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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_893/2017  
 
 
Urteil vom 9. April 2018  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Herrmann, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Hazeraj, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Konkursamt Seeland. 
 
Gegenstand 
Freihandverkauf, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 27. Oktober 2017 (ABS 17 324). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 5. Juli 2017 eröffnete das Regionalgericht Berner Jura-Seeland auf Ersuchen der B.________ AG den Konkurs über die C.________ GmbH mit Sitz in U.________. Der Konkurs wird vom Konkursamt Seeland im summarischen Verfahren durchgeführt. Die Konkursitin war Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten im Eigentum der D.________ AG an der E.________strasse xxx in U.________. Das Konkursamt sicherte am 6. Juli 2017 das dort befindliche Geschäftsinventar. Am 19. Juli 2017 nahm es das Inventar auf und schätzte es auf Fr. 3'169.70.  
 
A.b. Am 31. August 2017 verfügte das Konkursamt den freihändigen Notverkauf des Inventars an die ehemalige Vermieterin des Geschäftslokals für einen Kaufpreis von Fr. 3'499.20. Dagegen wandte sich A.________, ehemaliger Geschäftsführer und Gesellschafter der Konkursitin, am 20. September 2017 an das Obergericht des Kantons Bern als Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen. Er erklärte, Beschwerde zu erheben und eine Begründung bis am 29. September 2017 nachzuliefern. Mit Verfügung vom 3. Oktober 2017 gewährte das Obergericht der inzwischen beauftragten Anwältin des Beschwerdeführers gemäss ihrem Ersuchen vom 2. Oktober 2017 Einsicht in die Akten und lehnte das Gesuch um Ansetzung einer angemessenen Frist zur Begründung der Beschwerde ab. Mit Entscheid vom 27. Oktober 2017 wies das Obergericht die Beschwerde ab.  
 
A.c. Mit Beschwerde vom 9. November 2017 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides und der konkursamtlichen Verfügung betreffend den Freihandverkauf. Zudem sei das Konkursamt zu verpflichten, ihm eine Frist zur Einreichung einer schriftlichen Offerte für das Inventar anzusetzen.  
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt worden. 
 
 
Sachverhalt:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer oberen kantonalen Aufsichtsbehörde über den Freihandverkauf im Konkurs, mithin eine Schuldbetreibungs- und Konkurssache. Dagegen ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig eines Streitwertes gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer als Gesellschafter der Konkursitin hat ein schützwürdiges Interesse an der Beurteilung des Freihandverkaufs (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. Urteil 5A_50/2015 vom 28. September 2015 E. 3.2; BGE 103 III 21 E. 1). Seine Anträge verfolgen einen praktischen Verfahrenszweck, da die Jahresfrist gewahrt und der Freihandverkauf noch nicht vollzogen ist (Art. 132a Abs. 3 i.V.m. Art 256 Abs. 1 SchKG; BGE 107 III 20 E. 3). Auf die Beschwerde ist einzutreten.  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet die Voraussetzungen für einen Freihandverkauf. Zudem kritisiert er, im Rahmen des Freihandverkaufs vom Konkursamt keine Möglichkeit erhalten zu haben, um als Privatperson eine Offerte für das Inventar seines ehemaligen Betriebes einzureichen.  
 
2.2. Nach Ansicht der Vorinstanz durfte das Konkursamt einen freihändigen Verkauf des Inventars im Sinne eines Notverkaufs gemäss Art. 243 Abs. 2 SchKG verfügen. Eine solche Verwertung sei auch ohne Zustimmung der Beteiligten zulässig.  
 
3.   
Anlass der Beschwerde bilden die Voraussetzungen und Modalitäten des Freihandverkaufs im Konkurs. Zu Recht steht nicht in Frage, dass der Freihandverkauf eine Verfügung ist, welche nach Art. 17 SchKG anfechtbar ist (BGE 106 III 79 E. 4; Urteil 5A_217/2011 vom 9. Juni 2011 E. 3). Gemäss Art. 17 Abs. 1 SchKG kann bei der Aufsichtsbehörde auch wegen Unangemessenheit Beschwerde geführt werden (BGE 85 III 118 S. 120/121), währenddem das Bundesgericht nur die gesetzwidrige Ermessensbetätigung prüft (BGE 134 III 323 E. 2; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 6 Rz. 16 und 17). 
 
3.1. Der in Art. 256 SchKG geregelte Verwertungsmodus sieht vor, dass die zur Masse gehörenden Vermögensgegenstände auf Anordnung des Konkursamtes öffentlich versteigert oder, falls die Gläubiger es beschliessen, freihändig verkauft werden (Abs. 1). Verpfändete Vermögensstücke dürfen nur mit Zustimmung der Pfandgläubiger anders als durch Verkauf an öffentlicher Steigerung verwertet werden (Abs. 2). Vermögensgegenstände von bedeutendem Wert und Grundstücke dürfen nur freihändig verkauft werden, wenn die Gläubiger vorher Gelegenheit erhalten haben, höhere Angebote zu machen (Abs. 3). Abgesehen von dieser Einschränkung liegt es im Ermessen des Konkursamtes, ob es die Gläubiger zur Einreichung eines Angebotes einladen will, bevor es einen Freihandverkauf verfügt. Die für das ordentliche Konkursverfahren erlassenen Verwertungsregeln gelten mit gewissen Ausnahmen auch für das summarische Konkursverfahren (Art. 231 Abs. 3 SchKG; BGE 76 III 102 E. 2; 131 III 280 E. 2.1). Dies gilt auch für die Anordnung eines Notverkaufs. Das Konkursamt verwertet insbesondere ohne Aufschub Gegenstände, die schneller Wertverminderung ausgesetzt sind, einen kostspieligen Unterhalt erfordern oder unverhältnismässige Aufbewahrungskosten verursachen (Art. 243 Abs. 2 SchKG; BGE 131 III 280 E. 2.1).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer betont, es bestehe keine Dringlichkeit, das Inventar zu verkaufen. Mit seiner Behauptung, das Inventar umfasse praktisch keine verderblichen Waren und schon gar keine Lebensmittel, sondern bestehe hauptsächlich aus Möbeln und Geräten, die keinen Unterhalt erfordern und keinen übermässigen Platz einnehmen, widerspricht er lediglich den tatbeständlichen Feststellungen der Vorinstanz. Darin ist keine rechtsgenüglich begründete Willkürrüge zu erblicken (E. 1.3). Der Beschwerdeführer geht zudem auf die Begründung der Vorinstanz, der Notverkauf erweise sich auch darum als sachgerecht, da der bisherige Vermieter das Inventar erwerbe, womit keine weiteren Mietzinsen zu Lasten der Masse anfallen, nicht ein. Ebensowenig setzt er sich mit dem vorinstanzlichen Argument, der Preis für das Inventar übersteige den Schätzungswert, auseinander. Gestützt auf den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt hat das Konkursamt durch den gewählten Verwertungsmodus die Interessen der Beteiligten durchaus gewahrt. Es hat durch die Anordnung des Freihandverkaufs das ihm zustehende Ermessen gesetzmässig ausgeübt (vgl. Urteil 5A_759/2015 vom 27. November 2015 E. 2.1; RUSSENBERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 8 zu Art. 243; JEANDIN/FISCHER, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 9 zu Art. 243).  
 
3.3. Zudem widerspricht der Beschwerdeführer der Vorinstanz, dass er sinngemäss gerügt hätte, seine Zustimmung zum Freihandverkauf nicht gegeben zu haben. Er betont, dass er nicht grundsätzlich in Frage stelle, dass der Freihandverkauf ohne seine Zustimmung erfolgen dürfe. In der Tat findet sich einzig in der (verspäteten und daher von der Vorinstanz nicht berücksichtigten) Eingabe vom 2. Oktober 2017 der Hinweis des Beschwerdeführers, er habe seine Zustimmung zum Freihandverkauf nicht erteilt. In der (innert Frist erhobenen) Beschwerde vom 20. September 2017 bringt der Beschwerdeführer hingegen einzig vor, das Konkursamt habe ihn über seine Rechte und Pflichten mit Blick auf den Freihandverkauf nicht belehrt.  
 
3.4. Vor Bundesgericht vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, dass das Konkursamt ihm Gelegenheit hätte geben sollen, als Privatmann für den Freihandverkauf ein Angebot zu machen.  
 
3.4.1. Der Beschwerdeführer bestreitet in diesem Zusammenhang die vorinstanzliche Feststellung, anlässlich der Einvernahme vom 11. Juli 2017 eine Offerte für den Kauf des Inventars in Aussicht gestellt, diese aber in der Folge nicht vorgelegt zu haben. Daraus folgert die Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer sehr wohl vom beabsichtigten Freihandverkauf gewusst habe. Wie es sich damit verhält, ist vorliegend nicht von Belang.  
 
3.4.2. Zwar steht bestimmten Personen im Konkurs das Recht zu, ein höheres Angebot vorzulegen. Dazu gehören gemäss Art. 256 Abs. 3 SchKG die Gläubiger. Aus Gründen der Gleichbehandlung haben sie das Recht, vom Konkursamt über die Absicht, ein bestimmtes Objekt durch Freihandverkauf zu verwerten, informiert zu werden und eine höheres Angebot vorzulegen (BGE 88 III 28 E. 6). Beim Konkurs einer juristischen Person steht nach der Lehre auch den Aktionären und Gesellschaftern das Recht auf ein höheres Angebot zu. Erforderlich ist indes, dass ein Angebot vorliegt, welches Aussicht auf einen Aktivenüberschuss gibt, zumal sie darauf nach Abschluss des Konkursverfahrens einen Anspruch haben (LORANDI, Der Freihandverkauf im schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 1994, S. 316 f.). Dem angefochtenen Entscheid lässt sich nicht entnehmen, dass der Beschwerdeführer Gläubiger der Konkursitin ist oder dass im Konkurs der C.________ GmbH ein Angebot vorgelegen hat, welches mit einem Aktivenüberschuss rechnen lässt. Der Beschwerdeführer legt jedenfalls nicht dar, inwiefern ein gesetzliches Recht zum Höhergebot übergangen worden sei.  
 
3.4.3. Ob bei Dringlichkeit im Sinne von Art. 243 Abs. 2 SchKG das Recht zum Höhergebot nach Art. 256 Abs. 3 SchKG ausgeschlossen werden kann, erübrigt sich zu erörtern (Frage offen gelassen in BGE 131 III 280 E. 2.1, Urteil 5A_27/2013 vom 22. März 2013 E. 3.1; RUSSENBERGER, a.a.O., N. 10 a.E. zu Art. 243). Das Recht zum Höhergebot betrifft neben Grundstücken lediglich die Vermögenswerte mit bedeutendem Wert. Die Frage, ob ein Vermögensgegenstand von bedeutendem Wert vorliegt, richtet sich - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - nach dem Inventarwert und kann im konkreten Fall (bei einem Schätzwert gemäss Konkursinventar von Fr. 3'169.70) ohne weiteres verneint werden (BAUER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Erg. 2017, ad N. 36b zu Art. 231; KREN KOSTKIEWICZ, Kommentar SchKG, 19. Aufl. 2017, N. 21 zu Art. 256). In den übrigen Fällen steht es im freien Ermessen des Konkursamtes, im summarischen Konkursverfahren den Berechtigten die Möglichkeit eines höheren Angebotes zu verschaffen (BGE 131 III 280 E. 2.1; KREN KOSTKIEWICZ, a.a.O., N. 5 zu Art. 231, mit Hinweisen; VOUILLOZ, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 33 zu Art. 231; LORANDI, a.a.O., S. 322, 335). Damit kann dem Beschwerdeführer ohnehin nicht gefolgt werden, wenn er auf dem Anspruch besteht, vom Konkursamt zur Einreichung eines höheren Angebotes eingeladen zu werden. Im konkreten Fall deutet nichts auf einen Rechtsfehler in der Anwendung der Regeln über den freihändigen Notverkauf und des eingeräumten Ermessens.  
 
4.   
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Zufolge Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. April 2018 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante