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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_437/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 2. Dezember 2016  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Herrmann, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Silvia Däppen-Müller, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Gewerkschaft Unia, 
vertreten durch Rechtsanwalt Arthur Andermatt, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Zuständigkeit (Persönlichkeitsverletzung, vorsorgliche Massnahmen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Zivilkammer, vom 2. Mai 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am xx.xx.2015 erschien in der Tageszeitung "B.________" ein Artikel von C.________ mit dem Titel "Bauherrin jagt Gewerkschafter von U.________ Baustelle". Darin wurde ausgeführt, dass Gewerkschaften gestützt auf Art. 28 BV ein Zutrittsrecht auf Baustellen hätten, um Arbeiter über ihre Rechte innerhalb des Gesamtarbeitsvertrages zu informieren. Dies habe A.________ als Bauherrin nicht interessiert. Zwei Gewerkschafter seien von ihr aufs Übelste beschimpft worden. Die Vertreter seien hartnäckig geblieben und hätten die Baustelle nochmals aufgesucht. Die Bauherrin habe erneut kein Verständnis gezeigt. Der Baustellenbereich sei mit Schloss und Kette unzugänglich gemacht worden und die Arbeiter hätten das Areal nur über eine schmale Lücke im Zaun verlassen können. 
Die Gewerkschaft Unia veröffentlichte in der Folge den Artikel der "B.________" auf ihrer Hompepage. 
 
B.   
Am 24. September 2015 leitete A.________ beim Vermittleramt Plessur gegen die "Unia, Region Graubünden" Klage wegen Persönlichkeitsverletzung ein. Gleichzeitig verlangte sie im Rahmen vorsorglicher Massnahmen die sofortige Verpflichtung der Gewerkschaft, den Artikel von der Homepage zu entfernen und sämtliche Artikel auf der Homepage, in welchen ihr Name vorkomme oder sie durch die Verbindung "..." identifizierbar sei, zu löschen, sowie ein provisorisches Verbot gegenüber der Gewerkschaft, ehrverletzende oder wahrheitswidrige Behauptungen über die Homepage und/oder Medien zu verbreiten. 
Mit Entscheid vom 7. Dezember 2015 verpflichtete das Bezirksgericht Plessur die Unia, den Artikel "Bauherrin jagt Gewerkschafter von U.________ Baustelle" provisorisch und mit sofortiger Wirkung von ihrer Homepage zu nehmen. 
Mit Urteil vom 2. Mai 2016 hob das Kantonsgericht von Graubünden in Gutheissung der Berufung der Unia den erstinstanzlichen Entscheid auf und trat auf das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen mangels örtlicher Zuständigkeit nicht ein. 
 
C.   
Gegen dieses Urteil hat A.________ am 9. Juni 2016 eine Beschwerde erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Abweisung der vor Kantonsgericht gestellten Anträge der Beschwerdegegnerin. Es wurden keine Vernehmlassungen, aber die kantonalen Akten eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein in einer Zivilsache ergangener Entscheid einer letzten kantonalen Instanz über die Zuständigkeit; die Beschwerde in Zivilsachen steht offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 92 Abs. 1 BGG). 
 
2.   
Verfahrensthema ist, ob in Chur ein Gerichtsstand gemäss Art. 12 ZPO gegeben ist, indem die Beschwerdegegnerin dort eine Niederlassung betreibt und ein Konnex zwischen der dortigen geschäftlichen Tätigkeit und den beanstandeten Handlungen besteht. 
 
2.1. Das Kantonsgericht hat die objektiven Erfordernisse für die Annahme einer Niederlassung im Sinn von Art. 12 ZPO bejaht (Büroräumlichkeiten, erforderliche Selbständigkeit), hingegen den Konnex zwischen dem Anspruch der Klägerin und dem Betrieb der Niederlassung verneint. Es gehe vorliegend nicht um die Baustellenkontrolle, welche die Niederlassung gestützt auf Art. 41 der Statuten der Beschwerdegegnerin selbständig vornehmen könne, und auch nicht um die inhaltliche Abfassung des Artikels durch die Journalistin, sondern um die Aufschaltung bzw. Belassung des fraglichen Zeitungsartikels auf der Homepage der Gewerkschaft. Nach den Ausführungen der Beschwerdegegnerin habe die Niederlassung in Chur keinen Einfluss auf die Gestaltung der Homepage und die Aufschaltung des Artikels sei in der Zentrale in Bern erfolgt. Der Beschwerdeführerin gelinge es nicht, glaubhaft zu machen, dass die behauptete Persönlichkeitsverletzung durch die Publikation des Artikels auf der Homepage der Beschwerdegegnerin durch Mitarbeiter der Geschäftsstelle in Chur erfolgt sei. Entsprechend bestehe kein hinreichender sachlicher Zusammenhang zwischen der behaupteten Verletzung und dem Betrieb der Geschäftsstelle, so dass gemäss Art. 20 lit. a ZPO die Gerichte am Wohnsitz oder Sitz einer der Parteien zuständig seien.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung. Sie habe im Gesuch dargelegt, dass die Gewerkschafter von ihr nicht beschimpft worden seien und die gegenteilige Behauptung ehrverletzend sei. Ebenso habe sie behauptet und bewiesen, dass der Sektionsleiter der Unia Graubünden mit Büro in Chur auf der Baustelle erschienen sei. Dies sei von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten worden, ebenso wenig ihre Behauptung, dass die Journalistin C.________ nicht auf der Baustelle gewesen, sondern vielmehr durch die dort anwesenden Gewerkschafter informiert worden sei. Das Kantonsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Beschwerdegegnerin mit der Reproduktion des im Streit liegenden Artikels auf ihrer Homepage und durch Orchestrierung an der Persönlichkeitsverletzung mitgewirkt habe.  
Die Vorbringen der Beschwerdeführerin beschlagen zunächst die Vorfälle auf der Baustelle und die diesbezügliche Publikation eines Artikels in der "B.________", von denen das Kantonsgericht explizit festgehalten hat, dass sie von der Beschwerdegegnerin anerkannt würden. Angelpunkt der Überlegungen des Kantonsgerichts war aber, dass es nicht darum, sondern einzig um die Aufschaltung des Artikels auf der Homepage bzw. die dortige Belassung und damit um die Frage gehe, wer hierfür verantwortlich sei. Inwiefern es ihr gelungen wäre, glaubhaft zu machen, dass dies durch die Mitarbeiter der in Chur betriebenen Niederlassung geschah oder jedenfalls direkt veranlasst wurde, legt die Beschwerdeführerin auch vor Bundesgericht nicht dar. 
Fehlt es an substanziierten Rügen, inwiefern die beweisrechtliche Erwägung des Kantonsgerichtes willkürlich sein soll, mangelt es der behaupteten Verletzung von Bundesrecht an der notwendigen tatsächlichen Grundlage. Aus der blossen Aussage, das Kantonsgericht habe eine Reproduktion des im Streit liegenden Artikels auf der Homepage durch die "Gesuchsgegnerin" für den gemäss Art. 12 ZPO erforderlichen Konnex zu Unrecht nicht genügen lassen, ergibt sich keine Bundesrechtswidrigkeit. Die Lehre geht davon aus, dass am Ort der Niederlassung vertragliche Ansprüche eingeklagt werden können, wenn der Vertrag mit Personal der Niederlassung abgeschlossen wurde (BERGER, in: Berner Kommentar, N. 31 zu Art. 12 ZPO) oder dieser spezifisch die Niederlassung betrifft (FELLER/BLOCH, in: Kommentar zur Schweizerische Zivilprozessordnung, Hrsg. Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, 3. Aufl. 2016, N. 20 zu Art. 12 ZPO; SCHWANDER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar, Hrsg. Brunner/Gasser/Schwander, 2. Aufl. 2015, N. 10 zu Art. 12 ZPO; INFANGER, in: Basler Kommentar, N. 21 zu Art. 12 ZPO), und ferner auch ausservertragliche Ansprüche, namentlich aus unerlaubter Handlung, soweit die klagebegründende Handlung oder Unterlassung durch Personal der betreffenden Niederlassung verursacht wurde (FELLER/BLOCH, a.a.O., 3. Aufl. 2016, N. 23 zu Art. 12 ZPO; BERGER, a.a.O., N. 32 zu Art. 12 ZPO). Zu diesem ausservertraglichen Anspruch können auch solche aus Persönlichkeitsverletzung gezählt werden. Ausgehend von der kantonsgerichtlichen Erwägung, ein Handeln durch die Mitarbeiter der Zweigstelle sei nicht glaubhaft gemacht, ist keine Bundesrechtswidrigkeit gegeben, wenn das Kantonsgericht den erforderlichen Konnex im Zusammenhang mit den geltend gemachten ausservertraglichen Ansprüchen wegen angeblicher Persönlichkeitsverletzung verneint hat. 
 
3.   
Zufolge Abweisung der Beschwerde sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenseite ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Dezember 2016 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli