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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.14/2006 /blb 
 
Urteil vom 7. April 2006 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Gysel. 
 
Parteien 
X.________ Aktiengesellschaft, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Rolf W. Rempfler, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Thurgau als (oberer) kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, Promenadenstrasse 12, 8500 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Versteigerung von Grundstücken, 
 
Beschwerde vom 9. Januar 2006 gegen den Entscheid vom 14. November 2005 und Begehren vom 17. Januar 2006 auf Feststellung der Nichtigkeit eines Steigerungszuschlags. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Das Betreibungsamt B.________ setzte auf den 23. September 2005 die Versteigerung der in S.________ gelegenen Grundstücke Nrn. xxxx und yyyy der X.________ Aktiengesellschaft (nachfolgend: X.________ AG) an. Mit Eingabe vom 20. September 2005 an das Betreibungsamt verlangte diese die Absetzung des Steigerungstermins, im Wesentlichen mit der Begründung, Lastenverzeichnis und Steigerungsbedingungen seien abzuändern und neu aufzulegen. In einer weiteren, vom 23. September 2005 datierten und ebenfalls beim Betreibungsamt eingereichten Eingabe erklärte die X.________ AG, sie fechte die auf diesen Tag angesetzte Steigerung und den allfälligen Zuschlag an. Gleichzeitig wiederholte sie den Antrag, es seien Lastenverzeichnis und Steigerungsbedingungen zu bereinigen und neu aufzulegen und nötigenfalls ein neuer Steigerungstermin anzusetzen. 
Die beiden Grundstücke wurden am 23. September 2005 versteigert. 
1.2 Das Betreibungsamt B.________ leitete die Eingaben der X.________ AG vom 20. und 23. September 2005 an den Präsidenten des Bezirksgerichts C.________ als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen weiter. Am 3. Oktober 2005 verfügte dieser, dass die Beschwerde abgewiesen werde, soweit darauf überhaupt eingetreten werden könne. 
Die X.________ AG erhob hiergegen mit Eingabe vom 14. Oktober 2005 Beschwerde an das Obergericht des Kantons Thurgau als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde. In einer weiteren, vom 16. November 2005 datierten Eingabe an die gleiche Instanz warf sie dem Gerichtspräsidenten von C.________ formelle Rechtsveigerung vor, weil dieser sich mit ihrer Eingabe vom 23. September 2005 nicht materiell befasst habe. 
Mit Beschluss vom 14. November 2005 (recte: 14. Dezember 2005?) wies das Obergericht die Beschwerde ab. Die X.________ AG nahm diesen Entscheid am 29. Dezember 2005 in Empfang. 
1.3 Mit einer vom 9. Januar 2006 (Montag) datierten und noch am gleichen Tag zur Post gebrachten Eingabe führt die X.________ AG (rechtzeitig) Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie beantragt, das Bezirksgerichtspräsidium C.________ anzuweisen, ihre im Sinne von Art. 32 (Abs. 2) SchKG überwiesene Beschwerde vom 23. September 2005 materiell zu behandeln. Ausserdem sei der vorliegenden Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
Am 18. Januar 2006 ist bei der erkennenden Kammer eine vom 17. Januar 2006 datierte und am gleichen Tag zur Post gebrachte weitere Eingabe der X.________ AG eingegangen, worin verlangt wird, es sei festzustellen, dass die am 23. September 2005 durchgeführte Steigerung der Liegenschaft Nr. yyyy in S.________ mit Zuschlag an die Y.________ AG nichtig sei. 
In seinem Aktenüberweisungsschreiben vom 24. Januar 2006 schliesst das Obergericht auf Abweisung der Beschwerde vom 9. Januar 2006. Eines Antrags zur Eingabe der Beschwerdeführerin vom 17. Januar 2006 hat sich die Vorinstanz enthalten. 
Andere Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden. 
In einer Präsidialverfügung vom 27. Januar 2006 wurde unter Hinweis auf Art. 66 VZG festgestellt, dass das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos sei. 
2. 
2.1 Der Präsident des Bezirksgerichts C.________ hatte in seiner Verfügung vom 3. Oktober 2005 festgehalten, die Frist für eine Beschwerde gegen Lastenverzeichnis, Steigerungsbedingungen und Ansetzung des Steigerungstermins sei am 20. September 2005, als die Beschwerdeführerin die erste (Beschwerde-)Eingabe eingereicht habe, längst verstrichen gewesen und auf die Beschwerde könne aus diesem Grund nicht eingetreten werden. Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin geltend machen wollte, es sei ihr aus Gründen, die sie nicht zu vertreten habe, nicht möglich gewesen, rechtzeitig Beschwerde zu erheben, hatte der Gerichtspräsident darauf hingewiesen, dass um Wiederherstellung der Beschwerdefrist hätte nachgesucht werden müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Abgesehen davon, hätten die in der Eingabe vom 20. September 2005 vorgebrachten Gründe ohnehin nicht zu einer Gutheissung eines Wiederherstellungsgesuchs führen können. Abschliessend hatte der Gerichtspräsident erklärt, dass auf die Beschwerde (vom 20. September 2005), wäre sie fristgerecht eingereicht worden, wegen fehlender Substantiierung nicht einzutreten gewesen wäre. 
2.2 Das Obergericht hat die Auffassung der unteren Aufsichtsbehörde bestätigt. Ausserdem bemerkt es, dass mit der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 23. September 2005 lediglich die bereits in der Eingabe vom 20. September 2005 erhobene Kritik erneuert worden sei. Insbesondere sei es nicht etwa so, dass der Steigerungszuschlag angefochten worden wäre. Aus dem Wortlaut der Eingabe ergebe sich klar, dass die Steigerung zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht durchgeführt gewesen sei. Der Beschwerdeführerin sei es wie bereits mit der Eingabe vom 20. September 2005 einzig darum gegangen, die Absetzung der Steigerung zu erreichen, und zwar aus dem bekannten Grund, nämlich wegen des angeblich mangelhaften Lastenverzeichnisses. Die Beschwerdeführerin versuche nun im Nachhinein, den Zuschlag anzufechten, indem sie ihre Eingabe vom 23. September 2005 als Beschwerde gegen diesen verstanden wissen wolle. Indessen bedürfe es keiner langen Erläuterungen dafür, dass eine Handlung, die noch nicht vorgenommen worden sei, nicht im Voraus angefochten werden könne. 
2.3 Den Entscheid des Obergerichts ficht die Beschwerdeführerin nur insoweit an, als er die (materielle) Nichtbehandlung ihrer Eingabe vom 23. September 2005 durch die untere Aufsichtsbehörde schützt. 
2.3.1 Soweit sich ihre Vorbringen direkt gegen die Verfügung des Gerichtspräsidenten von C.________ vom 3. Oktober 2005 wenden und diesem namentlich formelle Rechtsverweigerung vorgeworfen wird, ist auf die Beschwerde von vornherein nicht einzutreten: Bei der erkennenden Kammer können nur Entscheide der (oberen) kantonalen Aufsichtsbehörde angefochten werden (Art. 19 Abs. 1 SchKG). 
2.3.2 Was die Beschwerdeführerin im Übrigen ausführt, vermag die Auffassung des Obergerichts nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen: 
2.3.2.1 Soweit erklärt wird, die Vorinstanz gehe mehrfach von einem falschen Sachverhalt aus, sind die Beschwerdevorbringen von vornherein unbeachtlich: Für die erkennende Kammer sind die tatsächlichen Feststellungen der (oberen) kantonalen Aufsichtsbehörden verbindlich, es sei denn, sie seien unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder beruhten auf einem offensichtlichen Versehen (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81 OG). Derartige Mängel sind hier nicht dargetan. Sollte die Beschwerdeführerin geltend machen wollen, die Annahme des Obergerichts, V.________ habe seit Ende April 2005 als Verwaltungsrat geamtet, beruhe insofern auf einem offensichtlichen Versehen, als sich aus dem Öffentlichkeitsregister ... ergebe, dass er das Amt erst am 24. Mai 2005 übernommen habe, wäre zu bemerken, dass V.________ in der von ihm für die Beschwerdeführerin verfassten Eingabe vom 20. September 2005 an das Betreibungsamt selbst erklärt hatte, er sei seit Ende April 2005 neuer Verwaltungsrat. Beim Auszug aus dem genannten Register, auf den sich die Beschwerdeführerin beruft, handelt es sich im Übrigen um ein unzulässiges neues Beweismittel (Art. 79 Abs. 1 zweiter Satz OG). Abgesehen davon, legt die Beschwerdeführerin nicht dar, inwiefern die geltend gemachte Ungereimtheit bezüglich des Datums des Eintritts von V.________ in den Verwaltungsrat von Bedeutung sein soll. 
In tatsächlicher Hinsicht erklärt die Beschwerdeführerin ausserdem, dass ein Exemplar der Eingabe vom 23. September 2005 noch am gleichen Tag, anlässlich der Versteigerung, dem Betreibungsbeamten persönlich ausgehändigt worden sei. Dieses Vorbringen findet in den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz indessen keine Stütze. Es hat als im Sinne von Art. 79 Abs. 1 zweiter Satz OG neu zu gelten und ist daher unbeachtlich. 
2.3.2.2 Mit den Ausführungen des Obergerichts zur Begründung seiner Feststellung, die beim Betreibungsamt eingereichte Eingabe vom 23. September 2005 könne nicht als Beschwerde gegen die Steigerungszuschläge aufgefasst werden, da diese im Zeitpunkt der Erstellung der Eingabe noch gar nicht erteilt gewesen seien, setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander. Sie legt mithin nicht dar, inwiefern die Auffassung der Vorinstanz gegen Bundesrecht verstossen soll (Art. 79 Abs. 1 OG). Vielmehr begnügt sie sich mit dem Hinweis auf den Titel ihrer Eingabe ("Anfechtung Versteigerung und allfälligem Zuschlag") und das darin gestellte Rechtsbegehren (die Steigerung und die allfälligen Zuschläge seien für ungültig zu erklären) und mit dem Bemerken, ein Zuschlag könne auch schon am Steigerungstag selbst angefochten werden. Dass letzteres schon vor Erteilung des Zuschlags möglich sei, macht sie indessen selbst nicht geltend. 
Es bleibt nach dem Gesagten bei der Feststellung, dass mit der Eingabe vom 23. September 2005 die Steigerungszuschläge nicht angefochten worden seien, sondern einzig das bereits am 20. September 2005 (verspätet) Vorgebrachte habe bekräftigt werden wollen. Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die untere Aufsichtsbehörde gehalten gewesen wäre, ihr Gelegenheit zur Ergänzung der Eingabe vom 23. September 2005 einzuräumen, und ihre Darlegungen darüber, was sie zur Begründung der Beschwerde hätte geltend machen können, stossen damit ins Leere. Angemerkt sei immerhin, dass eine ungenügende Begründung der Beschwerde nicht unter die verbesserlichen Mängel fällt, zu deren Behebung die Aufsichtsbehörde gemäss Art. 32 Abs. 4 SchKG eine Nachfrist anzusetzen hätte (BGE 126 III 30 E. 1b S. 31). 
3. 
In ihrer (direkt bei der erkennenden Kammer eingereichten) Eingabe vom 17. Januar 2006 beantragt die Beschwerdeführerin, es sei festzustellen, dass der an der Versteigerung vom 23. September 2005 an die italienische Gesellschaft Y.________ AG erteilte Zuschlag nichtig sei. 
3.1 Die Nichtigkeit einer Betreibungshandlung ist - von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen aus Gründen des zu schützenden guten Glaubens abgesehen (dazu Franco Lorandi, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, Basel 2000, N. 176 f. zu Art. 22 SchKG) - jederzeit zu beachten und von Amtes wegen festzustellen (vgl. Art. 22 Abs. 1 SchKG; BGE 131 III 448 E. 2.1 S. 448 f. mit Hinweisen). Ungeachtet dessen, dass die Zehn-Tage-Frist zur Anfechtung des Steigerungszuschlags (Art. 132a Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 SchKG) offensichtlich längst abgelaufen war, als die Beschwerde vom 17. Januar 2006 der Post übergeben wurde, ist deshalb aus dieser Sicht auf diese einzutreten. 
3.2 Nichtig sind betreibungsamtliche Verfügungen dann, wenn sie gegen Vorschriften verstossen, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind (Art. 22 Abs. 1 SchKG). 
Personen im Ausland bedürfen für den Erwerb von Grundstücken einer Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde (Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland [BewG; SR 211.412.41]). Für den Fall der Zwangsversteigerung bestimmt Art. 19 Abs. 1 BewG, dass der Ersteigerer der Steigerungsbehörde nach dem Zuschlag schriftlich zu erklären hat, ob er eine Person im Ausland ist bzw. ob er auf Rechnung einer Person im Ausland handelt. Besteht Gewissheit über die Bewilligungspflicht und liegt noch keine rechtskräftige Bewilligung vor oder lässt sich die Bewilligungspflicht ohne nähere Prüfung nicht ausschliessen, räumt die Steigerungsbehörde nach Art. 19 Abs. 2 BewG dem Ersteigerer unter Mitteilung an den Grundbuchverwalter eine Frist von zehn Tagen ein, um die Bewilligung oder die Feststellung einzuholen, dass er keiner Bewilligung bedarf (lit. a), sowie den Kaufpreis (lit. b) und die Kosten einer erneuten Versteigerung (lit. c) sicherzustellen. Dass eine der angeführten Bestimmungen hier missachtet worden wäre, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Unter diesen Umständen braucht nicht erörtert zu werden, inwiefern eine solche Gesetzesverletzung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 SchKG überhaupt die Nichtigkeit des Zuschlags zur Folge haben könnte. 
Ebenso wenig legt die Beschwerdeführerin sodann dar, inwiefern hier ein Nichtigkeitstatbestand im Sinne der von ihr ebenfalls angerufenen Bestimmung von Art. 26 (Abs. 3) BewG erfüllt sein soll. Sie beschränkt sich auf die Erklärung, weder liege ein Umstand vor, der die Erwerberin von der Bewilligungspflicht befreien würde, noch sei ein Grund für die Erteilung einer Bewilligung gegeben. Was sie hierzu im Einzelnen ausführt, betrifft Fragen des materiellen Bewilligungsrechts, die von der zuständigen Bewilligungsbehörde, nicht aber von den Betreibungsorganen bzw. den betreibungsrechtlichen Aufsichtsbehörden und damit auch nicht von der erkennenden Kammer zu überprüfen sind. 
Eine Nichtigkeit des beanstandeten Steigerungszuschlags ist auf Grund des von der Beschwerdeführerin Vorgebrachten mithin nicht dargetan. 
4. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 erster Satz SchKG). Es rechtfertigt sich jedoch, darauf hinzuweisen, dass bei mutwilliger Beschwerdeführung eine Busse (bis 1'500 Franken) sowie Gebühren und Auslagen auferlegt werden können (Art. 20a Abs. 1 zweiter Satz SchKG). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die mit (Beschwerde-)Eingaben vom 9. und vom 17. Januar 2006 gestellten Rechtsbegehren werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Betreibungsamt B.________ und dem Obergericht des Kantons Thurgau als (oberer) kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. April 2006 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: