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Urteilskopf

138 I 143


12. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Gemeinde X. gegen Y. AG/Z. GmbH sowie A. AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_770/2011 vom 25. Januar 2012

Regeste

Art. 50 Abs. 1 BV, Art. 83 lit. f, Art. 89 Abs. 1 und Art. 90 BGG, Art. 6 BöB und kantonalzürcherisches Vergaberecht, Art. 85 KV/ZH; Beschwerdebefugnis der Gemeinde, Gemeindeautonomie, Zulässigkeit des Kriteriums "Public Voting".
Das Bundesgericht bejaht im konkreten Fall die Voraussetzungen, unter denen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen zulässig ist (Schwellenwert, Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung), das Vorliegen eines Endentscheids trotz Rückweisung, und es erachtet die beschwerdeführende Gemeinde als hierzu legitimiert (E.1.1-1.3). Kognition des Bundesgerichts (E. 2.). Autonomie der zürcherischen Gemeinden im öffentlichen Beschaffungswesen (E. 3). Beim so genannten "Public Voting" wählen interessierte Bürgerinnen und Bürger unter öffentlich aufgelegten Projektstudien ihr bevorzugtes Projekt aus, hier für die Erstellung eines Gemeindehauses. Zwar kann dies nicht mit einer Volksabstimmung gleichgesetzt werden und wird dadurch nur eine grobe Einschätzung der Akzeptanz einer Projektstudie bei der Bevölkerung ermöglicht. Dennoch erscheint es zweckmässig, dass die Behörde den Willen der Bevölkerung bereits für die Ausarbeitung des Vorprojekts in angemessener Weise berücksichtigt. Es verletzt die Gemeindeautonomie, wenn die kantonale Rechtsmittelinstanz das Zuschlagskriterium "Public Voting" für grundsätzlich unzulässig erklärt (E. 4.1-4.4).

Sachverhalt ab Seite 145

BGE 138 I 143 S. 145

A. Die Gemeinde X. schrieb im Einladungsverfahren - eingeladen wurden fünf Unternehmungen - den Auftrag "Erarbeitung von Projektstudien mit Kostenschätzung für den Neubau des Gemeindehauses" aus. (...)
Den "Submissionsbedingungen mit integriertem Pflichtenheft" vom 15. Oktober 2010 waren u.a. auch die Zuschlagskriterien zu entnehmen . Im Rahmen des mit 55 % zu gewichtenden Kriteriums "Architektonisches Gesamtkonzept Projektstudie" sollten dabei auch Punkte für das im so genannten "Public Voting" erreichte Ergebnis vergeben werden (Gewichtung: 10 %). Dabei geht es darum, dass die verschiedenen Offerten anonymisiert zuhanden der Stimmberechtigten öffentlich aufgelegt werden und diese dann mit einem "Stimmzettel" ihr bevorzugtes Projekt auswählen können. Für das in diesem "Public Voting" erzielte Ergebnis erhielt die Y. AG/Z. GmbH 2,3 Punkte (60 Stimmen bzw. 22,8 % der insgesamt 263 abgegebenen Stimmen), die A. AG 5,2 Punkte (138 bzw. 52,5 % der abgegebenen Stimmen). Auf diese Weise erreichte die Letztere den ersten Gesamtrang mit 630 Punkten, während die Y. AG/Z. GmbH mit 627 Punkten klar vor der B. AG (mit 569 Punkten) auf den zweiten Rang zu liegen kam.
Mit Entscheid vom 14. März 2011 erteilte der Gemeinderat den Zuschlag der A. AG. Die nicht berücksichtigten Anbieter erhielten mit Schreiben vom 15. März 2011 eine Absage. Jene an die Y. AG/Z. GmbH wurde damit begründet, der Unterschied zum berücksichtigten Projekt liege beim "Public Voting". Dieses habe gezeigt, "dass das Projekt der Firma A. AG eine höhere Akzeptanz bei der Bevölkerung" finde.

B. Die von der Y. AG/Z. GmbH gegen diesen Vergabeentscheid erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 17. August 2011 gut, hob den Entscheid des Gemeinderats X. vom 14. März 2011 auf und wies die Sache an diesen zurück, "um den Zuschlag" der Y. AG/Z. GmbH "zu erteilen". Das Verwaltungsgericht erwog im Wesentlichen, das Kriterium "Public Voting"
BGE 138 I 143 S. 146
erweise sich als grundsätzlich unzulässig, womit die Zuschlagsauswertung ohne dieses Kriterium vorzunehmen sei. Werde auf diese Weise vorgegangen, rangiere die beschwerdeführende Y. AG/Z. GmbH an erster Stelle; diese müsse daher zwingend den Zuschlag erhalten.

C. Mit Eingabe vom 28. Oktober 2011 führt die Gemeinde X. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (eventuell subsidiäre Verfassungsbeschwerde) beim Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 17. August 2011 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen (oberer Gerichte) ist grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (Art. 82 lit. a in Verbindung mit Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Art. 83 lit. f BGG schliesst die Beschwerde gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen indes aus, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrages den massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) oder des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172. 052.68) nicht erreicht sowie wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (BGE 133 II 396 E. 2.1 S. 398).

1.1.1 Die erste Voraussetzung ist hier erfüllt: Gemäss Art. 6 Abs. 1 lit. b BöB in Verbindung mit Art. 1 und 2 der Verordnung des EVD vom 11. Juni 2010 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für das zweite Semester des Jahres 2010 und das Jahr 2011 (AS 2010 2647) betrug der Schwellenwert für Dienstleistungen Fr. 230'000.-. Zwar veranschlagte die Beschwerdeführerin die Kosten für das Vorprojekt in einer ersten Schätzung anfänglich auf Fr. 222'000.-, doch offerierten bereits die nicht berücksichtigten Beschwerdegegnerinnen für die entsprechende Dienstleistung einen Preis von Fr. 248'400.- (zuzüglich Nebenkosten) und will die Gemeinde den Zuschlag zu einem noch höheren Preis an
BGE 138 I 143 S. 147
die A. AG - welche ihr Angebot gemäss Offertöffnungsprotokoll für Fr. 266'310.- (zuzüglich Nebenkosten) unterbreitet hatte - erteilen, was zeigt, dass der Wert des zu vergebenden Auftrages - auch bei einer Gutheissung der Beschwerde - den Betrag von Fr. 230'000.- übersteigt und damit den gesetzlich massgebenden Schwellenwert erreicht.

1.1.2 Bei der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung muss es sich um eine Rechtsfrage aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungsrechts handeln (BGE 137 II 313 E. 1.1.1 S. 316; BGE 134 II 192 E. 1.3 S. 195), und der Beschwerdeführer hat die Erfüllung dieser Voraussetzung darzutun (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 396 E. 2.2 S. 399).
Die Beschwerdeführerin unterbreitet dem Bundesgericht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob ihr Vorgehen, die anonymisierten Projektstudien für den Neubau ihres Gemeindehauses zuhanden der Stimmberechtigten öffentlich aufzulegen, diese mittels "Stimmzettel" das jeweils bevorzugte Projekt auswählen zu lassen und das im Rahmen eines solchen "Public Votings" erzielte Ergebnis bei den Zuschlagskriterien zu berücksichtigen, zulässig ist oder nicht.
Die Voraussetzung des Vorliegens einer "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" ("question juridique de principe", "questione di diritto d'importanza fondamentale") ist restriktiv zu handhaben (vgl. BGE 133 III 493 E.1.1 mit Hinweisen), zumal bei Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtsmittels der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bei kantonalen Submissionen immer noch die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zur Verfügung steht und bei Vergebungen durch Bundesorgane, soweit sie aufgrund ihres Auftragswertes überhaupt den Vorschriften des Beschaffungsrechts unterstehen (Art. 6 BöB), das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelinstanz angerufen werden kann (Art. 27 Abs. 1 BöB). Der blosse Umstand, dass die aufgeworfene Rechtsfrage noch nie entschieden wurde, genügt nicht. Es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft.
Dies trifft vorliegend zu: Die Frage, ob es sich beim oben beschriebenen so genannten "Public Voting" um ein zulässiges Zuschlagskriterium handelt, wurde vom Bundesgericht bisher noch nie entschieden. Sodann besteht höchstrichterlicher Klärungsbedarf daran, ob und inwieweit bei einem geplanten Beschaffungsprojekt - hier ein bevorstehender, unbestrittenermassen dem Referendum unterstehender Neubau eines Gemeindehauses - die bereits im Vorfeld und
BGE 138 I 143 S. 148
konsultativ ermittelte Meinung der Stimmbürger (mit-)entscheidend dafür sein darf, wer den Zuschlag für die Ausarbeitung der Projektstudien (also des Vorprojekts) erhält.

1.1.3 Das eingereichte Rechtsmittel ist nach dem Gesagten als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen und zu behandeln; für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde besteht kein Raum (Art. 113 BGG).

1.2 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig gegen Endentscheide, das heisst gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), und gegen Teilentscheide, die nur einen Teil der gestellten Begehren behandeln, wenn diese unabhängig von den anderen beurteilt werden können, oder die das Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen und Streitgenossinnen abschliessen (Art. 91 BGG). Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist hingegen die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.). Anders verhält es sich nur dann, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung nur noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE 135 V 141 E.1.1 S. 143 mit Hinweisen).
Beim angefochtenen Urteil handelt es sich zwar formal um einen Rückweisungsentscheid. Das Verwaltungsgericht belässt der Gemeinde aber keinen Entscheidungsspielraum mehr, sondern verpflichtet sie, den Zuschlag an die Y. AG/Z. GmbH zu erteilen. Damit ist das angefochtene Urteil nach der Rechtsprechung als Endentscheid zu qualifizieren (Art. 90 BGG).

1.3

1.3.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen
BGE 138 I 143 S. 149
Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).
Art. 89 Abs. 1 BGG ist grundsätzlich auf Privatpersonen zugeschnitten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können Gemeinwesen und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften das allgemeine Beschwerderecht dann in Anspruch nehmen, wenn sie durch den angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie Private betroffen sind. Ausserdem anerkennt die Praxis die Beschwerdebefugnis eines Gemeinwesens, wenn dieses durch den fraglichen Akt in qualifizierter Weise in schutzwürdigen hoheitlichen Interessen berührt wird (BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 47; zur früheren Rechtslage vgl. Urteil A.919/1984 vom 29. Oktober 1986 E. 2, nicht publ. in: BGE 112 Ib 564 [allgemeines Beschwerderecht für eine Gemeinde als Projektantin eines öffentlichen Werks]; zur Fortsetzung der bisherigen Praxis vgl. BGE 133 II 400 E. 2.4.2 S. 406 f.).
Unabhängig davon sind Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten befugt, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt (Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG; zum früheren Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde vgl. BGE 129 I 313 E. 4.1).

1.3.2 Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer verfassungsrechtlich geschützten Autonomie geltend macht, ist sie daher - auch nach neuem Verfahrensrecht - zur Anfechtung des sie belastenden kantonalen Rechtsmittelentscheides befugt (vgl. ADRIAN HUNGERBÜHLER, Das Bundesgericht als Rechtsmittelinstanz in Vergabesachen, in: Aktuelles Vergaberecht 2008, S. 361). Da sie in einem Rechtsmittelverfahren dazu verhalten wird, öffentliche Arbeiten anders zu vergeben, als sie dies selber wollte, in ihrer Funktion als Trägerin hoheitlicher Gewalt berührt wird (Urteil 2P.175/2001 vom 12. Oktober 2001, in: ZBl 103/2002 S. 481) und dies einen Kernbereich ihrer Aufgaben betrifft (Bau des Gemeindehauses), kann sie nach dem Gesagten hierfür auch das allgemeine Beschwerderecht von Art. 89 Abs. 1 BGG in Anspruch nehmen.

2. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Soweit die Vorinstanz kantonales Recht anzuwenden hatte, kann im Wesentlichen geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG) bzw. gegen die verfassungsmässigen Rechte und Grundsätze (BGE 137 V 143 E. 1.2 S. 145; BGE 134 I 153 E. 4.2.2 S. 158; BGE 134 II 349
BGE 138 I 143 S. 150
E. 3 S. 351). Das Bundesgericht prüft - auf entsprechend begründete Rüge hin (Art. 106 Abs. 2 BGG) - kantonales Recht somit nur auf Bundesrechtsverletzung hin (namentlich Willkür). Frei prüft das Bundesgericht die Verletzung kantonaler verfassungsmässiger Rechte (Art. 95 lit. c BGG), darunter auch die Garantie der Gemeindeautonomie. Soweit es dabei allerdings um die Auslegung von kantonalem Gesetzes- und Verordnungsrecht geht, prüft dies das Bundesgericht wiederum ausschliesslich unter dem Gesichtswinkel der Willkür (vgl. zur Kognition des Bundesgerichts in Vergabestreitigkeiten auch HUNGERBÜHLER, a.a.O., S. 364).

3.

3.1 Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts, welches den Gemeinden vorliegend ausdrücklich Autonomie einräumt (vgl. Art. 85 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 [SR 131.211]). Über Autonomie verfügt eine Gemeinde in jenen Sachbereichen, welche der Kanton nicht abschliessend ordnet, sondern ihr - ganz oder teilweise - zur Regelung überlässt, sofern ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit eingeräumt wird (vgl. BGE 128 I 3 E. 2a S. 8; BGE 122 I 279 E. 8b S. 290).
Die Gemeinden des Kantons Zürich sind im öffentlichen Beschaffungswesen zwar an die einschlägigen kantonalen Submissionsvorschriften gebunden, haben dabei aber eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit (namentlich bei der Festlegung des Verfahrens, der Zuschlagskriterien und schliesslich beim Zuschlag selber), und geniessen somit Autonomie (vgl. Urteile 2P.70/2006 vom 23. Februar 2007 E. 3.1 und 2P.175/2001 vom 12. Oktober 2001 E. 2b).

3.2 Greift eine kantonale Rechtsmittelinstanz in einen Bereich ein, in welchem die Gemeinde relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit besitzt und ihr damit ein Ermessensspielraum zukommt, verletzt sie die Gemeindeautonomie, wenn sie in einem solchen Bereich ihre eigene Einschätzung an die Stelle derjenigen der Gemeinde setzt (vgl. Urteil 2P.85/2001 vom 6. Mai 2002 E. 4.2).

4.

4.1

4.1.1 Gemäss § 33 der kantonalzürcherischen Submissionsverordnung vom 23. Juli 2003 (SubmV; LS 720.11) erhält das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag. Dabei können neben dem Preis "insbesondere" die Kriterien "Qualität, Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Ästhetik, Betriebskosten, Nachhaltigkeit,
BGE 138 I 143 S. 151
Kreativität, Kundendienst, Lehrlingsausbildung" und "Infrastruktur" berücksichtigt werden.

4.1.2 Das Verwaltungsgericht zog aus § 33 SubmV den Schluss, sobald ein Kriterium nicht der Evaluation des wirtschaftlich günstigsten Angebots diene, erweise es sich als unzulässig. Es prüfte daraufhin, ob das Kriterium "Public Voting" zur Messung von Wirtschaftlichkeit als tauglich erscheine, und erwog, der Wunsch nach Einbezug des Stimmvolkes in einem frühen Zeitpunkt erscheine zwar verständlich. Das Vorgehen diene jedoch nicht dazu, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu evaluieren. Der Einbezug des Stimmvolks als Zuschlagskriterium lasse sich auch nicht unter einen weiten Wirtschaftlichkeitsbegriff subsumieren. Aufgrund der geheimen Abstimmung und der fehlenden Begründungspflicht sei darüber hinaus nicht gewährleistet, dass die Stimmberechtigten ihren Entscheid ausschliesslich anhand objektiver Kriterien treffen würden. Der Einbezug eines "Public Votings" in die Zuschlagskriterien sei sachfremd und das genannte Kriterium daher grundsätzlich unzulässig, so dass weitere Fragen (darunter jene, ob die Gewichtung mit 10 % zulässig war oder ob durch die Anmerkungen des Submissionsausschusses eine unzulässige Beeinflussung der Stimmberechtigten stattgefunden habe) offengelassen werden könnten.
Die Beschwerdegegnerinnen unterstützen im Wesentlichen diese Argumentation des Verwaltungsgerichts und führen ergänzend aus, die Regelungen des Vergabeverfahrens hätten nicht zum Ziel, die "Stimmung" der Bevölkerung zu einem Vorhaben der Gemeinde einzuholen. Konsultativabstimmungen seien im Kanton Zürich nach dem geltenden Gemeindegesetz ohnehin unzulässig, weshalb die Gemeinde die Meinung der Bürger auch nicht über eine solche "Abstimmung" habe einholen dürfen.

4.2 Vorweg ist festzuhalten, dass § 33 der Submissionsverordnung das so genannt "wirtschaftlichste Angebot" gerade nicht ausschliesslich über den tiefsten Preis definiert. Die Kriterien, die bei dessen Ermittlung berücksichtigt werden dürfen, sind sehr weit gefasst und darüber hinaus nicht abschliessend festgelegt (vorne E. 4.1.1). Ausdrücklich genannt ist das Kriterium der Zweckmässigkeit, dem im vorliegenden Fall eine ganz besondere Bedeutung zukommt:

4.3 Zur Ausschreibung gelangte "die Erarbeitung von Projektstudien mit Kostenschätzung für den Neubau des Gemeindehauses" (vgl. vorne lit. A), also ein Vorprojekt für ein Projekt, das gemäss unbestrittener Sachdarstellung dem Referendum unterstehen wird. Bei
BGE 138 I 143 S. 152
dieser Ausgangslage erscheint es unwirtschaftlich und wenig zweckmässig, ein Projekt auszuarbeiten bzw. ausarbeiten zu lassen, das die Akzeptanz durch die Bevölkerung von vornherein nicht geniesst und deshalb in der Volksabstimmung zu scheitern droht. Solches hätte zur Folge, dass die für die Ausarbeitung des Vorprojektes von der Gemeinde ausgegebenen finanziellen Mittel vergeblich eingesetzt worden wären und die Öffentlichkeit dieser Gelder verlustig ginge. Dass - wie die Beschwerdegegnerinnen vorbringen - die Stimmberechtigten anlässlich eines "Public Votings" ihren persönlichen Eindruck (zu den verschiedenen Offerten) ohne inhaltliche Begründung abgeben, ändert daran nichts: Es gehört zum Wesen der Demokratie, dass die Stimmberechtigten ihre Stimme frei und ohne Begründung abgeben (Art. 34 Abs. 2 BV, vgl. dazu GEROLD STEINMANN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg], 2. Aufl. 2008, N. 13 zu Art. 34 BV). Gibt die Rechtsordnung - was hier betreffend Bau des neuen Gemeindehauses von keiner Seite in Frage gestellt wird - die Zuständigkeit zu einem Entscheid der Stimmbürgerschaft (vgl. zum obligatorischen und fakultativen Referendum bzw. zum Finanzreferendum STEINMANN, a.a.O., N. 11 und 12 zu Art. 34 BV), so legt sie damit fest, dass deren Willen für die Realisierung des Projektes massgebend ist. Es ist alsdann auch zweckmässig, dass die Behörden diesen Wilen bereits für die Ausarbeitung des Vorprojekts (und die dazu erforderliche öffentliche Beschaffung) in angemessener Weise berücksichtigen. Einzuschränken bleibt, dass das "Public Voting" nicht mit einer Volksabstimmung gleichgesetzt werden kann und nur eine grobe Einschätzung der Akzeptanz einer Projektstudie bei der Bevölkerung ermöglicht, weshalb dem genannten Kriterium - unter allen anderen - bloss ein relativ geringes Gewicht zukommen darf.

4.4 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann es somit nicht als grundsätzlich unzulässig betrachtet werden, im Rahmen eines Submissionsverfahrens den Aspekt "Public Voting" zu berücksichtigen. Dies hat im Übrigen auch nichts damit zu tun, dass gemäss § 94 b lit. a des Gemeindegesetzes vom 6. Juni 1926 (in der Fassung vom 1. September 2003; LS 131.1) im Kanton Zürich nur noch Abstimmungen über Grundsatzfragen, die für die Behörden verbindlich sind, als zulässig gelten. Das von der Beschwerdeführerin für das "Public Voting" gewählte Vorgehen, die Stimmberechtigten zur Einsichtnahme in die für 2 Tage (4./5. März 2011) öffentlich aufgelegten Projekstudien einzuladen und ihnen einen "Stimmzettel" zum Ankreuzen des jeweils bevorzugten Projekts auszuhändigen, ist
BGE 138 I 143 S. 153
keine Konsultativabstimmung, sondern hat den Charakter eines Mitwirkungsverfahrens für die Bevölkerung. Die Berücksichtigung eines solchen als im Vergabeverfahren "grundsätzlich unzulässig" zu bezeichnen, wie dies die Vorinstanz getan hat, verletzt die der Gemeinde in diesem Bereich zustehende Autonomie (vorne E. 3) und ist damit verfassungsrechtlich nicht haltbar.

4.5 Weil das Verwaltungsgericht das Kriterium des "Public Voting" als grundsätzlich unzulässig erachtete, hat es sich mit der Beurteilung im Einzelnen gar nicht befasst und verschiedene Fragen, die sich als entscheidrelevant erweisen könnten (vorne E. 4.1.2), offengelassen. Die Sache ist damit zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.

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Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4

Referenzen

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