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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.209/2004 /pai 
 
Urteil vom 28. Juli 2004 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Wiprächtiger, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Kolly, Zünd, 
Gerichtsschreiber Heimgartner. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Christoph Dumartheray, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Betrug und versuchter Betrug, 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 17. Oktober 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ war Verwaltungsrätin der in Zug domizilierten B.________ Vermögensverwaltungen AG. Ihre Aufgabe beschränkte sich auf die jährliche Teilnahme an einer Verwaltungsratssitzung. Die Personen, welche diese AG beherrscht hatten, waren in betrügerische Geschäfte verwickelt gewesen und hatten sich ins Ausland abgesetzt. Infolgedessen sah sich A.________ um die versprochenen Tantiemen geprellt. Darüber beklagte sie sich Anfang Oktober 1997 in einem Restaurant vor ihren Bekannten X.________, C.________ und D.________. Im Verlaufe des Gesprächs beschlossen die vier, auf den Namen der genannten AG - ohne Zahlungsabsicht - Waren zu kaufen und unter sich aufzuteilen. In diesem Sinne bestellte D.________ Ende Oktober 1997 im Namen der B.________ Vermögensverwaltungen AG - mittels ihm von A.________ in ihrer Funktion als Verwaltungsrätin erteilten Vollmachten sowie einem Handelsregisterauszug - von der E.________ AG und der F.________ AG Natels sowie Computer(-zubehör). Die teilweise erhaltenen Waren teilten sie unter sich auf bzw. lieferten sie an eine weitere Person. 
B. 
Das Strafgericht Basel-Stadt wertete dieses Verhalten als Betrug bzw. Betrugsversuch. Es verurteilte X.________ im gleichen Verfahren wie zwei seiner Mittäter am 16. August 2002 wegen den angeführten Taten und einer weiteren Handlung - deren rechtliche Würdigung nicht bestritten ist - wegen Betrugs und versuchten Betrugs gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 8 Monaten. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 17. Oktober 2003 das Urteil des Strafgerichts bezüglich X.________ vollumfänglich. 
C. 
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Appellationsgericht Basel Stadt hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Beschwerdeführer macht geltend, es fehle am Tatbestandsmerkmal der Arglist. Die Geschädigten hätten keine Anstalten getroffen, die Zahlungsfähigkeit bzw. -willigkeit zu überprüfen. 
 
Die Vorinstanz ging von einem einfachen, aber raffinierten Täuschungsmanöver aus. Es seien nicht nur falsche Angaben gemacht worden, sondern eine Vollmacht der Verwaltungsrätin A.________ sowie ein Handelsregisterauszug, der diese als Verwaltungsrätin mit Einzelzeichnungsberechtigung ausgewiesen habe, vorgelegt worden. Zudem habe A.________ auf die telefonischen Anfragen hin bestätigt, dass die Einkäufe in Ordnung seien. Damit seien die von den Geschädigten getroffenen Vorsichtsmassnahmen wirkungslos geblieben. 
2. 
Des Betrugs macht sich strafbar, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt (Art. 146 Abs. 1 StGB). 
 
Den Tatbestand erfüllt nur die arglistige Täuschung. Wer sich mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit selbst hätte schützen bzw. den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer Vorsicht hätte vermeiden können, wird strafrechtlich nicht geschützt. Nach der Rechtsprechung ist die Täuschung arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit zeugen, dass sich auch das kritische Opfer täuschen lässt. Ist dies nicht der Fall, scheidet Arglist jedenfalls aus, wenn sowohl das vom Täter gezeichnete Bild insgesamt als auch die falschen Tatsachen für sich allein in zumutbarer Weise überprüfbar gewesen wären und schon die Aufdeckung einer einzigen Lüge zur Aufdeckung des ganzen Schwindels geführt hätte. Als besondere Machenschaften gelten Erfindungen und Vorkehren sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder Kniffe geeignet sind, das Opfer irrezuführen. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen; sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung voraus (BGE 126 IV 165 E. 2a mit Hinweisen). Besondere Machenschaften können namentlich vorliegen, wenn der Täter gefälschte oder rechtswidrig erlangte Urkunden oder inhaltlich unwahre Belege verwendet (BGE 128 IV 18 E. 3a mit Hinweisen). 
Arglist ist auch bei einfachen falschen Angaben gegeben, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, sowie dann, wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (BGE 128 IV 18 E. 3a mit Hinweisen). 
3. 
Nach der neueren Rechtsprechung erlangt das Kriterium der Überprüfbarkeit auch bei einem Lügengebäude und bei besonderen Machenschaften Bedeutung. Mit dem Tatbestandsmerkmal der Arglist verleiht das Gesetz der Opfermitverantwortung wesentliches Gewicht. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist indessen nicht erforderlich, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft, um den Irrtum zu vermeiden. Vielmehr scheidet Arglist lediglich aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Entsprechend entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers, sondern nur bei Leichtfertigkeit (BGE 126 IV 165 E. 2a mit Hinweisen). 
4. 
Der Beschwerdeführer und seine Mittäter waren aufgrund der Tatsache, dass A.________ Verwaltungsrätin der B.________ Vermögensverwaltungen AG war, bereits im Besitze eines entsprechenden Handelsregisterauszugs. Um die Verkäufer in den Glauben zu versetzen, dass die genannte AG Käuferin der Waren war, reichte folglich die Vorlage des Auszugs sowie einer - von der darin aufgeführten einzelzeichnungsberechtigten Verwaltungsrätin ausgestellten - Vollmacht aus. Zudem wurde dafür gesorgt, dass bei allfälligen telefonischen Anfragen A.________ bestätigen würde, dass die Käufe für die genannte AG getätigt würden. Aus diesem Grund konnten die wahrheitswidrigen Angaben nicht leicht aufgedeckt werden. Insgesamt ist die inkriminierte Handlung im Sinne der angeführten Rechtsprechung insbesondere aufgrund der verwendeten Urkunden als eigentliche Inszenierung und somit als besondere Machenschaft zu werten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Täter aufgrund der bestehenden Konstellation im Unterschied zu anderen derartigen Fällen keine grossen Vorbereitungen treffen mussten. 
 
Unter dem Gesichtspunkt der sog. Opfermitverantwortung ist nicht ersichtlich, inwiefern die Geschädigten hier grundlegendste Vorsichtsmassnahmen unterlassen haben sollten. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz haben sie durch Kontrollanrufe sicherzustellen versucht, dass die Käufe berechtigterweise im Namen der genannten AG erfolgten. Damit haben sie grundlegende Massnahmen zur Überprüfung der Angaben getroffen. Der Einwand des Beschwerdeführers, die entsprechenden Anrufe hätten nicht bezweckt, die Zahlungsfähigkeit bzw. -willigkeit, sondern nur die Gültigkeit der Vollmacht zu prüfen, geht fehl. Die Usanz, Waren an befugte Vertreter von Aktiengesellschaften auf Rechnung auszuhändigen, stützt sich auf die Erfahrung im Geschäftsverkehr, dass diese in der Regel bezahlt werden. Solche Anrufe bezwecken somit, die Gefahr zu minimieren, Kaufobjekte auszuliefern, die unbezahlt bleiben. Die Auffassung der Vorinstanz, nach der Geschäftspraxis diene ein solches Nachfragen dem Zweck sicherzustellen, dass die Waren dann auch bezahlt würden, ist demnach nicht zu beanstanden. 
5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 28. Juli 2004 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: