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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.109/2003 /bnm 
 
Urteil vom 28. August 2003 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Parteien 
Z.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Aufhebung von Steigerungszuschlägen, 
 
SchKG-Beschwerde gegen das Urteil der Aufsichts-behörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn vom 22. April 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Bank Y.________ räumte der Genossenschaft X.________ Darlehen in der Höhe von rund vier Millionen Franken ein und erhielt als Sicherheiten fünfundzwanzig Schuldbriefe übereignet. Da die Schuldnerin ihren Verpflichtungen offenbar nicht nachkam, leitete die Bank Y.________ Betreibung auf Pfandverwertung ein. Pfandgegenstände bildeten fünfundzwanzig - mit je einem Schuldbrief belastete - Stockwerkeinheiten im Wohn- und Geschäftshaus in A.________. Die Steigerungsbedingungen wurden vom 29. Oktober bis und mit 7. November 2002 aufgelegt und sahen in Ziffer 1 vor, was folgt: 
Die Grundstücke werden nach dreimaligem Aufruf des höchsten Angebotes zugeschlagen, sofern das jeweilige Höchstangebot bei den Einzelrufen Fr. 5'000.00 übersteigt. 
 
Beim Gesamtruf muss das Höchstangebot den Betrag von Fr. 125'000.00 übersteigen. 
 
Die Grundstücke werden vorerst einzeln, Nr. ..., Nr. ..., usw., ausgerufen. Hernach erfolgt ein Gesamtruf für sämtliche 25 Grundstücke zusammen. 
 
Die Meistbietenden bei den Einzelrufen bleiben an ihre Angebote gebunden, bis der Gesamtruf erfolgt ist. 
 
Der Zuschlag wird je nachdem, ob der Einzelruf oder der Gesamtruf den höheren Gesamtpreis ergibt, den Meistbietenden beim Einzelruf oder dem bzw. den Meistbietenden beim Gesamtruf erteilt. 
 
Der bei der gesamthaften Verwertung jedem einzelnen Grundstück zukommende Anteil am Erlös muss wenigstens so hoch sein, wie das höchste Angebot, welches für das betreffende Grundstück bei der Einzelversteigerung gemacht worden ist. 
 
Sämtliche Meistbietenden bleiben bei ihrem Angebote so lange behaftet, bis der definitive Zuschlag erteilt worden ist. 
Am 28. November 2002 fand die Steigerung statt. Es wurden vierundzwanzig Stockwerkeinheiten ausgerufen, zumal eine Stockwerkeinheit zuvor freihändig verkauft werden konnte. Im Einzelruf bot die Z.________ AG für die Stockwerkeinheit Nr. ... Fr. 130'000.-- und für die übrigen Stockwerkeinheiten je Fr. 6'000.--, total Fr. 268'000.--. Im Gesamtruf bot die Bank Y.________ Fr. 1'690'000.--. Die Z.________ AG erhielt gemäss Protokoll den Zuschlag, weil das Höchstangebot im Gesamtruf das Mindestangebot von Fr. 6'902'812.63 nicht erreicht habe. 
B. 
Gegen den Zuschlag erhob die Bank Y.________ Beschwerde. Die kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs hiess die Beschwerde teilweise gut und erteilte den Zuschlag im Gesamtruf an die Bank Y.________ (Urteil vom 22. April 2003). 
C. 
Die Z.________ AG beantragt der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts, das Urteil vom 22. April 2003 aufzuheben und den an der öffentlichen Versteigerung an sie erfolgten Zuschlag zu bestätigen. Die kantonale Aufsichtsbehörde schliesst auf Abweisung, soweit auf die Beschwerde eingetreten werden könne. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
In der Betreibung auf Pfandverwertung (Art. 151 ff. SchKG) gelten für die Verwertung - mit hier nicht interessierenden Abweichungen - die Art. 122-143b SchKG (Art. 156 Abs. 1 Satz 1 SchKG). Nach Art. 132a SchKG kann die Verwertung durch Beschwerde gegen den Zuschlag angefochten werden. In formeller Hinsicht ergibt sich Folgendes: 
1.1 Die Verordnung des Bundesgerichts über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG, SR 281.42) schreibt in Art. 45 zum Inhalt der Steigerungsbedingungen insbesondere vor, dass im Falle einer Versteigerung mehrerer Grundstücke angegeben werden muss, ob sie gesamthaft oder in Einzelgruppen und in welchen oder parzellenweise und evtl. in welcher Reihenfolge sie versteigert werden (Abs. 1 lit. b). Die Vorschrift nimmt Bezug auf Art. 108 VZG, der den Inhalt der Steigerungsbedingungen weiter ergänzt: 
1 Getrennt verpfändete Grundstücke dürfen nur dann gesamthaft oder gruppenweise versteigert werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, die sich ohne starke Wertverminderung nicht auflösen lässt. 
 
1bis Dem Gesamt- oder Gruppenruf muss stets ein Einzelruf vorausgehen. Die Meistbietenden beim Einzelruf bleiben an ihre Angebote gebunden, bis der Gesamt- oder Gruppenruf erfolgt ist. Der Zuschlag wird je nachdem, ob der Einzelruf oder der Gesamt- oder Gruppenruf den höhern Gesamtpreis ergibt, den Meistbietenden beim Einzelruf oder dem bzw. den Meistbietenden beim Gesamt- oder Gruppenruf erteilt. 
 
2 Dieses Verfahren ist, wenn immer möglich, in den Steigerungsbedingungen vorzusehen, jedenfalls aber bei Beginn der Steigerung den Teilnehmern bekanntzugeben. 
 
3 In den Steigerungsbedingungen ist ferner darauf hinzuweisen, dass der bei der gesamthaften Verwertung jedem einzelnen Grundstück zukommende Anteil am Erlös wenigstens so hoch sein muss wie das höchste Angebot, welches für das betreffende Grundstück bei der Einzelversteigerung gemacht worden ist. 
Die hiervor im Sachverhalt zitierte Ziffer 1 der Steigerungsbedingungen gibt Art. 108 VZG inhaltlich wieder. Das zuständige Betreibungsamt hat einen Einzelruf und hernach einen Gesamtruf angekündigt. Einen Gruppenruf hat es in Beantwortung eines Gesuchs der Betreibungsgläubigerin ausdrücklich abgelehnt. Die Steigerungsbedingungen blieben unangefochten. 
1.2 Die Beschwerdeführerin bezeichnet es als fraglich, ob gestützt auf Art. 108 Abs. 1 VZG ein Gesamtruf zulässig gewesen wäre, und die Betreibungsgläubigerin hat im kantonalen Verfahren den selben Standpunkt eingenommen. Auf diese Rüge kann nicht eingetreten werden, weil sie verspätet ist. Weder die Beschwerdeführerin noch die Betreibungsgläubigerin haben während der öffentlichen Auflage der Steigerungsbedingungen dagegen Beschwerde erhoben. Ebenso liessen sie sich an der Steigerung, als die Bedingungen vorgelesen wurden, nicht verlauten, sondern unterwarfen sich ihnen stillschweigend und machten ihre Angebote. Soweit sie sich somit gegen die Steigerungsbedingungen als solche wenden, können sie nicht mehr gehört werden und hat sie die kantonale Aufsichtsbehörde zu Recht nicht mehr gehört. Mit der Beschwerde gegen den Zuschlag kann nicht mehr geltend gemacht werden, es hätte nur ein Einzelruf und kein Gesamtruf stattfinden sollen (BGE 60 III 35 S. 37/38; 61 III 133 S. 135); ausschliesslich die Anfechtung der Steigerungsbedingungen ermöglicht es, die Anordnung einer gesamthaften Versteigerung zu prüfen (BGE 63 III 8 S. 10; zuletzt: BGE 115 III 55 Nr. 12; 126 III 33 Nr. 9). Soweit hingegen strittig ist, wie das Betreibungsamt diese Bedingungen und dabei den wörtlich wiedergegebenen Art. 108 Abs. 3 VZG an der Versteigerung anwenden musste, kann auf die Beschwerde - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - eingetreten werden (BGE 109 III 107 E. 2 S. 109; 128 III 339 E. 5b S. 342). 
1.3 Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig. Indes kann die SchKK keine Änderung des Zuschlags anordnen (BGE 119 III 74 E. 1a S. 75). 
2. 
In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass zuerst ein Einzelruf für jede Stockwerkeinheit durchgeführt worden ist und hernach ein Gesamtruf für alle Stockwerkeinheiten zusammen. Der Gesamtruf hat den höheren Preis ergeben (Fr. 1'690'000.--) als die zusammengerechneten Angebote bei den Einzelrufen (Fr. 268'000.--). Nach der gesetzlichen Regel ist deshalb der Steigerungszuschlag dem Meistbietenden zu erteilen (Art. 134 SchKG und Art. 108 Abs. 1bis VZG bzw. Ziffer 1 Abs. 3 und 5 der Steigerungsbedingungen). 
 
Inwieweit diese Regelung durch die Bedingung eingeschränkt wird, dass der bei der gesamthaften Verwertung jedem einzelnen Grundstück zukommende Anteil am Erlös wenigstens so hoch sein muss, wie das höchste Angebot, welches für das betreffende Grundstück bei der Einzelversteigerung gemacht worden ist (Ziffer 1 Abs. 6 der Steigerungsbedingungen bzw. Art. 108 Abs. 3 VZG), kann vorliegend offen bleiben. Art. 108 Abs. 3 VZG, der ausschliesslich eine Verteilungsregel enthält, steht zwar in einem gewissen Spannungsverhältnis (mit der Verteilungsregel) zu Art. 118 VZG, wonach der bei gesamthafter Versteigerung getrennt verpfändeter Grundstücke im Gesamtruf erzielte Erlös auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Schätzung der Einzelgrundstücke, die im Lastenbereinigungsverfahren vorgenommen wurde, zu verlegen ist. Ausschlaggebend ist jedoch im vorliegenden Fall, dass die Bank Y.________ die einzige Pfandgläubigerin ist und - wie die kantonale Aufsichtsbehörde festgestellt hat (S. 3) - intern eine andere Verteilung vornehmen kann. Die vierundzwanzig Schuldbriefe dürfen unter den gegebenen Umständen im Ergebnis wie ein Gesamtpfand behandelt werden (z.B. BGE 126 III 33 Nr. 33, betreffend Stockwerkanteile), so dass die in den Steigerungsbedingungen bzw. in der VZG vorgesehenen Verteilungsregeln nicht zum Tragen kommen. Im Übrigen ist die Beschwerdeführerin am Erlös auch gar nicht beteiligt. Aus diesen Gründen bleibt die Beschwerde in der Sache ohne Erfolg. 
3. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG, SR 281.35). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin sowie dem Betreibungsamt A.________ und der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 28. August 2003 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: