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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_268/2009 
 
Urteil vom 8. März 2010 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Reeb, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Antoine F. Goetschel, 
 
gegen 
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
vertreten durch das Strassenverkehrsamt, 
Abteilung Administrativmassnahmen, Lessingstrasse 33, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strassenverkehr/Administrativmassnahmen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 23. April 2009 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 
1. Abteilung, 1. Kammer. 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ geriet am 19. Februar 2008, um ca. 00:05 Uhr, auf der Sihlstrasse in Adliswil, am Steuer seines Personenwagens in eine Polizeikontrolle. Zwei kurz nacheinander durchgeführte Atemlufttests ergaben Blutalkoholwerte von 0,86 und 0,88 Promillen. Er wurde daraufhin in die Räumlichkeiten des Verkehrszuges der Kantonspolizei nach Zürich verbracht, um eine Blutentnahme vorzunehmen. X.________ liess sich kein Blut entnehmen. Die Polizei verzichtete darauf, eine zwangsweise Blutentnahme anzuordnen, nahm ihm jedoch den Führerausweis auf der Stelle vorläufig ab. 
Am 4. März 2008 teilte die Abteilung Administrativmassnahmen der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich X.________ mit, sie warte den Ausgang des Strafverfahrens ab, bevor sie einen Entscheid über die Administrativmassnahmen treffe. 
Mit Strafbefehl vom 27. März 2008 verurteilte die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis X.________ wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 Satz 2 SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 SVG sowie Art. 2 Abs. 1 VRV zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen à 130 Franken und einer Busse von 1'000 Franken. Sie hielt für erwiesen, dass er beim fraglichen Vorfall sein Fahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von über 0,8 Gewichtspromillen gelenkt hatte. Der Strafbefehl blieb unangefochten. 
 
B. 
Am 9. Juli 2008 entzog die Sicherheitsdirektion X.________ den Führerausweis "aufgrund einer schweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. b SVG und Art. 16c Abs. 2 lit. a SVG" für drei Monate. 
Am 9. Dezember 2008 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich den Rekurs von X.________ gegen diese Entzugsverfügung ab. 
Am 23. April 2009 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde von X.________ gegen diesen regierungsrätlichen Entscheid ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________ sinngemäss, die Entscheide des Verwaltungsgerichts und der Sicherheitsdirektion aufzuheben und ihm gegenüber aufgrund einer leichten Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinne von Art. 16a Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 4 SVG auf jegliche weitere Massnahmen zu verzichten oder ihn eventuell im Sinne von Art. 16a Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 3 SVG zu verwarnen. Ausserdem sei ihm für das Verfahren vor Bundesgericht eine vollumfängliche Parteientschädigung zuzusprechen, und die Verfahrenskosten sämtlicher Instanzen seien vom Staat zu übernehmen. 
Die Sicherheitsdirektion verzichtet auf Vernehmlassung. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragt, die Beschwerde abzuweisen. 
Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme zur Vernehmlassung des ASTRA. X.________ hält an der Beschwerde fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Unzulässig ist der Antrag des Beschwerdeführers, auch den Entscheid der Sicherheitsdirektion und die Kostenregelung des regierungsrätlichen Entscheids aufzuheben. Diese sind durch das Urteil des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gelten als inhaltlich mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4.5 S. 144; 129 II 438 E. 1 S. 441 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer rügt, das Verwaltungsgericht habe die einschlägigen Bestimmungen des SVG unrichtig angewandt, was zulässig ist (Art. 95 lit. a, Art. 97 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2. 
2.1 Eine schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. b SVG begeht, wer mit einer Blutalkoholkonzentration von über 0,8 Gewichtspromillen ein Motorfahrzeug führt (Art. 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesversammlung über Blutalkoholgrenzwerte vom 21. März 2003, SR 741.13, i.V.m. Art. 55 Abs. 6 SVG). Bei einer schweren Widerhandlung ist der Führerausweis für mindestens drei Monate zu entziehen (Art. 16 c Abs. 2 lit. a SVG). Diese Rechtslage ist unbestritten. Der Beschwerdeführer macht einzig geltend, dass Verwaltungsgericht sei unter Verletzung von Bundesrecht davon ausgegangen, er sei beim fraglichen Vorfall mit einer 0,8 Promille übersteigenden Blutalkoholkonzentration am Steuer seines Personenwagens unterwegs gewesen. 
 
2.2 Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Verwaltungsbehörde beim Entscheid über die Massnahme von den tat-sächlichen Feststellungen des Strafrichters nur abweichen darf, wenn sie Tatsachen feststellt und ihrem Entscheid zugrunde legt, die dem Strafrichter unbekannt waren, wenn sie zusätzliche Beweise erhebt oder wenn der Strafrichter bei der Rechtsanwendung auf den Sachverhalt nicht alle Rechtsfragen abgeklärt, namentlich die Verletzung bestimmter Verkehrsregeln übersehen hat (BGE 124 II 103 E. 1c/aa mit Hinweis). 
 
2.3 Entgegen seiner Behauptung hat der Beschwerdeführer im Strafverfahren den Anklagevorwurf, beim fraglichen Vorfall seinen Personenwagen mit einer Blutalkoholkonzentration von über 0,8 Gewichtspromillen gelenkt zu haben, vorbehaltlos anerkannt. Abgesehen davon, dass der Erlass eines Strafbefehls nur bei vollumfänglich geständigen Tätern zulässig ist (§ 317 Abs. 1 StPO/ZH), werden im Strafbefehl vom 27. März 2008 ausdrücklich die Akten und das Geständnis als Beweismittel genannt. Der Strafbefehl erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer muss ihn sich dementsprechend im Verwaltungsverfahren entgegenhalten lassen. Dies umso mehr als er, ebenso wie sein Rechtsvertreter, von der Abteilung Administrativmassnahmen mit Schreiben vom 4. März 2008 ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass sie mit dem Entscheid über die Administrativmassnahmen bis zur Erledigung des Strafverfahrens zuwarte. Dabei werde sie dann "wesentlich auf diesen Strafbescheid abstellen, nachdem Ihnen im Strafverfahren umfassende Verteidigungsrechte zur Verfügung stehen". Das Verwaltungsgericht konnte unter diesen Umständen für die Beurteilung der Administrativmassnahmen ohne Bundesrechtsverletzung auf den dem Strafbefehl zugrunde liegenden Sachverhalt abstellen. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, dass und weshalb er nicht auch noch wegen Vereitelung einer Blutprobe im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG verurteilt worden sei und was für Schlüsse daraus zu ziehen seien, gehen an der Sache vorbei. 
 
2.4 Der Strafbefehl wäre im Übrigen auch materiell nicht zu beanstanden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, nach der Praxis des Bundesgerichts müsse in allen Fällen, in denen der Alkoholisierungsgrad nicht mit einer Blutanalyse, sondern lediglich mit einem Atemlufttest gemessen wurde, vom ermittelten Wert immer und von Amtes wegen 20% abgezogen werden, trifft in dieser Form nicht zu. Gerade BGE 127 IV 172, auf den er sich beruft, verweist auf einen Fall, in dem das Bundesgericht das durch ein Geständnis gestützte Ergebnis eines Atemlufttests als massgebend anerkannte (E. 3d S. 175 f.). Weshalb der Beschwerdeführer, der ja wusste, was er vor dem Atemlufttest getrunken hatte, nicht in der Lage gewesen sein sollte, abzuschätzen, ob der durch diesen ermittelte Wert in etwa seinem vorgängigen Alkoholkonsum entsprach, ist unerfindlich. Im Zweifel hätte er sich zudem einer Blutprobe unterziehen können. Der sinngemässe Einwand, die Anerkennung dieses Werts sei beweismässig wertlos und dürfe nicht zu seinen Lasten verwertet werden, ist unbegründet. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern die Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaft in irgendeiner Weise willkürlich sein könnte. 
 
3. 
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht für die Beurteilung der Administrativmassnahme ohne Bundesrechtsverletzung auf den Strafbefehl vom 27. März 2008 abstellen und den Führerausweis des Beschwerdeführers wegen schwerer Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften für drei Monate einziehen konnte. Die Beschwerde ist unbegründet und somit abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Sicherheitsdirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, sowie dem Bundesamt für Strassen und dem Regierungsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 8. März 2010 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Störi