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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_653/2018  
 
 
Urteil vom 24. September 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, 
nebenamtliche Bundesrichterin Lötscher, 
Gerichtsschreiberin Schär. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Häusermann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Rechtsdienst der Amtsleitung, Hohlstrasse 552, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Bedingte Entlassung nach Art. 86 StGB
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichterin, vom 2. Mai 2018 (VB.2017.00705). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Geschworenengericht des Kantons Zürich verurteilte X.________ am 10. November 1993 wegen vollendeten und versuchten Mordes, Diebstahls, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs sowie Verweisungsbruchs zu lebenslänglichem Zuchthaus, unter Anrechnung von 1245 Tagen erstandener Untersuchungshaft. 
X.________ befindet sich seit dem 14. Juni 1990 im Strafvollzug, womit eine bedingte Entlassung frühestens am 13. Juni 2005, nach 15 Jahren, möglich gewesen wäre. Das Strafende ist unbestimmt. 
Das Amt für Justizvollzug verweigerte die bedingte Entlassung von X.________ auf den frühestmöglichen Zeitpunkt mit Verfügung vom 4. April 2005. Vor dem vorliegend zu beurteilenden Fall wurde die bedingte Entlassung von X.________ letztmals mit Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich vom 20. Januar 2017 abgelehnt. 
Das Amt für Justizvollzug verweigerte die bedingte Entlassung von X.________ mit Verfügung vom 19. Juni 2017 ein weiteres Mal. Die Direktion der Justiz und des Innern (Justizdirektion) wies den Rekurs von X.________ am 20. September 2017 ab. 
 
B.  
X.________ führte Beschwerde gegen den Entscheid der Justizdirektion vom 20. September 2017. Das kantonale Verwaltungsgericht trat auf die Beschwerde mit Verfügung vom 2. Mai 2018 nicht ein und auferlegte die Verfahrenskosten dem Rechtsvertreter von X.________. 
 
C.  
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, die verwaltungsgerichtliche Verfügung sei aufzuheben und er sei bedingt zu entlassen. Eventualiter sei die verwaltungsgerichtliche Verfügung aufzuheben und die Sache zur neuen Abklärung und Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die vorinstanzliche Kostenauflage sei aufzuheben, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen gemäss dem Ausgang des Verfahrens. In prozessualer Hinsicht beantragt X.________, es sei ein zweiter Schriftenwechsel anzuordnen und es seien die vorinstanzlichen Akten vollumfänglich beizuziehen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der vorinstanzliche Entscheid betrifft eine Frage des Vollzugs von Strafen und Massnahmen, weshalb er der Beschwerde in Strafsachen unterliegt (Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG). Der Beschwerdeführer hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG). Er ist somit zur vorliegenden Beschwerde berechtigt.  
 
1.2. Angefochten ist ein Nichteintretensentscheid. Streitgegenstand im bundesgerichtlichen Verfahren ist damit grundsätzlich nur die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Rechtsmittel nicht eingetreten ist. Soweit sich die Vorinstanz in einer Eventualbegründung auch zur materiellen Rechtslage geäussert hat und zum Schluss gekommen ist, dass das Rechtsmittel im Rahmen eines Sachentscheids abzuweisen wäre, muss die Beschwerdebegründung im bundesgerichtlichen Verfahren auch die materiellrechtliche Seite der Angelegenheit thematisieren, denn das Bundesgericht sieht aus prozessökonomischen Gründen davon ab, den angefochtenen Entscheid aufzuheben, wenn zwar zu Unrecht auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde, die Eventualbegründung in der Sache aber zutreffend ist (BGE 139 II 233 E. 3.2 S. 235 f. mit Hinweisen; Urteil 2C_286/2017 vom 29. Mai 2017 E. 1.4). Erweist sich der Nichteintretensentscheid als richtig, hat sich das Bundesgericht mit der materiellen Seite nicht auseinanderzusetzen (BGE 139 II 233 E. 3.2 S. 235 f. mit Hinweisen).  
 
1.3. Nach Art. 42 Abs. 1 BGG haben Rechtsschriften die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Die beschwerdeführende Person muss sich sachbezogen mit den Argumenten der Vorinstanz auseinandersetzen; es genügt nicht, wenn sie die Kritik, die sie in den kantonalen Verfahren vorgebracht hat, vor Bundesgericht unverändert wiederholt. Wiederholungen aus früheren Rechtsschriften sind nicht von vornherein unzulässig, aber das Bundesgericht geht auf Beschwerden nur insoweit ein, als in der Beschwerdeschrift eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid erfolgt (vgl. in ebenfalls vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers geführten Verfahren die Urteile 2C_751/2017 vom 21. Dezember 2017 E. 1.2 sowie 2C_441/2016 vom 3. November 2016 E. 1.2, je mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer seine Darlegungen aus dem kantonalen Rekurs- und Beschwerdeverfahren umfassend in die vorliegend zu beurteilende Eingabe kopiert hat (alle Ausführungen zur materiellrechtlichen Seite der Angelegenheit, d.h. rund zwei Drittel der 30-seitigen Rechtsschrift), ist auf seine Eingabe nicht einzugehen.  
 
2.  
Weil die Streitsache ohne Schriftenwechsel entschieden werden kann, ist der prozessuale Antrag auf Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels gegenstandslos (Art. 102 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz trat mangels ausreichender Begründung nicht auf die Beschwerde des Beschwerdeführers ein, weil diese mit Ausnahme von marginalen Anpassungen wortwörtlich der Rekursschrift entsprach. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich in seiner Beschwerdeschrift vor Vorinstanz, soweit erforderlich, mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid auseinandergesetzt. Seine Beschwerde genüge den Begründungsanforderungen und die Vorinstanz sei zu Unrecht nicht auf seine Beschwerde eingetreten.  
 
3.2. Gemäss § 54 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH; LS 175.2) hat die Beschwerdeschrift einen Antrag und dessen Begründung zu enthalten. Das Verwaltungsgericht leitet daraus ab, dass sich die Beschwerde substantiiert mit den massgeblichen Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinanderzusetzen hat; dies sei von vornherein nicht möglich, wenn in der Beschwerdeschrift die schon in der Rekursschrift vorgebrachten Rügen wörtlich wiederholt würden.  
 
3.3. Die Überprüfung der Anwendung und Auslegung von kantonalen Verfahrensbestimmungen durch das Bundesgericht ist nur zulässig, wenn sie zugleich eine Bundesrechtsverletzung darstellt (Art. 95 BGG; vgl. BGE 141 I 36 E. 1.3 S. 41 mit Hinweis). Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 9 BV durch willkürliche Anwendung von § 54 Abs. 1 VRG/ZH, eine Verletzung des in Art. 29 Abs. 1 BV enthaltenen Verbots des überspitzten Formalismus, eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 EMRK sowie die Verletzung seines Anspruchs auf gerichtliche Beurteilung gemäss Art. 29a BV, Art. 6 und Art. 13 EMRK.  
 
3.4. Wird die Gültigkeit eines Rechtsmittels kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung davon abhängig gemacht, dass es eine minimale Begründung enthält, so liegt darin weder eine Verweigerung des Anspruchs auf rechtliches Gehör noch kann darin ein überspitzter Formalismus gesehen werden (BGE 142 IV 299 E. 1.3.2 S. 304 f.; 134 II 244 E. 2.4.2 S. 248; Urteile 2C_579/2016 vom 24. August 2017 E. 2.3; 2C_286/2017 vom 29. Mai 2017 E. 3.2). Das Bundesgericht hat sich bereits mehrfach mit der zu beurteilenden Praxis des Verwaltungsgerichts zu § 54 Abs. 1 VRG/ZH auseinandergesetzt. Es hat festgehalten, dass diese weder überspitzt formalistisch ist noch das rechtliche Gehör verletzt, wenn der vor Verwaltungsgericht angefochtene Entscheid eine dem Anspruch auf rechtliches Gehör genügende Begründung enthält (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV; Urteile 2C_579/2016 vom 24. August 2017 E. 2.3; 2C_286/2017 vom 29. Mai 2017 E. 3.2 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer geht in seiner Beschwerde auf diese bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht ein. Er legt nicht dar, weshalb sie für seinen Fall keine Anwendung finden sollte. Ein Grund hierfür ist denn auch nicht ersichtlich.  
 
3.5. Der Entscheid der Justizdirektion enthält eine dem rechtlichen Gehör genügende Begründung. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer wäre in der Lage gewesen, sich mit den massgeblichen Entscheidgründen der Rekursinstanz auseinanderzusetzen. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass seine Rechtsschrift, die er dem Verwaltungsgericht eingereicht hat, beinahe wörtlich jener entspricht, die er bereits der Justizdirektion eingereicht hatte. Er versucht aber aufzuzeigen, dass er sich mit allen in der Verfügung thematisierten Punkten auseinandergesetzt hat. Die angefochtene Verfügung habe im Vergleich zur Verfügung des Amts für Justizvollzug inhaltlich weitgehend die gleichen Argumente enthalten und er habe alle zentralen Argumente thematisiert. Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden. Die Verfügung der Justizdirektion bestätigt zwar im Ergebnis die Verfügung des Amts für Justizvollzug. Sie setzt sich aber ausführlicher mit dem Antrag auf bedingte Entlassung und dem Rekurs des Beschwerdeführers auseinander und enthält teilweise neue Erwägungen. Die Vorinstanz verlangt von der beschwerdeführenden Partei gestützt auf § 54 Abs. 1 VRG/ZH eine Auseinandersetzung mit den konkreten Erwägungen der Verfügung. Dies ist bei einem unveränderten Übernehmen der Rechtsschrift nicht möglich, sofern sich die beiden Verfügungen nicht ebenfalls wörtlich entsprechen. Damit ist es weder überspitzt formalistisch noch wird der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn die Vorinstanz im Einklang mit den anwendbaren kantonalen Verfahrensbestimmungen auf das Rechtsmittel mangels genügender Begründung nicht eintritt. Nach dem Gesagten liegt auch keine Verletzung der anderen angerufenen Verfahrensgrundrechte (Art. 29a BV, Art. 6 und Art. 13 EMRK) vor.  
 
3.6. Schliesslich ist auch die Rüge der willkürlichen Anwendung von § 54 Abs. 1 VRG/ZH unbegründet. Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch dessen Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72 mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat § 54 Abs. 1 VRG/ZH gemäss ihrer konstanten Praxis angewendet (vgl. Urteile 2C_286/2017 vom 29. Mai 2017 E. 3.2 ff.; 2C_579/2016 vom 24. August 2017 E. 2.3; ALAIN GRIFFEL, in: derselbe [Hrsg.], Kommentar VRG, 3. Aufl. 2014, N. 4 zu § 54 VRG/ZH mit Hinweis). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern diese Praxis im konkreten Fall zu einem offensichtlich unhaltbaren Entscheid geführt hätte. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Inhaftierung einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt und das Interesse des Beschwerdeführers an einer gerichtlichen Überprüfung entsprechend gross ist. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht aber am 20. Januar 2017 eine umfassende materielle Überprüfung der vorletzten Verweigerung der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers vorgenommen (VB.2016.00557 des Verwaltungsgerichts Zürich vom 20. Januar 2017). Dieses Urteil ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Die vorliegend zu beurteilende Beschwerdeschrift an das Verwaltungsgericht entspricht über weite Teile wörtlich der im damaligen Verfahren beurteilten Beschwerde. Zudem ist die bedingte Entlassung mindestens einmal jährlich zu überprüfen (Art. 86 Abs. 3 StGB). Dem Beschwerdeführer stehen bei einem allfälligen ablehnenden Entscheid wieder alle Rechtsmittel zur Verfügung. Auch vor diesem Hintergrund verletzt die vorinstanzliche Anwendung von § 54 Abs. 1 VRG/ZH kein Bundesrecht.  
 
4.  
Der Beschwerdeführer beantragt gesondert die Aufhebung der vorinstanzlichen Kostenauflage, mit der die Vorinstanz dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Kosten des Verfahrens auferlegt hatte. Da der Kostenentscheid den Beschwerdeführer selbst nicht beschwert, hat er kein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Kostenentscheids. Er ist zur Beschwerdeführung in diesem Punkt nicht legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG). Auf diesen Antrag ist demgemäss nicht einzutreten. Es wäre dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers freigestanden, die Kostenauflage selbst anzufechten, weil der ihn belastende Kostenentscheid in seine rechtlich geschützten Interessen eingreift (vgl. BGE 129 II 297 E. 2.2 S. 300). 
 
5.  
Die Beschwerde in Strafsachen ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichterin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. September 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schär