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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_1028/2019  
 
 
Urteil vom 18. Mai 2020  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, 
nebenamtlicher Bundesrichter M. Berger, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt René Peyer, 
 
gegen  
 
Dienststelle Steuern des Kantons Luzern. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Luzern und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2015, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 4. November 2019 
(7W 18 43 / 7W 18 44). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Nachdem Dr. med. B.________ 2008 von C.________ dessen als Einzelunternehmen geführte Arztpraxis übernommen hatte, erwarb er 2009 sämtliche Aktien der D.________ AG, welche in A.________ AG umbenannt wurde. In der Folge wurde das Einzelunternehmen aufgelöst, wobei die A.________ AG sämtliche Aktiven und Passiven des Einzelunternehmens, darunter auch den "Praxisübernahme Goodwill" im Betrag von Fr. 86'860.-- übernahm. Dieses Aktivum wurde bis Ende 2014 auf Fr. 0.-- abgeschrieben. 
Im Verlauf des Jahres 2015 gab B.________ seine Arbeitstätigkeit für die A.________ AG auf und war von da an nur noch für die E.________ AG tätig, welche in Luzern eine medizinische Gruppenpraxis betreibt. B.________ ist Mitaktionär dieser Gesellschaft und deren Verwaltungsratspräsident. In einem zwischen den Aktionären der E.________ AG bereits am 20. Mai 2014 abgeschlossenen Aktionärbindungsvertrag verpflichtete sich B.________ zur Einbringung seines Patientenstamms im Wert von Fr. 173'000.-- in die E.________ AG. Der Honorarertrag der A.________ AG ging 2016 auf Fr. 2'000.-- zurück. 
In der Veranlagung sowohl für die Staats- und Gemeindesteuern als auch für die direkte Bundessteuer der Steuerperiode 2015 vom 7. September 2017 der A.________ AG nahm die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern unter dem Titel "Unterpreisliche Leistungen an die Gesellschafter" eine Gewinnaufrechnung von netto Fr. 150'000.-- (Aufrechnung von Fr. 173'000.-- abzüglich Minus-Reserve Steuern von Fr. 23'000.--) vor. 
 
B.   
Eine Einsprache der A.________ AG gegen diese Veranlagung wies die Dienststelle Steuern am 21. März 2018 sowohl hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern als auch mit Bezug auf die direkte Bundessteuer ab. Eine dagegen von der A.________ AG erhobene Beschwerde blieb ebenfalls erfolglos. Am 4. November 2019 wies das Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer und betreffend die Staats- und Gemeindesteuern ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Dezember 2018 beantragt die A.________ AG, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die von der Dienststelle Steuern vorgenommene Aufrechnung sei zu streichen, eventualiter sei die Sache an die Dienststelle Steuern zurückzuweisen, welche nach pflichtgemässem Ermessen die Aufrechnung beim steuerbaren Gewinn auf den Goodwill der Beschwerdeführerin zu beschränken habe. 
Die Vorinstanz und die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt, die Beschwerde hinsichtlich der direkten Bundessteuer abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei; mit Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuer verzichtet sie auf das Stellen eines Antrags. In einer unverlangt eingereichten Replik vom 26. März 2020 hält die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
I. Prozessuales  
 
1.  
 
1.1. Die Vorinstanz hat betreffend die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Luzern und die direkte Bundessteuer der Steuerperiode 2015 ein einziges Urteil gefällt. Dies ist bei - wie vorliegend (vgl. nachstehende E. 5) - inhaltlich übereinstimmender Regelung der zu beurteilenden Rechtsfrage im Bundesrecht und im harmonisierten Recht zulässig. Die Beschwerdeführerin hat zulässigerweise nur eine einzige Beschwerdeschrift eingereicht. Das Beschwerdeverfahren kann auch vom Bundesgericht in einem einzigen Urteil entschieden werden (BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296; 135 II 260 E. 1.3.1 S. 262; Urteil 2C_1/2020 vom 4. März 2020 E. 1.2).  
 
1.2. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über die direkte Bundessteuer sowie die Staats- und Gemeindesteuern. Dagegen steht gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) und Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht grundsätzlich offen. Die Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Auf ihr frist- und formgerecht eingereichtes Rechtsmittel ist einzutreten (Art. 42 und Art. 100 BGG).  
 
1.3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Motivsubstitution; BGE 142 V 118 E. 1.2 S. 120; 139 II 404 E. 3 S. 415). Doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung kantonalen und interkantonalen Rechts sowie der Grundrechte untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).  
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 145 V 215 E. 1.2 S. 217). Diese Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt werden (BGE 145 II 282 E. 6.5 S. 296), wenn sie offensichtlich unrichtig, unvollständig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt wurden und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 145 V 215 E. 1.2 S. 217). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung (BGE 144 V 111 E. 3 S. 112). Die Anfechtung der vorinstanzlichen Feststellungen unterliegt der qualifizierten Rüge- und Begründungsobliegenheit (BGE 144 V 50 E. 4.1 S. 52 f.). Wird die Beschwerde diesen Anforderungen nicht gerecht, bleibt es beim Sachverhalt, wie er von der Vorinstanz festgestellt wurde (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).  
 
 
II. Direkte Bundessteuer   
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG sind als Ertrag aus beweglichem Vermögen insbesondere steuerbar Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geldwerte Vorteile aus Beteiligungen aller Art. Zu den geldwerten Leistungen zählen auch verdeckte Gewinnausschüttungen, welche das Pendant zu den geldwerten Vorteilen aus Beteiligungen bilden. Von  verdeckten Gewinnausschüttungen wird gesprochen, wenn - wie hier - die Optik der Gesellschaft zur Diskussion steht (Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG). Der Begriff der  geldwerten Vorteile  aus Beteiligungen wird dagegen aus der Sicht der Anteilinhaberin oder des Anteilinhabers verwendet (vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2. Aufl. 2019, N. 83 zu Art. 20 DBG).  
 
2.2. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung setzt in ständiger Rechtsprechung voraus, dass erstens die leistende Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft für ihre Leistung keine oder keine gleichwertige Gegenleistung erhält,  zweitens die Beteiligungsinhaberin oder der Beteiligungsinhaber der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft direkt oder indirekt einen VorteiI erlangt,  drittens die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft diesen Vorteil einem Dritten unter gleichen Bedingungen nicht zugestanden hätte (Drittvergleich) und  viertens der Charakter dieser Leistung - insbesondere das Missverhältnis zur Gegenleistung - für die Organe der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft erkennbar gewesen ist (vgl. BGE 144 II 427 E. 6.1 S. 443 f.; 140 II 88 E. 4.1 S. 92 f.; 138 II 57 E. 2.2 S. 59 f.; 131 II 593 E. 5.1 S. 607; Urteil 2C_449/2017 vom 26. Februar 2019 E. 2.3). Stets vorausgesetzt ist dabei, dass die Zuwendung ihren Rechtsgrund im Beteiligungsverhältnis hat (vgl. Urteil 2C_449/2017 vom 26. Februar 2019 E. 2.3).  
 
3.   
 
3.1. Zur Begründung ihres Entscheids führte die Vorinstanz aus, es sei zwar nicht von Anfang an abwegig, von einem auf die Person des Arztes entfallenden Goodwill auszugehen. Dennoch rechtfertige es sich nicht, den ganzen Betrag von Fr. 173'000.-- der Person des Arztes zuzugestehen, der Betrag sei vielmehr auf den Aktionär und auf die Beschwerdeführerin aufzuteilen. Sodann sei zu berücksichtigen, dass B.________ durch die Aufgabe seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin und deren Weiterführung allein als Arbeitnehmer der E.________ AG die ihm als Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin obliegenden Treuepflichten verletzt habe, indem er bewirkt habe, dass die Beschwerdeführerin die aus seiner (neuen) Tätigkeit resultierenden Erträge nicht herausverlangt habe. Darin sei ein Verhalten von B.________ zu erblicken, dem keine wertadäquate Gegenleistung an die Beschwerdeführerin gegenüberstehe. Aus den Akten gehe weder hervor, noch werde von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass sie eine Entschädigung für das konkurrierende Verhalten ihres Verwaltungsrats erhalten habe. Einen solchen Vorteil hätte die Beschwerdeführerin einem Dritten unter den gleichen Bedingungen nicht zukommen lassen. Der Verzicht erscheine darüber hinaus als ungewöhnlich und dies sei auch für die Organe der Beschwerdeführerin erkennbar gewesen. Im Licht dieser Umstände sei von einer geldwerten Leistung auszugehen, deren Höhe den auf die Person von B.________ fallenden Goodwill, ohne dass hierfür eine genaue Quantifizierung erforderlich wäre, in den Hintergrund rücke und die auf den im Rahmen des Aktionärbindungsvertrags vereinbarten Betrag von Fr. 173'000.-- festzusetzen sei.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin macht dagegen geltend, bei einem personenbezogenen Goodwill habe nur die Person, aber nicht die Gesellschaft einen Titel. Hier liege ein solcher personenbezogener Goodwill vor, würde doch niemand beim Erwerb der Aktien der Beschwerdeführerin bei der Ermittlung des Unternehmenswerts bzw. des Kaufpreises einen Goodwill berücksichtigen, nur weil B.________ für diese Unternehmung tätig sei. Der Goodwill gehöre nur B.________ und er habe daher der Beschwerdeführerin nichts entnommen. Schon deshalb könne hier, da die Beschwerdeführerin gar nicht entreichert worden sei, keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen.  
Ausserdem versuche die Vorinstanz, über eine nicht zulässige Überdehnung der Ausgestaltung der Treuepflicht von B.________ als Verwaltungsrat ein Fehlverhalten zu konstruieren. B.________ habe nie gleichzeitig für die Beschwerdeführerin und für die E.________ AG gearbeitet; er habe vielmehr seine Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin aufgegeben, bevor er zur E.________ AG gewechselt habe. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine konkurrierende Tätigkeit von B.________ vorgelegen. 
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz unterlasse es, eine genaue Quantifizierung der behaupteten geldwerten Leistung vorzunehmen. So habe sie nicht geprüft, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen der Betrag von Fr. 173'000.-- zustande gekommen sei. Ein Zusammenhang zwischen den Gewinnen der Beschwerdeführerin in den Jahren 2013 und 2014 sei nicht nachgewiesen. Ausserdem sei bis heute kein solcher Betrag an B.________ ausbezahlt worden und es sei auch schleierhaft, wie ein solcher Betrag gemäss dem Aktionärbindungsvertrag realisiert werden solle. 
 
 
4.   
 
4.1. Bei der Veräusserung von Arztpraxen ist es, jedenfalls soweit diese profitabel geführt werden, üblich, dass über den materiellen Wert (Praxiseinrichtung, gegebenenfalls einschliesslich Labor, Büroausstattung, EDV etc.) hinaus ein ideeller Wert, nämlich die Chance, die eingeführte Praxis wirtschaftlich erfolgreich weiterführen zu können, entschädigt wird. Auf diese notorische Erfahrungstatsache hat bereits die Dienststelle Steuern im Verfahren vor Vorinstanz hingewiesen und sie auch durch den Hinweis auf eine erhebliche Anzahl von Vergleichsfällen im Kanton Luzern konkret untermauert (Nachweis von Entschädigungen für immaterielle Werte zwischen Fr. 90'000.-- bis Fr. 289'000.--). Dass die von der Beschwerdeführerin betriebene Praxis ebenfalls - über die in der Bilanz enthaltenen materiellen Werte hinaus - einen entsprechenden immateriellen Wert aufwies, ist daher ohne weiteres plausibel; und die Beschwerdeführerin bestreitet dies auch gar nicht. Dass ein solcher immaterieller Wert, der zu einem ganz wesentlichen Teil aus den vorhandenen Patientenbeziehungen bestand, wegen seiner Natur als originärer Goodwill bei der Beschwerdeführerin nicht bilanzierungsfähig war (vgl. ULRIKE STEFANI, in: Dieter Pfaff/Stefan Glanz/Thomas Stenz/Florian Zihler [Hrsg.], Rechnungslegung nach Obligationenrecht, veb.ch Praxiskommentar, 2. Aufl., 2019, N. 25 zu Art. 959; PETER BÖCKLI, OR-Rechnungslegung, 2. Aufl., 2019, Rz 947 S. 240; Treuhandkammer [Hrsg.], Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Band "Buchführung und Rechnungslegung", 2014, S. 200), ändert nichts.  
 
4.2. Wird eine Arztpraxis wie im Fall der Beschwerdeführerin als Aktiengesellschaft mit einem Alleinaktionär geführt, kommt der nichtbilanzierbare originäre Goodwill im Falle der Praxisübernahme durch Veräusserung der Aktien im Aktienkaufpreis zum Vorschein, indem dieser den Substanzwert der Gesellschaft und damit der Aktien übersteigt. Unabhängig davon, wie der vorhandene Goodwill bei der Aushandlung des Kaufpreises bewertet wird (üblich sind in der Praxis beispielsweise an den von einer Arztpraxis über einen bestimmten Zeitraum erwirtschafteten Umsatz oder Cash Flow anknüpfende Methoden), gelangt der Goodwill im Kaufpreis zur Erscheinung und der Veräusserer realisiert die diesem entsprechenden stillen Reserven als Teil des beim Aktienverkauf realisierten Kapitalgewinns. Zwar bleibt der entsprechende Gewinn, sofern er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält, als Kapitalgewinn steuerfrei (Art. 16 Abs. 3 DBG; vgl. PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2. Aufl., 2019 N. 133 zu Art. 18). Allein in dem Umstand, dass es zu einer solchen "Überentschädigung" über den Substanzwert hinaus kommt, zeigt sich jedoch, dass - unabhängig vom Umstand, dass der Goodwill durch den bei seiner eigenen Gesellschaft angestellten Praxisinhaber geschaffen wurde, d.h. weitgehend von dessen persönlichen Fähigkeiten abhängt - ein der Gesellschaft zuzurechnender realisierbarer Wert vorhanden ist. Deshalb erweist sich die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach der durch ihren Alleinaktionär B.________ geschaffene originäre Goodwill nicht ihr, sondern diesem zuzurechnen sei, ihm allein gehöre und deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung mittels Entnahme des Goodwills schon begrifflich nicht denkbar sei, als unzutreffend. Insoweit unterscheiden sich eine als Einzelunternehmen und eine von einem Alleinaktionär geführte Arztpraxis nicht. In letzterer wie in ersterer wird der originäre Goodwill, insbesondere das Bestehen eines Patientenstamms durch die Arbeit des Arztes selbst bewirkt. Kommt es zur Veräusserung der Praxis, folgt dieser Wert (normalerweise) dem veräusserten Unternehmen.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wechselte ihr Alleinaktionär B.________ mit der Aufgabe seiner Tätigkeit für sie und der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für die E.________ AG nicht einfach seine Stelle. Indem er (allein) bei dieser Gesellschaft seine bisherigen Patienten weiterbetreute und damit im Ergebnis den von ihm geschaffenen Patientenstamm in die neue Gesellschaft einbrachte, an der er als einer von vier weiteren Ärzten und gleichzeitig Aktionären beteiligt ist, entnahm B.________ vielmehr der Beschwerdeführerin den in dieser bestehenden - nichtbilanzierbaren - Wert. Dass dieser vorgängig durch ihn selbst als Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin geschaffen worden war, ändert nichts. Dass die Beschwerdeführerin dafür keine Gegenleistung erhielt, ist unbestritten. Dass der entsprechende Vorteil B.________ als einzigem Aktionär der Beschwerdeführerin zufloss und die Beschwerdeführerin diesen Vorteil einem Dritten unter den gleichen Bedingungen nicht zugestanden hätte, bedarf ebenfalls keiner weiteren Erläuterung. Klar ist schliesslich auch, dass der Charakter dieser Leistung als verdeckte Gewinnausschüttung für die Organe der Beschwerdeführerin erkennbar war. Mit der Vorinstanz waren damit hier die Voraussetzungen für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung an den Alleinaktionär der Beschwerdeführerin offensichtlich erfüllt.  
 
4.3.2. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch die Beschwerdeführerin an ihren Alleinaktionär rechtfertigt sich auch mit Blick auf das von der Vorinstanz verwendete Hilfsargument eines treuwidrigen Verhaltens von B.________ als Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass der Arbeitnehmer einer Aktiengesellschaft - und zwar auch wenn er Alleinaktionär und einziger bzw. der massgebende Arbeitnehmer der Gesellschaft ist - arbeitsrechtlich ohne weiteres seine Tätigkeit für die Gesellschaft aufgeben und allein für eine andere Gesellschaft, an der er ebenfalls beteiligt ist, tätig werden kann, verletzt er jedenfalls, wenn er in der neuen Gesellschaft die gesamte bisherige Kundschaft (bzw. bei einer Arztpraxis, die bisher in der von seiner früheren, ihm gehörigen, Arbeitgeberin betriebenen Praxis betreuten Patienten) weiterbetreut, die ihm als Verwaltungsrat der Gesellschaft obliegende Treuepflicht. Durch den "Stellenwechsel" entzieht er nämlich, wie gerade der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt exemplarisch zeigt, der bisherigen Gesellschaft ihre gesamte wirtschaftliche Grundlage. Die "alte" Gesellschaft verfügt zwar noch über die bis zum Ausscheiden des Alleinaktionärs vorhandene materielle Substanz (Bankguthaben, Praxiseinrichtung etc.). Ihr fehlt jedoch ab dem Stellenwechsel des Alleinaktionärs mangels Neuanstellung eines Arbeitnehmers und Weiterbestehens der Kundenbeziehungen jegliches zukünftige Ertragspotential. Hier fielen die Erträge aus der Praxis im Folgejahr denn auch komplett zusammen und betrugen nur noch Fr. 2'000.--. Eine solche Entnahme des gesamten Ertragspotentials einer Gesellschaft durch ihren Alleinaktionär und Verwaltungsrat verletzt offensichtlich dessen Treuepflicht und ist mit der Vorinstanz als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Entgegen der Vorinstanz muss dafür indessen nicht auf die Rechtsprechung betreffend konkurrierende Tätigkeiten eines massgebenden Aktionärs und Arbeitnehmers neben seiner Tätigkeit für die von ihm beherrschte Gesellschaft rekurriert werden (Urteil 2C_1067/2017 vom 11. November 2019 E. 3.4.2 und E. 3.4.3 m.H.). Thema ist hier nämlich nicht, dass B.________ als selbstständig Erwerbender neben seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin allenfalls dieser zustehende Erträge erwirtschaftet hätte, sondern dass er unter Mitnahme der von ihm bei der Beschwerdeführerin betreuten Patienten eine Tätigkeit bei einer neuen Gesellschaft, deren Mitaktionär er ist, begonnen hat.  
 
4.4. Hinsichtlich der Bemessung des von B.________ als Alleinaktionär der Beschwerdeführerin entnommenen und in die E.________ AG eingebrachten Werts hat die Vorinstanz auf den im Aktionärbindungsvertrag vom 20. Mai 2014 für die Einbringung des Patientenstamms von B.________ festgelegten Betrag von Fr. 173'000.-- abgestellt. Damit knüpft die Vorinstanz an einen zwischen Dritten ausgehandelten Wert an; dass die Mitaktionäre B.________s in der E.________ AG mit einem überhöhten Betrag einverstanden gewesen wären, ist gänzlich unwahrscheinlich. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin musste die Vorinstanz daher keine weiteren Überlegungen und allenfalls Berechnungen (aufgrund der von der Beschwerdeführerin in den Vorjahren erzielten Umsätze, des Cash Flows o.ä.) betreffend den Wert des der Beschwerdeführerin entnommenen Patientenstamms anstellen. Angesichts der auf der Hand liegenden Vermutung der Marktgerechtheit des vereinbarten Anrechnungswerts wäre es vielmehr Sache der Beschwerdeführerin gewesen, Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass der vereinbarte Wert überhöht sei (vgl. zur Beweislastverteilung bei einer verdeckten Gewinnausschüttung: BGE 140 II 88 E. 7 S. 100 m.H.; PETER BRÜLISAUER/MARCO POLTERA, in: Kommentar DBG, 3. Aufl. 2017, N. 252 zu Art. 58; vgl. ROBERT DANON, in: Commentaire Romand LIFD, 2. Aufl. 2017, N. 210 zu Art. 57 und Art. 58 DBG). Da die Beschwerdeführerin diesbezüglich im vorinstanzlichen Verfahren keine substanziierte Sachdarstellung abgegeben, geschweige denn für den Nachweis eines substanziell niedrigeren Wert des entnommenen Goodwills geeignete Beweismittel vorgelegt hat, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung auf Fr. 173'000.-- festgesetzt hat.  
 
4.5. Die Beschwerde erweist sich damit hinsichtlich der direkten Bundessteuer als unbegründet.  
 
 
III. Staats- und Gemeindesteuern  
 
5.  
Die einschlägigen Bestimmungen des Steuerharmonisierungsgesetzes in der für die Steuerperiode 2015 geltenden Fassung (Art. 7 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 lit. b StHG) sowie § 27 Abs. 1 lit. e und § 72 Abs. 1 lit. b des Luzerner Steuergesetzes vom 22. November 1999 (StG/LU) verwenden einen identischen Begriff der geldwerten Leistung bzw. der verdeckten Gewinnausschüttung wie Art. 20 Abs. 1 lit. e und Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG. Es kann daher mit Bezug auf das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung durch die Beschwerdeführerin und von deren Ausmass auf das zur direkten Bundessteuer Ausgeführte verwiesen werden. Die Beschwerde ist auch mit Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern abzuweisen. 
 
 
IV. Kosten und Entschädigungsfolgen  
 
6.   
Bei diesem Verfahrensausgang tragt die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
  
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, Abteilung 4, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Mai 2020 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein