Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Urteilskopf

90 II 247


29. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. September 1964 i.S. Meier gegen Gerber.

Regeste

Abtretung einer Forderung durch die Verwaltung einer Genossenschaft nach Einstellung und Schliessung des über diese eröffneten Konkurses.
Wirkungen der Konkurseröffnung und der mangels Aktiven erfolgten Einstellung und Schliessung des Konkursverfahrens auf den Bestand und das Verfügungsrecht einer Genossenschaft und auf die Vertretungsbefugnis ihrer Organe (Art. 911 Ziff. 3, Art. 913 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 740 Abs. 5, Art. 939 OR; Art. 204 Abs. 2, Art. 230 und Art. 269 SchKG; Art. 65/66 HRegV).
Wird eine durch Eröffnung des Konkurses aufgelöste Genossenschaft nach Einstellung und Schliessung des Konkursverfahrens im Handelsregister nicht gelöscht, weil sie noch Aktiven besitzt, welche das Konkursamt kannte, aber als zur Deckung der Konkurskosten nicht ausreichend erachtete, so ist (vorbehältlich abweichender Anordnungen der Statuten oder der Generalversammlung)die Verwaltung befugt, diese Aktiven zum Zwecke der Liquidation freihändig zu veräussern (Art. 913 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 740 Abs. 1 und Art. 743 Abs. 4 OR). Dass sie nicht im Namen der Genossenschaft "in Liquidation", sondern einfach im Namen der Genossenschaft handelte, macht ihre Verfügung nicht ungültig (Art. 913 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 739 Abs. 1 OR).

Sachverhalt ab Seite 248

BGE 90 II 247 S. 248

A.- Die Baugesellschaft Vacasa, eine Genossenschaft ohne Haftung der Mitglieder, für welche der einzelzeichnungsberechtigte
BGE 90 II 247 S. 249
Verwaltungsrat Häberling handelte, trat am 21. Juli 1959 eine Forderung gegen die Hobet AG von Fr. 50'000.--, die durch eine Grundpfandverschreibung im 2. Rang auf der Liegenschaft Hotel Astoria in Arosa gesichert war, unter Übergabe der Schuld- und Pfandurkunde vom 4. November 1955 an Hans Gerber ab. Dieser verpflichtete sich, der Baugesellschaft Vacasa "den deponierten Schuldtitel" gegen Leistung von Fr. 4000. - in bar und Fr. 10'000.-- in Handelsring-Checks "wieder jederzeit und unbeschwert ohne jede Einrede herauszugeben".
Am 16. Dezember 1959 verkaufte die Hobet AG die Liegenschaft Hotel Astoria an Dr. Ackermann.

B.- Am 19. Januar 1961 fiel die Baugesellschaft Vacasa in Konkurs. Auf eine Anfrage des Konkursamtes hin bestritt Dr. Ackermann die Grundpfandforderung von Fr. 50'000. -, auf die das Amt bei Ermittlung der Konkursmasse gestossen war, und behauptete, Häberling habe darüber widerrechtlich verfügt. Hierauf wurde das Konkursverfahren durch Verfügung vom 2. März 1961 mangels Aktiven eingestellt. Da bis zum 18. März 1961 kein Gläubiger die Durchführung des Verfahrens verlangte und den dafür erforderlichen Kostenvorschuss leistete, galt das Verfahren nach der Verfügung vom 2. März 1961 als geschlossen. Am 23. März 1961 wurde im Handelsregister unter Hinweis auf diese Verfügung eingetragen, die Genossenschaft bestehe nur noch zum Zwecke der Liquidation, die unter der Firma Baugesellschaft Vacasa in Liquidation durchgeführt werde. (Die Angabe im Schweiz. Handelsamtsblatt vom 29. März 1961, dass die Firma Baugeschäft Vacasa in Liquidation laute, wurde in der Nummer vom 7. April 1961 berichtigt.)

C.- Eine vom 13. April 1961 datierte, namens der "Vacasa-Baugenossenschaft" von Häberling unterzeichnete "Zessions-Erklärung" lautet:
"Die unterzeichnete Firma Vacasa-Baugenossenschaft ... bestätigt hiermit die Grundpfandverschreibung von nominell Fr. 50'000
BGE 90 II 247 S. 250
lastend auf Liegenschaft Hotel Astoria in Arosa im 2. Rang an Herrn Adolf Meier... mit allen Rechten verkauft und abgetreten zu haben. Herr Meier übernimmt in vollem Umfang die Verpflichtung, diese Grundpfandverschreibung bei Herrn Hans Gerber ... für den Betrag von Fr. 4'000 in bar, und Fr. 10'000 in Handelsring-Checks, It. Vereinbarung und Bestätigung vom 21. Juli 59, auszulösen.
Die Firma Vacasa-Baugenossenschaft ist somit aus der Verpflichtung gegenüber Herrn Gerber völlig entlastet und Herr Meier hat selbst dafür besorgt zu sein, diese Grundpfandverschreibung von Herrn Gerber herauszubekommen."
Am 14. April 1961 wurde die Liegenschaft Hotel Astoria infolge Betreibung des Grundpfandgläubigers im 1. Rang gegen die Hobet AG versteigert. Der Erlös von Franken 700'000.-- deckte auch die Grundpfandforderungen im 2. Rang.
Am 17. April 1961 trat Gerber "Forderung und Pfandrecht aus der Grundpfandverschreibung von nom. Franken 50'000.--" gegen Zahlung des Betrags von Fr. 21'839.55, auf den er seine durch die Abtretung vom 21. Juli 1959 gesicherte Forderung bezifferte, samt dieser Forderung an Dr. Ackermann ab.

D.- Nachdem Meier von Gerber mit Schreiben vom 3. Mai 1961 erfolglos die "Aushändigung" der "Grundpfandverschreibung" über Fr. 50'000.-- gegen Zahlung von Fr. 4000.-- in bar und Fr. 10'000.-- in Handelsring-Checks verlangt hatte, leitete er gegen ihn am 29. August 1961 beim Bezirksgericht Zürich Klage ein mit den Begehren, der Beklagte sei zu verpflichten, ihm Fr. 43'000.-- (nämlich den um Fr. 4000.-- und den angeblichen Verkehrswert von Handelsring-Checks im Nennwert von Fr. 10'000.-- verminderten Betrag der Grundpfandforderung von Fr. 50'000.--) nebst 5% Zins seit 1. Mai 1961 zu bezahlen; eventuell sei der Beklagte zu verurteilen, ihm gegen Zahlung von Fr. 4000.-- in bar und Fr. 10'000.-- in Handelsring-Checks die Grundpfandforderung von Fr. 50'000.-- zurückzuzedieren.
Am 25. Juni 1963 wurde im Handelsregister gemäss Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 23. April 1963 eingetragen, die Liquidation der Baugesellschaft Vacasa sei durchgeführt und die Firma sei erloschen.
BGE 90 II 247 S. 251
Am 8. November 1963 wies das Bezirksgericht die Klage Meiers wegen Ungültigkeit der Abtretung vom 13. April 1961 ab. Es nahm an, nach der Eröffnung und Einstellung des Konkurses über die Genossenschaft Vacasa hätte nicht mehr diese - aufgelöste - Genossenschaft, sondern nur noch die neue Firma Baugeschäft (richtig: Baugesellschaft) Vacasa in Liquidation eine solche Handlung vornehmen können; zur streitigen Abtretung sei jedoch auch diese Firma nicht berechtigt gewesen, weil der abgetretene Anspruch, der vom Konkursamt seinerzeit als wertlos betrachtet worden sei, nun aber vom Kläger auf Fr. 43'000.-- bewertet werde, im Verfahren gemäss Art. 269 SchKG zu verwerten sei.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 31. Januar 1964 das erstinstanzliche Urteil bestätigt mit der Begründung, die Genossenschaft Vacasa sei mit der Auflösung infolge der Konkurseröffnung in Liquidation getreten; gemäss Art. 913 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 740 Abs. 5 OR besorge im Falle des Konkurses die Konkursverwaltung die Liquidation nach den Vorschriften des Konkursrechts; der abgetretene Anspruch gehöre zum Konkursvermögen; also habe einzig die Konkursverwaltung darüber verfügen können, gleichgültig, ob sie ihn zur Masse gezogen habe oder ob er ihr erst nach Abschluss des Konkursverfahrens bekannt geworden sei; in diesem zweiten Falle wäre er freilich nicht gemäss Art. 269 SchKG zu verwerten, weil die Ermittlung der Gläubiger und ihrer Forderungen infolge der Einstellung des Verfahrens unterblieben sei; vielmehr wäre das summarische oder das ordentliche Konkursverfahren zu eröffnen; durch die Einstellung des Verfahrens habe die Genossenschaft das Verfügungsrecht über ihr Vermögen nicht wiedererlangt; die Einstellung stehe dem Widerruf des Konkurses nicht gleich; zudem sei die Genossenschaft mit der Konkurseröffnung aufgelöst worden; an ihre Stelle sei die Baugesellschaft Vacasa in Liquidation getreten, über deren Vermögen Häberling grundsätzlich nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen und die nach Durchführung der Liquidation gelöscht
BGE 90 II 247 S. 252
worden sei; die streitige Abtretung habe dem Kläger also keine Rechte verschafft.

E.- Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Gutheissung der Klagebegehren, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Abtretungserklärung vom 13. April 1961 nennt als Gegenstand der Abtretung die "Grundpfandverschreibung von nominell Fr. 50'000. -". Aus dem übrigen Inhalt der Erklärung, insbesondere aus dem Hinweis auf die Vereinbarung vom 21. Juli 1959, ergibt sich, dass damit nicht einfach das am 4. November 1955 errichtete Grundpfandrecht (die Grundpfandverschreibung im technischen Sinne) und auch nicht die dadurch gesicherte, am 21. Juli 1959 sicherungshalber an Gerber abgetretene Forderung von Fr. 50'000.-- gemeint war, sondern dass in Wirklichkeit der Anspruch auf Rückabtretung dieser Forderung gegen Zahlung von Fr. 4000. - in bar und Fr. 10'000.-- in Handelsring-Checks (samt der Pflicht zur Leistung dieser Zahlung) auf Meier übertragen werden sollte.

2. Die Genossenschaft Vacasa wurde gemäss Art. 911 Ziff. 3 OR durch die Eröffnung des Konkurses aufgelöst. Sie trat infolgedessen in Liquidation. Diese war gemäss Art. 913 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 740 Abs. 5 OR durch die Konkursverwaltung nach den Vorschriften des Konkursrechts zu besorgen. Nach dem zweiten Satze von Art. 740 Abs. 5 OR behielten die Organe der Gemeinschuldnerin die Vertretungsbefugnis nur, soweit eine Vertretung durch sie noch notwendig war. Der streitige Anspruch gehörte gemäss Art. 197 SchKG zur Konkursmasse, die zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger bestimmt war. Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung mit Bezug auf Vermögensstücke vornimmt, die zu dieser Masse gehören, sind gemäss
BGE 90 II 247 S. 253
Art. 204 Abs. 1 SchKG den Konkursgläubigern gegenüber ungültig. Den Organen einer im Konkurs befindlichen Aktiengesellschaft oder Genossenschaft fehlt zudem nach Art. 740 Abs. 5 OR hinsichtlich solcher Handlungen auch schon die Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft oder Genossenschaft. Der einzelzeichnungsberechtigte Verwaltungsrat der Baugesellschaft Vacasa konnte daher den streitigen Anspruch während der Dauer des Konkursverfahrens nicht wirksam abtreten.
Dieses Verfahren war jedoch zur Zeit der Abtretung nicht mehr hängig. Es wurde am 2. März 1961 in Anwendung von Art. 230 Abs. 1 SchKG eingestellt und gilt, da innert der Frist von Art. 230 Abs. 2 SchkG kein Gläubiger seine Durchführung verlangte und für die Kosten Sicherheit leistete, seit Ablauf dieser Frist (18. März 1961) als geschlossen. Mit dem Schluss des Konkursverfahrens fielen das Beschlagsrecht der Konkursgläubiger am noch vorhandenen Vermögen der Gemeinschuldnerin und die Befugnisse, die das Konkursrecht den Konkursorganen mit Bezug auf die Verwaltung und Verwertung der Konkursmasse verleiht, sowie die damit zusammenhängende Beschränkung des Verfügungsrechts der Gemeinschuldnerin und der Vertretungsbefugnis ihrer Organe unter Vorbehalt von Art. 269 SchKG und Art. 134 VZG dahin (BGE 46 III 27ff., insbesondere 30; vgl. auch BGE 87 III 76 oben). Art. 134 VZG, der eine gesonderte Verwertung verpfändeter Grundstücke und anderer Pfandgegenstände (BGE 53 III 191,BGE 56 III 191) durch das Konkursamt nach Einstellung des Konkurses über eine Aktiengesellschaft oder Genossenschaft (BGE 56 III 120) zulässt, ist im vorliegenden Falle nicht anwendbar, weil es sich beim streitigen Anspruch nicht um ein verpfändetes Vermögensstück handelt. Ebensowenig kann dieser Anspruch in einem Nachkonkurs gemäss Art. 269 SchKG verwertet werden. Abgesehen davon, dass er dem Konkursamt bekannt war (vgl. lit. B hiervor) und daher kein nach Schluss des Konkursverfahrens entdecktes Vermögensstück im
BGE 90 II 247 S. 254
Sinne von Art. 269 SchKG darstellt, auch wenn der Kläger ihn höher bewertet als das Konkursamt (vgl. BGE 87 III 78), ist nach dem eben angeführten Entscheide im Anschluss an ein gemäss Art. 230 SchKG ohne Feststellung der Gläubigerrechte beendigtes Konkursverfahren ein Nachkonkurs im Sinne von Art. 269 SchKG überhaupt nicht zulässig. Die von der Vorinstanz erwähnte Möglichkeit, ein gemäss Art. 230 SchKG eingestelltes und geschlossenes Konkursverfahren wieder zu eröffnen, besteht nach der von ihr angerufenen Kommentarstelle (JAEGER N. 1 zu Art. 230 SchKG) und nachBGE 53 III 193(worauf BGE 87 III 78 ohne bestimmte Stellungnahme hinweist) nur im hier nicht gegebenen Falle neu entdeckten Vermögens, wie das die Vorinstanz selber angenommen hat. Im übrigen könnten das Beschlagsrecht der Konkursgläubiger und die Beschränkung des Verfügungsrechts der Gemeinschuldnerin wegen einer blossen Möglichkeit, das eingestellte und geschlossene Verfahren wieder zu eröffnen, nicht als fortbestehend angesehen werden. Vielmehr würden sie erst mit der tatsächlichen Neueröffnung des Konkurses (die nicht erfolgt und nach den Akten von keiner Seite verlangt worden ist) wieder in Kraft treten.
Dass der streitige Anspruch vor der Konkurseröffnung Gegenstand einer Pfändung (nach Art. 43 SchKG) gewesen sei, die mit der Einstellung des Konkursverfahrens wieder aufgelebt wäre (BGE 87 III 75 mit Hinweisen), oder dass dieser Anspruch in einer auf Grund von Art. 230 Abs. 3 SchKG nach Einstellung des Konkurses angehobenen Betreibung gepfändet worden sei, ist nicht behauptet worden, und es bestehen dafür auch keine Anhaltspunkte.
Mit dem Schluss des Konkursverfahrens sind also die vollstreckungsrechtlichen Hindernisse für eine Abtretung des streitigen Anspruchs durch die Verwaltung der Genossenschaft Vacasa weggefallen.

3. Es bleibt zu prüfen, ob die Abtretung vom 13. April 1961 aus Gründen des Gesellschafts- und Handelsregisterrechts ungültig sei.
BGE 90 II 247 S. 255
Nach Art. 28 Ziff. 1 der HRegV vom 6. Mai 1890 war eine in Konkurs gefallene Gesellschaft auf die Mitteilung des Konkurserkenntnisses hin im Handelsregister von Amtes wegen zu löschen. Eine solche Gesellschaft bestand nach der Rechtsprechung (BGE 53 III 190f.,BGE 56 III 190f.) nur so lange weiter, als dies zur Durchführung des Konkurses erforderlich war. Mit dem Schluss des Konkursverfahrens wurde die Löschung nach den eben angeführten Entscheiden endgültig und ging die Gesellschaft unter, und zwar auch dann, wenn das Verfahren gemäss Art. 230 SchKG mangels Aktiven eingestellt und geschlossen wurde. InBGE 56 III 192wurde hieraus u.a. der Schluss gezogen, das dem Konkursamt bekannt gewesene, aber zur Deckung der Konkurskosten nicht als ausreichend erachtete Vermögen der Gesellschaft falle gemäss Art. 57 ZGB an das Gemeinwesen. Wären diese Grundsätze heute noch massgebend, so wäre die streitige Abtretung als ungültig zu betrachten; denn es wäre anzunehmen, die Genossenschaft, in deren Namen sie erfolgte, habe am 13. April 1961 nicht mehr bestanden und der abgetretene Anspruch stehe dem Gemeinwesen zu.
Die erwähnte Rechtsprechung, die von der Lehre angefochten wurde (GUISAN in JdT 1931 II 81ff., HAAB in ZBJV 1931 S. 459 f., F. v. STEIGER in "Die schweiz. Aktiengesellschaft" 1933/34 S. 25 ff.), ist jedoch überholt, seitdem das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1936 über die Revision der Titel XXIV bis XXXIII des OR und die HRegV vom 7. Juni 1937 gelten. Die Eröffnung des Konkurses über eine Handelsgesellschaft oder Genossenschaft führt heute nicht mehr zu ihrer sofortigen Löschung im Handelsregister. Vielmehr hat der Registerführer gemäss Art. 939 OR nach Empfang der amtlichen Mitteilung des Konkurserkenntnisses (vgl. hiezu das Kreisschreiben Nr. 33 des Bundesgerichtes vom 7. Dezember 1955, abgedruckt in BGE 81 III 129 ff.) zunächst nur die dadurch bewirkte Auflösung der Gesellschaft oder Genossenschaft einzutragen. Wird das Verfahren mangels Aktiven eingestellt,
BGE 90 II 247 S. 256
so ist nach Art. 65 HRegV diese Tatsache einzutragen, unter Aufhebung des den Konkurs betreffenden Eintrags, und zwar hat dies zu geschehen, sobald der Registerführer vom Konkursamt erfahren hat, dass die Frist von Art. 230 Abs. 2 SchKG für Begehren um Durchführung des Konkurses und für die Leistung des Kostenvorschusses unbenützt abgelaufen ist (Ziff. 18 b des Kreisschreibens des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements vom 20. August 1937, BBl 1937 II 819). Über die Voraussetzungen, unter denen eine infolge Konkurseröffnung aufgelöste Gesellschaft nach Einstellung des Konkursverfahrens gelöscht wird, bestimmen die Sätze 2 und 3 von Art. 66 Abs. 2 HRegV, die Löschung erfolge, wenn die Vertreter der Gesellschaft nicht innert der vom Registerführer angesetzten Frist gegen die Ankündigung der Löschung begründete Einsprache erheben; sie sei unter allen Umständen nach durchgeführter Liquidation vorzunehmen. Diese Regelung trägt dem Umstande Rechnung, dass die Liquidation, zu welcher die durch die Konkurseröffnung bewirkte - und gemässBGE 67 I 257durch die Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven nicht etwa rückgängig gemachte - Auflösung der Gesellschaft Anlass gibt, im Falle solcher Einstellung zwar häufig, aber nicht immer als abgeschlossen gelten kann (vgl. Ziff. 14 des Kreisschreibens des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements vom 15. März 1940, BBl 1940 S. 351). Es können noch Aktiven vorhanden sein, die nach der Schätzung des Konkursamtes zur Deckung der Konkurskosten nicht ausreichen, aber doch liquidiert zu werden verdienen. Trifft dies zu und macht die Verwaltung der Gesellschaft diese Tatsache durch Einsprache gegen die angekündigte Löschung geltend, so bleibt die aufgelöste Gesellschaft ungeachtet der Einstellung und Schliessung des Konkursverfahrens als Gesellschaft in Liquidation im Handelsregister eingetragen, bis die Liquidation durchgeführt ist.
Diese Regeln, die auch für die Genossenschaften gelten, da der durch Art. 66 Abs. 2 HRegV näher ausgeführte
BGE 90 II 247 S. 257
Art. 939 OR die Genossenschaften den Handelsgesellschaften gleichstellt, sind im vorliegenden Falle angewendet worden (vgl. den unter lit. B hievor wiedergegebenen Handelsregistereintrag vom 23. März 1961). Die Liquidation der Genossenschaft Vacasa konnte bei Einstellung des Konkurses gerade im Hinblick auf den streitigen Anspruch noch nicht als durchgeführt gelten. Erst im Jahre 1963 wurde diese Genossenschaft wegen Beendigung der Liquidation gelöscht (vgl. lit. D hievor). Am 13. April 1961, als Häberling in ihrem Namen den streitigen Anspruch an den Kläger abtrat, bestand sie also noch, wenn auch nur zum Zwecke der Liquidation. Dass die "Baugesellschaft Vacasa in Liquidation" an ihre Stelle getreten sei, wie die Vorinstanz annimmt, trifft nicht zu. Nach Art. 739 Abs. 1 OR, der gemäss Art. 913 Abs. 1 OR auch auf die Genossenschaften anwendbar ist und den die Vorinstanz in einer vorausgehenden Erwägung selber angeführt hat, behält die in Liquidation getretene Gesellschaft die juristische Persönlichkeit und führt ihre bisherige Firma, jedoch mit dem Zusatz "in Liquidation". Die Baugesellschaft Vacasa in Liquidation und die Baugesellschaft Vacasa sind also identisch. Es besteht nur ein Unterschied in der Firma. Der streitigen Abtretung lässt sich daher nicht entgegenhalten, sie sei im Namen einer nicht mehr bestehenden Rechtsperson vorgenommen worden und aus diesem Grunde ungültig. Ebensowenig liegt ein Ungültigkeitsgrund in der blossen Tatsache, dass die Abtretungserklärung den Firmenzusatz "in Liquidation" nicht enthält (vgl.BGE 59 II 62und SIEGWART N. 1 zu Art. 582 OR). Trotz der unvollständigen Firmenbezeichnung konnte kein Zweifel darüber bestehen, für wen Häberling handelte. Zum Gültigkeitserfordernis hat das Gesetz den erwähnten Zusatz nicht erhoben.
Dass die streitige Abtretung der Liquidation diente, lässt sich entgegen der Auffassung, welche die Vorinstanz bei Erörterung der Wirkungen der Konkurseröffnung beiläufig geäussert hat, nicht bestreiten. Die Baugesellschaft
BGE 90 II 247 S. 258
Vacasa verfügte nach der mangels Aktiven erfolgten Konkurseinstellung unzweifelhaft nicht über die Mittel, die nötig waren, um den streitigen Anspruch auf dem Prozessweg geltend zu machen und den Betrag zu zahlen, zu dessen Sicherstellung sie ihre Grundpfandforderung am 21. Juli 1959 an den Beklagten abgetreten hatte. Daher blieb ihr kaum etwas anderes übrig, als den streitigen Anspruch an einen Dritten abzutreten, der willens und in der Lage war, die Prozesskosten und die erwähnte Zahlung auf sich zu nehmen. Art. 743 Abs. 4 OR erlaubt den Liquidatoren die freihändige Veräusserung von Aktiven, sofern die Generalversammlung nichts anderes angeordnet hat (was hier nicht geschehen ist).
Die Liquidation wird nach Art. 740 Abs. 1 OR durch die Verwaltung besorgt, sofern sie nicht in den Statuten oder durch einen Beschluss der Generalversammlung anderen Personen übertragen wird, wofür hier nichts vorliegt. Die durch die Konkurseröffnung bewirkte Beschränkung der Vertretungsbefugnis der Genossenschaftsorgane ist mit der Beendigung des Konkursverfahrens dahingefallen (vgl. Erw. 2 hievor). Der einzelzeichnungsberechtigte Verwaltungsrat Häberling besass daher die Vertretungsbefugnis, die zu der in Frage stehenden Liquidationshandlung nötig war.
Die Gründe, aus denen die kantonalen Instanzen die Abtretung vom 13. April 1961 als ungültig betrachtet haben, halten also nicht Stich.

4. Zu den Einwendungen, welche der Beklagte gegen den eingeklagten Anspruch sonst noch erhoben hat, nimmt das angefochtene Urteil nicht Stellung. Es stellt die für ihre Beurteilung wesentlichen Tatsachen nicht fest. Daher ist die Sache zur Ergänzung des Tatbestandes und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom
BGE 90 II 247 S. 259
31. Januar 1964 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4

Dispositiv

Referenzen

BGE: 87 III 78, 87 III 76, 87 III 75, 81 III 129

Artikel: Art. 269 SchKG, Art. 740 Abs. 5, Art. 939 OR, Art. 230 SchKG, Art. 740 Abs. 1 und Art. 743 Abs. 4 OR mehr...