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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_455/2020  
 
 
Urteil vom 1. Juli 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, 
Bundesrichter Merz, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Götze, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, 
Abteilung Schwerpunktkriminalität, 
Cybercrime und Besondere Untersuchung, 
Selnaustrasse 32, 8001 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Kontosperre, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des 
Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 21. Juli 2020 
(UH190147-O/U/HEI). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ (nachfolgend: Beschuldigter) und weitere mitbeschuldigte Personen, unter anderem wegen Betrugs und ungetreuer Geschäftsbesorgung. Am 9. Mai 2019 verfügte sie gegenüber einer Bank die Edition von Kontenunterlagen einer Gesellschaft. Gleichzeitig verfügte die Staatsanwaltschaft die Sperre eines auf den Beschuldigten lautenden Kontos. Hinsichtlich der von der Bank edierten Unterlagen des Gesellschaftskontos wurde am 22. Mai 2019 ein Siegelungsbegehren gestellt, worauf die Staatsanwaltschaft diesbezüglich ein separates Entsiegelungsverfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich einleitete. Eine vom Beschuldigten am 31. Mai 2019 gegen die Sperre seines Kontos erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, mit Beschluss vom 21. Juli 2020 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Gegen den Beschluss des Obergerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 3. September 2020 an das Bundesgericht. Er beantragt in der Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und der Kontosperre. Das Obergericht verzichtete am 8. September 2020 auf eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 18. September 2020 die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer replizierte am 8. Oktober 2020. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Da der Beschwerdeführer Inhaber des gesperrten Kontos ist, erscheint das Rechtsmittel unter dem Gesichtspunkt der Beschwerdelegitimation (Art. 81 BGG) zulässig. Auch ein drohender nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist bei Vermögensbeschlagnahmen grundsätzlich zu bejahen (vgl. BGE 128 I 129 E. 1 S. 131). 
 
2.  
In verfahrensrechtlicher Hinsicht wiederholt der Beschwerdeführer seine vorinstanzlichen Beanstandungen, wonach die Staatsanwaltschaft ihre Beschlagnahmeverfügung (Kontosperrre) vom 9. Mai 2019 nicht ausreichend begründet und dadurch sein rechtliches Gehör verletzt habe. 
Die Vorinstanz erwog dazu im Wesentlichen Folgendes: 
Es könne offen bleiben, ob die Begründung der Beschlagnahmeverfügung das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt habe. Selbst wenn dies zuträfe, könne ein solcher Prozessfehler im Verfahren vor der kantonalen Beschwerdeinstanz "geheilt" werden. Das Obergericht entscheide über die vorgebrachten Rügen mit voller Kognition. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, sich zu den massgeblichen Beschlagnahmevoraussetzungen zu äussern. In ihrer vorinstanzlichen Stellungnahme vom 19. August 2019 habe die Staatsanwaltschaft ihre Begründung ergänzt. Was die untersuchten fünf Sachverhaltskomplexe betrifft, verwies das Obergericht ergänzend auf die sachkonnexen Entsiegelungsgesuche der Staatsanwaltschaft vom 23. bzw. 27. Mai 2019, die ebenfalls bei den Akten lägen. Damit sei die Staatsanwaltschaft ihrer Begründungspflicht spätestens im vorinstanzlichen Verfahren nachgekommen, und der Beschwerdeführer habe sich dazu in seiner Replik vom 20. September 2019 auch äussern können. Folglich sei eine allfällige unzureichende Begründung der Beschlagnahmeverfügung im Sinne der einschlägigen Bundesgerichtspraxis als "geheilt" anzusehen und von einer Rückweisung der Beschlagnahmesache an die Staatsanwaltschaft abzusehen. 
Der Beschwerdeführer setzt sich mit diesen Erwägungen des Obergerichtes nicht nachvollziehbar auseinander. Ebenso wenig legt er dar, inwiefern eine solche "Heilung" einer allfälligen Gehörsverletzung bundesrechtswidrig wäre bzw. inwiefern die Vorinstanz dabei Art. 29 Abs. 2 BV verletzt hätte. Auf die betreffende Rüge ist nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). 
 
3.  
In materieller Hinsicht macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes geltend: Eine deliktische Herkunft der Vermögenswerte auf dem gesperrten Konto sei nicht ersichtlich; die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien nicht belegt. Daher seien die Voraussetzungen einer Einziehungsbeschlagnahme nicht erfüllt. Was die Deckungsbeschlagnahme betrifft, hätten die kantonalen Instanzen die ungefähre Gesamthöhe der Verfahrenskosten nicht veranschlagt. Es bestünden keine Anhaltspunkte für eine Flucht bzw. dafür, dass er allfällige ihm aufzuerlegende Verfahrenskosten oder Geldstrafen nicht bezahlen würde. 
 
3.1. Zu prüfen ist zunächst, inwiefern in der Beschwerdeschrift unzulässige materielle Noven vorgebracht werden. Im angefochtenen Entscheid wurde in diesem Zusammenhang Folgendes erwogen:  
Der Beschuldigte habe das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachtes (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO) im vorinstanzlichen Verfahren nicht bestritten. Materiell habe er einzig und allein geltend gemacht, die Kontosperre sei nicht verhältnismässig. Konkret habe er ausgeführt, die Beschlagnahme schränke ihn in seiner persönlichen Bewegungsfreiheit erheblich ein, es fehle an einem öffentlichen Interesse an der Zwangsmassnahme, und diese sei nicht notwendig, da er zuvor bereits genügend Zeit gehabt hätte, um Vermögen beiseite zu schaffen. Diese Vorbringen begründeten nach Ansicht der Vorinstanz kein Beschlagnahmehindernis, soweit überhaupt ausreichend substanziierte Rügen vorgelegen hätten. 
 
3.2. Angesichts der prozessualen Vorbringen des Beschwerdeführers, die Staatsanwaltschaft habe ihre Beschlagnahmeverfügung nicht ausreichend begründet (vgl. dazu oben, E. 2), hat die Vorinstanz die strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn in fünf Sachverhaltskomplexen ("nicht getätigte Nachzahlungen", "Kickback-Zahlungen", "Prozessbetrug", "fiktive Rechnungen" bzw. "Verkauf einer Wohnung") zusammengefasst (vgl. angefochtener Entscheid, E. II/1-2, S. 3-5). Zur Deliktskonnexität des gesperrten Kontos erwog das Obergericht noch ergänzend, eine vom Beschwerdeführer kontrollierte Gesellschaft sei in verdächtige Geschäfte mit fiktiven Rechnungen verwickelt. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft bestünden Hinweise dafür, dass sich auf Konten des Beschwerdeführers Vermögenswerte deliktischer Herkunft befänden. In ihrer Vernehmlassung vom 19. August 2019 habe die Staatsanwaltschaft dies insoweit konkretisiert, als sie dem Beschuldigten unter anderem ungetreue Geschäftsbesorgung zur Last lege, indem dieser Gelder der Gesellschaft für sich privat verwendet habe. Ausserdem bestünden Anhaltspunkte, dass er für deliktische Dienste von einem Mitbeteiligten Geld erhalten habe.  
 
3.3. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachtes im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren nicht substanziiert bestritten hat. Er stellt sich auf den Standpunkt, er habe diesbezüglich "von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht". Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer materiellrechtlich lediglich Einwendungen gegen die Verhältnismässigkeit der Kontosperre erhoben. Soweit er erst nachträglich, im Verfahren vor dem Bundesgericht, einzelne Vorwürfe bestreitet oder eine Deliktskonnexität zum gesperrten Konto in Abrede stellt, liegen unzulässige Noven vor (Art. 99 Abs. 1 BGG). Mangels entsprechender substanziierter Vorbringen hatte sich das Obergericht damit - über die erwähnten Erwägungen hinaus - nicht näher zu befassen.  
 
3.4. Zur Frage der Verhältnismässigkeit der Deckungsbeschlagnahme erwog die Vorinstanz Folgendes:  
In die vorliegende Strafuntersuchung seien 148 ungarische Geschädigte und mehrere Beschuldigte involviert. Nach den Darlegungen der Staatsanwaltschaft habe der Beschwerdeführer bisher jegliche Aussage verweigert und diverse Rechtsmittel gegen Untersuchungshandlungen ergriffen. Angesichts der komplexen Untersuchung mit Auslandbezügen bzw. Rechtshilfeersuchen und der vom Beschwerdeführer erwirkten strafprozessualen Nebenverfahren sei mit erheblichen Prozesskosten zu rechnen. Seitdem er nicht mehr bloss Auskunftsperson sondern Mitbeschuldigter sei, habe sich das Risiko, dass er "Geld verschwinden lassen" könnte, massiv erhöht. Dabei sei auch seiner vorübergehenden Inhaftierung und den Festnahmen von zwei Mitbeschuldigten Rechnung zu tragen. Einer von ihnen, bei dem es sich - wie beim Beschwerdeführer - um einen österreichischen Staatsangehörigen handle, sei auf Begehren der Schweizer Strafbehörden in Italien in Auslieferungshaft gesetzt worden und während der Haft nach Österreich geflüchtet. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe diese Darlegungen der Staatsanwaltschaft weder widerlegt, noch konsequent bestritten. Sein blosser Einwand, er hätte nötigenfalls bereits genügend Zeit gehabt, um Vermögenswerte beiseite zu schaffen, lasse die Weiterdauer der Kontosperre nicht als unverhältnismässig bzw. überflüssig erscheinen (vgl. angefochtener Entscheid, E. 5 S. 10 f.). 
Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, begründet - im Lichte von Art. 197 Abs. 1 lit. c-d, Art. 197 Abs. 2 und Art. 268 StPO - keinen Vorwurf der Bundesrechtswidrigkeit. Er behauptet nicht, dass das vorläufig gesperrte Kontenguthaben, soweit nicht ohnehin eine Ausgleichseinziehung (Art. 70 StGB) zugunsten zahlreicher mutmasslicher Geschädigter in Frage kommt, die voraussichtlichen Kosten des komplexen Verfahrens sowie allfällige Entschädigungen, Geldstrafen oder Bussen (Art. 268 StPO) deutlich überstiege. Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, obschon er Österreicher sei, bestehe bei ihm keine "Fluchtgefahr", da er seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz habe. Auch ohne Fluchtgefahr - im Sinne des strafprozessualen Haftrechts - und bei einem aktuellen Lebensmittelpunkt in der Schweiz wäre es für den Beschwerdeführer jedoch einfach, sein Kontenguthaben zu transferieren bzw. abzuheben. Insofern droht hier ein empfindlicher Verlust von gesetzlichem Einziehungs- und Haftungssubstrat. Die diesbezüglichen Erwägungen des Obergerichtes zur vorinstanzlich erhobenen Rüge fehlender Verhältnismässigkeit halten vor dem Bundesrecht stand. Auf unzulässige Noven ist auch in diesem Zusammenhang nicht einzutreten (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Juli 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster