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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_496/2008 
 
Urteil vom 3. März 2009 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Karlen 
Gerichtsschreiber Wyssmann. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Hans E. Rüegsegger, 
 
gegen 
 
Steuerverwaltung des Kantons Bern, 
 
Gegenstand 
Direkte Bundessteuer 1999/2000 (Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern 
vom 10. Juni 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ leidet seit über 30 Jahren an einer bipolaren Psychose. Er lebt seit April 1997 von seiner Frau getrennt. Er wurde für die Steuerperioden 1997/98 und 1999/2000 (wie bereits in den Vorjahren) nach Ermessen eingeschätzt, nachdem er keine Steuererklärungen eingereicht hatte. Die Steuerverwaltung, welche erst bei der Veranlagung 1999/2000 von der Trennung Kenntnis erhielt, taxierte den Steuerpflichtigen für beide Perioden in ähnlicher Höhe wie in den Vorjahren (das heisst so, wie wenn er beide Einkommen zu versteuern hätte). Die Steuerveranlagung 1997/98 erfolgte am 2. März 1998, diejenige für die Steuerperiode 1999/2000 am 1. März 2000. 
 
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 reichte der Steuerpflichtige die Steuererklärungen für 1997/98 und 1999/2000 ein und beantragte mit Hinweis auf die Trennung von seiner Ehefrau, die beiliegenden Steuererklärungen zu überprüfen und die allfällige "Steuerrevision zu veranlassen". Das Schreiben wurde von einer Sozialarbeiterin des Psychiatriezentrums Münsingen verfasst und von ihr und dem Steuerpflichtigen unterzeichnet. Mit Verfügung vom 2. März 2002 nahm die Steuerverwaltung für die Periode 1997/1998 eine Zwischentaxation per 1. April 1997 vor. In Bezug auf die Periode 1999/2000 erging kein Entscheid zum Revisionsgesuch. 
 
Mit Eingabe vom 23. Mai 2006 liess der Steuerpflichtige durch seinen Rechtsanwalt das Revisionsgesuch in Bezug auf die Veranlagung 1999/2000 erneuern. Mit Verfügung vom 28. November 2006 wies die Steuerverwaltung des Kantons Bern das Revisionsgesuch für die Veranlagungsperiode 1999/2000 ab. Mit Einspracheentscheid vom 15. Mai 2007 bestätigte sie diese Verfügung. 
 
B. 
Rekurs und Beschwerde wies die Steuerrekurskommission des Kantons Bern mit Entscheid vom 10. Juni 2008 ab. 
 
C. 
Gegen diesen Entscheid führt der Steuerpflichtige hinsichtlich der direkten Bundessteuer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Steuerverwaltung des Kantons Bern sei anzuweisen, die Steuerveranlagung 1999/2000 zu revidieren. 
Steuerverwaltung und Steuerrekurskommission des Kantons Bern wie auch die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde. 
 
Hinsichtlich der Kantons- und Gemeindesteuern hat der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern erhoben. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht worden und richtet sich gegen den von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die sich nach der Rechtsprechung aus der Steuerharmonisierung ergebende Verpflichtung der Kantone, für Beschwerden betreffend die direkte Bundessteuer eine zweite kantonale Gerichtsinstanz vorzusehen, wenn (wie im Kanton Bern) für die direkten kantonalen Steuern ein zweifacher kantonaler Instanzenzug besteht (vgl. BGE 130 II 65 ff.), kommt hier in Bezug auf die direkte Bundessteuer 1999/2000 noch nicht zur Anwendung. Die den Kantonen eingeräumte Frist zur Anpassung ihrer Gesetzgebungen an die harmonisierten Gesetze war in dieser Periode noch nicht abgelaufen (vgl. Art. 72 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, StHG, SR 642.14). 
 
Die Beschwerde bezüglich der direkten Bundessteuer ist zulässig. Es kann mit der Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, hier des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) sowie von Grundrechten, geltend gemacht werden (Art. 95 lit. a, 106 Abs. 2 BGG). 
 
Für die kantonalen Steuern führt der Rechtsweg über das kantonale Verwaltungsgericht. 
 
2. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid sei widersprüchlich, verletze das elementare Gerechtigkeitsempfinden und das Gebot der rechtsgleichen Behandlung. Obschon für beide Steuerveranlagungen 1997/98 und 1999/2000 die gleichen Tatsachen zu berücksichtigen seien, nämlich sein Getrenntleben von der Ehefrau, gewähre die Vorinstanz in Bezug auf die Veranlagung 1999/2000 keine Revision (sondern nur für die Periode 1997/98). 
 
Soweit der Beschwerdeführer der Behörde widersprüchliches Verhalten entgegenhält (Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben), stösst sein Vorwurf ins Leere. Er verkennt, dass die Steuerverwaltung am 2. März 2002 für die Veranlagung 1997/98 keine Revision vornahm (gestützt auf einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 147 DBG). Sie führte vielmehr wegen gerichtlicher oder tatsächlicher dauernder Trennung der Ehegatten eine Zwischenveranlagung per 1. April 1997 für den Rest der Veranlagungsperiode durch (Art. 45 lit. a DBG). Eine Zwischenveranlagung wegen Trennung der Ehegatten war noch nicht vorgenommen worden, weshalb das nachzuholen war, und zwar für die Steuerperiode 1997/98. Die Frist zur Vornahme der Zwischenveranlagung in der Veranlagungsperiode 1997/98 war am 2. März 2001 noch nicht abgelaufen (Art. 120 Abs. 1 DBG). 
 
Für die nachfolgende Steuerperiode 1999/2000 war hingegen keine Zwischenveranlagung durchzuführen. Die Ehegatten lebten bereits vor dem 1. Januar 1999 getrennt, weshalb für die Steuerperiode 1999/2000 kein Zwischenveranlagungsgrund vorlag. Wenn daher die Steuerbehörden für die Steuerperiode 1999/2000 (im Gegensatz zur Steuerperiode 1997/98) keine Zwischenveranlagung durchführten, verhielten sie sich korrekt. Ein widersprüchliches oder gar willkürliches Verhalten der Behörde ist darin nicht zu sehen. 
 
Die weiteren Rügen wegen Verletzung des Gerechtigkeitsgebots und des Gebots der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) beruhen auf der gleichen falschen Annahme, nämlich dass die Behörde die Veranlagung 1997/98 einer Revision unterzogen habe, und sind wie die Rüge wegen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Gauben unbegründet. 
 
3. 
3.1 Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz in Bezug auf die Veranlagung 1999/2000 Bundesrecht dadurch verletzt hat, dass sie das Vorliegen eines Revisionsgrundes im Sinne von Art. 147 DBG verneinte. Gemäss Absatz 1 dieser Vorschrift ist eine rechtskräftige Verfügung oder ein rechtskräftiger Entscheid auf Antrag oder von Amtes wegen zu revidieren: a. wenn erhebliche Tatsachen oder Beweismittel entdeckt werden oder b. wenn die erkennende Behörde erhebliche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel, die ihr bekannt waren oder bekannt sein mussten, ausser acht gelassen oder in anderer Weise wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt hat. Nur diese beiden Revisionsgründe fallen vorliegend in Betracht. Gemäss Absatz 2 von Art. 147 DBG ist die Revision ausgeschlossen, wenn der Antragsteller als Revisionsgrund vorbringt, was er "bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können". Für die Gültigkeit des Revisionsgesuchs ist ausserdem erforderlich, dass dieses innert 90 Tagen, nachdem der Revisionsgrund entdeckt wurde, eingereicht wird (Art. 148 DBG). 
 
3.2 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Revision verneint. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer vom Getrenntleben von seiner Ehefrau während des ganzen Veranlagungsverfahrens Kenntnis gehabt habe und es nicht erwiesen sei, dass es ihm während des gesamten Jahres 1999 wegen seiner Krankheit nicht möglich gewesen sei, selbst zu handeln oder einen Vertreter mit der Wahrung seiner Interessen zu bestellen. Der Beschwerdeführer hätte daher die Tatsache, dass er von seiner Ehefrau getrennt lebe, bereits im ordentlichen Verfahren mit dem Ausfüllen der Steuererklärung oder spätestens mit Einsprache gegen die Veranlagung selbst geltend machen oder durch seinen Vertreter vorbringen können. Was bei zumutbarer Sorgfalt bereits im ordentlichen Verfahren hätte vorgebracht werden können, könne nicht zum Gegenstand eines Revisionsgesuchs gemacht werden. 
 
3.3 Das Mass der "zumutbaren Sorgfalt" (Art. 147 Abs. 2 DBG) kann namentlich herabgesetzt sein, wenn der Steuerpflichtige an einer Geisteskrankheit oder Geistesschwäche leidet. Darauf beruft sich der Vertreter des Beschwerdeführers. Er reichte bereits im Verfahren vor der kantonalen Steuerverwaltung eine ärztliche Bescheinigung von Dr. med. Y.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 25. April 2006 sowie ein Schreiben dieses Arztes vom 22. Dezember 2006 ein. Danach leidet der Beschwerdeführer seit über 30 Jahren an einer Geisteskrankheit (bipolare Psychose). Er stehe deswegen seit über zehn Jahren bei Dr. Y.________ in ärztlicher Behandlung. Es geht daraus auch hervor, dass der Beschwerdeführer im Verlauf seiner Krankheit wiederholt während mehrerer Monate psychiatrisch-stationär behandelt werden musste. Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei bei dieser Krankheit nicht möglich, die Phasen von Urteilsunfähigkeit auf ein bestimmtes Datum hin festzulegen. Charakteristisch sei der schwankende Verlauf der Krankheit. Den Nachweis trotzdem zu verlangen, dass er an einem bestimmten Tag urteilsunfähig gewesen sei, wie die Vorinstanz das tue, sei offensichtlich unhaltbar und willkürlich. 
 
3.4 Vorliegend geht es um die Frage der Prozessfähigkeit, die infolge fehlender Urteilsfähigkeit ganz oder in Teilbereichen aufgehoben sein kann (vgl. Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern, 1997, N. 4 und 13 ff. zu Art. 11 VRPG). Die Urteilsfähigkeit wird von Gesetzes wegen vermutet (Art. 16 ZGB). Es kommt erst dann zu einer Umkehrung der Beweislast, wenn die handelnde Person ihrer allgemeinen Verfassung nach im Normalfall und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als urteilsunfähig gelten muss (BGE 124 III 5 E. 1b S. 8; Urteil 5C.32/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 3). Der Begriff der Urteilsfähigkeit gilt vermutungsweise in identischer Bedeutung im öffentlichen Recht und auch im Steuerrecht (Margrith Bigler-Eggenberger, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl. 2006, N. 3 zu Art. 12 ZGB S. 148; Eugen Bucher, Berner Kommentar, N. 9 der Einleitung vor Art. 11 ZGB; Imboden/ Rhinow, Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl. 1986, Nr. 28 A II). Ob die Vorinstanz vom richtigen Begriff der Urteilsfähigkeit ausging, ist eine vom Bundesgericht zu prüfende Rechtsfrage. Tatfrage ist hingegen, welche Schlüsse aus den ärztlichen Verlautbarungen zu ziehen sind. Diesbezüglich ist das Bundesgericht an die von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen gebunden, wenn sie nicht offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Verletzung von Bundesrecht beruhen (Art. 97 Abs. 1 BGG). 
 
3.5 Die Vorinstanz hat aufgrund der schriftlichen Stellungnahmen von Dr. med. Y.________ festgehalten, dass der Beschwerdeführer seit Jahrzehnten an einer Krankheit (bipolare Psychose) leidet, die phasenweise verstärkt hervortritt und zumindest seit dem Jahr 2000 klinischer Behandlung bedarf. Sie erwog, dass der Beschwerdeführer (ab dem Jahr 2000) durchschnittlich ein Mal pro Jahr hospitalisiert gewesen sei, wobei die Spitalaufenthalte zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen (bzw. Monaten) gedauert hätten. Für die Dauer dieser stationären Behandlungen sowie im Zeitraum von ein bis zwei Monaten im Voraus sei gemäss der ärztlichen Bescheinigung vom 25. April 2006 von einer starken bis vollständigen Einschränkung der Urteilsfähigkeit auszugehen. 
Die Vorinstanz führte weiter aus, dass der Beschwerdeführer ab dem Steuerjahr 2002 die Steuererklärungen selbst ausfüllen und einreichen konnte. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ihm das insbesondere im Jahre 1999, als er die Steuererklärung 1999/2000 hätte einreichen müssen, nicht möglich gewesen sein soll. Er habe denn auch keine Belege vorgelegt, welche seine Urteilsunfähigkeit für diese Periode beweisen würden. Zu beweisen wäre die Unfähigkeit, die Steuererklärung selbst auszufüllen und einzureichen oder damit eine Drittperson zu beauftragen. Der Beschwerdeführer habe, trotz Mahnung, die Steuererklärung nicht selbst oder durch einen Vertreter eingereicht. Er habe damit seine Sorgfaltspflicht verletzt. 
 
3.6 Diesen Ausführungen im angefochtenen Urteil kann nicht vollumfänglich gefolgt werden. Die Vorinstanz übersieht, dass angesichts der ausgedehnten Phasen von starker bis vollständiger Urteilsunfähigkeit für die übrige Zeit nicht einfach auf Urteilsfähigkeit geschlossen werden kann. Der Hinweis, der Beschwerdeführer habe für seine Urteilsunfähigkeit im Jahre 1999 keine Belege vorgelegt, genügt zur Begründung nicht: 
 
Ärztlich bestätigt ist, dass der Beschwerdeführer vom 12. Oktober 2001 bis 11. Januar 2002 (drei Monate), vom 29. November 2002 bis 23. November (richtig wohl: Januar) 2003 (zwei Monate), vom 2. bis 9. September 2003 (acht Tage) sowie vom 16. Juni 2005 bis 22. September 2005 (drei Monate) stationär behandelt werden musste. Während diesen Aufenthalten sowie jeweils 1-2 Monate im Voraus bestand aus medizinischer Sicht eine starke bis vollständige Einschränkung der Urteilsfähigkeit. Angesichts der Schwere der Krankheit, welche auch durch Dr. Y.________ betont wird (Schreiben vom 22. Dezember 2006), kann für die übrige Zeit aber nicht einfach eine Urteilsfähigkeit angenommen werden. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass auch in diesen Perioden die Urteils- und Handlungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sein könnte. 
 
In seinem Schreiben vom 22. Dezember 2008 weist Dr. Y.________ darauf hin, dass angesichts der Art und Schwere der psychotischen Erkrankung auch ausserhalb der Phasen vollständiger Urteils- und Handlungsunfähigkeit die Fähigkeit, die steuerrechtlichen Pflichten zuverlässig oder überhaupt wahrzunehmen, eingeschränkt oder aufgehoben sein kann. Bei der Psychose handle es sich um eine schwere psychische Erkrankung, welche die Fähigkeit des Betroffenen, die Realität adäquat wahrzunehmen, einzuschätzen und entsprechend zu handeln, im Kern tangiere. Bei bipolarer Psychose bestehe zudem eine schwere Beeinträchtigung der Affektivität. Der Beschwerdeführer sei in Bezug auf komplexere Vorgänge nicht erst dann urteilsunfähig, wenn er überhaupt keine Handlungen mehr vornehmen könne, sondern bereits dann, wenn einzelne Fähigkeiten fehlen würden. Der Beschwerdeführer müsste a) erkennen können, dass nach seinem Rechtsempfinden falsch entschieden worden sei, b) sich bewusst sein, dass er hiergegen etwas unternehmen müsse, c) einsehen können, dass er Regeln und Fristen einhalten müsse, d) erkennen können, dass er allein aufgrund seiner psychotischen Erkrankung nicht in der Lage sei, sein Anliegen der Steuerbehörde verständlich zu machen, und schliesslich e) alle Handlungen konsequent planen und umsetzen können. All das stelle ein Netz von kognitiven und affektiven Anforderungen dar, welche den Beschwerdeführer unter Umständen überfordern würden, während anderes noch funktioniere. 
 
Diesen Ausführungen hat die Vorinstanz ungenügend Rechnung getragen. Es steht aufgrund der eingereichten Akten auch nicht fest, ob der Beschwerdeführer die Steuererklärungen ab dem Jahre 2002 selbst oder mit Hilfe einer Drittperson ausfüllte. Die Vorinstanz schliesst aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer ab 2002 die Steuererklärungen ausgefüllt habe, dass ihm das auch im Jahre 1999 möglich gewesen sei. Sie hat damit den Allgemeinzustand des Beschwerdeführers, der anscheinend an einer schweren psychischen Erkrankung leidet (und nicht nur an einer leichten Geisteskrankheit), praktisch unberücksichtigt gelassen. 
 
3.7 Es scheint auch, dass dem Arzt keinerlei Instruktion zuteil wurde und ihm keine konkreten Fragen unterbreitet wurden. Wie Dr. Y.________ zu Recht schreibt, sollte "unbedingt vermieden werden, dass ein kranker Mensch kein angemessenes Gehör erfährt, weil der Psychiater nicht genügend versteht, was die Juristen brauchen". Dr. Y.________ bat in seinem Schreiben vom 22. Dezember 2006 auch darum, dass konkrete Fragen gestellt würden. Zwar kann die Steuerrekurskommission mangels gesetzlicher Grundlage nicht in eigener Kompetenz eine medizinische Untersuchung anordnen. Im Rahmen der Abklärung des Sachverhalts von Amtes wegen trifft die Partei indessen auch eine Mitwirkungspflicht. Für das Veranlagungsverfahren ist diese Pflicht in Art. 126 DBG ausdrücklich erwähnt, doch gilt sie bereits aufgrund allgemeiner verwaltungsrechtlicher Grundsätze (vgl. Merkli/Aeschlimann/Herzog, a.a.O., N. 1 ff. zu Art. 20 VRPG). Der Beschwerdeführer hätte daher durch die Vorinstanz zur Abklärung der Urteilsfähigkeit aufgefordert werden können. 
 
4. 
Es folgt daraus, dass der Sachverhalt ungenügend abgeklärt ist. Ohne weitere Feststellungen kann für das Jahr 1999, was die steuerlichen Pflichten betrifft, nicht einfach auf Urteils- und Handlungsfähigkeit geschlossen werden. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten begründet und der angefochtene Entscheid der Steuerrekurskommission aufzuheben, soweit er die direkte Bundessteuer betrifft. Da die notwendigen Sachverhaltsfeststellungen fehlen, kann das Bundesgericht nicht wie beantragt selber in der Sache entscheiden. Die Angelegenheit ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die für die Entscheidung des Falles allenfalls nötigen weiteren Abklärungen trifft und in der Sache neu entscheidet. 
 
Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem Kanton aufzuerlegen (Art. 65 und 66 Abs. 1 und 4, a contrario, BGG). Dieser hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird damit gegenstandslos. Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens hat die Vorinstanz im neuen Entscheid zu befinden (Art. 67 a contrario und 68 Abs. 5 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 10. Juni 2008 in Bezug auf die direkte Bundessteuer aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Kanton Bern auferlegt. 
 
3. 
Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Steuerrekurskommission des Kantons Bern (zweifach) und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 3. März 2009 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Müller Wyssmann