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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_271/2008/bnm 
 
Urteil vom 11. Juni 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Roos, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Läuffer, 
 
Gegenstand 
Provisorische Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, vom 2. April 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Vertrag vom 6. November 2003 gewährte die X.________ AG (als "Darlehensgeber" bezeichnet) der Z.________ AG (als "Darlehensnehmer" bezeichnet) ein zu 5% verzinsliches Darlehen über Fr. 250'000.--. 
 
Unter Ziff. 6 mit dem Titel "Sicherheit" wurde im Darlehensvertrag Folgendes festgehalten: "Die Vertreter der Firma Z.________ AG, nämlich Herr Y.________ und W.________ haften solidarisch für das durch die Firma X.________ AG gewährte Darlehen in der Höhe von Fr. 250'000.00 nebst 5% Darlehenszins sowie für allfällige Verzugszinsen von 5%." 
 
Der Darlehensvertrag wurde für den "Darlehensgeber" von R.________ und S.________ und für den "Darlehensnehmer" von Y.________ und W.________ unterzeichnet. 
 
B. 
Gestützt auf den erwähnten Darlehensvertrag leitete die X.________ AG mit dem Zahlungsbefehl Nr. ... des Betreibungsamtes A.________ gegen Y.________ für Fr. 140'000.-- nebst Zins die Betreibung ein. 
 
Sowohl das Kantonsgerichtspräsidium Zug als auch das Obergericht des Kantons Zug wiesen in ihren Urteilen vom 12. November 2007 bzw. 2. April 2008 das Rechtsöffnungsgesuch der X.________ AG ab. 
 
C. 
Gegen das obergerichtliche Urteil hat die X.________ AG am 24. April 2008 Beschwerde in Zivilsachen eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung und Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung für Fr. 140'000.-- nebst Zins in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes A.________. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der angefochtene Rechtsöffnungsentscheid ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert, gegen den grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen ergriffen werden kann (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
 
Rechtsöffnungen sind keine vorsorglichen Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG, weshalb alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig sind und das Bundesgericht behauptete Rechtsverletzungen mit freier Kognition prüft (BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400). 
 
2. 
Die kantonalen Gerichte kamen übereinstimmend zum Schluss, dass im schriftlichen Vertrag einzig die Z.________ AG als Darlehensnehmerin figuriere und der Beschwerdegegner den Darlehensvertrag in seiner Eigenschaft als deren (kollektiv-)zeichnungsberechtigtes Organ unterzeichnet habe. Zwar sei in Ziff. 6 des Vertrages vereinbart worden, dass der Beschwerdegegner solidarisch für das gewährte Darlehen hafte. Indes lasse der Wortlaut des Vertrages den Schluss nicht zu, dass sich dieser mit der für die Darlehensnehmerin abgegebenen Unterschrift auch persönlich habe verpflichten wollen. Es wäre aber für die geschäftserfahrenen Parteien ein Leichtes gewesen, durch eine entsprechende Formulierung klarzustellen, dass der Beschwerdegegner mit seiner Unterschrift nicht nur als Organ für die Z.________ AG zeichne, sondern auch sich persönlich verpflichten wolle. Das Obergericht hat weiter erwogen, die Rechtsöffnung sei aber auch deshalb abzuweisen, weil aufgrund der Umstände nicht von einer kumulativen Schuldübernahme, sondern von einer (formungültigen) Bürgschaft ausgegangen werden müsse. 
 
Die Beschwerdeführerin wendet sich in ihrer Beschwerde in erster Linie gegen die zweite Begründung und stellt sich auf den Standpunkt, es sei von einer kumulativen Schuldübernahme auszugehen. Ferner macht sie geltend, der Beschwerdegegner habe keineswegs nur für die Z.________ AG unterzeichnet; aufgrund des Wortes "solidarisch" habe er sich vielmehr auch persönlich verpflichten wollen. Anders zu entscheiden würde bedeuten, dass die Klausel Ziff. 6 geradezu sinnlos wäre. 
 
3. 
Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) hat der Beschwerdeführer den Darlehensvertrag allein in seiner Funktion als Organ der Z.________ AG unterzeichnet. Die Stipulation in Ziff. 6, wonach u.a. der Beschwerdegegner solidarisch für das gewährte Darlehen hafte, stellt vor diesem Hintergrund einen Vertrag zu Lasten Dritter im Sinn von Art. 111 OR dar, was entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin auch durchaus Sinn machen kann. 
 
Im vorliegenden Fall, in welchem das für die Beschwerdeführerin unterzeichnende Organ mit dem Dritten identisch ist, liegt es zwar auf der Hand, dass die Parteien in Wahrheit keinen solchen Vertrag zu Lasten Dritter abschliessen wollten, sondern eine eigentliche Verpflichtung des Beschwerdegegners im Auge hatten. So wie aber eine formungültige Bürgschaft keine Rechtswirkung entfaltet, obwohl die Verpflichtung von den Parteien gewollt gewesen wäre, kann auch Rechtsöffnung nur erteilt werden, wenn die förmlichen Voraussetzungen erfüllt sind; andernfalls ist der Gläubiger auf den ordentlichen Prozessweg zu verweisen. 
 
Konkret geht es um die Frage, ob mit Bezug auf die eigenständige Verpflichtung des Beschwerdegegners - welcher Natur auch immer sie sei - eine schriftliche Schuldanerkennung im Sinn von Art. 82 SchKG vorliegt. Was das Schrifterfordernis anbelangt, zu welchem die Unterzeichnung gehört (vgl. Art. 13 OR), kommt es nicht auf den subjektiven Parteiwillen, sondern auf den äusserlich wahrnehmbaren Schriftsatz an; die Schriftstrenge verbietet mit anderen Worten eine diesbezügliche (Vertrags-)auslegung: Massgebend ist weder die Geschäftserfahrenheit einer Partei noch deren tatsächlicher Wille, eine Schuldverpflichtung einzugehen, sondern allein, ob das Schuldversprechen desjenigen, gegen den sich die Betreibung richtet, mit - sich selbst verpflichtender - Unterschrift anerkannt ist. Dies ist im vorliegenden Fall nach den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz nicht der Fall, weshalb mit Bezug auf die selbständige Verpflichtung des Beschwerdegegners kein Rechtsöffnungstitel vorliegt und die Beschwerde demzufolge abzuweisen ist. 
 
Bei diesem Ergebnis wird die Frage nach der rechtlichen Qualifizierung der selbständigen Verpflichtung, d.h. die Diskussion über die Abgrenzung zwischen Bürgschaft und kumulativer Schuldübernahme, gegenstandslos. 
 
4. 
Zufolge Abweisung der Beschwerde sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. Juni 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli Möckli