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[AZA 0/2] 
7B.277/2000/min 
 
SCHULDBETREIBUNGS- UND KONKURSKAMMER 
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22. Januar 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin der 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, Bundesrichter Merkli, 
Bundesrichter Meyer und Gerichtsschreiber Schett. 
 
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In Sachen 
Krankenkasse X.________, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
den Entscheid vom 7. Dezember 2000 der Direktion des Innern des Kantons Glarus als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, 
 
betreffend 
Ausstellung eines Verlustscheindoppels, hat sich ergeben: 
 
Die Krankenkasse X.________ ersuchte mit Schreiben vom 2. Dezember 1999 das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Glarus, ihr ein Duplikat des Verlustscheines Nr. yyy betreffend die Schuldnerin M.________ zuzustellen. Das Original sei aus unerklärlichen Gründen verloren gegangen. Das Gesuch wurde vom Amt mit Verfügung vom 7. Dezember 1999 abgewiesen. 
Als Begründung wurde angeführt, dass die Ausstellung eines Verlustscheindoppels nur in Ausnahmefällen statthaft sei, so insbesondere dann, wenn der Gläubiger den Verlust oder die gewaltsame Vernichtung des Verlustscheines glaubhaft machen könne. 
 
 
Die von der Gläubigerin am 15. Dezember 1999 dagegen bei der Aufsichtsbehörde eingereichte Beschwerde wurde mit Urteil vom 7. Dezember 2000 abgewiesen. 
 
Die Krankenkasse X.________ hat mit Beschwerde vom 18. Dezember 2000 den Entscheid der Aufsichtsbehörde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Sie ersucht um Aufhebung des angefochtenen Entscheids und verlangt, dass ihr ein Verlustscheindoppel zugestellt werde. 
 
 
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
zieht in Erwägung: 
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1.-a) Die Aufsichtsbehörde führt gestützt auf BGE 116 III 66 E. 4a S. 68 aus, der Verlustschein sei seinem Wesen nach eine amtliche Bescheinigung darüber, dass der betreibende Gläubiger in der Vollstreckung, in deren Verlauf alles pfändbare Vermögen des Schuldners in der Schweiz habe erfasst werden können, nicht oder nicht voll befriedigt worden sei, dass er folglich mit einem bestimmten Betrag zu Verlust gekommen sei. Diese Bescheinigung stelle eine öffentliche Urkunde dar. Amonn/Gasser (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Auflage, Bern 1997, § 31 N. 5, S. 255) würden die Ansicht vertreten, der Verlustschein sei lediglich ein Beweismittel, welches bei Verlust ohne weiteres erneuert werden könne. Diese Meinung werde von Jaeger/Walder/Kull/Kottmann (Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 
4. Auflage, Bd. I, N. 11 zu Art. 149 SchKG unter Hinweis auf BGE 30 I 207) geteilt. Hingegen sei Huber (Basler Kommentar, SchKG II, N. 19 zu Art. 149) der Ansicht, auf Grund der Verkehrssicherheit sei bei der Ausstellung von Verlustscheinduplikaten Zurückhaltung angebracht und das Recht, ein Duplikat zu verlangen, sei auf die glaubhaft gemachten Fälle des Verlustes oder der gewaltsamen Vernichtung des Originals zu beschränken. 
 
Die Beschwerdeführerin - fährt die Vorinstanz fort - mache geltend, der Verlustschein Nr. yyy habe trotz Suchaktion nicht aufgefunden werden können. Er sei mithin aus unerklärlichen Gründen verloren gegangen. Der Eingang der Urkunde sei aber von der Beschwerdeführerin registriert worden. 
In casu könne die Zustellung des fraglichen Verlustscheins seitens des Betreibungs- und Konkursamtes nicht nachgewiesen werden. Die Aufsichtsbehörde des Kantons Glarus vertrete die Auffassung von Huber (a.a.O., mit Hinweis auf den Entscheid der Aufsichtsbehörde Appenzell-Ausserrhoden. in: BlSchK 31/1967 S. 19), wonach beim Ausstellen von Verlustscheinduplikaten grundsätzlich Zurückhaltung geboten sei. Obwohl an die Glaubhaftmachung des Verlustes nicht allzu hohe Forderungen gestellt werden dürften, sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Verlustschein der Beschwerdeführerin unbestrittenermassen zugestellt und von dieser offenbar falsch abgelegt worden sei. Bei Verweigerung der Ausstellung des Duplikates habe die Beschwerdeführerin lediglich den Nachteil, dass sie nicht innert 6 Monaten seit der Ausstellung des fraglichen Verlustscheins die Fortsetzung der Betreibung ohne neuen Zahlungsbefehl verlangen könne (Art. 149 Abs. 3 SchKG). Sie wäre damit gezwungen, ihre Forderungen neu in Betreibung zu setzen. Dieser Nachteil wiege weit weniger schwer als die Möglichkeit, dass dem Schuldner in derselben Betreibung zwei existierende Verlustscheine präsentiert würden und er sich dagegen zur Wehr setzen müsste. Alleine die Behauptung des Verlusts der Betreibungsurkunde erscheine unter Berücksichtigung der Tatsache der unbestrittenermassen erfolgten Zustellung desselben und der sich bei der Ausstellung eines Duplikates für den Schuldner allenfalls ergebenden Nachteile (insbesondere auch bei der in der Versicherungsbranche üblichen Zession von Verlustscheinen an Inkassounternehmungen) nicht als genügend glaubhaft. 
 
b) Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen dagegen vor, vorliegend sei auf Grund der Registrierung des Verlustscheines davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin den Verlustschein tatsächlich erhalten habe. Dieser sei in der Folge jedoch nicht im entsprechenden Dossier aufbewahrt worden und gelte nach der durchgeführten Suchaktion an den plausiblen Orten als nicht in bestimmter Zeit auffindbar. Es liege in der Natur der Sache, dass ein Verlust des Verlustscheines keiner Vernichtung gleichkomme und in der Regel nicht bewiesen werden könne; die Glaubhaftmachung des Verlustes könne sich lediglich darauf beschränken, dass die Suche zur Zeit und in absehbarer Zeit als erfolglos zu gelten habe und der Verlustschein daher als verloren zu betrachten sei. 
 
Diese Vorbringen sind unzulässig. In verschiedenen neueren - nicht publizierten - Entscheiden (K. c. A. vom 15. Februar 1996; C. c. D. vom 21. Mai 1996 und V. c. G. vom 8. September 1997) hat sich das Bundesgericht der vorherrschenden Meinung der Lehre angeschlossen (Messmer/Imboden, Die Eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, 1992, S. 144; Dressler im ZSR 94/1975 II 64 und Wurzburger ebenda, S. 104; Birchmeier, Handbuch des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, 1950, S. 99; Voyame, in ZSR 80/1961 II 157/158; anderer Meinung Kummer, Berner Kommentar, 1962, N. 72 und 73 zu Art. 8 ZGB, und Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II, 1990, S. 173 f.), wonach es im Berufungsverfahren nicht prüfen kann, ob der vom Bundesrecht verlangte Grad der Gewissheit im konkreten Fall erfüllt ist, sondern einzig, ob der kantonale Richter vom richtigen Begriff des Grades der Gewissheit oder der verlangten Glaubhaftmachung ausgegangen ist. Die Frage, ob der behauptete Sachverhalt genügend glaubhaft gemacht worden ist, tangiert nicht die Anwendung von Bundesrecht im Sinne von Art. 43 Abs. 1 erster Satz OG, sondern beschlägt die von der kantonalen Instanz vorgenommene Beweiswürdigung, welche nur mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 9 BV kritisiert werden kann (Art. 43 Abs. 1 zweiter Satz OG; BGE 119 II 84 mit Hinweisen; vgl. BGE 120 II 393 E. 4b). Gemäss Art. 81 OG gilt Art. 43 OG auch für Beschwerden nach Art. 19 SchKG, weshalb die Einwände der Beschwerdeführerin nicht gehört werden können. 
 
 
 
 
Sodann bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass ein Duplikat des Verlustscheins nur ausgestellt werden darf, wenn sein Verlust oder seine gewaltsame Vernichtung glaubhaft gemacht worden ist. Sie erwähnt lediglich, in der Doktrin werde auch die Meinung vertreten, die Bescheinigung bei Verlust könne ohne weiteres bestätigt werden, da der Verlustschein kein Wertpapier, sondern nur ein Beweismittel sei. Die Beschwerdeführerin behauptet somit nicht, es sei Bundesrecht verletzt, da die Vorinstanz ein Glaubhaftmachen des Verlusts verlange. Somit ist in diesem Punkt keine Verletzung von Bundesrecht gerügt, jedenfalls nicht gemäss den Anforderungen von Art. 79 OG. Nach dieser Bestimmung ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie von der Aufsichtsbehörde verletzt worden sind. Gemäss BGE 121 III 46 E. 2 müssen die Gesetzesartikel nicht ausdrücklich genannt werden, falls aus der Formulierung der Rüge hervorgeht, gegen welche Regeln oder Prinzipien des Bundesrechts die Aufsichtsbehörde verstossen haben soll. Da dies von der Beschwerdeführerin nicht dargetan wird, kann auch in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 
 
2.- Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG). 
 
Demnach erkennt 
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: 
_________________________________________ 
 
1.- Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Glarus, Gerichtshausstrasse 34, 8750 Glarus, und der Direktion des Innern des Kantons Glarus als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 22. Januar 2001 
 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: