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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_191/2011 
 
Urteil vom 7. September 2011 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Raselli, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. X.________AG, 
2. Y.________AG, 
Beschwerdeführerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwalt Urban Carlen, 
 
gegen 
 
Z.________AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokat Dr. Otto Pfammatter, 
 
Staatsrat des Kantons Wallis, vertreten durch das Departement für Verkehr, Bau und Umwelt, 
Rue des Creusets 5, 1950 Sitten. 
 
Gegenstand 
Diverse Bewilligungen; Legitimation, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 17. März 2011 des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Departement für Verkehr, Bau und Umwelt des Kantons Wallis schrieb im Amtsblatt vom 18. Mai 2007 den Bau des Autobahntunnels Eyholz im offenen Verfahren aus, wobei Teilangebote und Projektvarianten nicht zugelassen waren. In den Ausschreibungsunterlagen wurde den Anbietern insbesondere die Auflage gemacht, beim Bau des Tunnels Kies aus der Region zu beziehen. 
Mit Entscheid des Staatsrats des Kantons Wallis vom 19. Dezember 2007 erhielt die "ARGE Haupttunnel Eyholz" den Zuschlag. Diese beauftragte in der Folge die Z.________AG mit der Kieslieferung. 
Mit Entscheid vom 12. Mai 2010 genehmigte der Staatsrat die Errichtung einer Kies- und Betonwerkanlage auf der Parzelle Nr. 7521 in der Gemeinde Leuk durch die Z.________AG und erteilte dieser die Bewilligung zur Ausbeutung der erforderlichen Menge Kies für den Tunnelbau. 
 
B. 
Gegen diesen Entscheid reichten die X.________AG und die Y.________AG am 16. Juli 2010 beim Kantonsgericht Wallis Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Mit Urteil vom 17. März 2011 trat das Kantonsgericht auf die Beschwerde nicht ein. 
 
C. 
Die X.________AG und die Y.________AG führen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Kantonsgerichts vom 17. März 2011 aufzuheben, die Legitimation der Beschwerdeführerinnen zur Anfechtung des Entscheids des Staatsrats vom 12. Mai 2010 zu bejahen und diesen Entscheid aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur materiellen Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Kantonsgericht stellt Antrag auf Beschwerdeabweisung. Der Staatsrat verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Z.________AG beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen. 
Mit Präsidialverfügung vom 29. Juli 2011 wies das Bundesgericht das Gesuch der Beschwerdeführerinnen um Erlass einer vorsorglichen Massnahme (Einstellung der Arbeiten für die Erstellung der Kies- und Betonwerkanlage) ab. 
In ihrer Stellungnahme vom 31. August 2011 halten die Beschwerdeführerinnen an ihrem Standpunkt fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das angefochtene Urteil der Vorinstanz ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG) im Bereich des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Die Vorinstanz hat die Legitimation der Beschwerdeführerinnen verneint und ist nicht auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingetreten. Die Beschwerdeführerinnen sind gemäss Art. 89 BGG zur Anfechtung dieses Nichteintretensentscheids berechtigt (vgl. Urteil 1C_296/2010 vom 25. Januar 2011 E. 1, nicht publ. in: BGE 137 II 30). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist vorbehältlich rechtsgenügender Rügen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten. Für die erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde besteht kein Raum (Art. 113 BGG). 
 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerinnen rügen, die Vorinstanz habe ihre Legitimation zu Unrecht verneint. Sie führen aus, sie würden als direkte Konkurrentinnen der Beschwerdegegnerin durch den Entscheid des Staatsrats vom 12. Mai 2010 rechtsungleich behandelt und in ihrer Wirtschaftsfreiheit verletzt. Der Beschwerdegegnerin werde mit der Erteilung der Bewilligung zur Erstellung und zum Betrieb einer Kies- und Betonanlage ein massiver Wettbewerbsvorteil verschafft, zumal der Kanton der Beschwerdegegnerin die in seinem Eigentum stehende Parzelle Nr. 7521 unentgeltlich zur Verfügung stelle. Die Beschwerdeführerinnen heben weiter hervor, durch die Auflage des Kantons, wonach der von der "ARGE Haupttunnel Eyholz" als Hauptunternehmerin bezogene Kies aus der Region stammen müsse, seien als Kieslieferanten einzig sie und die Beschwerdegegnerin in Frage gekommen. Es bestehe daher eine besondere Konkurrenzsituation, welche im Ergebnis einer Kontingentierung respektive einer Beschränkung der Wettbewerbsteilnehmer gleichkomme. Die Beschwerdeführerinnen folgern, sie seien durch den staatsrätlichen Entscheid besonders berührt und besässen ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung; dementsprechend sei die Vorinstanz zu Unrecht nicht auf ihre Beschwerde eingetreten. 
Ferner machen die Beschwerdeführerinnen eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts und eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. 
 
2.2 Die Vorinstanz hat erwogen, die Beschwerdeführerinnen seien durch die der Beschwerdegegnerin erteilte Bewilligung lediglich in ihrer allgemeinen wirtschaftlichen Stellung als Gewerbegenossen betroffen, was keine besondere Betroffenheit im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu begründen vermöge. Die Legitimation sei daher zu verneinen, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten sei. 
 
2.3 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerinnen zeigen nicht auf und es ist auch nicht ersichtlich, dass die gerügten Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz für die Beurteilung der Frage der Legitimation relevant gewesen wären. Dies betrifft insbesondere die Ausführungen in der Beschwerde zur zweiten Tunnelröhre (Tunnel Visp). 
Soweit die Beschwerdeführerinnen der Vorinstanz eine Verletzung der Begründungspflicht als Ausfluss ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör anlasten, verkennen sie, dass sich für die Vorinstanz aufgrund der Verneinung der Beschwerdelegitimation eine Auseinandersetzung mit den materiellen Rügen erübrigte. 
Zu klären bleibt, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie den Beschwerdeführerinnen die Beschwerdeberechtigung abgesprochen hat. 
2.4 
2.4.1 Art. 111 BGG schreibt die Einheit des Verfahrens vor. Wer zur Beschwerde ans Bundesgericht berechtigt ist, muss sich am Verfahren vor allen kantonalen Vorinstanzen als Partei beteiligen können (Art. 111 Abs. 1 BGG). Die unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts muss grundsätzlich mindestens die Rügen nach den Artikeln 95-98 BGG prüfen können (Art. 111 Abs. 3 BGG). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die kantonalen Behörden die Rechtsmittelbefugnis nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde ans Bundesgericht vorgesehen ist. 
Gemäss Art. 80 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 44 Abs. 1 lit. a des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Wallis vom 6. Oktober 1976 (GS/VS 172.6) ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Damit stimmen die kantonalrechtlichen Legitimationsvoraussetzungen mit jenen für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht gemäss Art. 89 BGG überein. Wenn die Beschwerdeführerinnen nach Art. 89 BGG und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichts legitimiert wären, die der Beschwerdegegnerin erteilte Bewilligung mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht anzufechten, dürfte die Befugnis zur Ergreifung der zur Verfügung stehenden kantonalen Rechtsmittel nicht verneint werden. 
2.4.2 Die Vorinstanz hat zutreffend erwogen, dass die Beschwerdeführerinnen nicht Verfügungsadressatinnen im materiellen Sinn sind, da sie durch den Entscheid des Staatsrats vom 12. Mai 2010 weder berechtigt noch verpflichtet werden. Die Beschwerdelegitimation ist daher nach den für Drittbeschwerden geltenden Regeln zu beurteilen. Hiervon gehen auch die Beschwerdeführerinnen aus, wenn sie sich auf ihre Stellung als direkte Konkurrentinnen der Beschwerdegegnerin berufen. 
Dritte sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Beschwerde legitimiert, wenn sie durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen sind und in einer besonderen, beachtenswerten Beziehung zur Streitsache stehen und selber unmittelbar einen rechtlichen oder faktischen Nachteil erleiden (BGE 123 II 376 E. 2 S. 378 f., mit Hinweisen). 
Konkurrenten eines Bewilligungsempfängers im Speziellen sind nicht schon aufgrund der blossen Befürchtung, einer verstärkten Konkurrenz ausgesetzt zu sein, zur Beschwerde berechtigt. Diese Art des Berührtseins liegt vielmehr im Prinzip des freien Wettbewerbs begründet und schafft keine schutzwürdige besondere Beziehungsnähe. Ein schutzwürdiges Interesse kann aber vorliegen für Konkurrenten in Wirtschaftszweigen, die durch wirtschaftspolitische oder sonstige spezielle Regelungen (z.B. Kontingentierungen) in eine besondere Beziehungsnähe untereinander versetzt werden. Ferner sind Konkurrenten zur Beschwerde legitimiert, soweit sie geltend machen, andere Mitbewerber würden privilegiert behandelt. Von diesen Grundsätzen ausgehend erachtete es das Bundesgericht in BGE 125 I 7 nicht als willkürlich, einem Apotheker die Legitimation zur Anfechtung der einem Dritten erteilten (Polizei-)Bewilligung zum Betrieb einer Versandapotheke abzusprechen (vgl. BGE 127 II 264 E. 2c S. 269; Urteil 1C_455/2009 vom 15. April 2010 E. 1.2.4). 
 
2.5 Zwar mag - wie die Beschwerdeführerinnen ausführen - insoweit ein besonderes Konkurrenzverhältnis bestehen, als in der Region keine weiteren Unternehmen als Kieslieferantinnen in Betracht kommen. Diese Situation ist jedoch faktisch und nicht rechtlich begründet. Es existieren weder kantonal-, noch bundesrechtliche Vorschriften, welche eine Konkurrenz im Bereich der Kieslieferung beschränken oder ausschliessen würden. Soweit die Rechtsordnung aber keine Ausnahme von der wirtschaftspolitischen Grundordnung vorsieht, das heisst, solange keine mit einer Zulassungs- oder Kontingentierungsordnung zumindest vergleichbare besondere wirtschaftsverwaltungsrechtliche Regelung gilt, ist das Interesse, eine einen andern Mitbewerber betreffende polizeiliche Verfügung anzufechten, nicht als schützenswert zu bezeichnen. Vorliegend sind die sich gegenüberstehenden konkurrierenden Kiesunternehmen mithin nicht Teil einer wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Zulassungs- oder Kontingentierungsordnung, weshalb auch kein über die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen von Gewerbegenossen hinausreichendes spezifisches Interesse der Beschwerdeführerinnen besteht, welches deren Beschwerdelegitimation zu begründen vermöchte. 
Dass schliesslich die Beschwerdegegnerin im Bewilligungsverfahren ungerechtfertigt privilegiert worden wäre, machen die Beschwerdeführerinnen nicht substanziiert geltend und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Staatsrat den Beschwerdeführerinnen die Bewilligung zur Ausbeutung der erforderlichen Mengen Kies für den Tunnelbau unter den gleichen Konditionen ebenfalls erteilt hätte, wenn die Hauptunternehmerin "ARGE Haupttunnel Eyholz" den Kieslieferungsvertrag statt mit der Beschwerdegegnerin mit den Beschwerdeführerinnen abgeschlossen hätte (vgl. Sachverhalt lit. A. hiervor). 
Die Vorinstanz hat die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerinnen damit zusammenfassend zu Recht verneint. 
 
3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Aufgrund ihres Unterliegens sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese haben der privaten Beschwerdegegnerin eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG), wofür sie solidarisch haften (Art. 68 Abs. 4 BGG i.V.m. Art. 66 Abs. 5 BGG). Die kantonale Behörde obsiegt in ihrem amtlichen Wirkungskreis, weshalb ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdeführerinnen haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- unter solidarischer Haftung zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Staatsrat des Kantons Wallis und dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 7. September 2011 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner