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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.84/2006 /blb 
 
Urteil vom 13. September 2006 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Gysel. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Carla Wassmer, 
 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Uri als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, 6460 Altdorf UR. 
 
Gegenstand 
Rechtzeitigkeit einer Beschwerde, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 11. Mai 2006. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
Im Konkurs der Y.________ AG wurde am 24. Februar 2006 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) und am 3. März 2006 im Amtsblatt des Kantons Uri die Auflage des Kollokationsplans veröffentlicht. 
Mit einer vom 16. März 2006 datierten und am gleichen Tag zur Post gebrachten Eingabe erhob X.________, ..., beim Obergericht des Kantons Uri als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde "gegen den im Amtsblatt veröffentlichten Kollokationsplan". Am 20. März 2006 ersuchte er ausserdem um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren. 
Die kantonale Aufsichtsbehörde erkannte am 11. Mai 2006, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten und das Armenrechtsgesuch abgewiesen werde, soweit auf letzteres einzutreten sei. 
X.________ nahm diesen Entscheid am 15. Mai 2006 in Empfang. Mit einer vom 23. Mai 2006 datierten und am gleichen Tag zur Post gebrachten Eingabe führt er (rechtzeitig) Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er beantragt, das Konkursamt anzuweisen, ihm Einsicht in eine Reihe von Akten im Konkurs der Y.________ AG zu gewähren; allenfalls sei der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde über die Einsichtsbegehren aufzuheben und die Sache zur Abklärung der tatsächlichen Verhältnisse und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht der Beschwerdeführer darum, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 
In ihrem Aktenüberweisungsschreiben hat die kantonale Aufsichtsbehörde erklärt, auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde zu verzichten. Andere Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden. 
Die staatsrechtliche Beschwerde, die der Beschwerdeführer gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde ebenfalls erhoben hatte, wies die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts am 16. August 2006 ab, soweit darauf einzutreten war. 
2. 
2.1 Als Anfechtungsobjekt der bei ihm eingereichten Beschwerde bezeichnet das Obergericht die im kantonalen Amtsblatt vom 3. März 2006 erschienene Publikation (der Auflegung) des Kollokationsplans. Es erklärt, die zehntägige Beschwerdefrist habe am 4. März 2006 zu laufen begonnen und am 13. März 2006 geendet. Die Beschwerde sei jedoch erst am 16. März 2006 bei der Post aufgegeben worden, so dass die Beschwerdefrist nicht eingehalten worden sei. 
2.2 Der Beschwerdeführer weist auf Art. 35 Abs. 1 SchKG hin, wonach in den Fällen öffentlicher Bekanntmachung für die Berechnung von Fristen und für die Feststellung der mit der Bekanntmachung verbundenen Rechtsfolgen die Veröffentlichung im SHAB massgebend ist. In der im kantonalen Amtsblatt erst am 3. März 2006, d.h. fast am Ende der Beschwerdefrist von zehn Tagen, erschienenen Publikation erblickt er einen Verstoss gegen den in Art. 5 BV verankerten Grundsatz von Treu und Glauben sowie eine Verletzung von Art. 9 BV. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern er durch den geltend gemachten Mangel beschwert sein soll, ist auf die Beschwerde in diesem Punkt auch deshalb nicht einzutreten, weil die Missachtung von Verfassungsrecht mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen ist (Art. 43 Abs. 1 zweiter Satz OG in Verbindung mit Art. 81 OG). 
2.3 Die Frist zur Einreichung einer Beschwerde wegen Verfahrensfehlern, die bei der Aufstellung des Kollokationsplans begangen worden sein sollen, läuft - gleich wie die Frist für die Klage auf Anfechtung des Kollokationsplans (Art. 250 SchKG) - von der öffentlichen Bekanntmachung der Auflegung des Kollokationsplans (im SHAB) an (Art. 35 Abs. 1 SchKG; BGE 93 III 84 E. 1 S. 87). Voraussetzung ist allerdings, dass am Tag der Publikation der Kollokationsplan tatsächlich auch zugänglich war (dazu BGE 119 V 89 E. 4a S. 93 mit Hinweis). Dass letzteres hier nicht der Fall gewesen wäre, ist nicht dargetan. 
2.3.1 Im SHAB wurde die Auflegung des in Frage stehenden Kollokationsplans am 24. Februar 2006 öffentlich bekanntgemacht, so dass die Frist zur Beschwerde gegen diesen am 25. Februar 2006 zu laufen begann und am 6. März 2006 endete. Die kantonale Aufsichtsbehörde, die auf die Publikation im kantonalen Amtsblatt (vom 3. März 2006) abstellte, gelangte aber auch so zum Schluss, die am 16. März 2006 zur Post gebrachte Beschwerde sei zu spät eingereicht worden. 
2.3.2 Der Beschwerdeführer hält dafür, dass bei der Beschwerde gegen einen Kollokationsplan für die Auslösung der Frist nicht die öffentliche Bekanntmachung massgebend sei; vielmehr müsse auf Grund von Art. 17 Abs. 2 SchKG auf die tatsächliche Kenntnisnahme vom Kollokationsplan abgestellt werden, sofern diese in die Auflagezeit von 20 Tagen gefallen sei; er habe vom Kollokationsplan am 10. März 2006 Kenntnis genommen, so dass die Vorinstanz auf die am 16. März 2006 aufgegebene Beschwerde hätte eintreten müssen. 
Das Vorbringen zum Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme vom Kollokationsplan ist neu und daher unbeachtlich (vgl. Art. 79 Abs. 1 zweiter Satz OG). Der Auffassung des Beschwerdeführers ist in rechtlicher Hinsicht jedoch ohnehin nicht beizupflichten: Sie verstösst gegen den klaren Wortlaut der auf Grund von Art. 249 Abs. 2 SchKG anzuwendenden Bestimmung von Art. 35 Abs. 1 SchKG. Diese regelt den Sonderfall der Auslösung der Beschwerdefrist bei öffentlicher Bekanntmachung und geht der allgemeinen Bestimmung von Art. 17 Abs. 2 SchKG, wonach die Beschwerde innert zehn Tagen seit dem Tag der Kenntnisnahme von der Verfügung durch den Beschwerdeführer einzureichen ist, deshalb vor. Dass die Frist zur Einreichung der - auf materiellrechtliche Beanstandungen einer Kollokation gerichteten - Kollokationsklage (Art. 250 Abs. 1 SchKG) durch die seit 1. Januar 1997 in Kraft stehende Gesetzesrevision von zehn auf zwanzig Tage verlängert worden ist, hilft dem Beschwerdeführer nicht, da die gesetzlichen Grundlagen für die Anfechtung des Kollokationsplans auf dem Beschwerdeweg unverändert geblieben sind (vgl. BBl 1991 III 66 f. und 150). 
2.4 Der Beschwerdeführer macht des Weiteren geltend, der Leiter des Konkursamtes habe ihm erklärt, dass die Klage gegen den Kollokationsplan innert 20 Tagen geführt werden müsse. Gestützt auf Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV sei er in seinem Vertrauen in die Richtigkeit dieser behördlichen Information zu schützen, so dass die kantonale Aufsichtsbehörde auf die gegen den Kollokationsplan gerichtete Beschwerde vom 16. März 2006 auch aus diesem Grund hätte eintreten müssen. 
Wie bereits in E. 2.2 dargelegt, sind Rügen der Missachtung verfassungsrechtlicher Bestimmungen im vorliegenden Verfahren unzulässig. Es braucht unter diesen Umständen auch nicht näher erörtert zu werden, ob die geltend gemachte Auskunft des Leiters des Konkursamtes sich tatsächlich auf die betreibungsrechtliche Beschwerde (und nicht auf die Kollokationsklage) bezogen hatte. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der genannten Verfassungsbestimmungen auch dem Leiter des Konkursamtes vorwirft, da dieser einen Termin für die Einsichtnahme (erst) auf den 10. März 2006, d.h. einen Zeitpunkt nach Ablauf von zehn Tagen ab öffentlicher Bekanntmachung, angeboten habe, ist auf die Beschwerde schon deshalb nicht einzutreten, weil die Amtsführung eines Konkursbeamten nicht direkt bei der erkennenden Kammer beanstandet werden kann (vgl. Art. 19 Abs. 1 SchKG). 
2.5 Nach dem Gesagten ist das Nichteintreten der Vorinstanz auf die gegen den Kollokationsplan gerichtete Beschwerde im Ergebnis nicht zu beanstanden. 
3. 
Die bei der kantonalen Aufsichtsbehörde eingereichte Eingabe vom 16. März 2006 will der Beschwerdeführer auch als Beschwerde wegen Rechtsverweigerung verstanden wissen. Da eine solche nach Art. 17 Abs. 3 SchKG bei der (unteren) kantonalen Aufsichtsbehörde jederzeit, d.h. ohne Wahrung einer Frist, geführt werden könne, hätte auf seine Eingabe zumindest aus dieser Sicht eingetreten werden müssen. 
3.1 Im Sinne der in der vorliegenden Beschwerde - erstmals - gestellten Akteneinsichtsbegehren hatte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe an die Vorinstanz ausgeführt, er habe trotz mehrmaligem Besuch auf dem Konkursamt keine Einsicht gehabt "auf eine vollständige Aufführung der Aktiven und Passiven sowie detaillierten Einnahmen und Forderungen der Gläubiger ...", er habe die von ihm mehrmals beanstandeten Nebenkosten nicht verifizieren können und er habe keine Einsicht in die Bewertung der Y.________ AG erhalten und wisse nicht, ob, wie und durch wen eine solche vorgenommen worden sei. 
3.2 Zu den angeführten Vorbringen hat sich die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid nicht geäussert. Inwiefern sie damit gegen Bundesrecht verstossen haben soll, legt der Beschwerdeführer nicht dar (vgl. Art. 79 Abs. 1 OG). Er beschränkt sich darauf, gestützt auf neue tatsächliche Vorbringen, die im vorliegenden Verfahren von vornherein nicht zu hören sind (Art. 79 Abs. 1 zweiter Satz OG), geltend zu machen, das Konkursamt habe zu Unrecht das ihm gemäss Art. 8a SchKG zustehende Einsichtsrecht verweigert. Auf diese Ausführungen ist nicht einzutreten. Dass sich das Konkursamt eine Rechtsverweigerung habe zuschulden kommen lassen, wäre im kantonalen Verfahren darzutun gewesen. Sollte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, die kantonale Aufsichtsbehörde habe bei Unklarheiten Gelegenheit zur Anpassung der Beschwerdeschrift einzuräumen, auch in diesem Zusammenhang gelten lassen wollen, wäre zu bemerken, dass, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden durch das kantonale Recht geregelt wird (Art. 20a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 SchKG). Etwas anderes ist auch der vom Beschwerdeführer angerufenen Literaturstelle (Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Auflage, N. 37 zu Art. 17) nicht zu entnehmen. Eine Rückweisung wäre auch nicht etwa gestützt auf Art. 32 Abs. 4 SchKG in Betracht gefallen, kann es doch nicht angehen, die Begründung einer Beschwerde erst nachträglich vorzutragen. 
4. 
Soweit auf die Beschwerde einzutreten ist, ist sie nach dem Gesagten abzuweisen. Aus der Sicht der grundsätzlichen Kostenfreiheit des Beschwerdeverfahrens (Art. 20a Abs. 1 erster Satz SchKG) ist das Gesuch des Beschwerdeführers, ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, gegenstandslos. In Anbetracht des oben Dargelegten erschien die Beschwerde von vornherein als aussichtslos (vgl. Art. 152 Abs. 1 OG), so dass das Armenrechtsgesuch insoweit abzuweisen ist, als damit auch die Ernennung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands verlangt wird. 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Soweit das Gesuch des Beschwerdeführers, ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, nicht gegenstandslos ist, wird es abgewiesen. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Konkursamt Uri und dem Obergericht des Kantons Uri als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. September 2006 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: