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[AZA 0/2] 
6S.247/2001/sch 
 
KASSATIONSHOF 
************************* 
 
10. Mai 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des 
Kassationshofes, Schneider, Wiprächtiger und Gerichtsschreiber 
Briw. 
 
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In Sachen 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Franz Hollinger, Stapferstrasse 28, Brugg/AG, 
 
gegen 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 
 
betreffend 
gewerbsmässiger betrügerischer Missbrauch einer 
Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 1 und 2 StGB)(eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich [II. Strafkammer] vom 8. September 2000 [S2/U/O/SB000224/eh]), hat sich ergeben: 
 
A.- Nachdem X.________ infolge eines Versehens bei der Migrosbank der Konto-Auszug eines Namensvetters mit einem Saldo von rund Fr. 380'000.-- zugestellt worden war, bestellte er eine auf dieses Konto lautende Codekarte und bezog damit zwischen dem 26. Mai 1998 und dem 
6. August 1998 an Bankomaten sechzehnmal (dreimal durch eine Drittperson) Fr. 5'000.-- und somit insgesamt Fr. 80'000.-- (Urteil Obergericht S. 7 und 8). 
 
B.- Das Bezirksgericht Zürich fand am 22. März 2000 X.________ des gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 1 und 2 StGB) und in einem weiteren Anklagepunkt der Pornographie (Art. 197 Ziff. 3 Abs. 1 StGB) schuldig. Es bestrafte ihn mit 15 Monaten Gefängnis. 
 
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 8. September 2000 den Schuldspruch und bestrafte ihn mit 14 1/2 Monaten Gefängnis (ebenfalls ohne bedingten Vollzug) und mit Fr. 500.-- Busse. 
 
C.- X.________ erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Er anerkennt den Schuldspruch wegen Pornographie und die entsprechende Bestrafung. Er rügt die Verurteilung gemäss Art. 147 StGB
 
D.- Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer habe die Daten des fremden Kontos manipuliert, indem dort Geldbezüge belastet worden seien, die der Inhaber nicht getätigt habe. Daraus hätten eine Saldoreduktion und ein unrichtiges Ergebnis des Datenverarbeitungsprozesses resultiert. Hätte er bei den Geldbezügen die richtigen Daten eingegeben, so wäre sein Konto belastet worden und läge keine Datenmanipulation vor. An der Erfüllung des Tatbestands würde sich auch nichts ändern, wenn man davon ausginge, dass in seinem Verhalten keine eigentliche Datenmanipulation liege, weil er die Daten (PIN-Code, Geldbezugskarte) "richtig", also unverfälscht, verwendet habe. Art. 147 StGB erfasse auch die unbefugte Verwendung von Daten. Der Beschwerdeführer habe Karte und Code nicht rechtmässig erlangt, sondern durch Täuschung bzw. unter Ausnützung eines Irrtums der Bank. Entscheidend sei aber nicht, wie die Codekarte in seinen Besitz gekommen sei, sondern dass er sie unbefugt verwendet habe. 
 
b) Der Beschwerdeführer wendet ein, er habe nicht Daten im Sinne von Art. 147 StGB manipuliert, sondern bloss die ihm von der Bank mitgeteilten Daten eingegeben. Er habe nicht auf die automatisierte Speicherung, Übermittlung und Verarbeitung von Daten eingewirkt, sondern "seine eigenen" Daten verwendet. Die Bezugskarte und der Code seien ihm von der Bank zugestellt worden, weshalb er zu ihrer Verwendung befugt gewesen sei. Daran ändere nichts, dass er zum Bezug nicht berechtigt gewesen sei. Entscheidend sei, wie die Codekarte in seinen Besitz gelangt sei. Unbefugt wäre der Bezug mit einer gestohlenen Codekarte. 
Art. 147 StGB greife als subsidiärer Straftatbestand nur ein, wenn mangels eines menschlichen Entscheidungsträgers bei computerisierten wirtschaftlichen Vorgängen der Betrugstatbestand versage. Es sei zuerst zu prüfen, ob die Vermögensdisposition auf die durch Täuschung manipulierte Willensentscheidung einer Person mit materieller Entscheid- oder Kontrollfunktion zurückzuführen sei. Am Anfang sei die Täuschung des Bankangestellten gewesen, weshalb Art. 146 StGB anwendbar sei. 
 
2.- Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, durch unrichtige, unvollständige oder unbefugte Verwendung von Daten oder in vergleichbarer Weise auf einen elektronischen oder vergleichbaren Datenverarbeitungs- oder Datenübermittlungsvorgang einwirkt und dadurch eine Vermögensverschiebung zum Schaden eines andern herbeiführt oder eine Vermögensverschiebung unmittelbar darnach verdeckt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft. Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft (Art. 147 Abs. 1 und 2 StGB). 
 
a) Art. 147 StGB erfasst auch den Fall, dass zwar "richtige" Daten verwendet und ein "richtiger" Datenverarbeitungsvorgang eingeleitet werden, aber dem Täter die Befugnis zur Verwendung dieser Daten fehlt (vgl. Schmid, Computer- sowie Check- und Kreditkarten-Kriminalität, Zürich 1994, § 7 N 61 und 62). Das betrugsähnliche Verhalten wird darin gesehen, dass der Täter mit der Verwendung der Daten vorgibt, dazu berechtigt zu sein (Schmid, a.a.O.). Wie Stratenwerth (Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 5. Auflage, Bern 1995, § 16 N 7) ausführt, ist dabei nicht entscheidend, ob die Verwendung der Daten in einem "anderen Sinn" als unberechtigt erscheint, sondern ob sie zu einem im Ergebnis unzutreffenden Datenverarbeitungs- oder Übermittlungsvorgang führt (ebenso Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, 2. Auflage, Zürich 1997, Art. 147 N 8). 
 
Die Tatbestandsvariante der unbefugten Verwendung von Daten erfasst Fälle, in denen Unbefugte durch eine an sich "richtige" Verwendung von Daten in die Datenverarbeitung eingreifen (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches [...] vom 24. April 1991, BBl 1991 II 969, S. 1021). Die Verwendung einer Bankomatkarte durch den Nichtberechtigten ist ein typischer Anwendungsfall dieser Bestimmung. Der Täter wirkt mit Daten (Codekarte und Code), zu deren Verwendung er nicht befugt ist, auf eine Datenverarbeitungsanlage (Bankomat) ein und führt eine Vermögensverschiebung zum Schaden eines andern herbei. 
 
 
b) Der Beschwerdeführer hatte infolge einer falschen Adressmutation der Bank die Kontonummer eines Namensvetters zugestellt erhalten und hierauf die Bank durch Täuschung (indem er vorspiegelte, er sei der berechtigte Kontoinhaber) veranlasst, ihm eine entsprechende Codekarte auszustellen. Diese verwendete er. Wie die Vorinstanz annimmt (angefochtenes Urteil S. 10), kam der Beschwerdeführer durch Täuschung der Bank in den Besitz der Daten. 
 
Der Beschwerdeführer will aus diesem Vorgehen ableiten, dass Art. 147 StGB nicht anwendbar sei: Denn erstens habe am Anfang die Täuschung eines Bankangestellten gestanden (so dass die Sache auf Betrug hin hätte geprüft werden müssen), zweitens sei er durch die Zustellung der Karte mit dem Code zu deren Verwendung befugt (wenn auch nicht berechtigt) gewesen und drittens könnte eine unbefugte Verwendung von Daten nur bei deliktischer Erlangung der Codekarte vorliegen. 
 
Diese Einwendungen des Beschwerdeführers betreffen lediglich die Beschaffungshandlungen (die als Vortaten gegebenenfalls selbständig strafbar sein können). Weil eine Datenverarbeitungsanlage nicht "getäuscht" werden kann, umschreibt Art. 147 StGB das täuschungsähnliche Verhalten als "unbefugte Verwendung von Daten", und dieses Verhalten muss im Ergebnis die Datenverarbeitung beeinflussen. Der Beschwerdeführer wirkte mit der als "Bargeldabhebung aus Bankomaten" umschreibbaren Tathandlung nicht auf die Bankangestellten ein, sondern auf das computerisierte Zahlungssystem (angefochtenes Urteil S. 11). Eines ist die Beschaffung der Daten, ein anderes ist deren Verwendung. Art. 147 StGB betrifft die Verwendung der Daten, die zu einem anderen Ergebnis führen muss, als es bei einem Dateneinsatz gemäss gegebener Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Datenverarbeitungsvorgangs erzielt worden wäre (Schmid, Die neuen Computerstraftatbestände, in: Diritto penale economico, CFPG 18, Lugano 1999, S. 64). Wie die Vorinstanzen gestützt auf Schmid (a.a.O., § 7 N 65) ausführen, ist unerheblich, wie der Nichtberechtigte zu den Daten kommt; es entscheidet das Ergebnis der Verwendung (Stratenwerth, a.a.O.; ferner Pierre Schneider, La fraude informatique au sens de l'article 147 CPS, Diss. 
Lausanne, Basel 1995, S. 65 ff.). Der Hinweis des Beschwerdeführers auf Rehberg/Schmid (Strafrecht III, 
7. Auflage, Zürich 1997, S. 189/190) hilft nicht weiter: 
Die Autoren führen zwar aus, dass vor allem Benützer einer Codekarte erfasst werden, soweit sie diese durch Diebstahl oder ein anderes Delikt erlangt haben. Sie halten aber neben diesen beispielsweisen Beschaffungshandlungen das Wesentliche fest, dass die Regelung auf Fälle zielt, in denen im Rahmen des automatisierten Zahlungsverkehrs diese (an sich richtigen) Autorisationsinstrumente durch Unberechtigte eingesetzt werden (die Ausführungen von Schmid, Das neue Computerstrafrecht, ZStrR 113/1995 S. 22, 36 ergeben nichts weiter). 
Es ist unerfindlich, wie der Beschwerdeführer aus dem Besitz der Daten die Befugnis zu ihrer Verwendung ableiten will, obwohl er einräumen muss, zur Verwendung nicht berechtigt gewesen zu sein. 
 
c) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe keine "eigentliche" Datenmanipulation im Sinne von Art. 147 StGB begangen (er habe nur Daten manipuliert zwecks Ausstellung der Codekarte; Beschwerde S. 
5), kann einerseits auf das Gesagte verwiesen werden, dass es für die Tatbestandserfüllung irrelevant ist, wie er zu den Daten kam. Anderseits scheint er damit sogenannte Programm-Manipulationen zu bestreiten. Das wäre ihm nach dem Sachverhalt aber nicht vorwerfbar. 
Mangels Relevanz ist hierauf sowie auf den im Gesetz nicht verwendeten und "sehr weit zu verstehenden" Begriff der "Manipulation" (Schmid, a.a.O., § 7 N 27) nicht einzugehen. 
 
d) Schliesslich bezeichnet der Beschwerdeführer die Erwägungen zu Vermögensschädigung bzw. -verschiebung als unzutreffend (Beschwerde S. 9). Hierauf ist mangels Begründung nicht einzutreten (Art. 273 BStP). 
 
3.- Der Schuldspruch verletzt kein Bundesrecht. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten vor Bundesgericht (Art. 278 BStP). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.-Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht (II. Strafkammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
_____________ 
Lausanne, 10. Mai 2001 
 
Im Namen des Kassationshofes des 
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: