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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_379/2007 /bnm 
 
Urteil vom 3. Oktober 2007 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Marazzi, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Parteien 
X.________ (Ehemann), 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Stach, 
 
gegen 
 
Y.________ (Ehefrau), 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Stadelmann, 
 
Gegenstand 
Vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens, Unterhalt, 
 
Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Präsident der II. Zivilkammer, vom 7. Juni 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ (Ehemann), Jahrgang 1962, und Y.________ (Ehefrau), Jahrgang 1963, heirateten am 3. Juli 1992. Sie wurden Eltern einer Tochter, geboren am 25. November 1992. Die Ehefrau ist Coiffeuse mit eigenem Geschäft, das sie auch während der Ehe führte. Der Ehemann arbeitet im Treuhandbereich und ist bei der A.________ AG angestellt, einer Treuhand- und Finanzberatungsgesellschaft, deren Aktien zur Hälfte ihm gehören. Daneben will er ein Studium der Rechte absolvieren. Seit Juni 2003 leben die Ehegatten getrennt. Ihr Getrenntleben musste gerichtlich geregelt werden. Die monatlichen Geldbeträge des Ehemannes wurden auf Fr. 1'000.-- für die Tochter und auf Fr. 2'000.-- für die Ehefrau festgesetzt. Kindes- und Ehegattenunterhalt waren bis Ende März 2004 befristet, weil ab diesem Zeitpunkt die Tochter bei ihrem Vater lebte und ihm die Obhut zugeteilt wurde (Eheschutzentscheid vom 11. November 2004). 
 
B. 
Im November 2005 reichten die Ehegatten ihr gemeinsames Begehren auf Scheidung ein. Ende Mai 2006 kehrte die Tochter zu ihrer Mutter zurück, der die Obhut wiederum zugeteilt wurde. Im Rahmen vorsorglicher Massnahmen verpflichtete die Familienrichterin am Kreisgericht St. Gallen den Ehemann ferner, ab Juni 2006 an den Unterhalt seiner Tochter monatlich Fr. 1'500.-- zuzüglich Kinderzulagen zu leisten (Entscheid vom 7. September 2006) und seiner Ehefrau monatlich Fr. 1'225.-- zu bezahlen (Entscheid vom 13. März 2007). Die Rechtsverweigerungsbeschwerde des Ehemannes gegen den Entscheid vom 13. März 2007 wies das Kantonsgericht St. Gallen am 7. Juni 2007 ab. 
 
C. 
Dem Bundesgericht beantragt der Ehemann, den kantonsgerichtlichen Entscheid vom 7. Juni 2007 aufzuheben. Er ersucht um aufschiebende Wirkung. Die Ehefrau schliesst auf Abweisung des Gesuchs. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung dazu verzichtet und die kantonalen Akten eingereicht. Das präsidierende Mitglied der II. zivilrechtlichen Abteilung hat der Beschwerde die aufschiebende Wirkung für die bis und mit Mai 2007 geschuldeten Unterhaltsbeiträge zuerkannt (Verfügung vom 24. Juli 2007). In der Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens (Art. 137 ZGB) ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig (Art. 72 ff. BGG). Mit der Beschwerde gegen vorsorgliche Massnahmen kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht überprüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 133 III 393 E. 5.1 und E. 6 S. 397). Da das Kantonsgericht den erstinstanzlichen Entscheid lediglich auf Willkür hin überprüft hat (Art. 254 Abs. 1 lit. c ZPO/SG), prüft das Bundesgericht im Rahmen der erhobenen und ausreichend begründeten Rügen frei, ob das Kantonsgericht Willkür zu Unrecht verneint hat (vgl. BGE 125 I 492 E. 1a/cc und E. 1b S. 494 ff.). 
 
2. 
Willkür erblickt der Beschwerdeführer in der Festsetzung seines Einkommens und seines Beschäftigungsgrades (S. 3 f. Ziff. 2 und 3 der Beschwerdeschrift). 
 
2.1 Das Kantonsgericht hat es abgelehnt, auf den Lohnausweis für die unselbstständige Tätigkeit des Beschwerdeführers im Jahr 2006 abzustellen mit der Begründung, der Lohnausweis dürfte vom Beschwerdeführer selbst ausgestellt worden sein und sei nicht unterschrieben (E. 4a S. 4 des angefochtenen Entscheids). Das Kantonsgericht hat den Lohnausweis somit gewürdigt und nicht einfach aus den Akten gewiesen, wie das der Beschwerdeführer behauptet. 
 
Inwiefern die Würdigung willkürlich sein könnte, legt der Beschwerdeführer nur unzureichend dar. Seine Behauptung, "maschinelle Lohnausweise" müssten nicht unterzeichnet werden, dürfte zwar für Lohnausweise zutreffen, die über EDV-Anlagen erstellt werden, sofern der Aussteller trotz fehlender eigenhändiger Unterschrift eindeutig als Urheber der Bescheinigung und ihres Inhalts erkennbar und nachweisbar ist (Bst. B Ziff. 2 S. 5 des Kreisschreibens Nr. 19 der Eidg. Steuerverwaltung vom 7. März 1995, Steuerperiode 1995/96, betreffend "Auskunfts-, Bescheinigungs- und Meldepflicht im DGB"). Gleichwohl erscheint die angefochtene Würdigung nicht als willkürlich. Es fällt zunächst auf, dass auf dem Lohnausweis 2006 (act. 146) wie auch auf dem Lohnausweis 2005 (act. 139 der Scheidungsakten) der Stempel der A.________ AG angebracht ist, eine Unterschrift des Ausstellers hingegen fehlt, während die ebenfalls aktenkundigen Lohnausweise 2002 und 2004 neben der Angabe "A.________ AG" je eine Unterschrift aufweisen (Beilage 16 zur Gesuchsantwort des Beschwerdeführers im Eheschutzverfahren und act. 17 bzw. 119 der Scheidungsakten). Die "maschinelle" Erstellung der Lohnausweise musste unter Willkürgesichtspunkten nicht als ausreichende Erklärung für die fehlende Unterschrift angesehen werden, da für die Lohnausweise 2002 und 2004 mit Unterschrift das gleiche Formular verwendet wurde wie für den Lohnausweis 2005 ohne Unterschrift. Weiter fällt auf, dass die nicht unterzeichneten Lohnausweise 2005 und 2006, die für das im November 2005 eingeleitete Scheidungsverfahren am ehesten rechtserheblich sind, je einen Nettolohn ausweisen, der mehr als Fr. 10'000.-- tiefer ist als der im Lohnausweis 2004 unterschriftlich bestätigte Nettolohn. Auch dieser Umstand durfte berücksichtigt werden, ohne in Willkür zu verfallen. Soweit der Beschwerdeführer schliesslich einwendet, er sei nicht Alleinaktionär der A.________ AG und könne über die Höhe seines Einkommens nicht frei bestimmen, trifft Ersteres zwar zu, doch müssen Beherrschungsverhältnisse nicht stets auf Aktienbesitz beruhen. Einflussmöglichkeiten können ihren Grund auch in vertraglichen Bindungen oder in familiären, verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen haben (Urteil 5P.127/2003 vom 4. Juli 2003, E. 2.2, zusammengefasst in FamPra.ch 2003 S. 909). Willkürfrei durfte insoweit ausser Betracht gelassen werden, dass der Beschwerdeführer "nur" die Hälfte aller Aktien der Firma besitzt, bei der er als Treuhänder angestellt ist. 
 
Insgesamt kann die Würdigung nicht beanstandet werden, die zuletzt erstellten und nicht mehr unterzeichneten Lohnausweise seien im vorliegenden scheidungsrechtlichen Massnahmenverfahren als Beweismittel für das Einkommen des Beschwerdeführers ungeeignet und nicht zu berücksichtigen (Art. 9 BV; vgl. zum Begriff: BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9 und 173 E. 3.1 S. 178). 
 
2.2 Das Kantonsgericht hat das Einkommen des Beschwerdeführers gestützt auf die Veranlagungsberechnung der Staats- und Gemeindesteuern 2004 und anhand der anfangs 2007 eingereichten Steuererklärung des Beschwerdeführers ermittelt (E. 4a S. 4 f.). Es ist weiter davon ausgegangen, es könne auch auf das im Eheschutzentscheid festgestellte Einkommen von monatlich Fr. 9'320.-- abgestellt werden, zumal auf Grund des heute wesentlich günstigeren wirtschaftlichen Umfelds nicht anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer heute weniger verdiene (E. 4d S. 5 f. des angefochtenen Entscheids). Damit und mit der zuletzt getroffenen Annahme, die es erst rechtfertigen könnte, dass das Scheidungsgericht bestehende Eheschutzmassnahmen abändert (vgl. BGE 129 III 60 E. 2 S. 61), setzt sich der Beschwerdeführer in keiner den formellen Anforderungen genügenden Weise auseinander. Abgestellt werden durfte deshalb auf ein Einkommen von Fr. 9'320.-- monatlich. 
 
2.3 Vor Kantonsgericht hat der Beschwerdeführer weiter gerügt, die Familienrichterin habe willkürlich angenommen, er könne neben seinem Studium zu 80 % arbeitstätig sein. Das Kantonsgericht ist davon ausgegangen, die erstinstanzliche Annahme sei nicht zu beanstanden, zumal aktuelle Belege über die Fortschritte beim Studium fehlten und insbesondere keine Angaben über besuchte Veranstaltungen und bestandene Prüfungen vorlägen (E. 4b S. 5 des angefochtenen Entscheids). Die Feststellung, Studienbemühungen seien nicht nachgewiesen, greift der Beschwerdeführer nicht hinreichend begründet an. Insoweit gehen auch seine Vorbringen, mit einem Beschäftigungsgrad von 80 % könne er sein Studium nicht fortführen, an den eigentlichen Entscheidgründen vorbei. In diesem Punkt kann auf seine Beschwerde nicht eingetreten werden. 
 
3. 
Gegen die Feststellungen zum Einkommen der Beschwerdegegnerin wendet der Beschwerdeführer ein, anders als in seinem Fall habe sich das Kantonsgericht bei der Beschwerdegegnerin an die von ihr ins Recht gelegten Akten gehalten, was mit Bezug auf das Unabhängigkeits- und Gleichbehandlungsprinzip in stossender Weise als willkürlich im Sinne von Art. 9 BV qualifiziert werden müsse (S. 2 f. Ziff. 1 der Beschwerdeschrift). Der Einwand trifft nicht zu. Das Kantonsgericht hat die von der Familienrichterin gewählte Grundlage für das Einkommen ausdrücklich beanstandet (E. 4c S. 5) und beim früher im Eheschutzentscheid angenommenen Einkommen der Beschwerdegegnerin angeknüpft (E. 4d S. 5 des angefochtenen Entscheids). Da es für den Beschwerdeführer auch von den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen ist (vgl. E. 2.2 hiervor), liegt weder Willkür noch eine sonstige Verfassungsverletzung vor. 
 
4. 
Der Beschwerdeführer erneuert schliesslich seine Einwände gegen den Kinderunterhaltsbeitrag (S. 5 f. Ziff. 4 der Beschwerdeschrift). Das Kantonsgericht hat dazu ausgeführt, der Kindesunterhalt bilde nicht Gegenstand der angefochtenen Verfügung, sondern sei im Entscheid vom 7. September 2006 rechtskräftig festgelegt worden. Im Übrigen erweise sich der Vorwurf auch inhaltlich als unzutreffend, weil das Nettoeinkommen des Ehemannes erheblich höher liege (E. 5 S. 6 des angefochtenen Entscheids). Die Abweisung der Beschwerde gegen den Kinderunterhalt beruht damit auf zwei selbstständigen, zueinander im Eventualverhältnis stehenden Entscheidgründen, die beide angefochten werden müssen, soll das Bundesrechtsmittel zum Erfolg führen (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120 f.). Die Begründung des Kantonsgerichts, der Kindesunterhalt sei rechtskräftig festgelegt, rügt der Beschwerdeführer nicht erkennbar als willkürlich, so dass auf die Beschwerde gegen den Kindesunterhalt nicht einzutreten ist. Sie erwiese sich aber auch als unbegründet, zumal willkürfrei auf ein Einkommen von Fr. 9'320.-- abgestellt werden durfte (vgl. E. 2.2 hiervor), womit der Kindesunterhalt von Fr. 1'500.-- (= 16 % des Einkommens) innerhalb des Rahmens von 15 % bis 17 % des Einkommens bleibt, den der Beschwerdeführer für massgeblich hält. 
 
5. 
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin ist mit ihrem Begehren, das Gesuch um aufschiebende Wirkung abzuweisen, unterlegen, zumal für die bis und mit Mai 2007 geschuldeten Beiträge dem Antrag des Beschwerdeführers entsprechend aufschiebende Wirkung gewährt worden ist. Unter diesen Umständen ist für die Stellungnahme keine Entschädigung geschuldet. In der Sache ist keine Vernehmlassung angeordnet worden und somit auch keine Entschädigung festzusetzen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Präsident der II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 3. Oktober 2007 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: