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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_144/2022  
 
 
Urteil vom 19. Mai 2022  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin N. Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
SWICA Krankenversicherung AG, Rechtsdienst, Römerstrasse 38, 8401 Winterthur, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Spitex A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregori Werder, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Kanton Basel-Landschaft, Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion, Generalsekretariat, Rheinstrasse 31, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung (Prozessvoraussetzung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 27. Januar 2022 (730 20 173). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Spitex A.________ erhob am 8. Mai 2020 beim Schiedsgericht des Kantonsgerichts Basel-Landschaft Klage gegen die SWICA Krankenversicherung AG (nachfolgend: Swica) und beantragte, (1.) es sei festzustellen, dass es sich bei der Spitex A.________ um eine Organisation der Krankenpflege und Hilfe zu Hause gemäss Art. 51 KVV (SR 832.102) handle. (2.) Es sei festzustellen, dass die Ausrichtung von Beiträgen der kantonalen Behindertenhilfe des Kantons Basel-Landschaft nicht zum Entfallen oder zur Kürzung der krankenversicherungsrechtlichen Pflegeleistungen gemäss Art. 7 Abs. 2 KLV (SR 832.112.31) berechtige. (3.) Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin Fr. 68'049.45 und (4.) Fr. 36'352.60 zu bezahlen. An diesen Rechtsbegehren hielt die Klägerin mit Replik grundsätzlich fest, forderte neu jedoch die Bezahlung von Fr. 77'564.75 und Fr. 35'749.40 sowie die Gelegenheit, die eingeklagte Summe auf den im Urteilszeitpunkt ausstehenden Betrag zu aktualisieren. 
Die Swica beantragte, auf die Feststellungsbegehren sei nicht einzutreten und die Leistungsbegehren seien abzuweisen. Eventualiter sei ihre Leistungspflicht auf den Pflegeheimtarif zu begrenzen. 
Mit "Teil-Urteil" vom 27. Januar 2022 trat das Schiedsgericht des Kantonsgerichts Basel-Landschaft auf das Klagebegehren 1 nicht ein. Im Übrigen stellte es fest, dass die Swica im Sinne der Erwägungen grundsätzlich verpflichtet sei, die von der Spitex A.________ erbrachten Leistungen gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. a-c KLV nach dem Tarif von Art. 7a Abs. 1 KLV abzurechnen. Die Ausrichtung von Beiträgen der kantonalen Behindertenhilfe des Kantons Basel-Landschaft berechtige nicht zum Entfallen oder zur Kürzung der krankenversicherungsrechtlichen Pflegeleistungen gemäss Art. 7 Abs. 2 KLV. Hinsichtlich des masslichen Umfangs des Leistungsbegehrens werde das Verfahren ausgestellt. Weitere verfahrensleitende Anordnungen ergingen zu gegebener Zeit. 
 
B.  
Die Swica führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, das vorinstanzliche Teilurteil sei aufzuheben. Die Klage sei abzuweisen und auf die Feststellungsbegehren sei nicht einzutreten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen sowie diejenigen des vorinstanzlichen Verfahrens von Amtes wegen und mit freier Kognition (vgl. BGE 144 V 97 E. 1; 144 V 138 E. 4.1; je mit Hinweisen). 
 
2.  
Die Vorinstanz gab dem Antrag der Klägerin (i.c. Beschwerdegegnerin) statt, dass zunächst ein Teilentscheid über das Feststellungsbegehren gemäss Ziffer 2 der Klage hinsichtlich der grundsätzlichen Leistungspflicht zu fällen und in einem zweiten Urteil die Höhe des Leistungsanspruchs festzusetzen sei. Dies sei im Sinne der Prozessökonomie angezeigt, da die im vorliegenden Rahmen zu beurteilenden Rechtsfragen auch den masslichen Leistungsanspruch beschlagen würden und die Parteien sich dazu erst nach Klärung der Rechtsfragen abschliessend äussern könnten. Bei Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits durch ein einziges abschliessendes Urteil müssten weitere Stellungnahmen eingeholt und gegebenenfalls zusätzliche Abklärungen durchgeführt werden, was dem Anspruch auf ein einfaches und rasches Verfahren nicht gerecht werde. 
 
3.  
 
3.1. Anfechtbar beim Bundesgericht sind Endentscheide, die das Verfahren ganz (Art. 90 BGG) oder in Bezug auf unabhängig voneinander zu beurteilende Begehren oder auf einen Teil von Streitgenossen abschliessen (Teilentscheid; Art. 91 BGG). Selbstständig eröffnete Vor- oder Zwischenentscheide können demgegenüber nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 oder 93 BGG angefochten werden. Für die Abgrenzung zwischen anfechtbarem End- beziehungsweise Teilentscheid und nur unter besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen anfechtbarem Zwischenentscheid ist massgebend, ob der Entscheid ein Begehren behandelt, das unabhängig von anderen beurteilt werden kann (Art. 91 lit. a BGG; BGE 146 III 254 E. 2.1; 139 V 42 E. 2.3; je mit Hinweisen).  
 
3.2. Das kantonale Gericht hat in seinem "Teil-Urteil" über gewisse Fragen in grundsätzlicher Weise entschieden. Die betragsmässige Festsetzung der Leistungspflicht harrt jedoch noch der Erledigung. Wie die vorinstanzlichen Erwägungen zudem zeigen, besteht zwischen dem nun vorinstanzlich bereits beurteilten Feststellungsbegehren und den noch offenen Leistungsbegehren ein Zusammenhang. Mit dem Feststellungsentscheid sind verschiedene materiellrechtliche (Vor-) Fragen des Leistungsanspruchs geklärt. Das von der Vorinstanz beurteilte Feststellungsbegehren ist somit kein von den Leistungsbegehren unabhängiger Antrag im Sinne einer objektiven Klagenhäufung. Vielmehr stellt das vorinstanzliche Urteil ein Entscheid auf dem Weg zum Endentscheid dar, wobei über die mit dem Feststellungsbegehren aufgeworfenen und von der Vorinstanz in ihrem "Teil-Urteil" beurteilten Fragen sich auch inzident zusammen mit dem Leistungsanspruch befinden liesse. Das vorinstanzliche "Teil-Urteil" stellt somit keinen Teilentscheid im Sinne von Art. 91 BGG, sondern einen Zwischenentscheid gemäss Art. 93 BGG dar.  
 
3.3.  
 
3.3.1. Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).  
 
3.3.2. Nach der Rechtsprechung obliegt es der Beschwerde führenden Partei darzutun, dass eine dieser beiden Voraussetzungen erfüllt ist, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG; BGE 142 V 26 E. 1.2 mit Hinweisen).  
 
3.3.3. Die Beschwerdeführerin setzt sich mit den Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG nicht auseinander und deren Vorliegen ist auch nicht ersichtlich. Zum einen wird die Beschwerdeführerin gegen den Endentscheid Beschwerde erheben können (Art. 93 Abs. 3 BGG), ohne dass das jetzt angefochtene Urteil im bundesgerichtlichen Verfahren präjudizierende Wirkung entfaltet (BGE 133 V 477 E. 5.2.3 f.). Und zum anderen ist - selbst wenn mit einer Gutheissung der Beschwerde ein sofortiger Endentscheid einher ginge - nicht erkennbar, dass damit ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren im Sinne der Rechtsprechung entfiele. Denn ein unzumutbarer Aufwand für die Parteien im Zusammenhang mit den noch ausstehenden Fragen ist nicht ersichtlich, nachdem es hier (lediglich) um den Leistungsanspruch von zwei versicherten Personen geht. Nachdem rein tatsächliche Nachteile wie eine Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens praxisgemäss nicht ausreichen, um einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil anzunehmen (BGE 139 V 99 E. 2.4), besteht hier aus prozessökonomischen Gründen keine Ausnahmesituation, welche rechtfertigt vom Grundsatz abzuweichen, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 144 III 475 E. 1.2; Urteil 4A_125/2020 vom 10. Dezember 2020 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 147 III 139). Auf die Beschwerde ist deshalb nach dem Dargelegten nicht einzutreten.  
 
4.  
Auf einen Schriftenwechsel wird aus Gründen der Prozessökonomie verzichtet (Art. 102 Abs. 1 BGG; Urteile 9C_795/2020 vom 10. März 2021 E. 6 und 9C_628/2019 vom 20. Dezember 2019 E. 5). 
 
5.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion des Kantons Basel-Landschaft, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. Mai 2022 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Möckli