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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_508/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 18. April 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Eusebio, Chaix, 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Yann Moor, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, 
Bereich Administrativmassnahmen, 
Lessingstrasse 33, Postfach, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Rekursabteilung, Neumühlequai 10, 
Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Verkehrsmedizinische Abklärung der Fahreignung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 21. September 2016 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügung vom 18. März 2014 ordnete das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich an, dass A.________ sich zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung als Motorfahrzeugführerin einer verkehrsmedizinischen Abklärung zu unterziehen habe. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Rekursabteilung, ab, soweit sie ihn nicht als gegenstandslos beurteilte. 
 
B.   
Am 21. September 2016 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eine dagegen von A.________ eingereichte Beschwerde ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde vom 31. Oktober 2016 an das Bundesgericht beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und von einer verkehrsmedizinischen Abklärung abzusehen. In prozessualer Hinsicht ersuchte sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. 
Das Strassenverkehrsamt, das Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Strassen ASTRA schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Sicherheitsdirektion, Rekursabteilung, verzichtete auf eine Stellungnahme. 
 
D.   
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 24. November 2016 erteilte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund liegt nicht vor (Art. 83 BGG). Die kantonalen Instanzen haben eine verkehrsmedizinische Abklärung der Beschwerdeführerin angeordnet. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab; er stellt daher einen Zwischenentscheid dar, der nach der Rechtsprechung anfechtbar ist, da er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt (vgl. die Urteile des Bundesgerichts 1C_70/2014 vom 27. Mai 2014 E. 1 und 1C_748/2013 vom 16. Januar 2014 E. 1).  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin ist als zur verkehrsmedizinischen Abklärung ihrer Fahreignung Verpflichtete sowie als direkte Adressatin des angefochtenen Entscheides zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Solches wird nicht geltend gemacht und ist nicht ersichtlich.  
 
2.  
 
2.1. Führerausweise dürfen nicht erteilt werden, wenn der Bewerber an einer die Fahreignung ausschliessenden Sucht leidet (Art. 14 Abs. 1 sowie Abs. 2 lit. c SVG). Der Führerausweis wird entzogen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Wegen fehlender Fahreignung wird einer Person der Führerausweis auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst (Art. 16d Abs. 1 lit. b SVG). Von Bedeutung sind die Konsumgewohnheiten der Person, ihre Vorgeschichte, ihr bisheriges Verhalten im Strassenverkehr und ihre Persönlichkeit (vgl. BGE 128 II 335 E. 4a; Urteil des Bundesgerichts 1C_445/2012 vom 26. April 2013 E. 3.1). Bestehen Zweifel an der Fahreignung einer Person, so wird diese nach Art. 15d Abs. 1 lit. a SVG namentlich einer Fahreignungsuntersuchung unterzogen bei Fahren in angetrunkenem Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Gewichtspromille oder mehr oder mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg Alkohol oder mehr pro Liter Atemluft.  
 
2.2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Fahreignungsabklärung unter anderem auch dann angezeigt, wenn eine Person innerhalb von zehn Jahren drei Mal in angetrunkenem Zustand ein Fahrzeug gelenkt hat (Urteil des Bundesgerichts 1C_768/2013 vom 10. März 2014 E. 3.1 mit Hinweis). Überdies ist der Führerausweis nach Art. 30 VZV im Prinzip umgehend vorsorglich zu entziehen, wenn eine verkehrsmedizinische Abklärung angeordnet wird (vgl. BGE 125 II 396 E. 3 S. 401; Urteile des Bundesgerichts 1C_70/2014 vom 27. Mai 2014 E. 2.2 und 1C_748/2013 vom 16. Januar 2014 E. 3.3 mit Hinweisen). Diesfalls steht die Fahreignung des Betroffenen ernsthaft in Frage, weshalb es unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit grundsätzlich nicht zu verantworten ist, ihm den Führerausweis bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses zu belassen.  
 
3.  
 
3.1. Der automobilistische Leumund der Beschwerdeführerin ist getrübt, was sie auch selbst gar nicht ernsthaft bestreitet. Innerhalb von fünf Jahren und vier Monaten unternahm sie vier Trunkenheitsfahrten (August 2008, Dezember 2009, August 2010 und Dezember 2013). Im Anschluss an die beiden ersten Fälle wurde ihr der Führerausweis jeweils für eine beschränkte Zeit entzogen. Nach der dritten Trunkenheitsfahrt wurde er ihr auf unbestimmte Zeit entzogen. Im August 2012 hob das Strassenverkehrsamt die Massnahme auf und ersetzte sie durch die Auflage einer Alkoholabstinenz sowie einer verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchung. Im Mai 2013 hob sie schliesslich die Auflage der Alkoholfahrabstinenz auf. Rund ein halbes Jahr später unternahm die Beschwerdeführerin die vierte Trunkenheitsfahrt. Gemäss dem entsprechenden Polizeirapport vom 4. Januar 2014 lenkte sie am 6. Dezember 2013 um 03.00 Uhr einen Personenwagen in angetrunkenem Zustand auf der Tunnelstrasse (Ulmbergtunnel) in Zürich, wobei der Atemlufttest eine Alkoholkonzentration von 0,69 Promille ergab.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach eine Fahreignungsabklärung bei dreimaligem Fahren in angetrunkenem Zustand innerhalb von zehn Jahren angezeigt ist, mit vier Trunkenheitsfahren innerhalb von etwas mehr als fünf Jahren deutlich. Bei der letzten Trunkenheitsfahrt übersteigt der gemessene Konzentrationswert den zulässigen Grenzwert von 0,5 Promille zwar nur geringfügig und auch die früheren Verfehlungen hielten sich, mit immerhin einer Ausnahme, einigermassen im Rahmen. Das ist aber nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist vielmehr die Entwicklung bzw. der Verlauf der Ereignisse. Innerhalb von wenig mehr als fünf Jahren wurde die Beschwerdeführerin bereits zum vierten Mal des Fahrens in angetrunkenem Zustand überführt. Dazu macht sie sinngemäss geltend, dieses letzte vierte Mal müsse als eine Art Ausreisser betrachtet werden, denn in der Zwischenzeit habe sie sich einer Verkehrstherapie unterzogen, sich dabei vertieft mit der Problematik des Alkohols am Steuer auseinander gesetzt und ihre Einstellung geändert. Das habe auch zum für sie positiven verkehrspsychologischen Gutachten vom 23. Juli 2012 geführt, in dem ihr ausdrücklich ein feststellbarer Reflexions- und Einstellungsprozess attestiert werde, was zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis geführt habe. Die gute Absicht mag der Beschwerdeführerin nicht abzusprechen sein. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie bereits nach kurzer Zeit wieder rückfällig geworden ist. Auch dass sie sich, wie sie geltend macht, auf eine Smartphone-Applikation verlassen haben will, die ihr einen Alkoholkonzentrationswert von knapp 0,4 Promille ausgewiesen habe, mag sie nicht zu entlasten. Ob die Verkehrstherapie erfolglos, nicht nachhaltig oder doch noch nicht abgeschlossen war oder ob der Rückfall auf einer anderen Ursache beruhte, wird unter Umständen im Rahmen der angeordneten verkehrsmedizinischen Abklärung von Belang werden. Jedenfalls schliesst der neue Vorfall ohne wesentliche Zäsur an die früheren Verfehlungen an. Daran ändert auch die Behauptung der Beschwerdeführerin nichts, zwischendurch totalabstinent gewesen zu sein. Selbst wenn dies zuträfe, würde das einen möglichen Rückfall beim Alkoholkonsum und die Möglichkeit einer gewissen, nicht unbedingt permanenten, sondern eventuell von weiteren Umständen abhängigen, im Ergebnis aber doch massgeblichen Alkoholabhängigkeit nicht ausschliessen. Es ist gerade der Sinn der angeordneten verkehrsmedizinischen Abklärung, hier Klarheit zu schaffen. Auch die beiden früheren verkehrsmedizinischen Gutachten aus den Jahren 2011 und 2012 vermögen zur heutigen Situation nur bedingt und nicht abschliessend Aufschluss zu geben.  
 
3.3. Schliesslich wendet die Beschwerdeführerin ein, es erscheine gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung widersprüchlich, auf einen vorsorglichen Führerausweisentzug zu verzichten, gleichzeitig aber auf einer Eignungsabklärung zu bestehen. Die entsprechende Rechtsprechung wurde aber vom Bundesgericht lediglich als "grundsätzlich" bzw. "im Prinzip" definiert. Abweichungen davon sind in begründeten Ausnahmefällen nicht ausgeschlossen. Insoweit mag der Beschwerdeführerin zugute gekommen sein, dass sie bei der letzten Trunkenheitsfahrt nicht einen sehr hohen Alkoholkonzentrationswert auswies, dabei eventuell auch keine besondere konkrete Gefährdungssituation geschaffen hat und sich auch schon therapeutisch behandeln liess. Obwohl die Behörden offenbar nicht von einem akut hohen Gefährdungsrisiko ausgehen, wird dadurch die Notwendigkeit, aufgrund der Häufung der Trunkenheitsfahrten die Fahreignung vertieft abzuklären, um das Gefährdungspotenzial auf Seiten der Beschwerdeführerin künftig im Hinblick auf allenfalls notwendige weitere Massnahmen besser einschätzen zu können, nicht widerlegt.  
 
3.4. Auch was die Beschwerdeführerin sonst noch vorträgt, vermag die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheids nicht zu belegen. Dieser verstösst demnach nicht gegen Bundesrecht.  
 
4.   
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (vgl. Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Bereich Administrativmassnahmen, der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Strassen ASTRA, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. April 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax