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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_267/2014  
{  
T 0/2  
}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 21. Juli 2014  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Saner, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Schaffhausen,  
Oberstadt 9, 8200 Schaffhausen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen 
vom 25. Februar 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1960 geborene A.________ meldete sich am 5. Februar 2004 wegen seit November 2002 zunehmender Rückenschmerzen zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Laut dem von der IV-Stelle Schaffhausen angeforderten Gutachten des Dr. med. B.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 25. August 2004 war ein seit längerer Zeit bestehendes depressives Zustandsbild mindestens mittleren Grades (ICD-10: F32.1) bei chronischer Schmerzkrankheit zu diagnostizieren; der Explorand könne auch weiterhin keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Mit Verfügung vom 19. April 2005 sprach die Verwaltung dem Versicherten ab 1. November 2003 eine ganze Invalidenrente zu. Aufgrund der im Jahre 2006 von Amtes wegen eingeholten Auskünfte des Dr. med. C.________ vom 9. September 2006 ergab sich keine Änderung des Invaliditätsgrades (Mitteilung vom 13. November 2006). 
Im Rahmen eines weiteren Revisionsverfahrens zog die Verwaltung unter anderem den Bericht des Psychiatriezentrums D.________ vom 28. Februar 2011 bei, wo der Versicherte vom 1. Dezember 2010 bis 4. Februar 2011 wegen einer rezidivierenden depressiven Episode (ICD-10: F33.0) sowie eines ausgeprägten lumboischialgieformen Schmerzsyndroms behandelt wurde; zur Förderung einer Tagesstruktur wurde die Weiterführung der Arbeitstherapie (drei Mal wöchentlich) in den geschützten E.________-Werkstätten empfohlen. Weiter veranlasste die IV-Stelle das interdisziplinäre Gutachten des Medizinischen Zentrums F.________ vom 16. Juni 2011, wonach neben chronifizierten und therapieresistenten Bewegungs- und Belastungsbeschwerden im Lumbalbereich keine die Arbeitsfähigkeit einschränkenden Befunde angegeben werden konnten. Weil in der Expertise des Medizinischen Zentrums F.________ der erwähnte Bericht des Psychiatriezentrums D.________ nicht berücksichtigt wurde, holte die Verwaltung die ergänzende Stellungnahme der Dr. med. G.________, Fachärztin für Allgemeinmedizin sowie für Psychiatrie und Psychotherapie, Zertifizierte Medizinische Gutachterin SIM, vom 30. September 2011 ein, wozu sich der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) am 18. Oktober 2011 äusserte (vgl. Intern Case Tracking, Dr. med. H.________, Facharzt für Neurologie). Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren hob die IV-Stelle die Invalidenrente mit Verfügung vom 27. Mai 2013 auf das Ende des der Zustellung folgenden Monats auf. 
 
B.   
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen ab (Entscheid vom 25. Februar 2014). 
 
C.   
Mit Beschwerde lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm auch über den 30. Juni 2013 hinaus Rentenleistungen nach IVG zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neuabklärung mittels gerichtlichem Gutachten und anschliessender Neufestlegung der Leistungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die IV-Stelle Schaffhausen schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Zu den Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 lit. a BGG gehören die unvollständige Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen, die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG sowie die Missachtung der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Auskünfte (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Das Bundesgericht prüft dabei, angesichts der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
2.   
Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, bildet Streitgegenstand die Frage, ob sich der Invaliditätsgrad seit der Verfügung vom 19. April 2005, mit welcher die Verwaltung dem Versicherten ab 1. November 2003 eine ganze Invalidenrente zugesprochen hatte, bis zu deren Neuprüfung und Aufhebung (Verfügung vom 27. Mai 2013) in revisionsrechtlich erheblicher Weise verändert hat (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Dabei ist zu beachten, dass Anlass zur Rentenrevision jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gibt, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Allerdings stellt eine bloss unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts keine revisionsbegründende Tatsachenänderung dar (BGE 112 V 371 E. 2b S. 372). Praxisgemäss ist die Invalidenrente auch dann revidierbar, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustands erheblich verändert haben (BGE 133 V 545 E. 6.1 S. 546, 130 V 343 E. 3.5 S. 349 f. mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1.  
 
3.1.1. Das kantonale Gericht ist zum Schluss gelangt, die Prozessthema bildende Frage, ob sich der Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit im genannten Vergleichszeitraum in revisionsrechtlicher Weise verbessert hätten, sei gestützt auf das in allen Teilen beweiskräftige Gutachten des Medizinischen Zentrums F.________ vom 16. Juni 2011 und dessen Ergänzung vom 30. September 2011 zu beurteilen. Aus rheumatologischer Sicht seien dem Versicherten wegen der beginnenden degenerativen Veränderungen im Lumbalbereich rückenbelastende schwere sowie in gebückter Haltung zu verrichtende Tätigkeiten nicht zumutbar; wirbelsäulenschonende Arbeiten, die im Wechsel zwischen Stehen und Sitzen und ohne Gewichtsbelastungen über 20 kg sowie ohne monoton gebückte Position ausgeführt werden könnten, seien hingegen ohne Leistungseinschränkung möglich. Die psychiatrische Sachverständige (Dr. med. G.________) habe einen nahezu unauffälligen Psychostatus erhoben; ihren Ausführungen gemäss sei seit dem Jahre 2006 von einer deutlichen Zustandsverbesserung auszugehen, weshalb die Arbeitsfähigkeit jedenfalls im Zeitpunkt der Begutachtung nicht mehr eingeschränkt gewesen sei. Der Umstand, dass die Beurteilung der Dr. med. G.________ derjenigen der Ärzte des Psychiatriezentrums D.________ (Bericht vom 28. Februar 2011) diametral entgegenstünde, vermöge keine erheblichen Zweifel am Gutachten des Medizinischen Zentrums F.________ zu erwecken.  
 
3.1.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, im psychiatrischen Teil des Gutachtens des Medizinischen Zentrums F.________ und dessen Ergänzung seien angesichts des Krankheitsverlaufs sowie der Angaben im Bericht des Psychiatriezentrums D.________ vom 28. Februar 2011 wesentliche Befunde unerkannt geblieben. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass er nach langjährig ausgewiesener, rezidivierender depressiver Symptomatik nunmehr psychisch gesund und vollständig erwerbsfähig sein solle. Schon nur der Umstand, dass er nur wenige Wochen vor der Exploration bei des Medizinischen Zentrums F.________ erneut während rund zwei Monaten stationär wegen psychiatrisch relevanter Befunde habe therapiert werden müssen, wecke Zweifel an deren Einschätzung des medizinischen Sachverhalts. Hinzu komme, dass das Gutachten des Medizinischen Zentrums F.________ nicht nach dem verfahrensrechtlichen Standard gemäss BGE 137 V 210 zustande gekommen sei, weshalb insgesamt erhebliche Zweifel an dessen Zuverlässigkeit bestünden.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Gemäss BGE 139 V 99 E. 2.3.2 S. 103 (mit Hinweisen) bilden nach altem Standard (das heisst noch ohne Gewährung der in BGE 137 V 210 statuierten Beteiligungsrechte) in Auftrag gegebene medizinische Gutachten zwar grundsätzlich eine massgebende Entscheidungsgrundlage. Das Manko ist jedoch bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen; ähnlich wie bei versicherungsinternen medizinischen Entscheidungsgrundlagen genügen schon relativ geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der (verwaltungsexternen) ärztlichen Feststellungen, um eine (neue) Begutachtung anzuordnen.  
 
3.2.2.  
 
3.2.2.1. Entgegen den Erwägungen der Vorinstanz haben sich die Ärzte des Psychiatriezentrums D.________ im Bericht vom 28. Februar 2011 mit den Vorakten nicht nur anamnestisch, sondern auch aus eigener Kenntnis der Krankengeschichte auseinandergesetzt. So hielten sie fest, dass der Versicherte im Frühjahr 2004 in der Klinik I.________ wegen einer schweren depressiven Episode mit synthymen psychotischen Symptomen und einem ausgeprägten spondylogenen Schmerzsyndrom hospitalisiert war (vgl. Berichte vom 12. Mai 2004 und 28. Mai 2005), welche diagnostischen Befunde Dr. med. B.________ im Gutachten vom 25. August 2004 weitgehend bestätigte. Aufgrund derselben Diagnosen befand sich der Versicherte ab 31. August bis 3. Dezember 2004 zur tagesklinischen Behandlung im Psychiatriezentrum D.________ (vgl. Bericht vom 6. Dezember 2004). Dort wurde er im Jahre 2008 erneut zunächst stationär, danach ambulant und ab 1. Dezember 2010 bis 4. Februar 2011 wiederum stationär behandelt. Prognostisch gaben die Ärzte des Psychiatriezentrums im Bericht vom 28. Februar 2011 an, aufgrund des Krankheitsverlaufs könne eine erneute depressive Episode nicht ausgeschlossen werden, die psychische Störung wirke sich auf die körperlichen Schmerzen verstärkend aus; wegen des nach wie vor bestehenden schwerwiegenden neuropsychiatrischen Krankheitsbildes sei bis auf Weiteres von einer Leistungsunfähigkeit auszugehen.  
 
3.2.2.2. Mit diesen Angaben setzte sich Dr. med. G.________ im Hauptgutachten des Medizinischen Zentrums F.________ vom 16. Juni 2011 und in der Ergänzung vom 30. September 2011 ungenügend auseinander. Wohl mag zutreffen, dass sie im Zeitpunkt der von ihr am 26. April 2011 vorgenommenen Exploration keine die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden rein psychopathologischen Befunde feststellen konnte. Indessen ist zunächst wenig plausibel, wenn sie einerseits den Beginn der deutlichen Zustandsverbesserung auf das Jahr 2006 bezieht, anderseits ausführt, der Versicherte zeige nunmehr nach zweimonatiger intensiver Behandlung im Psychiatriezentrum D.________ und der dort eingeführten Medikation mit Antidepressiva bei anzunehmender Compliance keine wesentlichen Symptome mehr, die künftig eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit rechtfertigten. Weiter überzeugt wenig, alle den Versicherten behandelnden oder begutachtenden Ärzte (mithin auch Dr. med. B.________; vgl. Gutachten vom 25. August 2004) hätten befundmässig und diagnostisch das psychiatrische Krankheitsbild mit dem somatischen vermengt, weshalb rückblickend keine zuverlässige Beurteilung der Entwicklung des psychopathologisch relevanten Gesundheitszustands mehr abgegeben werden könne. Auch diese Aussage widerspricht den zitierten Ausführungen der Dr. med. G.________, die psychiatrische Zustandsverbesserung sei ab dem Jahre 2006 anzunehmen. Im Übrigen leuchtet die implizit zum Ausdruck gebrachte medizinische Auffassung, psychiatrische Befunde liessen sich objektiv klar von somatischen abgrenzen, jedenfalls angesichts der langjährigen medizinischen Krankengeschichte wenig ein. Die sich daraus zwanglos ergebende Frage, wie sich das psychiatrische und das die Arbeitsfähigkeit unbestritten erheblich einschränkende somatische Krankheitsbild zueinander verhielten, klärten die Sachverständigen des Medizinischen Zentrums F.________ weder gemäss Hauptgutachten vom 16. Juni 2011 noch gemäss dessen Ergänzung vom 30. September 2011 in nachvollziehbarer Weise.  
 
3.2.2.3. Abschliessend ist festzuhalten, dass an dem von der IV-Stelle eingeholten medizinischen Gutachten des Medizinischen Zentrums F.________ vom 16. Juni 2011 und dessen Ergänzung vom 30. September 2011 schon beweisrechtlich betrachtet erhebliche Zweifel bestehen. Indem die Vorinstanz gestützt darauf den von der IV-Stelle geltend gemachten Revisionstatbestand bestätigt hat, hat sie die medizinischen Unterlagen unvollständig gewürdigt, weshalb das Bundesgericht den Sachverhalt frei überprüfen kann (vgl. E. 1 hievor). Nachdem die Krankengeschichte und die prognostische Beurteilung der Fachärzte des Psychiatriezentrums D.________ vom 28. Februar 2011 den Befunden der gutachtlichen Exploration der Dr. med. G.________ vom 26. April 2011 und deren Schlussfolgerungen (Gutachten des Medizinischen Zentrums F.________ vom 16. Juni 2011) deutlich entgegenstehen, ist eine zuverlässige Beurteilung der im Rentenrevisionsprozess massgeblichen Frage, ob sich der Gesundheitszustand im Vergleichszeitraum erheblich verbessert hatte, nicht möglich.  
 
3.2.3. Nach dem Gesagten ist die Sache im Sinne des Eventualantrags des Beschwerdeführers an das kantonale Gericht zwecks Neuabklärung des medizinischen Sachverhalts zurückzuweisen (vgl. Urteil 9C_495/2012 vom 4. Oktober 2012 E. 2.4, publ. in: Plädoyer 2012 Heft 6 S. 67).  
 
4.   
Die Rückweisung der Sache an das kantonale Gericht zu erneuter Abklärung gilt für die Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie von Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wurde (BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271 mit Hinweisen). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 25. Februar 2014 wird aufgehoben. Die Sache wird an das kantonale Gericht zurückgewiesen, damit es nach Einholung der erforderlichen Abklärungen im Sinne der Erwägungen über die Beschwerde gegen die Rentenaufhebungsverfügung der IV-Stelle Schaffhausen vom 27. Mai 2013 neu entscheide. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Juli 2014 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Ursprung 
 
Der Gerichtsschreiber: Grunder