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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_814/2019  
 
 
Urteil vom 3. Juni 2020  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Pascal Koch, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Konkursamt des Kantons Thurgau. 
 
Gegenstand 
Kollokationsplan, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 26. September 2019 (BS.2019.4). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 2. August 2017 eröffnete das Bezirksgericht Weinfelden den Konkurs über die B.________ AG, nachdem ein vorgängiges Nachlassverfahren gescheitert war. Der Konkurs wird im summarischen Verfahren durchgeführt. A.________ ist Mitglied des Verwaltungsrates mit Einzelunterschrift. Zudem ist er Gläubiger der Konkursitin.  
 
A.b. Das Konkursamt des Kantons Thurgau stellte A.________ am 16. Mai 2019 zwei Kollokationsverfügungen zu und zeigte ihm die Auflage des Kollokationsplanes an. Am 24. Mai 2019 publizierte es im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) und im Amtsblatt des Kantons Thurgau die Auflage des Kollokationsplans. Dabei wurde die Auflagefrist für den Kollokationsplan mit 20 Tagen (Fristablauf am 17. Juni 2019) und die Anfechtungsfrist für das Inventar mit 10 Tagen (Fristablauf am 6. Juni 2019) angegeben. Der Kollokationsplan war vom 28. Mai bis 17. Juni 2019 aufgelegt.  
 
B.   
A.________ erhob am 7. Juni 2019 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Er beantragte die vollumfängliche Aufhebung des Kollokationsplans im Konkurs über die B.________ AG. Das Obergericht wies die Beschwerde am 26. September 2019 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.   
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 14. Oktober 2019 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und die Rückweisung der Sache zur Behandlung seiner Beschwerde an die Vorinstanz. Eventualiter verlangt er die Aufhebung des im Konkurs über die B.________ AG erstellten Kollokationsplanes. 
Das Konkursamt beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht schliesst ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde, verzichtet indes unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf eine Vernehmlassung. Der Beschwerdeführer hat daraufhin repliziert. 
 
Mit Verfügung vom 30. Oktober 2019 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung gewährt. 
Es sind die kantonalen Akten eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer (einzigen) kantonalen Aufsichtsbehörde, die als Rechtsmittelinstanz über eine Beschwerde gegen den konkursamtlich erstellten Kollokationsplan befunden hat. Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (Art. 19 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 BGG).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer, dessen Rechtsschutzinteresse (als Gläubiger und Organ der Konkursitin) an der Überprüfung der Erwahrung der Forderungen zur Erstellung des Kollokationsplans in Frage steht, ist vom angefochtenen Entscheid besonders berührt und daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 337 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Entscheid den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweise sind nur zulässig, soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.   
Anlass zur Beschwerde gibt der im Rahmen eines summarischen Konkursverfahrens erstellte Kollokationsplan. Strittig ist insbesondere, welche Rolle dem Gemeinschuldner bei der Prüfung der Forderungseingaben zukommt. 
 
2.1. Die Konkursverwaltung hat bei der Erstellung des Kollokationsplans folgende Grundsätze zu beachten.  
 
2.1.1. Der Gläubiger, der aus der Konkursmasse befriedigt werden will, muss seine Forderung innert eines Monats nach erfolgtem Schuldenruf dem Konkursamt anmelden (Art. 232 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG); von dieser Anmeldepflicht sind nur vereinzelte Forderungen ausgenommen. Mit der Konkurseingabe wird zudem die Gläubigereigenschaft dargetan, die für die Teilnahme am Konkursverfahren erforderlich ist (Urteil 7B.47/2005 vom 6. Juni 2005 E. 3.1.2). Nach Ablauf der Eingabefrist nimmt die Konkursverwaltung eine summarische Prüfung der eingegebenen Forderungen vor und macht die zu ihrer Erwahrung nötigen Erhebungen (Urteil 5A_105/2013 vom 12. Juni 2013 E. 3.4.1). Sie holt über jede Konkurseingabe die Erklärung des Gemeinschuldners ein und protokolliert seine Erklärungen (Art. 244 SchKG, Art. 55 KOV). Handelt es sich beim Gemeinschuldner um eine Aktiengesellschaft, so hat sich eines ihrer Organe zu äussern (Art. 30 Abs. 1 KOV). Selbst wenn die Stellungnahme des Gemeinschuldners für die Konkursverwaltung nicht bindend ist, so kann sie doch wesentlich zur Klärung des Sachverhaltes beitragen; der Gemeinschuldner kennt die Verhältnisse nämlich am besten (MILANI/WOHLGEMUTH, Verordnung über die Geschäftsführung der Konkursämter [KOV], Kommentar, 2016, N. 28, 42 zu Art. 55). Zudem muss im Konkursverlustschein, auf welchen der Gläubiger in jedem Fall Anspruch hat, angegeben werden, ob die Forderung anerkannt oder bestritten worden ist (Art. 265 Abs. 1 SchKG; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 12 zu Art. 265; NÄF, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 265).  
 
2.1.2. Der Prüfungspflicht der Konkursverwaltung durch Einholung der Erklärung des Gemeinschuldners kommt nicht blosser Ordnungscharakter zu: Die Einvernahme des Gemeinschuldners ist nicht in das Ermessen der Konkursverwaltung gestellt (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 1993, § 49 Rz. 4), indes führt ihre Verletzung noch nicht zu einer jederzeit möglichen Feststellung der Nichtigkeit des Kollokationsplans (BGE 122 III 137 E. 1; GILLIÉRON, a.a.O., N. 9 zu Art. 244; HIERHOLZER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 26 zu Art. 244; MILANI/WOHLGEMUTH, a.a.O., N. 1 zu Art. 55). Die Verletzung dieser Pflicht stellt einen Verfahrensfehler dar, der mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG bei der Aufsichtsbehörde geltend gemacht werden kann (Urteil 5A_105/2013 vom 12. Juni 2013 E. 3.4.1; BGE 96 III 106 E. 2). Nicht nur der Gläubiger, sondern auch der Gemeinschuldner kann sich gegen die Unterlassung der Einvernahme zur Wehr setzen (u.a. FRITZSCHE/WALDER, a.a.O.). Eine Aufhebung des Kollokationsplanes setzt allerdings voraus, dass dargetan wird, dass die Angaben des Gemeinschuldners die Konkursverwaltung möglicherweise veranlasst hätte, über die betreffenden Forderungen anders zu entscheiden, als sie es getan hat (BGE 103 III 13 E. 8; 71 III 181 [S. 183], 184 E. 1; FRITZSCHE/WALDER, a.a.O.; BAUER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Erg. 2017,  ad N. 19 zu Art. 244; JAQUES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 27 zu Art. 244).  
 
2.1.3. Der Schuldner hat kein Beschwerderecht, wenn seine Einsprache gegen eine Forderung nicht berücksichtigt wird. Die (eine Forderung anmeldenden) Gläubiger haben kein Recht, dass auch ihre Erklärungen eingeholt werden, indes kann die Konkursverwaltung bei ihnen Erhebungen anstellen (SCHOBER/AVDYLI-LUGINBÜHL, in: Schulthess Kommentar SchKG, 2017, N. 11 zu Art. 244).  
 
2.2. Im vorliegenden Fall betrifft das Konkursverfahren eine Aktiengesellschaft. Der Beschwerdeführer ist Mitglied ihres Verwaltungsrats mit Einzelunterschrift. Die Konkursverwaltung hat ihn in dieser Eigenschaft zu den einzelnen Konkurseingaben nicht angehört. Zudem hat der Beschwerdeführer als Arbeitnehmer bzw. als Verwaltungsrat im Konkurs über die B.________ AG zwei Forderungen eingegeben, die in der dritten Klasse kolloziert worden sind.  
 
2.2.1. Die Vorinstanz räumt zwar ein, dass es nicht im Belieben der Konkursverwaltung stehe, ob sie den Gemeinschuldner einvernehmen will. Vielmehr sei sie hierzu gesetzlich verpflichtet. Da die Konkursverwaltung nicht an die Erklärungen des Gemeinschuldners gebunden sei, könne einer Beschwerde dagegen aber nur Erfolg beschieden sein, wenn dessen Befragung die Kollokation hätte beeinflussen können. Der Beschwerdeführer mache nicht geltend, dass dies der Fall gewesen wäre. Seine eigenen Forderungen seien in der dritten Klasse statt, wie von ihm beantragt, in der ersten Klasse kolloziert worden. Damit hätte seine Anhörung nur die Klassierung weiterer Forderungen in der ersten Klasse beeinflussen können. Er lege aber nicht dar, dass die Konkursverwaltung zu Unrecht Forderungen in der ersten Klasse zugelassen habe.  
 
2.2.2. Vorerst gilt es festzuhalten, dass die Anhörung des Gemeinschuldners sich auf sämtliche Forderungseingaben im Konkursverfahren erstrecken muss. Damit kann der Vorinstanz nicht gefolgt werden, soweit sie meint, einzig die vom Beschwerdeführer selber für die erste Klasse angemeldeten Forderungen seien im Hinblick auf den Einfluss auf die Kollokation massgebend. Es trifft überdies nicht zu, dass der Beschwerdeführer als Organ der Gemeinschuldnerin die weiteren kollozierten Forderungen nicht bestritten hat, wie die Vorinstanz ausführt.  
So hat er den Bestand der von der SUVA eingegebenen Forderung von rund Fr. 1,5 Mio. (und die Einreihung unter den pfandgesicherten Forderungen) als nicht zulässig qualifiziert. Zudem hat er die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung angemeldeten und in der dritten Klasse kollozierten Mehrwertsteuerforderungen als zu hoch kritisiert, da eine Gegenforderung der Gemeinschuldnerin von der Konkursverwaltung nicht berücksichtigt worden war; ebenso hat er die Forderungen der Spida AHV-Ausgleichskasse und der BVG-Stiftung näher kritisiert. 
 
Wie es sich mit den verschiedenen Forderungen konkret verhält, ist vorliegend nicht zu prüfen. Massgebend ist einzig, dass der Beschwerdeführer gegenüber der Vorinstanz die genannten und weitere Positionen im Kollokationsplan bestritten hat, welche im Falle Einvernahme möglicherweise einen Einfluss auf das Ergebnis haben könnten. Entgegen der vorinstanzlichen Ansicht hätte der Beschwerdeführer daher als Organ der Gemeinschuldnerin zu den einzelnen Positionen des Kollokationsplanes angehört werden müssen. 
 
Hingegen genügen die weiteren, undifferenzierten Vorbringen des Beschwerdeführers im kantonalen Verfahren (wie betreffend die in die ersten Klasse aufgenommenen Lohnforderungen "eines Grossteils" der Arbeitnehmer) oder weitere Vorwürfe gegen dem Konkursamt (betreffend die "Aktivseite" bzw. mangelnde Inkassotätigkeiten) nicht, um in genügender Weise darzulegen, inwiefern die Gemeinschuldners die Konkursverwaltung möglicherweise veranlasst hätten, einen anderen Kollokationsentscheid zu treffen. 
 
2.3. Die Vorinstanz hat demnach Bundesrecht verletzt, soweit sie ausführt, im konkreten Fall könne seitens des Beschwerdeführers keine Rede von einem aktuellem Rechtsschutzinteresse an der Beschwerde gegen den Kollokationsplan sein. Zwar hat sie alsdann diese Frage letztlich doch offen gelassen, weil die Beschwerde abzuweisen sei, da die Anhörung des Beschwerdeführers den Kollokationsplan überhaupt nicht beeinflusse könne. Dies trifft angesichts seiner Vorbringen im kantonalen Beschwerdeverfahren nicht zu. Insoweit ist die Beschwerde begründet, was wie (in E. 2.1.2) dargelegt zur teilweisen Aufhebung des Kollokationsplanes führt.  
 
3.  
 
3.1. Nach dem Gesagten ist der Beschwerde daher Erfolg beschieden. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben, ebenso der Kollokationsplan mit Bezug auf die erwähnten Forderungen (SUVA, Eidgenössischen Steuerverwaltung, Spida AHV-Ausgleichskasse, BVG-Stiftung).  
 
Da die Anhörung des Gemeinschuldners von der Konkursverwaltung vorzunehmen ist, wird die Angelegenheit nicht wie vom Beschwerdeführer beantragt an die Vorinstanz, sondern an das Konkursamt zurückgewiesen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer als Organ der Konkursitin ist nunmehr zu den einzelnen Positionen des Kollokationsplans anzuhören und seine Erklärungen sind zu protokollieren. Alsdann hat die Konkursverwaltung den Kollokationsplan im Lichte dieser Informationen und nach der Einholung allenfalls notwendiger Informationen zu überprüfen. Die Gläubiger haben weiterhin das Recht, Verfahrensmängel bei der Erwahrung mit Beschwerde (Art. 17 SchKG) zu rügen. 
 
3.2. Ungeachtet des Verfahrensausgangs sind dem Kanton Thurgau keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Indes hat er dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). Über Prozesskosten im kantonalen Verfahren ist nicht zu befinden (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG; Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 26. September 2019 wird aufgehoben. Der Kollokationsplan wird teilweise aufgehoben und die Sache wird zur Behandlung im Sinne der Erwägungen an die Konkursverwaltung zurückgewiesen.  
 
1.2. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.  
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Konkursamt des Kantons Thurgau und dem Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Juni 2020 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante