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[AZA] 
H 225/99 Vr 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Meyer und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiberin Glanzmann 
 
Urteil vom 29. Februar 2000  
 
in Sachen 
 
B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt 
C.________, 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 
St. Gallen, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
    A.- B.________ war gemäss Handelsregisterauszug vom 
17. Mai 1994 von April 1980 bis am 22. Februar 1993 Mit- 
glied des Verwaltungsrates der Firma M.________ AG (im 
Folgenden: Gesellschaft), wobei er intern bereits am 
28. Januar 1993 ausgeschieden war. Ab Oktober 1991 kam die- 
se der sozialversicherungsrechtlichen Beitragszahlungs- 
pflicht nicht mehr ordnungsgemäss nach. Die von der Aus- 
gleichskasse des Kantons St. Gallen eingeleiteten Betrei- 
bungen (auf Pfändung der Betriebsliegenschaft samt Miet- 
zinseinnahmen) führten u.a. zu provisorischen Verlust- 
scheinen vom 22. Juli 1993, 6. Oktober 1993, 2. Dezember 
1993 und 7. März 1994. Nachdem ein aussergerichtlicher 
Nachlassvertrag nicht zu Stande gekommen war, wurde am 
20. April 1994 mangels Sanierungsaussichten über die Ge- 
sellschaft der Konkurs eröffnet. In diesen gab die Aus- 
gleichskasse eine Forderung für nicht entrichtete bundes- 
rechtliche Sozialversicherungsbeiträge sowie Beiträge an 
die kantonale Familienausgleichskasse (FAK), einschliess- 
lich Mahngebühren, Betreibungs- und Verwaltungskosten sowie 
Verzugszinsen, im Betrage von Fr. 249'167.65 ein. Vom 7. 
bis 19. Oktober 1994 lagen der Kollokationsplan und das 
Inventar auf. Mit Zirkularschreiben vom 8. November 1994 
machte das Konkursamt X.________ deutlich, dass bei der 
Verwertung der Betriebsliegenschaft mit einem Pfandausfall 
zu rechnen wäre sowie dass sämtliche ungesicherten 
Gläubiger einen Totalverlust ihrer Forderungen zu 
gewärtigen hätten. 
    Mit Verfügung vom 28. April 1995 verpflichtete die 
Ausgleichskasse B.________ unter solidarischer Haftbarkeit 
mit W.________ und E.________ zur Bezahlung von 
Schadenersatz im Betrage von Fr. 93'580.45 (ohne FAK- 
Beiträge). Dagegen erhob der Betroffene Einspruch. 
 
    B.- Am 20. Juni 1995 reichte die Ausgleichskasse beim 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Klage ein mit 
dem Begehren, B.________ sei als Solidarschuldner zur 
Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 83'622.35 
(ohne Januar-Forderung 1993) zu verpflichten. 
    Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess 
die Klage gut (Entscheid vom 23. Februar 1999). 
 
    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ 
beantragen, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und es 
sei die Schadenersatzklage der Ausgleichskasse abzuweisen. 
    Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Ver- 
waltungsgerichtsbeschwerde. Der als Mitinteressierte bei- 
geladene W.________ verzichtet auf eine Stellungnahme. Das 
Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht ver- 
nehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht 
um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleis- 
tungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht 
nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht 
verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Miss- 
brauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachver- 
halt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter 
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt 
worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und 
b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
    2.- Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf Gesetz 
(Art. 52 AHVG) und Rechtsprechung (vgl. statt vieler: BGE 
123 V 15 Erw. 5b) die Voraussetzungen zutreffend dargelegt, 
unter denen ein verantwortliches Organ einer juristischen 
Person der Ausgleichskasse den durch schuldhafte Missach- 
tung der Vorschriften über die Beitragsabrechnung und -be- 
zahlung (Art. 14 Abs. 1 AHVG; Art. 34 ff. AHVV) entstande- 
nen Schaden zu ersetzen hat. Gestützt darauf bejahte sie 
die Haftbarkeit des Beschwerdeführers und gab der Schaden- 
ersatzklage zu Recht vollumfänglich statt. 
    In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vor- 
gebracht, was die dem kantonalen Entscheid zu Grunde lie- 
gende Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts als 
mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG und die recht- 
liche Würdigung als bundesrechtswidrig erscheinen lassen 
könnte. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Höhe der 
Schadenersatzforderung. Ausserdem verkennt der Beschwerde- 
führer, dass nie ein definitiver Pfändungsverlustschein 
ausgefertigt wurde. Indes stellte die Gesellschaft Befrie- 
digung im Rahmen eines Nachlassvertrages und Verkaufs in 
Aussicht, weshalb auch kein Ausnahmefall in dem Sinne vor- 
lag, dass schon auf Grund der provisorischen Verlustscheine 
feststand, dass mit einer vollständigen Uneinbringlichkeit 
der Beitragsforderung zu rechnen war (vgl. ZAK 1991 S. 127 
Erw. 2a mit Hinweisen). Im Weiteren lässt der Beschwerde- 
führer ausser Acht, dass ihm im angefochtenen Entscheid 
nicht vorgehalten wird, das Nichtabrechnen über vereinzelte 
massgebende Löhne in den Jahren 1987 bis 1990 nicht von 
sich aus festgestellt, sondern nicht dafür gesorgt zu 
haben, dass die entsprechenden, am 15. Juni 1992 nachver- 
fügten Beiträge beglichen wurden. Auch kann dem passiven 
Verhalten des Beschwerdeführers (Verbleib im Verwaltungsrat 
trotz Nichtbefolgens seiner Ermahnungen zur Beitragsbeglei- 
chung) die kausale Bedeutung für den eingetretenen Schaden 
nicht abgesprochen werden. Dass die Ausgleichskasse den 
Ausgang des Nachlassverfahrens und der Verkaufsverhandlun- 
gen abwartete, gereicht ihr im Sinne der Rechtsprechung 
(BGE 122 V 185) nicht zum Vorwurf, zumal sie die Gesell- 
schaft verschiedentlich betrieben und das Pfändungsbegehren 
gestellt sowie lediglich einmal einen Zahlungsaufschub ge- 
währt hat. 
 
    3.- Da es im vorliegenden Verfahren nicht um die Be- 
willigung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen 
geht, ist das Verfahren grundsätzlich kostenpflichtig 
(Art. 134 OG e contrario). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Die Gerichtskosten von total Fr. 4000.- werden dem 
    Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten 
    Kostenvorschuss verrechnet. 
 
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs- 
    gericht des Kantons St. Gallen, dem Bundesamt für 
    Sozialversicherung und W.________ zugestellt. 
 
 
Luzern, 29. Februar 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: