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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
4A_648/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 27. Februar 2017  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Klett, Hohl, Niquille, May Canellas, 
Gerichtsschreiber Kölz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ GmbH, 
vertreten durch Rechtsanwalt Damian Keel, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ GmbH, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
vereinfachtes Verfahren, sachliche Zuständigkeit, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Handelsgerichts 
des Kantons Zürich vom 11. Oktober 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 20. September 2016 reichte die A.________ GmbH (Beschwerdeführerin) Klage betreffend eine Forderung aus dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen gegen die B.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein. Das Klagebegehren in der Sache lautet wie folgt: 
 
"Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin CHF 30'000,00 zuzüglich Verzugszins zu 5% p.a. seit 8.7.2016 zu bezahlen." 
 
Mit Beschluss vom 11. Oktober 2016 (Geschäfts-Nr. HG160195-O) verneinte das Handelsgericht seine sachliche Zuständigkeit und trat auf die Klage nicht ein. 
 
B.  
Die A.________ GmbH hat dagegen "Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde" beim Bundesgericht erhoben. Sie verlangt, es sei der angefochtene Beschluss aufzuheben, die Zuständigkeit des Handelsgerichts festzustellen und die Angelegenheit zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Handelsgericht verzichtete auf Vernehmlassung. Die B.________ GmbH liess sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der angefochtene Beschluss des Handelsgerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer einzigen kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG. Dagegen steht die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG grundsätzlich unabhängig vom Streitwert offen (vgl. BGE 139 III 67 E. 1.2; 138 III 799 E. 1.1, 2 E. 1.2.2). Unter diesen Umständen fällt die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ausser Betracht (siehe Art. 113 BGG).  
 
1.2. Der Rückweisungsantrag ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht einzig zulässig und genügt vor Art. 42 Abs. 1 BGG (vgl. BGE 134 III 379 E. 1.3 S. 383; 133 III 489 E. 3.1 mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Das Handelsgericht stellte zusammengefasst fest, der Streitwert belaufe sich - da die Zinsforderung dafür in Anwendung von Art. 91 Abs. 1 ZPO nicht relevant sei - auf genau Fr. 30'000.--. Damit gelte nach Art. 243 Abs. 1 ZPO das vereinfachte Verfahren. Da dieses jedoch gemäss Art. 243 Abs. 3 ZPO vor dem Handelsgericht keine Anwendung finde, sei die vorliegende Klage zufolge der in BGE 139 III 457 publizierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung im vereinfachten Verfahren von den ordentlichen Gerichten und nicht vom Handelsgericht zu behandeln, selbst wenn dessen Zuständigkeit nach Art. 6 Abs. 2 ZPO zu bejahen wäre.  
Die Beschwerdeführerin hält diese Auffassung für bundesrechtswidrig. Sie meint, die vom Bundesgericht festgestellte Ausnahme von der handelsgerichtlichen Zuständigkeit im Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens gelte ausschliesslich im Fall von Art. 243 Abs. 2 ZPO, während umgekehrt handelsrechtliche Streitigkeiten im Sinne von Art. 6 Abs. 2 ZPO, für die laut Art. 243 Abs. 1 ZPO  aufgrund ihres Streitwertseigentlich das vereinfachte Verfahren gelte, im ordentlichen Verfahren vom Handelsgericht zu beurteilen seien.  
 
2.2. Art. 6 Abs. 2 ZPO definiert den Zuständigkeitsbereich des Handelsgerichts. Eine Streitigkeit gilt als handelsrechtlich, wenn: a. die geschäftliche Tätigkeit mindestens einer Partei betroffen ist; b. gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offen steht; und c. die Parteien im schweizerischen Handelsregister oder in einem vergleichbaren ausländischen Register eingetragen sind. Die Streitwertgrenze nach Art. 74 Abs. 1 BGG bildet folglich in diesem Bereich eine Voraussetzung der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts (siehe Urteil 4A_150/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 4.1, zur Publ. vorgesehen; BGE 139 III 67 E. 1.2 S. 70).  
Art. 243 ZPO bestimmt den Geltungsbereich des vereinfachten Verfahrens. Gemäss Absatz 1 umfasst dieser vermögensrechtliche Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 30'000 Franken. Nach Absatz 2 gilt das vereinfachte Verfahren weiter ohne Rücksicht auf den Streitwert für die in den Buchstaben a - f genannten Streitigkeiten. 
Erfüllt eine Angelegenheit zugleich die Voraussetzungen der Zuständigkeit des Handelsgerichts und diejenigen für die Geltung des vereinfachten Verfahrens, ist Absatz 3 von Artikel 243 ZPO zu beachten. Gemäss diesem findet das vereinfachte Verfahren "keine Anwendung" in Streitigkeiten vor der einzigen kantonalen Instanz nach den Artikeln 5 und 8 und vor dem Handelsgericht nach Artikel 6. Das Bundesgericht hat sich in BGE 139 III 457 ausführlich mit dieser Bestimmung auseinandergesetzt. Für die damals strittige Abgrenzung in mietrechtlichen Angelegenheiten ging es in Erwägung 4.4.3 davon aus, dass "die Regelung der Verfahrensart jener über die sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte" vorgehe. Zur Begründung verwies es vor allem auf die Unterschiede zwischen ordentlichem und vereinfachtem Verfahren und führte aus, die Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit der Handelsgerichte und jener der ordentlichen Gerichte (bzw. in gewissen Kantonen der Mietgerichte) könne "nicht derart sein, dass dadurch in die von der Zivilprozessordnung vorgegebenen Verfahrensarten eingegriffen würde." 
Wenn aber das Handelsgericht - wie im erwähnten Urteil entschieden - nicht zuständig ist für Streitigkeiten, die gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO im vereinfachten Verfahren zu beurteilen sind (siehe BGE 142 III 515 E. 2.2.4 S. 517), muss das Gleiche aus derselben Überlegung auch hinsichtlich von allen anderen Angelegenheiten gelten, auf die nach Art. 243 Abs. 1 und 2 ZPO das vereinfachte Verfahren anwendbar ist. Die von der Beschwerdeführerin geforderte unterschiedliche Behandlung der Tatbestände gemäss den beiden Absätzen findet weder in der zitierten Erwägung des Bundesgerichts noch im Wortlaut von Absatz 3 eine Grundlage. Entgegen der Beschwerdeführerin statuiert dieser auch keine "Spezialvorschrift für die Verfahrensart" bezüglich von "handelsrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert von exakt CHF 30.000,00". Vielmehr fallen solche Angelegenheiten nach Art. 243 Abs. 1 ZPO in den Geltungsbereich des vereinfachten Verfahrens und damit aus dem Zuständigkeitsbereich des Handelsgerichts. Die Vorinstanz hat dies zutreffend erkannt und ihre sachliche Zuständigkeit zu Recht verneint. 
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Demzufolge wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein Aufwand entstanden, für den sie nach Art. 68 Abs. 2 BGG zu entschädigen wäre. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Februar 2017 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Kölz