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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_245/2008/leb 
 
Urteil vom 27. März 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwältin Elsbeth Aepli, 
 
gegen 
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Schlossmühlestrasse 7, 8510 Frauenfeld, 
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau 
vom 23. Januar 2008. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die türkische Staatsangehörige X.________, geboren 1982, heiratete am 21. Dezember 2001 einen in der Schweiz niedergelassenen Landsmann. Am 25. Juli 2002 reiste sie zu ihm in die Schweiz ein und erhielt (gestützt auf Art. 17 Abs. 2 ANAG) eine Aufenthaltsbewilligung. Der Ehemann wurde am 24. März 2004 in der Schweiz eingebürgert. In der Folge wurde die Aufenthaltsbewilligung von X.________ gestützt auf Art. 7 ANAG verlängert, wobei das Migrationsamt des Kantons Thurgau, unter Hinweis auf die im Februar 2005 erfolgte Auflösung des gemeinsamen ehelichen Haushalts, erwähnte, dass bei deren Ablauf im Jahr 2006 mit einer Nichtverlängerung zu rechnen sei, sofern nicht wieder eine Lebensgemeinschaft bestehe (Schreiben des Migrationsamtes vom 18. Mai 2005). Das Eheleben wurde nicht wieder aufgenommen, und am 1. Juni 2007 wurde die Ehe auf Begehren des Ehemannes erstinstanzlich geschieden. Das Obergericht des Kantons Thurgau bestätigte im Berufungsurteil vom 17. Januar 2008, dass die Scheidung per 5. November 2007 rechtskräftig geworden sei. 
 
Im Juli 2006 lehnte das Migrationsamt eine weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ab; der gegen diese Verfügung erhobene Rekurs an das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau blieb erfolglos (Rekursentscheid vom 30. August 2007), und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies am 23. Januar 2008 die gegen den Departementsentscheid erhobene Beschwerde ab. 
 
Mit als Verwaltungsgerichtsbeschwerde, eventuell Verfassungsbeschwerde bezeichneter Rechtsschrift vom 20. März 2008 beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und ihr die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. 
 
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. 
 
2. 
2.1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. Art und Zulässigkeit von Rechtsmitteln von Amtes wegen (vgl. Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 133 I 185 E. 1 S. 188, 300 E. 1.2 S. 302). 
 
2.1.1 Vorliegend wird auf der Kopfseite der Beschwerdeschrift die Bezeichnung Verwaltungsgerichtsbeschwerde verwendet; auch der Beschwerdeführerin ist aber klar (s. S. 4 oben der Beschwerdeschrift), dass unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes (das vorliegend unbestrittenermassen zur Anwendung kommt [vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG]) das ordentliche Rechtsmittel die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde, welche ebenfalls erwähnt wird, wäre bloss dann zulässig, wenn sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig erwiese (Art. 113 BGG). 
2.1.2 Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. 
2.1.2.1 Da im Kanton über ein vor dem 1. Januar 2008, d.h. vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG [SR 142.20 bzw. AS 2007 5437 ff.]) gestelltes Begehren um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung entschieden worden ist, finden vorliegend noch die materiellen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) Anwendung (Art. 126 Abs. 1 AuG). Ob die Beschwerdeführerin einen Bewilligungsanspruch im Sinne von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG hat, ergibt sich mithin aus dem ANAG. 
2.1.2.2 Gemäss Art. 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung; nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung. Nach Art. 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ANAG sodann hat der ausländische Ehegatte des Ausländers mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, solange die Ehegatten zusammen wohnen; nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren hat der Ehegatte des Niedergelassenen ebenfalls Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung. Nach Art. 17 Abs. 2 ANAG ist das eheliche Zusammenleben Voraussetzung für das (Fort-)Bestehen des Bewilligungsanspruchs. Im Falle von Art. 7 ANAG verschafft schon der formelle Bestand der Ehe einen (bedingten) Bewilligungsanspruch; hat die Ehe des Ausländers mit einem Schweizer Bürger mehr als fünf Jahre gedauert, so besteht grundsätzlich Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung; ob Gründe für die Verweigerung der Niederlassungsbewilligung bzw. für die Nichterneuerung der Aufenthaltsbewilligung bestehen, ist im Anwendungsbereich von Art. 7 ANAG nicht als Eintretensfrage zu prüfen, sondern bildet Gegenstand der materiellen Prüfung (BGE 128 II 145 E. 1.1.2 - 1.1.5 S. 148 f.). 
2.1.2.3 Die Beschwerdeführerin ist heute nicht mehr verheiratet. Sie lebt seit dem 25. Juli 2002 ununterbrochen in der Schweiz. Solange ihr Ehemann bloss die Niederlassungsbewilligung hatte, wohnte sie mit ihm zusammen. Die Wohngemeinschaft wurde erst aufgegeben, nachdem der Ehemann Schweizer Bürger geworden war. Wiewohl die Scheidung rechtskräftig wurde, als der Ehemann der Beschwerdeführerin erst rund dreieinhalb Jahre Schweizer Bürger war, liess sich ihre Anwesenheit während über fünf Jahren ununterbrochen auf einen gesetzlichen Bewilligungstatbestand stützen, sodass die vorliegende Beschwerde gestützt auf Art. 7 Abs.1 (Satz 2) ANAG, unter Berücksichtigung von Art. 17 Abs. 2 ANAG, als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist. 
2.2 
2.2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG besteht kein Bewilligungsanspruch im Sinne von Art. 7 Abs. 1 ANAG, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Ausländerrechts- oder Scheinehe). Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann sich die Berufung auf die gesetzliche Anspruchsnorm als rechtsmissbräuchlich erweisen. Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich auf eine Ehe beruft, die nur noch formell besteht, weil entweder ihm selber jeglicher Wille zum Führen der ehelichen Gemeinschaft fehlt oder für ihn erkennbar ist, dass keine ernsthafte Aussicht auf ein (weiteres) eheliches Zusammenleben bzw. auf die Führung einer Lebensgemeinschaft mit dem schweizerischen Ehegatten mehr besteht, wobei es auf die Ursachen der Trennung nicht ankommt. Das durch die Rechtsordnung vorgesehene Anwesenheitsrecht kann nicht völlig unabhängig vom Bestand einer ehelichen Beziehung beansprucht werden, wäre dies doch mit Ziel und Zweck von Art. 7 ANAG unvereinbar (vgl. BGE 130 II 113 E. 4.2 S. 117; 128 II 145 E. 2.2 S. 151; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff. mit Hinweisen). Da der mit einem Schweizer Bürger verheiratete Ausländer nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren einen Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung erwirbt, welcher, einmal erworben, nicht mehr untergeht (s. dazu vorne E. 2.1.2.2), kann der Bewilligungsanspruch nur dann wegen Rechtsmissbrauchs erlöschen, wenn die Voraussetzungen hierfür sich vor Ablauf der massgeblichen fünf Jahre verwirklicht haben. 
2.2.2 Nach den für das Bundesgericht verbindlichen und im Wesentlichen auch nicht bestrittenen Feststellungen (Art. 105 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 BGG) des Verwaltungsgerichts zog die Beschwerdeführerin Ende Juli 2002 zu ihrem Ehemann in die Schweiz und verliess, da die bereits längere Zeit andauernden ehelichen Schwierigkeiten unüberwindlich geworden waren, im Februar 2005 den ehelichen Haushalt, um nie wieder dorthin zurückzukehren. Da - auch unter dem Gesichtswinkel von Art. 7 Abs. 1 ANAG - die Zeit zwischen Eheschluss und Einreise der Beschwerdeführerin in die Schweiz nicht mitzuzählen ist, durften die kantonalen Behörden, entgegen der in der Beschwerdeschrift vertretenen Auffassung, von einem massgeblichen ehelichen Zusammenleben von bloss gut zweieinhalb Jahren ausgehen. Die Beschwerdeführerin bringt nichts Konkretes vor, was die Annahme erlaubte, es hätten nach dem Verlassen der ehelichen Wohnung noch Aussichten auf eine Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft bestanden. Die Ehe musste auch für sie bereits im Frühjahr 2005 als definitiv gescheitert erscheinen. Das Migrationsamt wies sie bereits im Mai 2005 auf die ausländerrechtlichen Konsequenzen dieser Situation hin. 
 
Bei dieser Sachlage konnte die Ehe mit einem Schweizer ab Frühjahr 2005 nicht mehr als Grundlage für die Regelung der Anwesenheit der Beschwerdeführerin in der Schweiz dienen. Das Verwaltungsgericht hat angesichts der von der Rechtsprechung zu Art. 7 ANAG entwickelten, vorstehend wiedergegebenen Kriterien Bundesrecht nicht verletzt, wenn es die Berufung auf diese anspruchsbegründende Norm im Hinblick auf eine weitere Verlängerung der zuletzt bis 2006 erteilten Aufenthaltsbewilligung ausschloss. Wie es sich unter der Herrschaft des Ausländergesetzes (s. die flexiblere Ausgestaltung von Art. 50 Abs. 1 und 2 AuG) verhielte, ist nicht zu prüfen, da das neue Recht auf den vorliegenden Fall, wie dargelegt (E. 2.1.2.1), nicht zur Anwendung kommt. 
2.2.3 Soweit die Beschwerdeführerin Art. 7 ANAG anruft, erweist sich ihre Beschwerde als offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG). Darüber, ob die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin zu verlängern war, hatten die kantonalen Behörden nach freiem Ermessen zu entscheiden (Art. 4 ANAG); ein Rechtsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO), auf welchen die Beschwerdeführerin, welche einen Härtefall geltend machen will, Bezug nimmt (vgl. BGE 130 II 281 E. 2.2 S. 284). Diesbezüglich ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten somit nicht gegeben. Das Rechtsmittel in dieser Hinsicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen, fällt ausser Betracht, weil nicht die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt wird (s. Art. 116 BGG) und die Beschwerdeführerin zur Beschwerdeführung in der Sache selbst nicht legitimiert wäre (Art. 115 lit. b BGG; dazu BGE 133 I 185). 
 
2.3 Soweit auf die Beschwerde einzutreten ist, ist sie im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen. Mit diesem Endurteil wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
2.4 Die Beschwerdeführerin ersucht für das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Das Gesuch ist schon darum abzuweisen, weil die Beschwerde von vornherein aussichtslos erschien (Art. 64 BGG). 
 
Damit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG), dem Verfahrensausgang entsprechend, der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Migrationsamt, dem Departement für Justiz und Sicherheit und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 27. März 2008 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Feller