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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.164/2003 /lma 
 
Urteil vom 14. November 2003 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichter Walter, Bundesrichterin Klett, 
Gerichtsschreiber Widmer. 
 
Parteien 
A.________, 
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Hess-Odoni, Bellerivematte 5, 6006 Luzern, 
 
gegen 
 
B.________, 
C.________, 
Beklagte und Berufungsbeklagte, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Peter Wicki, Denkmalstrasse 2, Postfach 6453, 6000 Luzern 6. 
 
Gegenstand 
Mietzins; Darlehen; Verrechnung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 1. Mai 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
B.________ und C.________ (Beklagte) betrieben A.________ (Kläger) mit Zahlungsbefehl Nr. 90005 des Betreibungsamtes (BA) Emmen vom 4. Januar 1999 auf Rückzahlung eines Darlehens von Fr. 76'000.-- nebst 5% Zins seit 1. Januar 1998. Den dagegen erhobenen Rechtsvorschlag zog der Kläger zurück. 
 
Die Darlehensgläubiger B.________ und C.________ hatten ihrerseits mit Mietvertrag vom 9./10. Oktober 1996 vom Darlehensschuldner A.________ eine Wohnung in Emmen gemietet, die sie per 30. September 2001 kündigten. Über die Höhe des Mietzinses bestand zwischen den Parteien ein Rechtsstreit. 
B. 
Am 21. April 1999 beantragte der Kläger beim Amtsgericht Hochdorf, es sei gestützt auf Art. 85a SchKG festzustellen, dass die gegen ihn in Betreibung gesetzte Forderung über Fr. 76'000.-- nebst Zins infolge Tilgung durch Verrechnung nicht mehr bestehe; er ersuchte um Aufhebung der Betreibung. Das Amtsgericht stellte mit Urteil vom 14. Dezember 2000 fest, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht mehr bestehe und hob die Betreibung Nr. 90005/BA Emmen im Sinne von Art. 85a Abs. 3 SchKG auf. Das Gericht hielt fest, dass die Darlehensforderung unbestritten sei. Eine vom Darlehensschuldner und Kläger zur Verrechnung gestellte Schadenersatzforderung wies es als unbegründet ab. Dagegen bejahte es die Tilgung aufgrund der von den Darlehensgläubigern selbst am 30. Juni 1999 abgegebenen Erklärung der Verrechnung mit sämtlichen gegenwärtig noch ausstehenden und künftigen Mietzinsforderungen. 
 
Auf Appellation der Beklagten hin stellte das Obergericht des Kantons Luzern am 1. Mai 2003 fest, dass die mit Zahlungsbefehl Nr. 90005/BA Emmen in Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 76'000.-- nebst 5% Zins seit 1. Januar 1998 nur im Umfang von Fr. 74'680.-- nebst 5% Zins auf Fr. 76'000.-- vom 1. Januar 1998 bis 30. Juni 1999 und auf Fr. 74'680.-- seit 1. Juli 1999 besteht. Die Betreibung Nr. 90005/BA Emmen hob es dementsprechend im Umfang von Fr. 1'320.-- nebst 5% Zins seit 1. Juli 1999 auf. Das Obergericht kam zum Schluss, die Erklärung der Beklagten sei für künftige Mietzinse nicht gültig und habe für die Mietzinse ab August 1999 keine Verrechnungswirkung ausgelöst; verrechenbar seien nur die Mietzinse bis und und mit Juli 1999. Da die Mietzinsforderungen bis Juni 1999 getilgt seien, wie sich aus dem Urteil im Prozess über die Mietzinsforderungen ergebe, bleibe nur noch der Mietzins für Juli 1999 in der Höhe von Fr. 1'320.-- zur Verrechnung übrig. 
C. 
Der Kläger beantragt mit eidgenössischer Berufung, das Urteil des Obergerichts vom 1. Mai 2003 sei aufzuheben und in Bestätigung des Urteils des Amtsgerichts Hochdorf vom 14. Dezember 2000 sei festzustellen, dass die mit Zahlungsbefehl Nr. 90005/BA Emmen in Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 76'000.-- nebst Zins nicht mehr bestehe. Der Kläger rügt, das Obergericht habe Art. 2 ZGB verletzt, wenn es trotz der unbestrittenermassen von den Beklagten selber erklärten und auch vorgenommenen Verrechnung annehme, eine Verrechnung sei nicht möglich gewesen. Ausserdem könne eine Verrechnungserklärung nach Bundesrecht durchaus im Voraus abgegeben werden. 
 
Mit Präsidialverfügung vom 11. September 2003 wurde ein Gesuch der Beklagten um Sicherstellung der Prozessentschädigung abgewiesen. 
 
Die Beklagten schliessen auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils, eventualiter auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
1.1 Das Bundesgericht hat seiner Entscheidung im Berufungsverfahren die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zugrunde zu legen, es sei denn sie beruhten auf einem offensichtlichen Versehen, seien unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder bedürften der Ergänzung, weil das kantonale Gericht in fehlerhafter Rechtsanwendung einen gesetzlichen Tatbestand nicht oder nicht hinreichend klärte, obgleich ihm entscheidwesentliche Behauptungen und Beweisanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form unterbreitet worden sind (Art. 63 und 64 OG; BGE 127 III 248 E. 2c; 125 III 193 E. 1e S. 205, 368 E. 3 S. 372; 123 III 110 E. 2; 115 II 484 E. 2a). Der Kläger bringt keine zulässigen Rügen gegen die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Urteil vor. 
1.2 Der Kläger behauptet, die Beklagten hätten nach ihrer Erklärung vom 30. Juni 1999 keine Mietzinsen mehr gezahlt, sondern diese mit der entsprechenden Darlehensforderung verrechnet. Dies findet im angefochtenen Urteil keine Stütze. Nach den Feststellungen der Vorinstanz haben die Beklagten vielmehr bei der kantonalen Schlichtungsstelle für Miete und Pacht ein Hinterlegungsverfahren gemäss Art. 259g ff. OR eingeleitet und mit Rechtsbegehren vom 15. März 1999 die Behebung von Mängeln sowie eine Reduktion des Mietzinses verlangt. Mit der Hinterlegung gelten die Mietzinse als bezahlt (Art. 259g Abs. 2 OR). Ausserdem stellte die Vorinstanz im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Parteien einen Verrechnungsvertrag abgeschlossen hätten, fest, der Kläger habe in seinem Schreiben vom 1. Juli 1999 die Verrechnung abgelehnt und die vertragskonforme Zahlung des Mietzinses verlangt. Soweit der Kläger seiner Berufung einen von den Feststellungen im angefochtenen Urteil abweichenden Sachverhalt zugrunde legt, ist er nicht zu hören. 
1.3 Die vom Kläger vorgebrachten Rügen stützen sich fast ausschliesslich auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Urteil abweicht. So hat die Vorinstanz gerade nicht festgestellt, dass die Beklagten tatsächlich keine Mietzinse mehr bezahlt und dass der Kläger die Verrechnung akzeptiert habe. Die Rüge der Verletzung von Art. 2 ZGB entbehrt von vornherein der tatsächlichen Grundlage. 
2. 
Nach Feststellung der Vorinstanz hat der Rechtsvertreter der Beklagten dem Anwalt des Klägers am 30. Juni 1999 Folgendes geschrieben: "Dementsprechend erkläre ich hiermit grundsätzlich meinerseits Verrechnung der oben genannten Darlehensforderung mit sämtlichen gegenwärtig noch ausstehenden und künftigen Mietzinsforderungen bis zum Erreichen der Höhe der Darlehensforderung inklusive Zinsen." 
2.1 Die Vorinstanz erwog, die Verrechnung setzte nach Art. 120 OR die Fälligkeit der Verrechnungsforderung (hier der Forderung der Beklagten auf Rückzahlung des Darlehens) und die Erfüllbarkeit der Hauptforderung (hier der Mietzinsforderungen des Klägers) voraus. Sie geht insofern mit der herrschenden Lehre davon aus, dass entgegen dem Gesetzeswortlaut das Erfordernis der Fälligkeit nur für die Verrechnungsforderung, nicht aber für die Hauptforderung gilt (Aepli, Zürcher Kommentar, N. 81 zu Art. 120 OR; Peter, Basler Kommentar, N. 4 zu Art. 120 OR; von Tuhr/Escher, Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Bd. 2, Zürich 1974, S. 195 f.). Für die Hauptforderung wird danach sachlich deren Bestand vorausgesetzt (Aepli, a.a.O., N. 94 zu Art. 120 OR; Peter, a.a.O., N. 2 zu Art. 120 OR), in zeitlicher Hinsicht deren Erfüllbarkeit (Aepli, a.a.O., N. 95 zu Art. 120 OR). 
 
Soweit die Vorinstanz davon ausgeht, dass die Hauptforderung nur erfüllbar, aber nicht fällig zu sein braucht, wirkt sich ihre Gesetzesauslegung zu Gunsten des Klägers aus. Aus welchen Gründen noch weitergehend grundsätzlich selbst auf die Erfüllbarkeit der Hauptforderung verzichtet werden könnte, legt der Kläger nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Wenn der Kläger vorbringt, die Verrechnung könne nach Bundesrecht durchaus zum Voraus erklärt werden, kann ihm nicht gefolgt werden. 
2.2 Nach der vom Kläger sinngemäss vertretenen Ansicht sollte die Verrechnung selbst mit nicht bestehenden Hauptforderungen gültig sein. Im Ergebnis behauptet er, seine Darlehensschuld von Fr. 76'000.-- nebst Zins sei durch Verrechnung mit Mietzinsforderungen getilgt, die nach der tatsächlich erfolgten Kündigung des Mietvertrages nicht einmal die Hälfte der Darlehensforderung betragen können. Zudem stand im Zeitpunkt der Verrechnungserklärung der Beklagten nicht fest, ob und gegebenfalls in welchem Ausmass künftige Mietzinsforderungen entstehen würden, da diese von der Weiterführung des Mietvertrags abhingen. Eine von Aepli (a.a.O., N. 22 ff. zu Art. 124 OR) erwogene Ausnahme von der Voraussetzung, dass die Hauptforderung im Zeitpunkt der Verrechnungserklärung bestehend und erfüllbar sein muss, fällt damit von vornherein ausser Betracht. Die Vorinstanz hat zutreffend nicht nur den Bestand, sondern auch die Erfüllbarkeit der Hauptforderung verlangt. 
 
Sodann hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass die Hauptforderung im Zeitpunkt der Verrechnungserklärung nur im Umfang von einer Monatsmiete erfüllbar war: Nach ihren Feststellungen sah der Mietvertrag vom 9./10. Oktober 1996 vor, dass die Mietzinse monatlich im Voraus zahlbar sind. Mit der Abrede periodischer Zahlung haben die Parteien nach Auffassung der Vorinstanz auch die Erfüllbarkeit der Mietzinsforderung geregelt und zwar in der Weise, dass jeweils der nächste Monatsmietzins von den Mietern erfüllt werden konnte. Inwiefern diese Auslegung bundesrechtswidrig sein soll, legt der Kläger nicht dar und ist nicht ersichtlich. 
 
Die Rüge der Verletzung von Art. 120 OR ist damit unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. 
3. 
Die Berufung ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Diesem Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr dem Kläger zu auferlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat die anwaltlich vertretenen Beklagten überdies für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG). Gebühr und Entschädigung bemessen sich nach dem Streitwert. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'500.-- wird dem Kläger auferlegt. 
3. 
Der Kläger hat die Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 14. November 2003 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: