zusätzlich durch das Akzeptieren des Spielreglementes zu "Fairplay" verpflichtet. Sie hätten konkludent erklärt, "normale", ehrliche und redliche Teilnehmer zu sein, während sie sich in Wirklichkeit in aufwendiger und minuziös geplanter und ausgeführter Art die für einen Gewinn entscheidenden Antworten zu den in der Sendung gestellten Fragen unlauter beschafft hätten.
Die Vorinstanz bejaht die Arglist. Wer, wie der Beschwerdeführer und seine Mittäter, sich durch komplexe, arbeitsteilige und raffinierte Machenschaften in den Besitz des "Keys" - wie es der
BGE 126 IV 165 S. 173
Beschwerdeführer genannt habe -, also des Schlüssels zum Geldsegen bringe, handle arglistig in der Form der "manoeuvres frauduleuses", der betrügerischen Machenschaften. Eine die Arglist ausschliessende Opfermitverantwortung sei nicht gegeben.
c) Der Beschwerdeführer bringt vor, die Auffassung der Vorinstanz verletze Bundesrecht. Er habe lediglich eine Lücke im System ausgenützt. Der Veranstalter der Sendung habe es an einem Mindestmass an Aufmerksamkeit fehlen lassen.
d) Soweit der Beschwerdeführer von einem Sachverhalt ausgeht, den die Vorinstanz nicht festgestellt hat, kann auf seine Vorbringen nicht eingetreten werden (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP [SR 312.0]). Im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP).
e) Der Beschwerdeführer und seine Mittäter haben umfangreiche Vorkehren getroffen, um Kenntnis von den in der Sendung gestellten Fragen und den Antworten zu erlangen. Zwei Mittäter haben sich unter einem Vorwand Zugang zur Hauptprobe verschafft, sich dort die Fragen und Antworten gemerkt, diese aufgeschrieben und anschliessend die angefertigten Zettel in der Toilette bzw. - für den Notfall - im Auto versteckt. In der Folge mussten Y. bzw. der Beschwerdeführer einen Zettel behändigen, die Fragen und Antworten auswendig lernen und dann in der Sendung vor einem Fernsehpublikum von mehreren hunderttausend Personen den redlichen Teilnehmer spielen. Wenn die Vorinstanz in Anbetracht dieser planmässigen, arbeitsteiligen und systematischen Vorkehren besondere Machenschaften bejaht hat, hat sie kein Bundesrecht verletzt. Im Übrigen wäre die Arglist wohl selbst dann zu bejahen, wenn man nur von einer einfachen falschen Angabe ausgehen wollte. Denn es ist nicht ersichtlich, wie A. die falsche Angabe in zumutbarer Weise hätte überprüfen können.
Zu Recht hat die Vorinstanz keine die Arglist ausschliessende Opfermitverantwortung angenommen. Wie dargelegt ist nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft. Arglist scheidet lediglich dann aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Das kann dem Veranstalter der Sendung nicht vorgeworfen werden. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1 BStP) sind die Kandidaten in Kenntnis des Spielreglements gesetzt worden und haben sich unterschriftlich zu dessen Einhaltung
BGE 126 IV 165 S. 174
verpflichtet. Die Sendung beruhte somit auf dem allseits anerkannten Gedanken des "Fairplay". Damit ist verständlich, wenn der Veranstalter von strengsten Überwachungsmassnahmen abgesehen hat. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich bei den Kandidaten um Personen handelte, die in der Regel noch nie vor der Kamera gestanden waren. Dem Veranstalter war es deshalb berechtigterweise ein Anliegen, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. Auch dem wären strengste Überwachungsmassnahmen abträglich gewesen. Vom Veranstalter konnte auch deshalb kaum verlangt werden, die Kandidaten beim Toilettenbesuch und in der Garderobe zu überwachen, weil ihre Privat- und Intimsphäre zu achten war. Ausserdem weisen die kantonalen Instanzen zu Recht darauf hin, dass der Veranstalter ein berechtigtes Interesse daran haben konnte, in der abendlichen Sendung die gleichen Fragen zu stellen wie in der vorangegangenen Generalprobe. So war es möglich, allfällige Schwierigkeiten, die sich aus bestimmten Fragen ergaben, rechtzeitig vor der abendlichen Live-Sendung zu erkennen und zu beheben. Die umfangreichen Vorkehren, welche die Täter treffen mussten, um ihren Plan zu verwirklichen, sind im Übrigen der Beleg dafür, dass der Veranstalter keine grundlegenden Sorgfaltspflichten missachtet hat.

3. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe den "Vermögensbegriff verletzt". Entgegen ihrer Ansicht habe es sich bei der Sendung um ein Spiel im Sinne von Art. 513 Abs. 1 OR gehandelt. Aus Spiel entstehe keine Forderung. Ein Vermögensschaden im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB sei zu verneinen.
b) Nach der Rechtsprechung ist unter "Vermögen" im Sinne von Art. 146 StGB Vermögen zu verstehen, das zivilrechtlich geschützt ist. Das Strafrecht als "ultima ratio" kann nicht Vermögen schützen, welches zivilrechtlich nicht geschützt ist. Ein Vermögensschaden gemäss Art. 146 StGB ist nur insoweit gegeben, als der arglistig Getäuschte einen rechtlich geschützten Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils hat (BGE 117 IV 139 E. 3d/aa).
c) Beim Spielvertrag versprechen sich die Parteien ohne wirtschaftlichen Grund gegenseitig und unter einer entgegengesetzten Bedingung eine bestimmte Leistung, so dass es notwendig einen Gewinner und einen Verlierer gibt, welcher bestimmt wird durch den Eintritt oder das Ausbleiben der Bedingung (BGE 77 II 45 E. 3). Gemäss Art. 513 Abs. 1 OR entsteht aus Spiel und Wette keine Forderung. Daraus ergibt sich, dass der Gewinner die ihm versprochene Summe weder verlangen noch einklagen noch auch in
BGE 126 IV 165 S. 175
sonstiger Weise (z.B. durch Verrechnung) gegen den Willen des Verlierers sich verschaffen kann. Wenn aber der Verlierer sein Wort hält und freiwillig zahlt, so sieht das Gesetz darin ein korrektes Verhalten. Daher verbietet das Gesetz grundsätzlich die Rückforderung des gezahlten Spielverlustes (VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 1. Band, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 33). Gemäss Art. 514 Abs. 2 OR kann eine freiwillig geleistete Zahlung aber dann zurückgefordert werden, wenn die planmässige Ausführung des Spieles durch Zufall oder durch den Empfänger vereitelt worden ist, oder wenn dieser sich einer Unredlichkeit schuldig gemacht hat. Letzteres trifft im vorliegenden Fall offensichtlich zu. Deshalb kann hier offen bleiben, ob ein Spiel im Sinne von Art. 513 OR gegeben ist. Selbst wenn das so wäre, hätte der Veranstalter der Sendung einen zivilrechtlich geschützten Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils gestützt auf Art. 514 Abs. 2 OR. Der Veranstalter der Sendung hat deshalb bei der ersten Sendung einen Vermögensschaden im Sinne von Art. 146 StGB erlitten bzw. hätte bei der zweiten Sendung einen solchen erlitten, wenn es zur Auszahlung gekommen wäre. d) Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.

4. a) Der Beschwerdeführer wendet ein, es fehle am Vorsatz. Ob er ab Runde 4 überhaupt einen Spielgewinn erzielen würde, habe ausschliesslich vom Zufall ("Gold-Rad"; "Risiko-Runde") abgehangen. Er habe den Getäuschten nach den Runden 1 bis 3 deshalb nicht zu einer Vermögensdisposition bestimmen und nicht wissen können, ob eine solche erfolgen werde. Durch das Beschaffen der Fragen und Antworten habe er sich lediglich in eine günstigere Ausgangsposition gebracht, auch in der Runde mitspielen zu können, in welcher der Erfolg ausschliesslich vom Zufall abhängig gewesen sei.
b) Die Vorinstanz trifft keine derartige tatsächliche Feststellung. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben. Selbst wenn ab Runde 4 der Erfolg ausschliesslich vom Zufall abhängig gewesen sein sollte, wäre der Vorsatz zu bejahen. Denn es ist offensichtlich, dass der Beschwerdeführer mindestens mit der Möglichkeit eines Gewinnes und damit einer Vermögensdisposition des Veranstalters rechnete und den Gewinn für den Fall, dass er eintreten sollte, auch wollte. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ging es dem Beschwerdeführer um das zu gewinnende Geld. Vorsatz ist damit gegeben.

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