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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.300/2006 /len 
 
Urteil vom 12. Februar 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Kiss, 
Gerichtsschreiber Widmer. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Raymond Bisang, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Robert Harmann, 
Kassationsgericht des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Art. 29 Abs. 2 BV (Zivilprozess; rechtliches Gehör), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 29. September 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die A.________ AG mit Sitz in Zürich bezweckte u.a. die Beteiligung an Finanzgeschäften im In- und Ausland, die Durchführung von Finanztransaktionen, die Übernahme von Verwaltungen aller Art und die Beratung in diesen Bereichen. Vom 21. November 1997 bis zum 11. August 1999 war X.________ (Beschwerdeführer) Verwaltungsrat der A.________ AG. 
 
Am 26. Oktober 1999 verfügte das Handelsregisteramt die Auflösung der Gesellschaft, weil diese innert Frist nicht den gesetzlichen Zustand bezüglich Verwaltung und Vertretung hergestellt hatte. Am 26. Mai 2000 wurde der Konkurs über die Gesellschaft eröffnet. 
 
Im Konkursverfahren wurden zwanzig Parteien, darunter Y.________ (Beschwerdegegner), mit Forderungen von rund Fr. 1,8 Mio. zugelassen. In einem Vergleich mit dem früheren Verwaltungsrat der A.________ AG, Rechtsanwalt Dr. B.________, wurde die Bezahlung von Fr. 50'000.-- vereinbart, welche die Gläubiger entsprechend ihren Forderungen unter sich aufteilten. Darüber hinaus kamen die Gläubiger vollumfänglich zu Verlust, der Beschwerdegegner mit Fr. 224'597.35. Die Konkursverwaltung trat allfällige Verantwortlichkeitsansprüche gegen den Beschwerdeführer an sämtliche Konkursgläubiger ab. 
B. 
Innert Frist leitete der Beschwerdegegner als einziger Abtretungsgläubiger eine Verantwortlichkeitsklage gegen den Beschwerdeführer über den Betrag von Fr. 224'597.35 ein. Das angerufene Bezirksgericht Zürich verpflichtete den Beschwerdeführer am 31. Januar 2005 aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit zur Bezahlung von Fr. 224'597.35 nebst Zins seit dem 22. Januar 2003. 
 
Dieses Urteil bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 2. September 2005 auf kantonalrechtliche Berufung des Beschwerdeführers hin. Das Obergericht bejahte eine Haftung des Beschwerdeführers aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit. Ausserdem verwarf es dessen Einrede, seine allfällige Schuldpflicht sei durch Verrechnung mit einem Darlehen über Fr. 262'220.-- getilgt worden, das er der A.________ AG gewährt und nicht zurückbezahlt erhalten habe. Schliesslich verneinte das Obergericht auch, dass der mit dem früheren Verwaltungsrat, Rechtsanwalt Dr. B.________, geschlossene Vergleich den Beschwerdeführer vollständig befreie oder seine Schuldpflicht auf höchstens Fr. 50'000.-- begrenze. 
 
Gegen dieses Urteil gelangte der Beschwerdeführer mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich, welches das Rechtsmittel am 29. September 2006 abwies, soweit es darauf eintrat. 
C. 
Der Beschwerdeführer beantragt mit staatsrechtlicher Beschwerde, den Entscheid des Kassationsgerichts wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. 
 
Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Kassationsgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet. 
D. 
Der Beschwerdeführer hat das Urteil des Obergerichts vom 2. September 2005 ausser mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde auch mit eidgenössischer Berufung angefochten (Verfahren 4C.358/2005). 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
Das Obergericht prüfte in seinem Urteil vom 2. September 2005 vorab die Einrede des Beschwerdeführers, seine allfällige Schuldpflicht sei durch Verrechnung mit einem Darlehen über Fr. 262'220.-- getilgt worden, das er der A.________ AG gewährt und nicht zurückbezahlt erhalten habe. Es liess dabei zunächst offen, ob der Beschwerdeführer die ihm behauptetermassen gegen die Gemeinschuldnerin A.________ AG zustehende Darlehensforderung grundsätzlich dem nach Art. 260 SchKG abgetretenen Verantwortlichkeitsanspruch zur Verrechnung gegenüberstellen könne. Sodann liess es auch offen, ob der Beschwerdeführer rechtsmissbräuchlich handle, wenn er im Verantwortlichkeitsprozess geltend mache, er sei Gläubiger der Darlehensforderung, mithin aktivlegitimiert, da die Forderung ihm von einer C.________ Ltd. abgetreten worden sei, während er im Konkurs der A.________ AG einen Anspruch aus dem Darlehen handelnd für die C.________ Ltd. geltend gemacht habe, wobei er die Zessionserklärung sowohl für sich selber als auch für die C.________ Ltd. unterzeichnet habe. Denn das Gericht kam aufgrund einer Quittung vom 10. Februar 1997 zum Schluss, Schuldnerin der Darlehensforderung sei jedenfalls nicht die Gemeinschuldnerin A.________ AG, sondern allenfalls die Gesellschaft D.________ Ltd., weshalb von vornherein keine Verrechnungslage bestehe. So gehe aus der Quittung hervor, dass ein gewisser E.________ erklärt habe, er habe "namens der A.________ AG, für D.________ Ltd. (...) ein Total von 60'000 Aktien UTGC ..." (im angeblichen Wert von Fr. 269'220.--) erhalten. Dies bedeute rechtlich zunächst, dass E.________ sich als für die A.________ AG handelnde Person zu erkennen gegeben habe, und dass also die Aktien rechtlich nicht an ihn, sondern an die A.________ AG übergeben worden seien. Auch die A.________ AG habe aber durch E.________ ausdrücklich erklärt, dass sie das nicht für sich getan habe, sondern als direkte Stellvertreterin der D.________ Ltd. 
2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe in seiner kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde gerügt, dass das Obergericht die Verhandlungsmaxime verletzt habe, indem es schloss, die D.________ Ltd. sei Darlehensschuldnerin; es habe dem Vertrag diesen Sinn beigemessen, obschon tatsächlich übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien vorgelegen hätten, wonach C.________ Ltd. der A.________ AG am 10. Februar 1997 ein Darlehen gewährt habe. Diese Verletzung der Verhandlungsmaxime führe, so seine weiteren Vorbringen vor Kassationsgericht, zur Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids im Hinblick auf die gleichzeitig erhobene Berufung an das Bundesgericht, allenfalls zur Streichung der Erwägung, A.________ AG habe bloss als direkte Stellvertreterin von D.________ Ltd. gehandelt. Das Kassationsgericht sei im angefochtenen Entscheid indessen nur darauf eingegangen, ob die Verhandlungsmaxime bezüglich der Frage, wem der Rückforderungsanspruch zustehe (Aktivlegitimation) verletzt sei. Demgegenüber fänden sich keine Erwägungen zur vom Beschwerdeführer (zur Passivlegitimation) ebenso erhobenen und - mit Nachweis seiner im vorherigen Verfahren gemachten Vorbringen - begründeten Rüge, aufgrund der Verhandlungsmaxime sei das Obergericht an den von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt gebunden, wonach die C.________ Ltd. das Darlehen der A.________ AG gewährt habe. Dadurch erleide der Beschwerdeführer eine formelle Rechtsverweigerung, worin eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 2 BV, und Art. 18 Abs. 2 KV/ZH sowie eine willkürliche Anwendung von § 157 Ziff. 9 des Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (GVG/ZH) liege. Dass die Rüge, das Obergericht sei sachverhaltlich, und damit die Verhandlungsmaxime verletzend, von anerkannten Tatsachenvorbringen abgewichen, nach denen das Darlehen der A.________ AG gewährt worden sei, tatsächlich gehört, sorgfältig und ernsthaft geprüft sowie in der Entscheidfindung berücksichtigt wurde, sei wegen der fehlenden Begründung nirgends ersichtlich. 
2.2 Die Rüge ist unbegründet. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 I 49 E. 3a, 241 E. 2, je mit Hinweisen). Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 130 II 530 E. 4.3 S. 540; 129 I 232 E. 3.2; 126 I 97 E. 2b, je mit Hinweisen). Dass die vom Beschwerdeführer angerufenen Bestimmungen von Art. 6 EMRK, Art. 18 Abs. 2 KV/ZH oder § 157 Ziff. 9 GVG/ZH, soweit hier von Interesse, weitergehende Ansprüche vermitteln würden, macht er nicht geltend. 
 
Es trifft nicht zu, dass sich das Kassationsgericht mit der erhobenen Rüge überhaupt nicht auseinandergesetzt hat, wonach das Obergericht die Verhandlungsmaxime verletzt habe, indem es von übereinstimmenden tatsächlichen Parteibehauptungen bezüglich der Frage abgewichen sei, wem das Darlehen gewährt wurde. So hat das Kassationsgericht festgehalten, es werde in der Beschwerdeschrift nicht dargetan, aufgrund welcher Aktenstellen davon auszugehen sein soll, dass die Parteien übereinstimmend geltend gemacht hätten, die A.________ AG habe - entgegen der vorinstanzlichen Auffassung - nicht als direkte Stellvertreterin gehandelt. Insofern (d.h. soweit sich die Rüge nicht auf ein Abweichen von den Parteibehauptungen im Zusammenhang mit der Aktivlegitimation beziehe) sei auf die Rüge nicht einzutreten. 
 
Entgegen dem Beschwerdeführer beschlägt diese Erwägung nicht ein anderes Thema als dasjenige einer Verletzung der Verhandlungsmaxime wegen Abweichens von übereinstimmenden Parteibehauptungen betreffend der Frage, wem das Darlehen gewährt worden sei. Wohl trifft es zu, dass es sich bei der Frage, ob die A.________ AG als direkte Stellvertreterin gehandelt hat, um eine Rechtsfrage handelt, die unabhängig von dazu vorgebrachten Parteibehauptungen von Amtes wegen zu prüfen ist. Insofern ist die Ausdrucksweise des Kassationsgerichts, es sei nicht dargetan, aufgrund welcher Aktenstellen davon auszugehen wäre, dass die Parteien übereinstimmend geltend gemacht hätten, die A.________ AG habe nicht als direkte Stellvertreterin gehandelt, etwas verkürzt. Aus seinem Entscheid geht jedoch klar hervor, dass es der Ansicht war, es sei vom Beschwerdeführer nicht dargelegt worden, aus welchen Aktenstellen hervorgehen soll, dass von den Parteien im Prozess übereinstimmende tatsächliche Ausführungen gemacht worden seien, aus denen rechtlich auf etwas anderes geschlossen werden müsste, als dass die A.________ AG als direkte Stellvertreterin der D.________ Ltd. gehandelt hätte. Dies ergibt sich namentlich auch aus dem Zusammenhang der Erwägungen des Kassationsgerichts, in denen es um das Thema geht, ob eine Verletzung der Verhandlungsmaxime dargetan sei. Das Kassationsgericht hat demnach die Rüge wegen Verletzung der Verhandlungsmaxime im Zusammenhang mit der Passivlegitimation berücksichtigt, konnte jedoch nicht darauf eintreten. In seinen Erwägungen begründete es dies in nachvollziehbarer Weise. Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann nicht die Rede sein. 
 
Dass das Kassationsgericht in Willkür verfallen sei, indem es auf die erhobene Rüge mit der angeführten Begründung nicht eintrat, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist im vorliegenden Verfahren mithin nicht zu prüfen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 130 I 26 E. 2.1 S. 31, 258 E. 1.3). 
3. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 7'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. Februar 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: