Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_180/2020
Urteil vom 6. Juli 2020
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin May Canellas,
Gerichtsschreiber Stähle.
Verfahrensbeteiligte
C.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Markus Gresch und Anibal Varela, Limmatquai 1, Postfach 775, 8024 Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt David Horák,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Hauptverhandlung, Videokonferenz,
Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. April 2020 (HG180093-O).
Sachverhalt:
A.
A.a. Mit Klage vom 28. Mai 2018 leitete A.________ (Klägerin, Beschwerdegegnerin) ein Verfahren gegen die C.________ AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein. Sie beantragte die Aushändigung von Namenaktien beziehungsweise eines Zertifikats über das Eigentum an Namenaktien der C.________ AG.
Nach Durchführung einer Vergleichsverhandlung, anlässlich welcher keine Einigung erzielt wurde, reichten die Parteien Replik und Duplik sowie (die Klägerin) eine weitere Stellungnahme ein. Mit Eingabe vom 31. Januar 2020 teilte die C.________ AG mit, dass sie die Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung verlange. Am 20. Februar 2020 wurden die Parteien zur Hauptverhandlung vom 7. April 2020 vorgeladen.
A.b. Mit Schreiben vom 24. März 2020 gab die Vizepräsidentin des Handelsgerichts bekannt, dass die Hauptverhandlung im Rahmen einer Videokonferenz stattfinden werde. Sie hielt die "Vertreter und Parteien, die an der Hauptverhandlung von ihrem jeweiligen Standort aus teilnehmen", an, auf deren Mobiltelefonen die "Gratisapp 'ZOOM Cloud Meetings'" zu installieren, sich zu registrieren und dem Handelsgericht bis am 31. März 2020 schriftlich die Mobiltelefonnummern mitzuteilen. Sollte - so die Vizepräsidentin weiter - diese Mitteilung unterbleiben, werde "bezüglich der Hauptverhandlung" von Säumnis ausgegangen. Einige Tage vor der Verhandlung werde das Handelsgericht mit den beteiligten Anwälten einen kurzen Test beziehungsweise eine Instruktion durchführen. Allfällige Plädoyernotizen seien zu Beginn der Verhandlung per E-Mail an den zuständigen Gerichtsschreiber, an den Instruktionsrichter sowie an die Gegenpartei zu senden. Es bestehe weiterhin die Möglichkeit, nachträglich noch auf die Durchführung der Hauptverhandlung zu verzichten.
Am 30. März 2020 ersuchte die C.________ AG um Absage und Verschiebung der Hauptverhandlung vom 7. April 2020. Sie erklärte, mit der Durchführung der mündlichen Hauptverhandlung via Videokonferenz nicht einverstanden zu sein. Dieses Gesuch wurde mit Verfügung vom 1. April 2020 abgewiesen. Mit Eingabe vom 6. April 2020 legte die C.________ AG ihren Standpunkt nochmals dar und ersuchte um "Vorladung zu einer gesetzeskonformen Durchführung der mündlichen Hauptverhandlung".
Am 7. April 2020 fand die Hauptverhandlung im Rahmen einer Videokonferenz statt. Die C.________ AG (beziehungsweise deren Vertretung) blieb unentschuldigt fern beziehungsweise nahm an der Videokonferenz nicht teil.
A.c. Mit Urteil vom 7. April 2020 hiess das Handelsgericht die Klage vollumfänglich gut.
B.
Die C.________ AG verlangt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Handelsgerichts sei aufzuheben und die Sache sei "zur rechtskonformen Durchführung des Verfahrens und zu anschliessender neuer Entscheidung zurückzuweisen". Eventualiter sei das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Ausserdem ersuchte sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Das Handelsgericht und die Beschwerdegegnerin verzichteten auf Vernehmlassung und stellten keine Anträge.
Mit Präsidialverfügung vom 11. Mai 2020 wurde der Beschwerde mangels Opposition die aufschiebende Wirkung erteilt.
Erwägungen:
1.
Das angefochtene Urteil des Handelsgerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer einzigen kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen offen, gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG unabhängig vom Streitwert (BGE 139 III 67 E. 1.2; siehe auch BGE 138 III 799 E. 1.1, 2 E. 1.2.2 S. 5).
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Verfügung des Handelsgerichts vom 1. April 2020, mit der das Gesuch um Absage und Verschiebung der Hauptverhandlung abgewiesen wurde. Sie ficht diesen Zwischenentscheid zulässigerweise durch Beschwerde gegen den Endentscheid an (siehe Art. 93 Abs. 3 BGG).
Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass die Vorinstanz die Hauptverhandlung ohne ihr Einverständnis mittels Videokonferenz durchgeführt habe. Sie erblickt darin eine Verletzung ihres Anspruchs "auf Durchführung einer ordnungsgemässen Hauptverhandlung" und namentlich der Art. 233 und Art. 236 Abs. 1 ZPO .
2.2. Die Vizepräsidentin des Handelsgerichts erwog im Schreiben vom 24. März 2020, angesichts der "gravierenden Pandemie-Notlage", deren Ende nicht absehbar sei, und der "zentralen Bedeutung einer weiterhin funktionierenden Justiz" für Bevölkerung und Wirtschaft lasse sich die Anordnung, die Hauptverhandlung im Rahmen einer Videokonferenz durchzuführen, auf "Richterrecht" stützen. Sie verwies auf Art. 1 Abs. 2 ZGB "analog" sowie Art. 52 ZPO.
Immerhin - so die Vizepräsidentin weiter - sehe die Zivilprozessordnung die Aufzeichnung von Verhandlungen mittels "Video oder anderen geeigneten technischen Hilfsmitteln" in Art. 235 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ferner: Art. 176 Abs. 2 ZPO) ausdrücklich vor. "Mit Blick auf die richterrechtliche Lückenfüllung" sei weiter zu beachten, dass die Zivilprozessordnung bewusst nach dem Grundsatz "Mut zur Lücke" konzipiert sei, um "der Praxis den nötigen Spielraum" zu verschaffen. Auch "der Fortbildung des Rechts [sei] Raum zu geben". Die Strafprozessordnung, die - verglichen mit der Zivilprozessordnung - generell eine detailliertere Regelung anstrebe, sehe in Art. 144 eine einseitig angeordnete Videokonferenz sogar ausdrücklich vor. Zwar gelte diese Regelung nur bei Einvernahmen. Sie zeige aber, dass seitens des Gesetzgebers "keine Einwände grundsätzlicher Art" gegen Videokonferenzen bestünden.
Die geringfügige Einbusse an Unmittelbarkeit sei unter den "vorliegenden pandemischen Umständen" verhältnismässig. Entsprechendes gelte auch "für allfällige Sicherheitsbedenken", zumal die Verhandlung ohnehin "öffentlich" sei. Dabei werde dem Öffentlichkeitsgrundsatz nach Ansicht des Notfallstabs des Obergerichts des Kantons Zürich hinreichend Rechnung getragen, wenn akkreditierten Medienschaffenden die Möglichkeit geboten werde, der Videoübertragung zu folgen.
Die Vizepräsidentin wies abschliessend darauf hin, dass sich die Terminfindung mit den Parteien als "ausserordentlich zeitraubend" erwiesen habe und auch aus diesem Grund eine Verschiebung "von derzeit noch unbekannter Dauer" angesichts des Beschleunigungsgebots unverhältnismässig sei.
2.3. In der Verfügung vom 1. April 2020 wurde auf diese Erwägungen verwiesen. Ergänzend gab die Vizepräsidentin insbesondere zu bedenken, dass "überhaupt nicht absehbar" sei, ab welchem Zeitpunkt die Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung wieder möglich sein werde. Diese Aussicht verlange "eine pragmatische und entschlossene Reaktion der Gerichte".
Die datenschutzrechtlichen Einwände der Beschwerdeführerin seien nicht überzeugend. Namentlich habe der Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich die App "Zoom Cloud Meetings" datenschutzrechtlich und sicherheitstechnisch beurteilt. Er sei zum Schluss gekommen, dass sie von den öffentlichen Organen im Kanton Zürich während der "Corona-Krise" datenschutzkonform eingesetzt werden könne, "wenn die entsprechenden Hinweise und Einschränkungen" berücksichtigt würden. Betreffend "Zoom Cloud Meetings" verlange der Datenschutzbeauftragte konkret, dass das "Global Date Processing Addendum" unterzeichnet und an "Zoom" retourniert werde. Dem sei das Handelsgericht nachgekommen.
Auf das Verlesen der Plädoyernotizen könne - "sollten diesbezügliche Sicherheitsbedenken vorherrschen" - verzichtet werden, da diese ohnehin vorgängig (per E-Mail) an den Gerichtsschreiber, den Instruktionsrichter sowie an die Gegenpartei zu senden seien. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern es im Rahmen einer Videokonferenz nicht möglich sein solle, die Gerichtspersonen vom eigenen Standpunkt zu überzeugen, zumal anlässlich der Hauptverhandlung "keine Ausführungen rechtlicher und tatsächlicher Art, sondern bloss Noven" zu protokollieren seien.
3.
3.1. Die Prozessleitung obliegt dem Gericht (vgl. Art. 124 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Wohl ist die Art der Verfahrensleitung in vielen Punkten richterliche Ermessenssache (siehe BGE 140 III 159 E. 4.2 S. 162). Dabei steht aber ausser Frage, dass die rechtlichen Vorgaben und insbesondere die prozessualen Formen einzuhalten sind. Letztere sind unerlässlich, um die ordnungsgemässe und rechtsgleiche Abwicklung des Verfahrens sowie die Durchsetzung des materiellen Rechts zu gewährleisten (vgl. BGE 142 I 10 E. 2.4.2 S. 11; 134 II 244 E. 2.4.2 S. 248; siehe auch Urteil 5A_253/2013 vom 12. August 2013 E. 3.2).
Das hier streitige Verfahren vor dem Handelsgericht richtet sich nach den Vorgaben der Zivilprozessordnung, an die sich die Verfahrensleitung halten musste. Danach besteht ein Anspruch auf rechtskonforme Abhaltung der Hauptverhandlung, soweit die Parteien nicht gemeinsam auf eine solche verzichten (Art. 233 ZPO; BGE 140 III 450 E. 3.2 f.; Urteil 4A_479/2015 vom 2. Februar 2016 E. 5.2 mit Hinweis). Vorliegend hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung verlangt.
Folglich ist zu prüfen, ob die Vizepräsidentin des Handelsgerichts aufgrund der Zivilprozessordnung befugt war, verbindlich und auch ohne das Einverständnis beider Parteien anzuordnen, dass die Hauptverhandlung im Rahmen einer Videokonferenz mittels "Zoom Cloud Meetings" durchgeführt werde.
3.2. Die Zivilprozessordnung regelt die Hauptverhandlung in den Art. 228 ff. Bestandteil dieser Verfahrensphase sind - nach dem "Beginn der Hauptverhandlung" (vgl. Art. 229 Abs. 2 ZPO) - grundsätzlich die ersten Parteivorträge (Art. 228 ZPO), die Beweisabnahme (Art. 231 ZPO) und die Schlussvorträge (Art. 232 ZO). Dabei setzt das Gesetz die physische Anwesenheit der vorgeladenen Personen und der Gerichtsmitglieder am gleichen Ort als selbstverständlich voraus (siehe auch BOHNET/MARIOT, La vidéoconférence et le projet de révision du CPC, SZZP 2020, S. 185; dieselben, COVID-19 et oralité en procédure civile, Justice - Justiz - Giustizia 2020/2, Rz. 20 f.; BEAT BRÄNDLI, Prozessökonomie im schweizerischen Recht, 2013, Rz. 430 S. 199; anders FRANÇOISE BASTONS BULLETTI, Crise du Covid-19 et évolution des audiences en procédure civile, Justice - Justiz - Giustizia 2020/2, Rz. 10; DANIEL KETTIGER, Gerichtsverhandlungen, Anhörungen und Einvernahmen mittels Videokonferenz, Jusletter vom 4. Mai 2020, Rz. 8). Dies ergibt sich etwa aus den Bestimmungen, welche das
Erscheinen an der Hauptverhandlung und daran geknüpfte Säumnisfolgen regeln (siehe etwa Art. 133 lit. d, Art. 134 f., Art. 147 Abs. 1 ZPO; in den anderen Amtssprachen: la "comparution", la "comparizione"). Zuweilen wird ein
persönliches Erscheinen gefordert und eine Dispensation namentlich wegen Alter sowie Krankheit erlaubt (siehe Art. 273 Abs. 2 und Art. 278 ZPO ; vgl. ferner Art. 68 Abs. 4 ZPO). Gemäss Art. 231 ZPO nimmt das Gericht anlässlich der Hauptverhandlung die Beweise ab, so beispielsweise das Zeugnis. Dabei kann das Gericht den Parteien gestatten, Zeugen ohne Vorladung
mitzubringen (Art. 170 Abs. 2 ZPO; "amener des témoins", "presentarsi con testimoni"). Art. 170 Abs. 3 ZPO ermöglicht die Befragung am Aufenthaltsort des Zeugen, womit gleichzeitig gesagt ist, dass die Befragung im Grundsatz und ohne eine solche Anordnung am Ort der Hauptverhandlung - prinzipiell im Gerichtsaal, jedenfalls in physischer Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten - stattfindet (vgl. LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2016, S. 262 Rz. 9.87; SVEN RÜETSCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 11 zu Art. 170 ZPO; siehe sodann auch Art. 171 und Art. 174 ZPO ). Der Gegenstand des Augenscheins ist einzureichen, wenn er ohne Nachteil vor Gericht
gebracht werden kann (Art. 181 Abs. 3 ZPO). Nach Art. 239 Abs. 1 lit. a ZPO kann das Gericht seinen Entscheid ohne schriftliche Begründung in der Hauptverhandlung durch
Übergabe des schriftlichen Dispositivs an die Parteien mit kurzer mündlicher Begründung eröffnen. Auch dies setzt voraus, dass die Parteien physisch anwesend sind (Urteil 5A_253/2013 vom 12. August 2013 E. 3.2).
Die Zivilprozessordnung konzipiert die Hauptverhandlung mithin als mündliche Verhandlung im Gerichtssaal bei physischer Anwesenheit der Parteien und der Gerichtsmitglieder.
3.3. Der Gesetzgeber hat beim Erlass der Zivilprozessordnung den elektronischen Kommunikationsformen Rechnung getragen:
3.3.1. In seiner Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (nachfolgend: Botschaft ZPO), BBl 2006 7252 Ziff. 4.2, stellte der Bundesrat ausgeprägte internationale "Bemühungen um Rechtsverkehr auf elektronischem Weg" fest. Der Entwurf der Zivilprozessordnung nehme - so heisst es in der Botschaft - diese "Tendenz" auf und setze "die erforderlichen Leitplanken für die weitere Entwicklung". Der Bundesrat bezog sich auch ausführlich auf den (damaligen) Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen. Er wies darauf hin, dass dieser Vorschlag die Zustellung von Schriftstücken per E-Mail und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mittels "Audio-, Video- oder E-Mail-Konferenz" erlaube (Botschaft ZPO, BBl 2006 7251 Ziff. 4.2). Diese Möglichkeiten hat der Gesetzgeber also bedacht, dann aber nicht in die Zivilprozessordnung aufgenommen; sie sind in der Schweiz nicht Gesetz geworden.
3.3.2. Die Zivilprozessordnung sieht im Kapitel betreffend die Formen prozessualen Handelns (Art. 129 ff. ZPO) vor, dass Eingaben der Parteien dem Gericht in Papierform oder elektronisch einzureichen sind (Art. 130 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei elektronischer Einreichung muss die Eingabe mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur (SR 943.03) versehen werden (Art. 130 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sodann kann das Gericht mit dem Einverständnis der betroffenen Person Vorladungen, Verfügungen und Entscheide elektronisch zustellen. Auch diese sind mit einer elektronischen Signatur zu versehen (Art. 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das Gesetz setzt damit ausdrücklich das Einverständnis voraus und verlangt nicht, dass eine Partei auf elektronischem Weg erreichbar sein muss (siehe auch NINA J. FREI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 8 zu Art. 139 ZPO; JULIA GSCHWEND, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 1 zu Art. 139 ZPO).
In beiden Fällen - Eingaben der Parteien und gerichtliche Zustellungen - ist es dem Bundesrat gesetzlich aufgegeben, die Modalitäten des elektronischen Verkehrs zu regeln (Art. 130 Abs. 2 Satz 2 und Art. 139 Abs. 2 ZPO ). Entsprechend hat der Bundesrat die Verordnung vom 18. Juni 2010 über die elektronische Übermittlung im Rahmen von Zivil- und Strafprozessen sowie von Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren (SR 272.1) erlassen. Diese Verordnung regelt in Art. 2 beispielsweise die Voraussetzungen, unter denen eine Plattform für die sichere Zustellung anerkannt wird.
Ferner ist auf Art. 235 ZPO hinzuweisen: Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung führt das Gericht über jede Verhandlung Protokoll. Abs. 2 ermöglicht die (zusätzliche) Aufzeichnung auf Video (oder andere geeignete technische Hilfsmittel; vgl. auch Art. 176 Abs. 2 ZPO).
3.3.3. Gemäss Art. 401 Abs. 1 ZPO können die Kantone Pilotprojekte durchführen. Dabei hatte der Bundesrat in erster Linie die "elektronischen Kommunikationsformen" und die "Möglichkeiten des Internets" vor Augen. Die Kantone sollten "alternative oder noch einfachere Verfahrensformen" austesten können (Botschaft ZPO, BBl 2006 7240 Ziff. 3.1). Solche Pilotversuche bedürfen der Genehmigung des Bundesrats (Art. 401 Abs. 1 ZPO), der die Zuständigkeit für die Genehmigung dem Bundesamt für Justiz übertragen kann (Art. 401 Abs. 2 ZPO).
3.4. Der Bundesrat regt im Rahmen seines Entwurfs vom 26. Februar 2020 betreffend die Änderung der Schweizerischen Zivilprozessordnung (Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung) an, die Einvernahmen von Zeugen, die Erstattung von Gutachten sowie die Parteibefragungen und Beweisaussagen "neu" mittels Videokonferenz möglich zu machen (vgl. Art. 170a, Art. 187 Abs. 1 Satz 3, Art. 187 Abs. 2 und Art. 193 E-ZPO [BBl 2020 2789 f.]). Er sieht angesichts der "stetig zunehmenden technischen Möglichkeiten und ihrer Verbreitung sowie der parallel zunehmenden Internationalität fast sämtlicher Lebensbereiche und damit auch der an einem Zivilverfahren beteiligten Personen" Bedarf für eine solche Regelung. Ein spezifisches Bedürfnis dafür bestehe insbesondere im Zusammenhang mit den laufenden Bestrebungen zur Positionierung der Schweiz als internationaler Justizplatz (Botschaft vom 26. Februar 2020 zur Änderung der Schweizerischen Zivilprozessordnung [Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung], BBl 2020 2718 f. Ziff. 4.1.6 und 2750 zu Art. 170a).
3.5. Die Durchführung einer Hauptverhandlung in Form einer Videokonferenz wirft verschiedene rechtliche und praktische Fragen auf; dies jedenfalls dann, wenn alle Verfahrensbeteiligten - wie vorliegend - "von ihrem jeweiligen Standort aus über ihre Mobiltelefone" teilnehmen sollen. So fragt sich, wie die Öffentlichkeit des Verfahrens (Art. 54 ZPO) sichergestellt wird und wie die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten gewahrt werden können. Es sind datenschutz- und datensicherheitsrechtliche Vorgaben zu beachten. Ferner werden sich säumnisrechtliche Fragen stellen, wenn die Videokonferenz nicht zustande kommt oder die technische Verbindung abbricht (oder - was davon nicht immer unterscheidbar sein dürfte - von einem Teilnehmer absichtlich abgebrochen wird; vgl. Art. 234 ZPO). Hält sich eine Partei im Ausland auf, sind rechtshilferechtliche Bestimmungen einzuhalten. Auch ist diskutiert worden, wie sich die Durchführung einer Verhandlung mittels Videokonferenz zum Anspruch der Parteien auf gleiche und gerechte Behandlung (vgl. Art. 29 Abs. 1 BV sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK [droit à un procès équitable]) und zum "Unmittelbarkeitsprinzip" verhält (siehe BOHNET/MARIOT, a.a.O., S. 183-185 und S. 192 f.; KETTIGER, a.a.O., Rz. 9 f.).
3.6. Es erübrigt sich, darauf im Einzelnen einzugehen. Entscheidend ist, dass die Zivilprozessordnung den Einsatz technischer Hilfsmittel - dort, wo dies der Gesetzgeber als sinnvoll erachtete - vorsieht und regelt. Sie bietet dagegen keine Handhabe, eine Partei zur Teilnahme an einer via Videokonferenz durchgeführten Hauptverhandlung zu verpflichten. Vielmehr setzt sie - wie erwähnt - für die elektronische Kommunikation mit den Parteien grundsätzlich deren Einverständnis voraus. Die zivilprozessrechtliche Grundlage für die Abnahme gewisser Beweise mittels Videokonferenz soll erst geschaffen werden. Es geht nicht an, dieser gesetzgeberischen Entwicklung unter Hinweis auf ein nicht näher bestimmtes "Richterrecht" vorzugreifen. Der Umstand, dass es offenbar schwierig war, einen Termin für die Hauptverhandlung zu finden, ändert daran nichts. Gleiches gilt in Bezug auf das verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 BV). Dieses gibt zwar einen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist, schafft aber keine Verfahrensformen, die gesetzlich nicht vorgesehen sind (siehe auch vorstehende Erwägung 3.1).
3.7. De lege lata ist das Mittel der Videokonferenz in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehen. Das Vorgehen der Vizepräsidentin des Handelsgerichts entbehrt mithin der gesetzlichen Grundlage.
4.
4.1. Weiter ist zu untersuchen, ob die "Pandemie-Notlage", auf welche die Vizepräsidentin des Handelsgerichts in ihrem Schreiben vom 24. März 2020 verwies, die Anordnung zu stützen vermag:
4.2. Mit Verordnung vom 20. März 2020 über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19) (SR 173.110.4) hat der Bundesrat in Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 was folgt angeordnet:
1 Soweit nach dem anwendbaren Verfahrensrecht des Bundes oder des Kantons gesetzliche oder von den Behörden oder Gerichten angeordnete Fristen über die Ostertage stillstehen, beginnt dieser Stillstand mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung und dauert bis und mit dem 19. April 2020.
2 Die Wirkungen des Stillstands richten sich nach dem anwendbaren Verfahrensrecht.
Diese Verordnung trat am 21. März 2020 in Kraft und galt bis zum 19. April 2020. Im Anwendungsbereich der Zivilprozessordnung finden während des Fristenstillstands keine Gerichtsverhandlungen statt, es sei denn, die Parteien seien einverstanden (Art. 146 Abs. 2 ZPO).
Die Hauptverhandlung fand am 7. April 2020 statt. Da sich die Parteien einverstanden erklärt hatten, an diesem Tag - der unabhängig von der bundesrätlichen Verordnung in den Gerichtsferien über die Ostertage lag - eine Hauptverhandlung durchzuführen, blieb die Verordnung im vorliegenden Verfahren ohne unmittelbare Auswirkung.
4.3. Am 20. April 2020 - mithin
nach der vorliegend strittigen Hauptverhandlung - trat die bundesrätliche Verordnung vom 16. April 2020 über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht; SR 272.81) in Kraft. Diese hält in Art. 2 fest:
1 In Abweichung von Artikel 54 der Zivilprozessordnung (ZPO) können Verhandlungen mittels Videokonferenz durchgeführt werden, wenn die Parteien damit einverstanden sind oder wichtige Gründe vorliegen, insbesondere Dringlichkeit.
2 In Abweichung von den Artikeln 171, 174, 176 und 187 ZPO können Einvernahmen von Zeuginnen und Zeugen und die Erstattung von Gutachten durch sachverständige Personen mittels Videokonferenz durchgeführt werden.
3 In Abweichung von Artikel 54 ZPO kann bei Videokonferenzen die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, mit Ausnahme der akkreditierten Medienschaffenden. Berechtigten Personen wird der Zugang auf Gesuch hin gewährt.
In Art. 4 verordnete der Bundesrat unter der Marginalie "Grundsätze für den Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen":
Beim Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen ist sicherzustellen, dass:
a. die Übertragung von Ton und gegebenenfalls Bild zwischen sämtlichen beteiligten Personen zeitgleich erfolgt;
b. bei Einvernahmen gemäss Artikel 2 Absatz 2 und Anhörungen gemäss Artikel 3 eine Aufzeichnung von Ton und gegebenenfalls Bild erfolgt und diese zu den Akten genommen wird; und
c. der Datenschutz und die Datensicherheit gewährleistet sind.
Den zu dieser Verordnung publizierten Erläuterungen vom 16. April 2020 lässt sich entnehmen, dass der Bundesrat die "Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Justiz" anstrebte. Er führte aus, dass laufende Verfahren "nach Massgabe des anwendbaren Verfahrensrechts" weitergeführt und daher "insbesondere auch Verhandlungen und Einvernahmen durchgeführt" werden sollten (S. 2). Seit dem 16. März 2020 "teilweise beschlossene generelle oder weitgehende Verhandlungsstopps" könnten nur eine "vorübergehende Ausnahme" sein, was "jedenfalls nach Ende der Gerichtsferien ab dem 20. April 2020" gelte (S. 4).
Zu den in Art. 2 vorgesehenen Videokonferenzen erwog der Bundesrat, dieses technische Hilfsmittel könne eingesetzt werden, wenn die Durchführung einer Verhandlung mit gleichzeitiger physischer Anwesenheit des Gerichts und der Parteien unter Einhaltung der Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit "im Einzelfall nicht möglich" sei (S. 4). Jedenfalls sei der Einsatz von Videokonferenz-Lösungen für Verhandlungen auch "notrechtlich" die Ausnahme (S. 5).
4.4. Die vom Bundesrat am 16. März 2020 erklärte ausserordentliche Lage hat hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Justiz mit den Verordnungen vom 20. März 2020 und vom 16. April 2020 eine rechtliche Regelung erfahren. Zur Verfassungs- und Gesetzeskonformität dieser Verordnungen - die sich ausweislich ihrer Ingresse auf Art. 185 Abs. 3 BV, den bundesrätlichen Erläuterungen (S. 3) zufolge "evtl. auch auf Art. 184 Abs. 3 BV" stützen - braucht sich das Bundesgericht in diesem Verfahren nicht zu äussern; die COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht ist erst
nach der strittigen vorinstanzlichen Hauptverhandlung in Kraft getreten. Sie scheidet somit als rechtliche Grundlage für die auf den 7. April 2020 angeordnete Videokonferenz aus.
5.
Ebenso wenig kommt "Richterrecht" als Grundlage in Betracht. Denn es ist - auch und gerade in einer ausserordentlichen Lage - am Gesetz- und Verordnungsgeber, die rechtlichen Voraussetzungen obligatorischer elektronischer Kommunikation zwischen dem Gericht und den Parteien im Zivilprozess zu schaffen und zu präzisieren. Hingegen war es angesichts der abschliessenden Regelung im Gesetz nicht angezeigt, den praktischen Schwierigkeiten mit "richterrechtlicher Lückenfüllung" im Einzelfall zu begegnen, zumal nicht erkennbar ist, dass ein Fall von Dringlichkeit vorgelegen hätte. Es bleibt daher dabei: Für das mit Schreiben vom 24. März 2020 angeordnete und mit Verfügung vom 1. April 2020 bestätigte Vorgehen der Vorinstanz, die Hauptverhandlung vom 7. April 2020 ohne Einverständnis aller Parteien im Rahmen einer Videokonferenz abzuhalten, bestand (zumindest damals) keine rechtliche Grundlage.
6.
Damit braucht nicht auf die Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Benutzung der App "ZOOM Cloud Meetings" eingegangen zu werden. Ebenso erübrigt es sich, zu den Einwänden der Beschwerdeführerin Stellung zu nehmen, mit welchen sie das Urteil des Handelsgerichts in der Sache anficht.
7.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil des Handelsgerichts ist aufzuheben. Die Sache ist zur rechtskonformen Durchführung der Hauptverhandlung und anschliessender neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Es rechtfertigt sich, die Beschwerdegegnerin von der Kostenpflicht zu entlasten. In der vorliegenden, besonderen Konstellation hat ein von ihr nicht mitverschuldeter Verfahrensfehler des Handelsgerichts zur Gutheissung des Rechtsmittels geführt. Ausserdem wurde die Hauptverhandlung nicht von ihr, sondern von der Beschwerdeführerin verlangt. Auch hat die Beschwerdegegnerin im bundesgerichtlichen Verfahren auf eine Vernehmlassung verzichtet und keinen Antrag gestellt (einlässlich: Urteil 5A_932/2016 vom 24. Juli 2017 E. 2.2.4 mit zahlreichen Hinweisen; sodann etwa Urteil 4A_595/2019 vom 18. Februar 2020 E. 3.1 f.). Der Kanton Zürich darf nicht mit Gerichtskosten belastet werden (Art. 66 Abs. 4 BGG). Mithin erscheint es angebracht, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG) und den Kanton Zürich zu verurteilen, der obsiegenden Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. April 2020 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Durchführung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Juli 2020
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Stähle