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Urteilskopf

128 III 346


64. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. C. Ltd. gegen Bank L. (Berufung)
4C.344/2001 vom 7. Mai 2002

Regeste

Art. 154 f., Art. 16 IPRG; Haftungsdurchgriff im internationalen Verhältnis.
Der Haftungsdurchgriff im internationalen Verhältnis untersteht dem auf die Gesellschaft anwendbaren Recht (Art. 154 f. IPRG; E. 3.1).
Wenn das an sich anwendbare Recht nicht feststellbar ist, ist Schweizer Recht anzuwenden (Art. 16 Abs. 2 IPRG). Dies setzt aber voraus, dass der Richter zunächst versucht, durch eigene Bemühungen und unter Einbezug der Parteien das an sich anwendbare ausländische Recht zu ermitteln (Art. 16 Abs. 1 IPRG; E. 3.2).

Sachverhalt ab Seite 346

BGE 128 III 346 S. 346
Im August 1993 nahm die Bank L. (im Folgenden: die Klägerin) Geschäftsbeziehungen mit der C. GmbH in Klagenfurt (Österreich) auf. Durch betrügerische Handlungen von D. - dem Geschäftsführer der C. GmbH -, auf die hier nicht näher einzugehen ist, soll die Klägerin einen Schaden von rund CHF 35 Mio. erlitten haben. Ein Teil der ertrogenen Gelder sollen dabei auf Konti der C. Ltd. (Bahamas) (im Folgenden: die Beklagte) verschoben worden sein. D. wurde wegen der ihm zur Last gelegten Delikte vom Obersten Gerichtshof der Republik Österreich zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
Mit Arrestbefehl vom 16. Dezember 1993 arrestierte der Kreispräsident des Kreises Chur zu Gunsten der Klägerin und zu Lasten
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der Beklagten sämtliche bei der Bank E. in Chur gelegenen Vermögenswerte als Sicherung für die Forderung der Klägerin von ATS 40 Mio. nebst Zins.
Mit Eingabe vom 20. Januar 1995 beantragte die Klägerin dem Bezirksgericht Plessur, die Beklagte zur Bezahlung von CHF 400'000.- zuzüglich Zins zu verpflichten. Mit Urteil vom 8. Dezember 1995 wies das Bezirksgericht Plessur die Klage ab. Eine von der Klägerin dagegen erhobene Berufung hiess das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 5. März 2001 teilweise gut und verpflichtete die Beklagte zur Bezahlung von CHF 305'392.60 nebst Zins.
Mit Berufung vom 26. Oktober 2001 beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichtes vom 5. März 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Neuentscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Das Kantonsgericht ist davon ausgegangen, dass D. für den Schaden, den er der Klägerin durch die betrügerischen Vermögensanlagen zugefügt hat, schadenersatzpflichtig ist. Dies ist unbestritten. Die Klägerin hat indessen nicht D. eingeklagt, sondern prozessiert gegen die von D. beherrschte Beklagte, nachdem es gelungen war, deren Vermögen in der Schweiz zu verarrestieren. Das Kantonsgericht leitet vor dem Hintergrund der beherrschenden Stellung von D. eine Haftbarkeit der Beklagten aus einem umgekehrten Haftungsdurchgriff ab (Haftung der Gesellschaft für die Schulden der beherrschenden Person). Die von der Klägerin geltend gemachte unmittelbare Haftung der Beklagten wegen unerlaubter Handlung (Geldwäscherei im Sinn von Art. 305bis StGB) hält das Kantonsgericht für nicht gegeben, weil die entsprechende Strafuntersuchung rechtskräftig eingestellt worden sei.

3. Da ein internationaler Sachverhalt zu beurteilen ist (Art. 1 Abs. 1 IPRG [SR 291]), stellt sich die Frage, nach welchem Recht die Zulässigkeit und Voraussetzungen des Haftungsdurchgriffs zu beurteilen sind. Im angefochtenen Urteil hat die Vorinstanz dazu im Wesentlichen festgehalten, massgebend sei das Gesellschaftsstatut. Die betroffene Gesellschaft habe ihren Sitz in Nassau (Bahamas), so dass das Recht der Bahamas anwendbar sei. Da die Ermittlung des
BGE 128 III 346 S. 348
auf den Bahamas geltenden Rechts einen unverhältnismässigen Aufwand erfordere und zu endlosen Verfahrensverzögerungen führe, sei es dem Gericht indessen nicht zumutbar, die Rechtslage nach diesem Recht abzuklären. In Anwendung von Art. 16 Abs. 2 IPRG sei ersatzweise Schweizer Recht anzuwenden.
Die Beklagte stimmt der Vorinstanz zu, dass das Recht der Bahamas für die Prüfung der Zulässigkeit und Voraussetzungen des Durchgriffs massgebend wäre, lässt aber die Auffassung des Kantonsgerichtes nicht gelten, gestützt auf Art. 16 IPRG sei ersatzweise Schweizer Recht anzuwenden. Die Klägerin geht davon aus, dass schweizerisches oder österreichisches Recht anwendbar sei, geht aber im Ergebnis mit der Vorinstanz einig, dass eine Durchgriffshaftung zu bejahen sei.

3.1 Da der Haftungsdurchgriff kein vom IPRG verwendeter Verweisungsbegriff ist, verursacht die kollisionsrechtliche Behandlung Schwierigkeiten. Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur werden zur Anknüpfung des Haftungsdurchgriffs unterschiedliche Auffassungen vertreten.

3.1.1 Das Bundesgericht hat in mehreren neueren Entscheiden festgehalten, dass das Gesellschaftsstatut massgebend sei (Urteil 4C.255/1998 vom 3. September 1999, Urteil 4C.231/1997 vom 15. September 1998, Urteil 4C.392/1994 vom 8. September 1995). Demgegenüber wurde der Haftungsdurchgriff in früheren Entscheiden ohne Erörterung der kollisionsrechtlichen Probleme (BGE 108 II 213 ff.) bzw. unter Hinweis auf Art. 18 IPRG (Urteil 5C.255/1990 vom 23. April 1992) Schweizer Recht unterstellt. Auch kantonale Gerichte haben die Zulässigkeit eines Durchgriffs bei internationalen Sachverhalten nach Schweizer Recht beurteilt (ZR 98/1999 Nr. 52 S. 234 f. [Bezirksgericht Zürich]; SJZ 83/1987 S. 85 [Obergericht Thurgau]).

3.1.2 Ebenso geteilt sind die in der Literatur vertretenen Meinungen. Ein Teil der Lehre unterstellt die Voraussetzungen des Haftungsdurchgriffs grundsätzlich dem Gesellschaftsstatut (FRANK VISCHER, IPRG-Kommentar, Zürich 1993, N. 27 ff. vor Art. 150-165 IPRG; ders., Das internationale Gesellschaftsrecht der Schweiz, in: Peter Nobel [Hrsg.], Internationales Gesellschaftsrecht, Bern 1998, S. 35; IVO SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Besonderer Teil, St. Gallen/Lachen, S. 346 Rz. 788; differenziert MARKUS WICK, Der Durchgriff und das auf ihn anwendbare Recht gemäss IPRG, Diss. Zürich 1996, insbes. S. 92 ff.). Andere Autoren wollen dagegen insbesondere aus Gründen des Ordre public auf die lex
BGE 128 III 346 S. 349
fori abstellen (ANDREAS ROHR, Der Konzern im IPR unter besonderer Berücksichtigung des Schutzes der Minderheitsaktionäre und der Gläubiger, Diss. Freiburg 1983, S. 431 ff., insbes. S. 458; BERNARD DUTOIT, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 3. Aufl., Basel 2001, N. 9 zu Art. 18 IPRG [unter Hinweis auf ZR 98/1999 Nr. 52 S. 234 f.], MONIKA MÄCHLER-ERNE, Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, Basel 1995, N. 17 zu Art. 18 IPRG [unter Hinweis auf Urteil 5C.255/1990 vom 23. April 1992]).

3.1.3 Gemäss Art. 154 Abs. 1 IPRG unterstehen die Gesellschaften dem Recht des Staates, nach dessen Vorschriften sie organisiert sind. Der Umfang des Gesellschaftsstatuts wird vom Gesetz weit gefasst (Art. 155 lit. a-i IPRG). Ziel der gesetzlichen Regelung ist, dem Gesellschaftsstatut einen möglichst weiten Anwendungsbereich zu geben (BBl 1983 I 442). Unter Vorbehalt der Sonderanknüpfungen (Art. 155-159 IPRG) beherrscht das Gesellschaftsstatut alle gesellschaftsrechtlichen Fragen des Innen- und Aussenverhältnisses. Die Aufzählung gemäss Art. 155 lit. a-i IPRG ist nicht abschliessend, sondern nur beispielhaft (VISCHER, a.a.O., N. 2 zu Art. 155 IPRG). Es rechtfertigt sich daher, in Einklang mit den neueren Bundesgerichtsentscheiden und einem Teil der Lehre auf den Haftungsdurchgriff das Recht des Staates anzuwenden, nach dessen Vorschriften die betroffene Gesellschaft organisiert ist. Dies gilt sowohl für den Fall, dass der (Haupt- oder Allein-)Aktionär für die Gesellschaftsschulden haftet (sog. direkter Durchgriff), als auch für den Fall, dass die Gesellschaft für die Schulden der sie beherrschenden Person belangt wird (sog. umgekehrter Durchgriff). Beide Durchgriffsvarianten betreffen das Verhältnis der Gesellschaft zum beherrschenden Mitglied und fallen unter das weit gefasste Gesellschaftsstatut.

3.1.4 Die Auffassung, der Haftungsdurchgriff sei ein Anwendungsfall des Rechtsmissbrauchsverbots und unterstehe deshalb entsprechend der neusten Rechtsprechung gemäss Art. 18 IPRG immer Schweizer Recht (BGE 128 III 201 E. 1c), überzeugt aus zwei Gründen nicht. Einerseits beruht der Haftungsdurchgriff dogmatisch nicht zwingend auf dem Rechtsmissbrauchsverbot, wie dies nach Schweizer Auffassung (BGE 121 III 319 E. 5a S. 321) der Fall ist. Vielmehr werden in der gesellschaftsrechtlichen Literatur ganz unterschiedliche Durchgriffstheorien vertreten (vgl. den Überblick bei KARSTEN SCHMIDT, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., Köln 1997, S. 228 ff.). Da beim Vorliegen eines internationalen Sachverhaltes der betreffende Lebenssachverhalt autonom - d.h. losgelöst vom
BGE 128 III 346 S. 350
nationalen Sachrecht - zu qualifizieren ist (KELLER/SIEHR, Allgemeine Lehren des internationalen Privatrechts, Zürich 1986, S. 434, insbes. S. 443 m.w.H.; KOEPFLER/SCHWEIZER, Droit international privé suisse, 2. Aufl., Bern 1995, Rz. 301 ff.), ist der Haftungsdruchgriff international-privatrechtlich nicht als Anwendungsfall des Rechtsmissbrauchsverbotes zu qualifizieren, wie dies nach Schweizer Sachrecht der Fall ist, sondern als gesellschaftsrechtliches Problem. Bei einer autonomen Qualifikation ist der Haftungsdurchgriff somit dem Gesellschaftsstatut zu unterstellen. Andrerseits ist zu berücksichtigen, dass die Durchgriffshaftung keine Rechtsfigur ist, die wegen ihres besonderen Zweckes zwingend die Anwendbarkeit von Schweizer Recht verlangt (Art. 18 IPRG, positiver Ordre public). Die zwingende Anwendung des Schweizer Rechts bei Durchgriffsfällen könnte sich im Gegenteil als unpraktikabel erweisen, wenn die an sich berufene, dem Sachverhalt viel näher stehende Rechtsordnung ein differenziertes Duchgriffssystem - und gegebenenfalls sogar ein Konzernrecht als wichtigen Anwendungsfall der Durchgriffsproblematik (vgl. dazu PETER BEHRENS, Konzernsachverhalte im internationalen Recht, in: SZIER 2002 S. 85/86) - kennen würde. Wenn hingegen die an sich berufene ausländische Rechtsordnung keine Durchgriffshaftung kennt und dies zu einem Ergebnis führen würde, das mit dem schweizerischen Ordre public nicht vereinbar ist, könnte die Anwendbarkeit des ausländischen Rechtes immer noch ausgeschlossen werden (Art. 17 IPRG, negativer Ordre public). Auf diese Möglichkeit hat die Rechtsprechung, die eine Unterstellung des Haftungsdurchgriffs unter das Gesellschaftsstatut bejaht, ausdrücklich hingewiesen (Urteil 4C.392/1994 vom 8. September 1995).

3.1.5 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Frage des Haftungsdurchgriffs dem Gesellschaftsstatut untersteht. Grundsätzlich ist somit das Recht der Bahamas, nach welchem die Beklagte organisiert ist, anwendbar (Art. 154 Abs. 1 IPRG). Unbegründet ist insbesondere die Meinung der Klägerin, der Durchgriff sei in Anwendung von Art. 15 IPRG nach Schweizer Recht zu beurteilen, weil der Sachverhalt eine viel engere Beziehung zur hiesigen Rechtsordnung habe. Dazu ist einerseits zu bemerken, dass im vorliegenden Fall ausnahmslos ausländische Rechtspersönlichkeiten involviert sind und sich der Bezug zur Schweiz ausschliesslich in Bankbeziehungen erschöpft. Andrerseits hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 IPRG auf die gesellschaftsrechtliche Anknüpfung zu verneinen ist, weil die
BGE 128 III 346 S. 351
Tatsache, dass eine ausländische Gesellschaftsform gewählt wurde, einer Rechtswahl gleichzustellen ist und die ausnahmsweise Anwendung von Schweizer Recht gemäss Art. 15 Abs. 2 IPRG ausschliesst (BGE 117 II 494 E. 7 S. 501 m.w.H.).

3.2 Nachdem sich ergeben hat, dass die Vorinstanz grundsätzlich zutreffend das Recht der Bahamas für anwendbar hielt, ist im Folgenden zu prüfen, ob sie berechtigt war, unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 2 IPRG an Stelle der an sich berufenen Rechtsordnung Schweizer Ersatzrecht anzuwenden.

3.2.1 Der Gesetzgeber hat die ersatzweise Anwendung von Schweizer Recht nur ausnahmsweise vorgesehen. In erster Linie hat der Richter das ausländische Recht selbst von Amtes wegen festzustellen (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 IPRG). Auch beim Vorliegen von grenzüberschreitenden Sachverhalten gilt der Grundsatz "iura novit curia" (BGE 126 III 492 E. 3c/bb S. 495). Allerdings hat der Richter verschiedene Möglichkeiten, die Parteien bei der Feststellung des anwendbaren Rechts einzubeziehen. In allen Fällen kann der Richter die Mitwirkung der Parteien bei der Feststellung des anwendbaren Rechtes verlangen (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 IPRG). Beispielsweise besteht die Möglichkeit, eine Partei aufgrund ihrer Nähe zur ausländischen Rechtsordnung aufzufordern, Rechtsquellen und Informationen über das anwendbare ausländische Recht zu beschaffen (MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 11 zu Art. 16 IPRG). Bei vermögensrechtlichen Ansprüchen hat der Richter zudem die Möglichkeit, den Nachweis des ausländischen Rechts den Parteien zu überbinden (Art. 16 Abs. 1 Satz 3 IPRG). Wenn der Nachweis von den Parteien nicht erbracht wird, ist der Richter aufgrund des Grundsatzes "iura novit curia" immer noch verpflichtet, zumutbare und verhältnismässige Abklärungen über das anwendbare Recht zu machen (MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 16 zu Art. 16 IPRG). Nur wenn die erwähnten Bemühungen zu keinem zuverlässigen Ergebnis führen, ist ersatzweise Schweizer Recht anzuwenden (Art. 16 Abs. 2 IPRG). Dies ist auch dann der Fall, wenn ernsthafte Zweifel am Ergebnis aufkommen (BGE 121 III 436 E. 5a S. 438 f. m.w.H.).

3.2.2 Im vorliegenden Fall hat das Kantonsgericht Schweizer Recht angewendet, ohne dass es zunächst selbst und unter Einbezug der Parteien versucht hätte, das Recht der Bahamas zu ermitteln. Dem angefochtenen Entscheid kann kein Hinweis für eigene Abklärungen über den Inhalt des Rechtes der Bahamas entnommen werden. Soweit ersichtlich hat die Vorinstanz von keiner einzigen der verschiedenen Möglichkeiten (vgl. BGE 124 I 49 E. 3b S. 52
BGE 128 III 346 S. 352
m.w.H.) Gebrauch gemacht, sich über das Recht der Bahamas in Kenntnis zu setzen. Ebenso wenig kann dem angefochtenen Urteil entnommen werden, dass die beteiligten Parteien zur Mitwirkung aufgefordert worden wären oder dass ihnen der Nachweis des ausländischen Rechtes überbunden worden wäre. Dazu hätte aber sehr wohl Anlass bestanden. Bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten können die Parteien wie erwähnt nicht nur zur Mitwirkung, sondern sogar zum Nachweis des anwendbaren Rechtes angehalten werden. Von der Beklagten, die ihren Sitz auf den Bahamas hat, hätte aufgrund ihrer besonderen Nähe zur massgebenden Rechtsordnung erwartet werden dürfen, dass sie zur Ermittlung des anwendbaren Rechtes beitragen kann. Die Klägerin - eine international tätige Bank - wäre auf eine entsprechende Aufforderung hin wohl ebenfalls bereit und in der Lage gewesen, ein Parteigutachten über die Rechtslage auf den Bahamas zu produzieren; im Verfahren vor Bundesgericht hat sie auf jeden Fall unaufgefordert ein entsprechendes Gutachten vorgelegt. Insgesamt wurden die von Art. 16 Abs. 1 IPRG verlangten Bemühungen zur Feststellung des an sich anwendbaren Rechtes nicht getroffen. Effektiv kann dem Urteil nicht entnommen werden, dass überhaupt Abklärungen irgendwelcher Art getroffen wurden. Insbesondere überzeugt auch der Einwand des Kantonsgerichtes nicht, auf die Ermittlung des an sich anwendbaren Rechtes sei zu verzichten, weil endlose Verfahrensverzögerungen drohten. Richtig ist zwar, dass der Zeitaufwand ein Kriterium für die Zumutbarkeit der Ermittlung fremden Rechts sein kann (MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 19 zu Art. 16 IPRG). Solange aber gar keine Abklärungen durch das Gericht und die Parteien getroffen wurden, kann auch kaum abgeschätzt werden, wieviel Zeit die Ermittlungen in Anspruch nehmen könnten.

3.3 Unter diesen Umständen war das Kantonsgericht nicht berechtigt, gestützt auf Art. 16 Abs. 2 IPRG Schweizer Ersatzrecht anzuwenden. Das Verfahren ist daher zur Ermittlung des Rechtes der Bahamas an die Vorinstanz zurückzuweisen. Nur wenn sich die Ermittlung unter Einbezug der Parteien gemäss Art. 16 Abs. 1 IPRG effektiv als unzumutbar erweisen oder ernsthafte Zweifel am ermittelten Ergebnis aufkommen sollten, könnte gemäss Art. 16 Abs. 2 IPRG Schweizer Ersatzrecht zur Anwendung gelangen.

Inhalt

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Sachverhalt

Erwägungen 2 3

Referenzen

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