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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1101/2018  
 
 
Urteil vom 27. Dezember 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marco Albrecht, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Erste Staatsanwältin, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Neubeurteilung (Verfahrenseinstellung; fahrlässige Tötung); Gutachten eines Sachverständigen, Ausstandsvorschriften, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 14. August 2018 (470 17 191). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 17. November 2012 nahm sich die Ehefrau von A.________ in der Psychiatrie Baselland, wohin sie nach einem Suizidversuch eingewiesen worden war, das Leben. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft eröffnete ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen drei Ärzte der Psychiatrie Baselland, stellte dieses aber am 8. August 2016 gestützt auf ein externes Gutachten ein. Dieses hatte ergeben, dass die der Patientin gewährte, schrittweise zunehmende Autonomie aus allgemeinpsychiatrischer Sicht vernünftig gewesen sei und den Anforderungen der ärztlichen Kunst entsprochen habe sowie, dass keine für den Tod der Patientin kausalen Mängel ersichtlich seien. 
Mit Urteil vom 6. September 2017 (6B_115/2017) hiess das Bundesgericht die gegen die Einstellung gerichtete Beschwerde von A.________ letztinstanzlich gut, soweit es darauf eintrat. Es erwog, anhand der Akten lasse sich nicht beurteilen, ob der für das am 24. November 2014 und 23. März 2015 erstattete Gutachten verantwortliche Experte, welcher am 1. September 2015 eine leitende Stelle in der Psychiatrie Baselland angetreten hatte, als befangen erscheine. Die Staatsanwaltschaft habe die Umstände dieser Stellenausschreibung und -besetzung näher abzuklären. Insbesondere sei festzustellen, wann die Stelle ausgeschrieben wurde, wann der Experte von der Vakanz erfahren und wann er sich um eine Anstellung bemüht habe. 
 
B.  
In der Folge liess das Kantonsgericht die Staatsanwaltschaft einen Bericht der Psychiatrie Baselland zu den Umständen der Stellenausschreibung einholen und den Experten als Auskunftsperson befragen. Alsdann gewährte es den Parteien hierzu das rechtliche Gehör. Am 14. August 2018 wies es die Beschwerde von A.________ gegen die Einstellungsverfügung erneut ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, das Urteil des Kantonsgerichts sowie die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft seien infolge Befangenheit des Gutachters aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Vorliegend ist einzig zu prüfen, ob sich aus den Umständen der Stellenausschreibung und -besetzung des vormaligen Experten Hinweise auf dessen Befangenheit ergeben oder ob die Vorinstanz solches zu Recht verneint. Grundsätzlich nicht zu prüfen sind demgegenüber materielle Rügen gegen die Verfahrenseinstellung sowie Einwände gegen die inhaltliche Schlüssigkeit des Gutachtens, soweit sie sich nicht aus der behaupteten Befangenheit ergeben (vgl. Urteil 6B_115/2017 vom 6. September 2017 E. 1.2). 
 
1.1. Gemäss Art. 183 Abs. 3 StPO gelten für Sachverständige die Ausstandsgründe nach Art. 56 StPO. Demnach tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person namentlich in den Ausstand, wenn sie in der Sache ein persönliches Interesse hat oder aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (lit. f). Gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter entschieden wird. Diese Verfahrensgarantie wird sinngemäss auf das Erfordernis der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Sachverständigen übertragen (BGE 132 V 93 E. 7.1; 126 III 249 E. 3c; je mit Hinweis).  
Voreingenommenheit und Befangenheit werden bejaht, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des Sachverständigen oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss in objektiver Weise begründet erscheinen, wobei bereits der Anschein der Befangenheit genügt. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Sachverständige tatsächlich befangen ist (BGE 136 I 207 E. 3.1 mit Hinweisen). Nicht jede irgendwie geartete Beziehung zwischen der sachverständigen Person und einer Partei begründet für sich allein den Verdacht der Befangenheit. So ergibt sich eine solche nicht schon daraus, dass ein Experte im gleichen Institut arbeitet wie ein Kollege, dessen Meinungsäusserung zu beurteilen ist, denn sonst könnte in vielen Fällen überhaupt kein geeigneter Experte gefunden werden (BGE 125 II 541, E. 4b; Urteil 6B_115/2017 vom 6. September 2017 E. 2.1). 
 
1.2.  
 
1.2.1. Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, ist das Bundesgericht an seine im Rückweisungsentscheid gemäss Urteil 6B_115/2017 vom 6. September 2017 E. 2.3.1 dargelegte Beurteilung gebunden, wonach die Tatsache, dass der Sachverständige nunmehr für dasselbe Institut arbeitet, für welches er zuvor ein Gutachten erstattet hatte, für sich genommen keine Befangenheit begründet (vgl. BGE 135 III 334 E. 2; Urteil 6B_278/2017 vom 12. Februar 2018 E. 1.3). Gleiches gilt für die Feststellung, dass angesichts der schlüssigen Begründung des Experten auch die Art und Weise, wie dieser die Ergänzungsfragen beantwortete, in casu keinen Anschein von Befangenheit erweckt und zwar selbst dann, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits im Kontakt mit seinem späteren Arbeitgeber gestanden haben sollte. Ein allfälliger Kontakt zu diesem Zeitpunkt hat somit für die Frage der Befangenheit des Experten ausser Acht zu bleiben. Soweit der Beschwerdeführer diese damit begründet, ist auf seine Rügen nicht einzugehen.  
 
1.2.2. Aufgrund der vorinstanzlichen Beweisergänzungen steht sodann fest und ist unbestritten, dass der Vorgänger des Experten bei der Psychiatrie Baselland sein Arbeitsverhältnis am 6. Januar 2015, mithin nach Erstattung des Gutachtens, kündigte und, dass sich der Experte am 9. März 2015 auf die Stelle bewarb, nachdem er sich im Januar oder Februar 2015 beim Stellenvorgänger sowie beim damaligen Direktor hierüber erkundigt hatte. Im Rahmen seiner Befragung bei der Staatsanwaltschaft sagte der Experte ferner aus, zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung keine Kenntnis hinsichtlich der späteren Kündigung seines Stellenvorgängers gehabt und seine eigene Stelle bereits am 20. November 2014 in der Absicht gekündigt zu haben, als selbständiger Psychiater zu arbeiten. Dies tue er weiterhin, zumal er in der Psychiatrie Baselland mit einem 90%-Pensum angestellt sei. Es besteht für das Bundesgericht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussagen zu zweifeln, zumal sie mit den Angaben der Psychiatrie Baselland übereinstimmen. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie einen Anschein der Befangenheit des Experten zum Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens verneint.  
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lässt sich solches nicht daraus ableiten, dass der Experte einen der beschuldigten Ärzte sowie den damaligen Direktor der Erwachsenenpsychiatrie Baselland aufgrund früherer Tätigkeit persönlich kannte (vgl. MARIANNE H eer, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014 N. 25 zu Art. 183 StPO). Eine freundschaftliche Beziehung zu seinen früheren Kollegen stellt der Experte glaubhaft in Abrede und behauptet der Beschwerdeführer nicht. Er bestreitet auch nicht, von dessen Bekanntschaft bereits bei Erteilung des Gutachtensauftrag gewusst, aber keine Einwände gegen den Experten erhoben zu haben. Im Übrigen kann daraus nicht geschlossen werden, dass sich der Experte früher als behauptet für eine Anstellung in der Psychiatrie Baselland entschieden oder von der - erst im Januar 2015 eingetretenen - Vakanz erfahren hätte. Schon gar nicht lässt sich folgern, er hätte seine feste Anstellung im Vertrauen auf die spätere Anstellung gekündigt. Dass er die Stelle entgegen seiner ursprünglichen Absicht zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit annahm, ändert nichts. Soweit der Beschwerdeführer den Anschein der Befangenheit des Experten daraus ableiten will, dass dessen Stelle nie offiziell ausgeschrieben wurde und bloss ein Vorstellungsgespräch stattgefunden habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Ersteres erklärt die Vorinstanz unter Hinweis auf die Beschuldigten nachvollziehbar damit, dass eine Ausschreibung aufgrund der Umwandlung der Psychiatrie Baselland in eine selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt gesetzlich nicht (mehr) vorgeschrieben war. Letzteres erscheint angesichts der Kontakte des Experten zu mehreren Exponenten der Psychiatrie Baselland im Vorfeld der Bewerbung nicht aussergewöhnlich und lässt ebenfalls nicht auf Befangenheit schliessen. Wenn der Beschwerdeführer schliesslich rügt, der Experte hätte spätestens bei Erstattung der Gutachtensergänzung auf die mittlerweile erfolgte Bewerbung hinweisen müssen, kann er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es ist nicht ersichtlich, welcher Nachteil ihm aus der verspäteten Kenntnis dieses Umstands erwachsen sein soll. Entgegen seiner Auffassung kann die Unterlassung des Experten nicht als Indiz für seine Befangenheit gewertet werden, zumal die Auftraggeberin unbestrittenermassen von der Bewerbung wusste. Im Übrigen ist insoweit auf das in Erwägung 1.2.1 oben Gesagte zu verweisen. 
 
2.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Kosten des Verfahrens sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, zumal sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen ist. Den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Kostenbemessung Rechnung zu tragen (Art. 64 Abs. 1 und 2, 65 Abs. 2 und 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.   
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 1'200.--. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Dezember 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt