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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
7B.87/2005 /bie 
 
Urteil vom 28. Juli 2005 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Parteien 
Kanton Zürich und Gemeinde E.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch die Gemeinde E.________, Gemeindesteueramt, 
gegen 
 
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, 
als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 
8023 Zürich, 
 
Gegenstand 
Einkommenspfändung, 
 
SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, vom 17. Mai 2005. 
 
Die Kammer zieht in Erwägung: 
1. 
Am 19. August 2004 pfändete das Betreibungsamt R.________ in diversen gegen X.________ gerichteten Betreibungen vom Nettoeinkommen des Schuldners einen monatlichen Betrag von Fr. 644.75. Dagegen beschwerten sich X.________ und Y.________ beim Bezirksgericht B.________ als unterer Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Anlässlich der richterlichen Befragung beantragten sie eine angemessene Herabsetzung der pfändbaren Quote, was das Bezirksgericht mit Beschluss vom 21. Dezember 2004 ablehnte. 
 
Den gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs der Ehegatten hiess das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen am 17. Mai 2005 teilweise gut; in Abänderung der Pfändungsurkunde errechnete es mit Wirkung ab dem 19. August 2004 einen Notbedarf der Rekurrenten von Fr. 4'770.-- und setzte dementsprechend die pfändbare Quote neu auf Fr. 269.75 fest. Bei der Ermittlung des Notbedarfs berücksichtigte das Obergericht zusätzlich eine "Zahnarztrechnung" vom 30. August 2004 über den Betrag von Fr. 4'500.--. 
 
Der Kanton Zürich sowie die Gemeinde E.________ haben gegen diesen Beschluss bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts Beschwerde eingelegt mit den Begehren, die pfändbare Quote auf Fr. 644.75 pro Monat festzusetzen, eventuell den Beschluss aufzuheben und die pfändbare Quote auf Fr. 506.-- festzusetzen, subeventuell den Beschluss aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Ehegatten beantragen in ihrer Vernehmlassung, den Beschluss des Obergerichts zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen, eventuell die pfändbare Quote auf Fr. 506.-- festzusetzen. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
2. 
2.1 Das Obergericht hat das Datum der Pfändung (19. August 2004) hervorgehoben und mit Bezug auf die Zahnarztkosten dafürgehalten, die Zahnarztrechnung datiere vom 30. August 2004, wobei mangels näherer Bezeichnung nicht klar sei, ob es sich hierbei um eine Rechnung oder um einen Kostenvoranschlag handle. Damit stehe nicht fest, wann die Verbindlichkeit entstanden sei. Angesichts des Datums des Belegs rechtfertige es sich aber, diese Auslagen zu berücksichtigen. 
Die Beschwerdeführer beanstanden, die Vorinstanz weise selbst darauf hin, dass es sich beim eingereichten Beleg um eine Zahnarztrechnung handle. Zwar seien Zahnarztkosten im Notbedarf zu berücksichtigen, sofern sie zur Zeit der Pfändung unmittelbar bevorstünden. Sämtliche Zuschläge zum Notbedarf könnten indes nur in das Existenzminimum aufgenommen werden, wenn der betriebene Schuldner sie tatsächlich benötige und bezahle und dafür einen Beleg vorweise. Im vorliegenden Fall sei aufgrund des eingereichten Belegs nicht ausgewiesen, dass die betreffenden Zahnarztkosten notwendige Auslagen darstellten und auch tatsächlich erstattet wurden. Mit der Berücksichtigung dieser Kosten habe das Obergericht sein Ermessen überschritten. 
 
Nach Ansicht der Ehegatten sind die Zahnarztkosten zu berücksichtigen, da diese unmittelbar nach der Pfändung in Rechnung gestellt worden seien. 
2.2 Zum Notbedarf des Schuldners gemäss Art. 93 SchKG gehören grundsätzlich auch die notwendigen Aufwendungen für die Gesundheitspflege, wozu ebenfalls die Kosten für die notwendige Zahnbehandlung zu rechnen sind (BGE 85 III 67 f; Bühler, Betreibungs- und prozessrechtliches Existenzminimum, in: AJP 2002, S. 653 lit. F). Auch mit Bezug auf die Arzt- bzw. Zahnarztkosten gilt indes der Grundsatz, dass zur Zeit des Pfändungsvollzugs bestehende Schulden bei der Berechnung des Existenzminimums keine Rolle spielen dürfen. Darin aufzunehmen sind lediglich Arztkosten und damit verbundene Verpflichtungen, die während der Pfändungsdauer entstehen (BGE 85 III 67 S. 68; Vonder Mühll, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, SchKG II, N. 33 zu Art. 93 SchKG). 
2.3 Nach Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG haben die Aufsichtsbehörden den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz entbindet jedoch den Schuldner nicht davon, bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts mitzuwirken (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG; BGE 119 III 70 E. 1 S. 72; 123 III 328 E. 3 S. 329), indem er die Behörde über die wesentlichen Tatsachen unterrichtet und die ihm zugänglichen Beweise angibt. Im vorliegenden Fall ist sich die Aufsichtsbehörde aufgrund des auf den 30. August 2004 datierten Belegs nicht darüber im Klaren, ob es sich dabei um eine Rechnung für eine vor der Pfändung liegende Behandlung oder aber um einen Kostenvoranschlag für eine während der Pfändungsdauer vorzunehmende Zahnsanierung handelt. Die Beschwerdeführer hatten den entsprechenden Beleg übrigens bereits dem Bezirksgericht vorgelegt, was dieses eigentlich dazu hätte veranlassen müssen, die sich aufdrängende Abklärung vorzunehmen. Da dies unterblieben war, war es dem Obergericht verwehrt, den als Zahnbehandlungskosten geltend gemachten Betrag lediglich mit dem Hinweis auf das Ausstellungsdatum des Belegs (30. August 2004) in das Existenzminimum aufzunehmen; vielmehr war es aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes gehalten, dem Schuldner nähere Erklärungen über den Zeitpunkt der fraglichen Behandlung aufzutragen. Dass die Zahnbehandlungskosten unmittelbar nach der Pfändung "in Rechnung gestellt worden sind", kann für sich genommen - entgegen der Auffassung der Beschwerdegegner - nicht massgebend sein. Mit der Berücksichtigung des Betrages von Fr. 4'500.-- ohne entsprechende Abklärungen hat das Obergericht sein Ermessen gesetzwidrig ausgeübt (Art. 19 Abs. 1 SchKG; zum Ermessen: BGE 128 III 337 E. 3a; 130 III 45 E. 2). 
2.4 Damit ist der angefochtene Beschluss im Sinne des Subeventualantrages aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung des Sachverhalts sowie zur neuen Entscheidung an die obere kantonale Aufsichtsbehörde zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens erübrigen sich Ausführungen zu den weiteren Rügen der Beschwerdeführer, insbesondere zur Begründung des Eventualantrages betreffend fehlerhafte Neufestsetzung der pfändbaren Quote. 
3. 
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG). 
 
Demnach erkennt die Kammer: 
1. 
Die Beschwerde wird gutheissen. Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen vom 17. Mai 2005 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
2. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, den Beschwerdegegnern (X.________ und Y.________, vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Daniel Fischer), dem Betreibungsamt R.________ und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, sowie zur Kenntnis dem Kanton Zürich (handelnd durch das Kantonale Steueramt Zürich, Abteilung Direkte Bundessteuer, Waltersbachstrasse 5, 8090 Zürich) schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 28. Juli 2005 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: