Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_103/2009 
 
Urteil vom 10. Juli 2009 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Karlen, Zünd, 
nebenamtlicher Bundesrichter Locher, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Parteien 
1. X.________, 
2. Y.________, 
beide vertreten durch ATB Bachmann Treuhand AG, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Steueramt Hochdorf, 
Finanzdepartement des Kantons Luzern, 
Dienststelle Steuern. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern sowie direkte Bundessteuer 2006, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 5. Januar 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Y.________ bestritt bei der Naturheilpraktikerin P.________ mit Gesundheitspraxis in A.________ eine sogenannte Cranio-Sacral-Therapie. Dabei sollen mit sanften manuellen Impulsen Blockaden des craniosacralen Systems (Schädel, Kreuzbein, Hirnhaut, Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit) gelöst und die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt werden. Für diese Therapie erwuchsen der Steuerpflichtigen im Jahr 2006 Auslagen in Höhe von Fr. 3'625.--. 
 
B. 
Mit Veranlagungsverfügung vom 16. Oktober 2007 betreffend die Steuerperiode 2006 liess die Steuerbehörde die geltend gemachten Krankheitskosten, darunter die Fr. 3'625.-- für die Cranio-Sacral-Therapie, nicht zum Abzug zu. Eine Einsprache von X.________ und Y.________ wurde mit Entscheid vom 26. Februar 2008 zwar teilweise gutgeheissen, aber die Fr. 3'625.-- wurden nach wie vor nicht als abzugsfähig anerkannt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 5. Januar 2009 ab. Es qualifizierte die Auslagen für die Cranio-Sacral-Therapie nicht als abziehbare Krankheitskosten, weil einerseits die ärztliche Verordnung der Massnahme nicht nachgewiesen und damit deren medizinische Notwendigkeit für das Kalenderjahr 2006 nicht erstellt sei, und die Behandlung andererseits nicht von einer "anerkannten" Therapeutin durchgeführt worden sei. 
 
C. 
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts führen X.________ und Y.________ mit Eingabe vom 6. Februar 2009 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragen sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Rückweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Veranlagung, wobei die Auslagen für die Cranio-Sacral-Therapie als abzugsfähige Krankheitskosten zu anerkennen seien. 
Die Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung verzichten auf eine eingehende Stellungnahme und schliessen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) sowie Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) zulässig. Die Beschwerdeführer sind gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Auf das frist- und formgerecht eingereichte Rechtsmittel ist daher grundsätzlich einzutreten (vgl. aber E. 1.3 hiernach). 
 
1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellungen können nur berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
1.3 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird. Dies setzt voraus, dass sich ein Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheides auseinandersetzt (BGE 134 II 244). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Ob die vorliegende Beschwerde unter diesen Gesichtspunkten eine genügende Begründung enthält, ist fraglich. Die Frage kann offen bleiben, zumal sich die Beschwerde als unbegründet erweist, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen. 
 
2. 
2.1 Gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. h DBG können die Krankheits- und Unfallkosten des Steuerpflichtigen und der von ihm unterhaltenen Personen von den Einkünften abgezogen werden, soweit der Steuerpflichtige die Kosten selber trägt und diese 5 Prozent der um die Aufwendungen verminderten steuerbaren Einkünfte übersteigen. Der Begriff der "Krankheitskosten" ist aus steuersystematischen Überlegungen restriktiv auszulegen, da es um eine Ausnahme vom Grundsatz geht, dass Lebenshaltungskosten nicht vom rohen Einkommen abgesetzt werden dürfen (Art. 34 lit. a DBG; vgl. Urteil 2C_722/2007 bzw. 2C_723/2007 vom 14. April 2008 E. 3.2, mit Hinweisen). Eine zurückhaltende Anwendung von Art. 33 Abs. 1 lit. h DBG rechtfertigt sich namentlich auch dann, wenn sich die Abgrenzung von Heilbehandlungen und Massnahmen zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens (ordentliche Lebenshaltungskosten) als schwierig erweist. 
 
2.2 Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat zur Bestimmung von Art. 33 Abs. 1 lit. h DBG das Kreisschreiben Nr. 11 vom 31. August 2005 über den Abzug von Krankheits- und Unfallkosten sowie von behinderungsbedingten Kosten (nachfolgend Kreisschreiben) erlassen. Unter Ziffer 3.2.2 (Kosten für Heilmassnahmen) wird dort geregelt: 
"Die Kosten besonderer Heilmassnahmen wie Massagen, Bestrahlungen, Heilbäder, Kuraufenthalte, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie etc. gelten als abzugsfähig, sofern sie ärztlich verordnet sind und von diplomierten Personen durchgeführt werden." 
Ziffer 3.2.4 des Kreisschreibens (Kosten für Alternativmedizin) hält fest: 
"Die Kosten für naturheilärztliche Behandlungen gelten (...) als abzugsfähig, wenn die Behandlung von einem anerkannten Naturheilpraktiker verordnet wird." 
Als Verwaltungsweisung richtet sich das Kreisschreiben zwar vorab an die Vollzugsorgane und ist für Gerichte nicht verbindlich. Diese berücksichtigen es aber bei ihrer Entscheidung, sofern es eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulässt. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 133 V 346 E. 5.4.2 S. 352, mit Hinweisen). 
 
3. 
3.1 Das Erfordernis der ärztlichen Verordnung bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ein taugliches Abgrenzungskriterium zwischen therapeutischen Heilbehandlungen einerseits und Massnahmen zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens im Rahmen des allgemeinen Lebensunterhaltes andererseits (Urteil 2C_316/2007 vom 6. Juli 2007 E. 3.2, in: NStP 61, 101 S. 102; Urteil 2A.390/2006 vom 28. November 2006 E. 6.2, in: RDAF 62 [2006] II 409 S. 416 f.). An einer solchen ärztlichen Verordnung gebricht es im vorliegenden Fall, was die Beschwerdeführer zu Unrecht bestreiten: Im ärztlichen Zeugnis von Dr. med. R.________, Facharzt für Allgemeine Medizin FMH, datierend vom 12. März 2007, wurde zwar in allgemeiner Weise festgehalten, dass die Beschwerdeführerin an chronischen Schmerzen leide und im Jahr 2006 regelmässig physikalische Therapie beansprucht und Schwimmübungen zur Entspannung benötigt habe. Ebenso bestätigt Dr. med. R.________ im Arztzeugnis vom 11. März 2008, dass die Beschwerdeführerin infolge chronischer Krankheit des Rückens unter anderem eine Cranio-Sacral-Therapie bei P.________ benötige. Daraus vermögen die Beschwerdeführer jedoch nichts zu ihren Gunsten abzuleiten: Eine ärztliche Verordnung im Sinne der aufgezeigten Praxis setzt eine vorgängige konkrete Anordnung einer eidgenössisch diplomierten Medizinalperson zur Initiierung einer bestimmten Heilmassnahme voraus. Eine solche Therapie im Nachhinein als notwendig einzustufen, genügt selbst dann nicht, wenn die Massnahme an sich zweckmässig war und sich sogar ein Heilerfolg eingestellt hat. Beide von den Beschwerdeführern für die Steuerperiode 2006 ins Recht gelegten Bestätigungen von Dr. med. R.________ wurden rückwirkend ausgestellt, d.h. sie betrafen eine von der Beschwerdeführerin ursprünglich selbst initiierte Behandlung. Die vorliegend strittigen Therapiekosten können demzufolge keine abzugsfähigen Auslagen für Heilmassnahmen i.S.v. Ziff. 3.2.2 des Kreisschreibens darstellen. Daran ändert auch die Behauptung der Beschwerdeführer nichts, dass die luzernischen Steuerbehörden in der Veranlagungsperiode 2004 anders entschieden hätten. 
 
3.2 In Zusammenhang mit der Würdigung der von Dr. med. R.________ eingereichten Schreiben rügen die Beschwerdeführer zudem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Sie behaupten, dass die Steuerbehörde bereits im Veranlagungs- bzw. Einspracheverfahren darauf hätte hinweisen müssen, dass die bisher vorgelegten Arztzeugnisse zuwenig aussagekräftig seien. Da dies nicht geschehen sei, hätten sie, die Beschwerdeführer, sich erst am 11. März 2008 ausdrücklich bestätigen lassen können, dass die Beschwerdeführerin infolge chronischer Rückenleiden u.a. auch einer Cranio-Sacral-Therapie durch P.________ bedurft habe. Bei rechtzeitiger Anforderung des zusätzlichen Zeugnisses hätten dagegen die "Unklarheiten bezüglich der Form und der Person der Therapien 2006 geklärt werden können". 
Die Rüge geht von vornherein fehl: Wie bereits ausgeführt, hat die ärztliche Verordnung einer Heilmassnahme vor deren Initiierung zu erfolgen. Geschieht dies nicht, so kann das Versäumte nicht dadurch nachgeholt werden, dass die bereits durchgeführte Therapie rückwirkend durch einen Arzt für notwendig erklärt und der Namen einer bestimmten Therapeutin festgehalten wird. Da den Beschwerdeführern somit gar keine Möglichkeit offenstand, nachträglich eine rechtsgenügliche Bescheinigung einzuholen, ist es bedeutungslos, zu welchem Zeitpunkt die Steuerbehörde die bereits eingereichten Arztzeugnisse beanstandet hat. Inwiefern das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer verletzt worden sein soll, ist daher unerfindlich. 
 
4. 
Zu prüfen bleibt, ob die im Streit stehenden Auslagen für die Cranio-Sacral-Therapie abzugsfähige Kosten für Alternativmedizin gemäss Ziff. 3.2.4 des Kreisschreibens der ESTV sind. 
Dies ist nicht der Fall, weil die Behandlung nicht von einer erwiesenermassen "anerkannten" Naturheilpraktikerin durchgeführt wurde. Zwar ist fraglich, ob als Kriterium für die "Anerkennung" ausschliesslich auf die Eintragung im sog. "Erfahrungsmedizinischen Register" (EMR) abgestellt werden kann, wie dies die Vorinstanzen getan haben. Ob der Nachweis für die "Anerkennung" eines Naturheilpraktikers auch auf andere Weise zu erbringen ist, muss im vorliegenden Fall jedoch nicht entschieden werden, da die Beschwerdeführer einen solchen Nachweis in jedem Fall schuldig geblieben sind. 
Bei diesem Ergebnis kann auch offen bleiben, ob die im Kreisschreiben vorgenommene Privilegierung der Alternativmedizin (Selbstdispensation des Naturheilpraktikers) gegenüber traditionellen Heilbehandlungen sachlich gerechtfertigt ist oder ob es nicht auch im Bereich der Alternativmedizin (nebst dem Kriterium der "Anerkennung" des Naturheilpraktikers) einer ärztlichen Verordnung bzw. eines gleichwertigen Indikators bedarf, um die abzugsfähigen therapeutischen Heilbehandlungen von den nicht abzugsfähigen Massnahmen zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens abzugrenzen. 
 
5. 
Aus dem bisher Ausgeführten folgt, dass die Vorinstanz hinsichtlich der direkten Bundessteuer kein Bundesrecht verletzt hat, als sie die Abzugsfähigkeit der Auslagen für die Cranio-Sacral-Therapie im vorliegenden Fall verneinte. 
Betreffend die kantonalen Steuern kennt § 40 Abs. 1 lit. h des Steuergesetzes des Kantons Luzern vom 22. November 1999 (StG LU) eine mit Art. 33 Abs. 1 lit. h DBG identische Regelung, welche zudem mit den Vorgaben von Art. 9 Abs. 2 lit. h StHG übereinstimmt. Daraus folgt, dass die zum DBG ergangene Doktrin und Judikatur ebenfalls für die kantonalen Steuern massgebend sind (vgl. Urteil 2C_722/2007 bzw. 2C_723/2007 vom 14. April 2008 E. 5, mit Hinweisen). Im Übrigen hat der Kanton Luzern in § 12 Abs. 1 lit. b der Steuerverordnung vom 12. Dezember 2000 (StV LU) bzw. im Luzerner Steuerbuch (Band I, Weisung Nr. 8 Ziffer 1.2 zu § 40 StG) die Abzugsfähigkeit der Kosten von Heilmassnahmen bzw. von naturärztlichen Behandlungen in Anlehnung an das bereits erwähnte Kreisschreiben Nr. 11 der ESTV geregelt. Somit resultiert für die Staats- und Gemeindesteuer dasselbe Ergebnis wie bei der direkten Bundessteuer. 
 
6. 
Aufgrund der obigen Erwägungen erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern unter Solidarhaft aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend die direkte Bundessteuer wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend die Staats- und Gemeindesteuern wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 10. Juli 2009 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Müller Zähndler