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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A.32/2002 /bie 
 
Urteil vom 6. Februar 2003 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
A.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Bundeshaus West, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 2. Dezember 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ reiste am 30. August 1990 als libanesischer Staatsangehöriger in die Schweiz ein und ersuchte gleichentags um Asyl. Am 8. Juli 1991 verheiratete er sich in F.________ mit der um 14 Jahre älteren Schweizer Bürgerin B.________, geborene C.________, welche das Schweizer Bürgerrecht durch eine vorangehende Ehe mit einem Schweizer Bürger erworben hatte. Daraufhin wurde das hängige Asylgesuch zurückgezogen. 
 
Am 6. November 1996 erhielt A.________ durch erleichterte Einbürgerung nach Art. 27 BüG das Schweizer Bürgerrecht. In diesem Zusammenhang unterzeichnete er am 27. Oktober 1996 eine Erklärung, wonach er mit seiner Ehefrau "in einer tatsächlichen, stabilen, ungetrennten ehelichen Gemeinschaft an derselben Adresse lebe". Er wurde auch darüber belehrt, "dass die erleichterte Einbürgerung nicht möglich ist, wenn vor oder während des Einbürgerungsverfahrens einer der Ehegatten die Trennung oder Scheidung beantragt hat oder keine tatsächliche eheliche Gemeinschaft mehr besteht". 
B. 
B.a Am 20. Oktober 1999 beantragte das Amt für Zivilstandswesen des Kantons Solothurn beim Bundesamt für Ausländerfragen (BFA) die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung. Die Ehe mit der Schweizer Bürgerin sei seit dem 22. Mai 1997 rechtskräftig geschieden. Laut einer Kanzleiauskunft der I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sei die Scheidung bereits am 30. April 1996 beantragt worden. Dennoch hätten die Ehegatten am 21. Oktober 1996 bestätigt, in einer stabilen ehelichen Gemeinschaft zu leben. A.________ habe dann am 23. Januar 1999 in Beirut die libanesische Staatsangehörige D.________ geheiratet. 
B.b Am 17. März 2000 forderte das BFA A.________ auf, zum Scheidungsverfahren Stellung zu nehmen, die sich in seinem Besitz befindlichen Scheidungsakten einzureichen und die Zustimmungserklärung zwecks Akteneinsicht zu unterzeichnen. A.________ reichte am 3. April 2000 eine Stellungnahme ein, worauf das BFA ihm am 10. Mai 2001 gestützt auf die Scheidungsakten seine Sicht der Dinge darlegte. Nachdem A.________ dazu am 2. Juli 2001 seine Gegenbemerkungen hatte vorbringen können, erklärte das BFA am 21. August 2001 die erleichterte Einbürgerung für nichtig. 
Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) am 2. Dezember 2002 ab. 
C. 
Mit Eingabe vom 31. Dezember 2002 führt A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass er Schweizer Bürger nach Art. 27 BüG sei. Sodann ersucht er, der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 
 
Eine Vernehmlassung wurde nicht eingeholt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Nach Art. 100 Abs. 1 lit. c OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet des Schweizer Bürgerrechts nur ausgeschlossen, wenn es sich um die Erteilung oder Verweigerung der Bewilligung für die ordentliche Einbürgerung handelt. Daraus folgt umgekehrt, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist, wenn es um die erleichterte Einbürgerung geht und damit auch, wenn der Widerruf einer solchen zur Beurteilung steht (BGE 120 Ib 193, nicht publizierte E. 1). Die Eingabe des Beschwerdeführers erfüllt die Formvorschriften von Art. 108 Abs. 2 OG und richtet sich gegen einen anfechtbaren Departementsentscheid (Art. 98 lit. b OG). Auf die fristgerecht (Art. 106 Abs. 1 OG) eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten. Das Bundesgericht überprüft den Sachverhalt und das Bundesrecht frei (Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 1 OG). 
2. 
Von vornherein fehl geht die Rüge, die Fünfjahresfrist gemäss Art. 41 Abs. 1 BüG sei abgelaufen. Gemäss dem angefochtenen Entscheid erhielt der Beschwerdeführer am 6. November 1996 durch erleichterte Einbürgerung nach Art. 27 BüG das Schweizer Bürgerrecht, und mit Verfügung vom 21. August 2001 wurde die erleichterte Einbürgerung vom BFA für nichtig erklärt. Die Fünfjahresfrist ist somit von der Einbürgerungsbehörde klar gewahrt worden. 
3. 
3.1 Im angefochtenen Entscheid wird festgestellt, aus den Scheidungsakten des Obergerichts des Kantons Zürich gehe hervor, dass die Ex-Ehefrau am 14. Juli 1995 vor Bezirksgericht Zürich die Scheidung beantragt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei das Einbürgerungsverfahren bereits hängig gewesen. Die Ehe des Beschwerdeführers sei am 16. November 1995 durch das Bezirksgericht Zürich geschieden worden. Der Beschwerdeführer habe am 19. Januar 1996 die Wiederherstellung der Begründungsfrist und gleichzeitig das Gesuch um Begründung des Urteils vom 16. November 1995 gestellt. Am 29. März 1996 habe er beim Obergericht des Kantons Zürich die Berufung gegen das Scheidungsurteil eingereicht. Anlässlich der Referentenaudienz vom 20. Mai 1997 habe der Beschwerdeführer ausgesagt, er habe im Dezember 1995 erstmals von der Scheidungsklage erfahren, nachdem ihm seine Ehefrau das Urteil des Bezirksgerichts ausgehändigt habe. Er sei im Juli oder August 1995 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Vom 21. Juli 1995 bis 4. September 1995 habe er bei einem Freund an der Badenerstrasse 295 gewohnt und hernach an der Bachtobelstrasse eine eigene Wohnung gemietet. Er sei mit der Scheidung einverstanden, wenn eine Lösung bezüglich der Verfahrenskosten gefunden werden könne. Die Vorinstanz fährt fort, im Anschluss an die erwähnte Referentenaudienz hätten die Ehegatten unter Mitwirkung des Obergerichts eine Scheidungsvereinbarung abgeschlossen, worauf ihre Ehe am 22. Mai 1997 durch das Obergericht des Kantons Zürich rechtskräftig geschieden worden sei. 
3.2 Vorab ist festzuhalten, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Bekanntschaft (1986-1989) mit seiner Ex-Ehefrau nicht von Belang sind; denn mit Blick auf Art. 27 in Verbindung mit Art. 41 BüG ist einzig die Zeit nach der Eheschliessung vom 8. Juli 1991 mit B.________ massgebend. 
 
Der Beschwerdeführer hat Kopien von Belegen (Krankenversicherung und Steuererklärung 1997/1998) eingereicht, ohne dazu in der Beschwerdeschrift nähere Ausführungen zu machen. Diese Unterlagen können nicht entgegengenommen werden, denn die Begründung muss in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde selbst enthalten sein (Art. 108 Abs. 2 OG; BGE 123 V 335 E. 1a und b S. 336/337, mit Hinweisen). 
3.3 Der Beschwerdeführer trägt ferner vor, am 18. April 1997 habe seine Ex-Ehefrau ein Schreiben ans Obergericht des Kantons Zürich geschickt, in dem sie den Rückzug der Scheidungsklage beantragt habe. Der Inhalt des Briefes belege, dass sie in einer gut funktionierenden Ehegemeinschaft gelebt hätten. 
Die Einwände gehen fehl. Denn das EJPD führt dazu aus, den Scheidungsakten des Obergerichts des Kantons Zürich könne entnommen werden, dass die Ehefrau am 25. April 1997 der Berufungsinstanz telefonisch mitgeteilt habe, sie habe den Brief vom 18. April 1997 auf Wunsch ihres Ehemannes unterschrieben, den Inhalt jedoch nicht verstanden, da sie nicht Deutsch lesen könne. Ihr Ehemann habe den Brief verfasst und ihr erklärt, es gehe inhaltlich um die Regelung der Scheidungskosten. Sie habe nie die Absicht gehabt, die Scheidungsklage zurückzuziehen. Anlässlich der Referentenaudienz vom 20. Mai 1997 habe sie bestätigt, sie habe das von ihr unterzeichnete Schreiben gar nicht verstanden. Dagegen wird vom Beschwerdeführer lediglich eingewendet, seine Ex-Ehefrau hätte sicher nicht unterschrieben, wenn sie den Inhalt dieses Briefes nicht verstanden hätte. Dass dieser Einwand haltlos ist, geht aus dem Protokoll des Obergerichts vom 20. Mai 1997 hervor, gemäss welchem der Obergerichtspräsident wegen der fehlenden Deutschkenntnisse der Klägerin die Fragen auf Französisch gestellt hat. Der im Weiteren nicht begründete Antrag des Beschwerdeführers, Frau B.________ hierzu zu befragen, entbehrt somit jeder Grundlage. 
4. 
4.1 Dass im Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung vom 6. November 1996 keine stabile eheliche Gemeinschaft mehr bestand, hat das EJPD gestützt auf das Scheidungsurteil des Bezirksgerichts Zürich vom 16. November 1995 angenommen. Nach Darstellung der Ex-Ehefrau in der Klageschrift hätten die Eheprobleme gleich nach der Heirat begonnen, weil der Beschwerdeführer sie nur wegen der Aufenthaltsberechtigung geheiratet gehabt habe. Obwohl er nur an diesem Punkt interessiert gewesen sei, hätten sie weiterhin zusammengelebt und auch gemeinsame Sachen unternommen. Der Beschwerdeführer habe sie jedoch nicht geliebt, denn er habe zudem häufig ("sicher einmal pro Woche") Frauengeschichten gehabt, weshalb er viele Stunden ausser Haus gewesen sei, dies insbesondere auch nachtsüber. 
 
Dagegen wendet der Beschwerdeführer lediglich ein, die Zitate aus diesem Urteil seien "Unsinn", weil das Urteil "annulliert" worden sei. Diese Vorbringen sind mutwillig. Und die Behauptung unter Hinweis auf Ziff. I.3 der Beschwerdeschrift, die Ehe sei gut verlaufen, ist unzutreffend, denn dort wird die Zeit vor der Eheschliessung geschildert. Das Bestehen einer intakten ehelichen Gemeinschaft kann auch nicht mit der gemeinsamen Anfechtung der vom Vermieter am 12. September 1996 ausgesprochenen Kündigung dargetan werden. Denn das Scheidungsverfahren war in jenem Zeitpunkt - auf Berufung des Beschwerdeführers - beim Obergericht des Kantons Zürich hängig; und weder aus dem angefochtenen Entscheid noch aus den Akten kann geschlossen werden, die Ex-Ehefrau habe ihren Willen zur Scheidung je aufgegeben. 
4.2 Der grosse Altersunterschied und die Tatsache, dass die Ehe kinderlos geblieben ist, haben die Vorinstanz in der Annahme bestärkt, dass der Beschwerdeführer bei der Heirat mit der Schweizer Bürgerin B.________ Ziele verfolgt habe, welche das Institut der Ehe nicht schützen wolle. Im Abstellen auf die kinderlos gebliebene Ehe erblickt der Beschwerdeführer Willkür. Die Bezugnahme der Vorinstanz auf das Fehlen von Nachkommen ist nur ein Argument in der Indizienkette, dass im Zeitpunkt der Einbürgerung keine stabile eheliche Gemeinschaft mehr bestanden habe; und der Hinweis des EJPD erfolgte offensichtlich im Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Beschwerdeführer am 23. Januar 1999 eine um 15 Jahre jüngere libanesische Staatsangehörige geheiratet hat und inzwischen auch Vater eines Kindes ist. Von einer willkürlichen Schlussfolgerung kann keine Rede sein. 
5. 
Nach dem Dargelegten (E. 4.1) vermag der Beschwerdeführer die von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen, insbesondere dass die Ehefrau ab Juli 1995 keinen Ehewillen mehr besass und die eheliche Gemeinschaft bei der Einbürgerung im Jahre 1996 nicht mehr als stabil im Sinne von Art. 27 BüG bezeichnet werden konnte, nicht zu erschüttern. Er wäre deshalb gehalten gewesen, die Einbürgerungsbehörde im Herbst 1996 über die in der Ehe aufgetretenen Schwierigkeiten im Sinne von Art. 41 Abs. 1 BüG zu informieren (vgl. BGE 120 Ib 193 E. 4 S. 198; Urteil 5A.4/2002 des Bundesgerichts vom 26. März 2002 E. 3b S. 7). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann aus BGE 120 Ib 193 nichts zu seinen Gunsten abgeleitet werden. In diesem Urteil hat das Bundesgericht in E. 4 ausgeführt, es sei unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführer das Departement auf das hängige Scheidungsverfahren telefonisch aufmerksam gemacht habe. Weil die Behörde trotz dieses Hinweises die erleichterte Einbürgerung gewährt hatte, wurde der Widerruf derselben vom Bundesgericht nicht geschützt. Im vorliegenden Fall hat das EJPD indessen zu Recht befunden, der Beschwerdeführer habe während des laufenden Einbürgerungsverfahrens die faktische Trennung von seiner Ehefrau sowie die von ihr eingeleitete Scheidung verheimlicht und wider besseren Wissens am 21. Oktober 1996 die Erklärung über die eheliche Gemeinschaft unterzeichnet. Die Vorinstanz hat somit weder Art. 27 Abs. 1 noch Art. 41 BüG verletzt, noch ihr Ermessen missbraucht oder überschritten, wenn sie die Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung bestätigt hat. 
6. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde muss nach dem Ausgeführten abgewiesen werden, soweit darauf eingetreten werden kann. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. 
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer hat das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. Die zum Teil an Mutwilligkeit grenzende Verwaltungsgerichtsbeschwerde konnte von vornherein keine Aussicht auf Erfolg haben, ohne dass die behauptete Bedürftigkeit noch geprüft werden muss (Art. 152 Abs. 1 OG
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 6. Februar 2003 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: