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Urteilskopf

148 III 257


33. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Fédération Internationale de Football Association (FIFA) gegen PUMA SE und vice versa (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_518/2021 / 4A_526/2021 vom 6. April 2022

Regeste a

Art. 2 lit. c MSchG; absolute Ausschlussgründe, irreführende Zeichen.
Grundsätze zur Beurteilung der markenschutzrechtlichen Irreführungsgefahr bezüglich der geschäftlichen Verhältnisse des Markeninhabers (E. 3.1). Irreführung durch die Zeichen "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" und "PUMA WORLD CUP 2022" bejaht, da damit bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Erwartung einer besonderen Beziehung des Markeninhabers zur Fussball-Weltmeisterschaft 2022 geweckt wird (E. 3.2 und 3.3).

Regeste b

Art. 2 lit. a MSchG; Gemeingut, Unterscheidungskraft, Eventmarken.
Der Beurteilung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit sogenannter Eventmarken sind die allgemeinen Grundsätze gemäss Art. 2 lit. a MSchG zugrunde zu legen (E. 6.2 und 6.3.1). Den beiden hinterlegten Zeichen "QATAR 2022" (fig.) und "WORLD CUP 2022" (fig.) fehlt es an der originären Unterscheidungskraft, da das Publikum diese als Beschreibung der Sportveranstaltung selbst und nicht als Hinweis auf deren Veranstalter bzw. die Herkunft der damit bezeichneten Produkte versteht (E. 6.3.2 und 6.4).

Sachverhalt ab Seite 258

BGE 148 III 257 S. 258

A.a Die Fédération Internationale de Football Association (FIFA; Klägerin, Widerbeklagte) ist ein Verein schweizerischen Rechts mit Sitz in Zürich. Sie organisiert als Weltfussballverband unter anderem alle vier Jahre die Fussball-Weltmeisterschaft der Herren.
Die PUMA SE (Beklagte, Widerklägerin) ist eine europäische Aktiengesellschaft mit Sitz in Herzogenaurach, Deutschland. Sie ist eine börsenkotierte deutsche Sportartikelanbieterin und Herstellerin von Schuhen, Textilien und Accessoires, vor allem im Fussballbereich.
BGE 148 III 257 S. 259

A.b Die PUMA SE hat am 2. Oktober 2018 bzw. am 19. Februar 2019 die beiden Marken Nr. 727 955 "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" und Nr. 735 189 "PUMA WORLD CUP 2022" für verschiedene Waren der Klassen 18, 25 und 28 - insbesondere Sportartikel, Bekleidung und Accessoires - im schweizerischen Markenregister eintragen lassen.
Die FIFA ist Inhaberin der beiden folgenden jeweils am 5. Dezember 2018 im schweizerischen Markenregister für zahlreiche Waren und Dienstleistungen - so unter anderem für Sponsoring- und Merchandisingprodukte - hinterlegten Marken:
Nr. 725 428:
Nr. 725 429:

B.

B.a Am 3. Mai 2019 erhob die FIFA beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die PUMA SE mit den folgenden - im Verfahrensverlauf angepassten - Rechtsbegehren:
"1. Die Schweizer Marke CH Nr. 727 955 "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" der Beklagten sei für sämtliche beanspruchten Waren für nichtig zu erklären und das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum sei anzuweisen, die Schweizer Marke CH Nr. 727 955 "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" zu löschen;
2. Die Schweizer Marke CH Nr. 735 189 "PUMA WORLD CUP 2022" der Beklagten sei für sämtliche beanspruchten Waren für nichtig zu erklären und das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum sei anzuweisen, die Schweizer Marke CH Nr. 735 189 "PUMA WORLD CUP 2022" zu löschen;
3. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse nach Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall sowie unter Androhung einer Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung gemäss Art. 343 Abs. 1 lit. c ZPO mit sofortiger Wirkung zu verbieten, in der Schweiz im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" im Zusammenhang mit
[zahlreiche Accessoires, Bekleidungsstücke, Sportartikel etc.]
zu gebrauchen oder durch Dritte gebrauchen zu lassen.
4. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse nach Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall sowie unter Androhung einer Ordnungsbusse für jeden Tag der Nichterfüllung gemäss Art. 343 Abs. 1 lit. c ZPO mit sofortiger Wirkung zu verbieten, in der Schweiz im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "PUMA WORLD CUP 2022" im Zusammenhang mit
[zahlreiche Accessoires, Bekleidungsstücke, Sportartikel etc.]
BGE 148 III 257 S. 260
zu gebrauchen oder durch Dritte gebrauchen zu lassen."
Die Beklagte beantragte, es sei auf die Klage nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen. Zudem erhob sie Widerklage mit dem folgenden Rechtsbegehren:
"[...] die Schweizer Marken CH-Nr. 725428 'QATAR 2022' (fig.) und CH-Nr. 725429 'WORLD CUP 2022' (fig.) der Klägerin seien für sämtliche beanspruchten Waren widerklageweise für nichtig zu erklären und das Eidgenössische Institut für geistiges Eigentum sei anzuweisen, die beiden vorgenannten Marken zu löschen."

B.b Mit Urteil vom 31. August 2021 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich sowohl die Hauptklage als auch die Widerklage ab. Es erwog, die Hauptklage sei abzuweisen, weil die von der Beklagten eingetragenen Marken "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" und "PUMA WORLD CUP 2022" keine irreführenden Zeichen im Sinne von Art. 2 lit. c MSchG darstellten. Der Klägerin gelinge es nicht darzutun, inwiefern diese Marken objektiv geeignet sein sollen, unzutreffende Vorstellungen über die Beziehung zwischen den Parteien respektive zu der von ihr veranstalteten Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar zu wecken. Die Widerklage sei abzuweisen, weil angesichts der konkreten grafischen Ausgestaltung der klägerischen Marken "QATAR 2022" (fig.) und "WORLD CUP 2022" (fig.) keine Zeichen des Gemeinguts im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG vorlägen; zudem sei es der Beklagten nicht gelungen darzutun, dass der Klägerin jegliche Gebrauchsabsicht fehle und unzulässige Defensivmarken vorlägen.

C. Beide Parteien haben gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 31. August 2021 beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Klägerin (4A_518/ 2021) teilweise und diejenige der Beklagten (4A_526/2021) vollumfänglich gut, es hebt den angefochtenen Entscheid im Wesentlichen auf und heisst die Klagebegehren Ziffern 1 und 2 wie auch das Widerklagebegehren gut. Entsprechend erklärt es sowohl die von der Beklagten eingetragenen Marken "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" und "PUMA WORLD CUP 2022" als auch die von der Klägerin eingetragenen Marken "QATAR 202" (fig.) und "WORLD CUP 2022" (fig.) für nichtig und ordnet deren Löschung im Markenregister an.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

BGE 148 III 257 S. 261
Aus den Erwägungen:
Beschwerde der Klägerin (4A_518/2021)

3. Die Klägerin wirft der Vorinstanz vor, sie habe bei der Beurteilung der Klage in verschiedener Hinsicht Art. 2 lit. c MSchG (SR 232.11) verletzt.

3.1

3.1.1 Nach Art. 2 lit. c MSchG sind irreführende Zeichen vom Markenschutz absolut ausgeschlossen. Die Bestimmung soll verhindern, dass irreführende Zeichen den Wettbewerb, namentlich die Markttransparenz beeinträchtigen. Darüber hinaus gewährleistet der Ausschlussgrund von Art. 2 lit. c MSchG den die gesamte Rechtsordnung prägenden Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr: Die Marktteilnehmer sollen in ihrem Vertrauen in die Zeicheninformationen nicht enttäuscht werden (MICHAEL G. NOTH, in: Markenschutzgesetz [MSchG], Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], 2. Aufl. 2017, N. 1 zu Art. 2 lit. c MSchG; vgl. auch EUGEN MARBACH, Markenrecht, in: Kennzeichenrecht, SIWR Bd. III/1, 2. Aufl. 2009, Rz. 547 f.). Entsprechend sind für irreführende und damit wettbewerbsverzerrende Zeichen keine markenrechtlichen Ausschliesslichkeitsrechte mit entsprechenden Abwehransprüchen zu gewähren. Der Staat, der zum Schutz einer Marke seine Machtmittel zur Verfügung stellt, soll nicht Praktiken schützen, die mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr unvereinbar sind (STÄDELI/BRAUCHBAR BIRKHÄUSER, in: Basler Kommentar, Markenschutzgesetz, Wappenschutzgesetz, 3. Aufl. 2017, N. 276 zu Art. 2 MSchG).
Art. 2 lit. c MSchG verhindert einzig die Eintragung und Schutzgewährung, verbietet hingegen weder den Gebrauch irreführender Zeichen noch den irreführenden Gebrauch von an und für sich rechtmässigen Zeichen (STÄDELI/BRAUCHBAR BIRKHÄUSER, a.a.O., N. 276 zu Art. 2 MSchG; NOTH, a.a.O., N. 3 zu Art. 2 lit. c MSchG). Ein solcher Zeichengebrauch ist nach anderen Gesetzesbestimmungen - etwa Art. 47 Abs. 3 MSchG oder Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG (SR 241) - zu beurteilen.

3.1.2 Für die Beurteilung, ob ein irreführendes Zeichen vorliegt, ist allein massgebend, ob die Angabe objektiv geeignet ist, beim Abnehmer falsche Vorstellungen bzw. Erwartungen über das gekennzeichnete Angebot zu wecken; die Gefahr einer Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise ist ausreichend (STÄDELI/BRAUCHBAR
BGE 148 III 257 S. 262
BIRKHÄUSER, a.a.O., N. 277 zu Art. 2 MSchG; FRAEFEL/MEIER, in: Commentaire romand, Propriété intellectuelle, 2013, N. 116 zu Art. 2 MSchG; vgl. auch NOTH, a.a.O., N. 28 zu Art. 2 lit. c MSchG). Die Irreführungsgefahr ist dabei grundsätzlich im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen (BGE 147 III 326 E. 2.1 mit Hinweisen). Entscheidend ist demnach, ob aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise der Marke ein Sinngehalt zukommt, der im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten irreführend sein kann (STÄDELI/BRAUCHBAR BIRKHÄUSER, a.a.O., N. 282 zu Art. 2 MSchG).
Eine Irreführungsgefahr kann unter anderem darin begründet liegen, dass das Zeichen zu einem unrichtigen Rückschluss auf die geschäftlichen Verhältnisse des Markeninhabers führt (STÄDELI/BRAUCHBAR BIRKHÄUSER, a.a.O., N. 294 zu Art. 2 MSchG; MARBACH, a.a.O., Rz. 617; FRAEFEL/MEIER, a.a.O., N. 146 zu Art. 2 MSchG; kritisch betreffend der Prüfung im Eintragungsverfahren NOTH, a.a.O., N. 71 zu Art. 2 lit. c MSchG). Art. 2 lit. c MSchG kann insbesondere der Schutzfähigkeit von Zeichen entgegenstehen, die auf ein bestimmtes Ereignis von öffentlichem Interesse hinweisen, wenn damit unzutreffende Erwartungen geweckt werden (NOTH, a.a.O., N. 72 zu Art. 2 lit. c MSchG).

3.1.3 Das Bundesgericht prüft grundsätzlich als Rechtsfrage frei, wie der massgebende Adressatenkreis für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen abzugrenzen ist und wie das allgemeine Publikum aufgrund der erwarteten Aufmerksamkeit das Zeichen wahrnimmt (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 139 III 176 E. 2; je mit Hinweisen). Entsprechend prüft das Bundesgericht auch frei, ob das Zeichen geeignet ist, beim Publikum falsche Vorstellungen bzw. Erwartungen hervorzurufen (Urteile 4A_357/2015 vom 4. Dezember 2015 E. 4.1.1 und 4.1.2; 4A_508/2008 vom 10. März 2009 E. 3.3).

3.2

3.2.1 Nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid ist unstrittig, dass die Beklagte mit den streitgegenständlichen Marken beabsichtigt, auf die 2022 in Katar auszutragende Fussball-Weltmeisterschaft der Klägerin Bezug zu nehmen und nicht etwa auf irgendeine Weltmeisterschaft in einer anderen Sportart. Ihr kann nicht gefolgt werden, wenn sie vor Bundesgericht bestreitet, dass das Publikum ihre beiden strittigen Marken mit der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar in Verbindung bringt. Wie die Klägerin
BGE 148 III 257 S. 263
zutreffend vorbringt, ist davon auszugehen, dass die Schweizer Abnehmer von Sportartikeln, Bekleidung und Accessoires den Zeichenbestandteil "WORLD CUP QATAR 2022" unmittelbar als Hinweis auf die 2022 in Katar auszutragende Fussball-Weltmeisterschaft auffassen. Welche andere gleichzeitig in Katar stattfindende Weltmeisterschaft aus Sicht der massgebenden Verkehrskreise damit gemeint sein soll, vermag die Beklagte nicht aufzuzeigen. Angesichts der erheblichen Bedeutung des Fussballsports auch in der Schweiz und des notorisch ausserordentlich hohen Interesses des Schweizer Publikums an den alle vier Jahre stattfindenden Fussball-Weltmeisterschaften liegt nahe, dass dies auch für den Zeichenbestandteil "WORLD CUP 2022" zutrifft.
Die Verbindung der Bestandteile "PUMA" und "WORLD CUP QATAR 2022" bzw. "WORLD CUP 2022" weckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Erwartung einer besonderen Beziehung des Markeninhabers zu der von der Klägerin veranstalteten Fussball-Weltmeisterschaft 2022: Der Schweizer Durchschnittsabnehmer geht aufgrund der gewählten Kombination der Zeichenbestandteile davon aus, die damit gekennzeichneten Produkte - insbesondere Sportartikel, Bekleidung und Accessoires - stammten von einem Unternehmen, das als Hauptsponsor der in Katar stattfindenden Fussball-Weltmeisterschaft fungiert. Daran vermag der im angefochtenen Entscheid erwähnte Umstand nichts zu ändern, den angesprochenen Verkehrskreisen sei ohne Weiteres bekannt, dass offizielle Ausstatter, Lieferanten, Sponsoren etc. deutlich auf ihre Stellung hinwiesen, so z.B. durch die Verwendung offizieller Logos mit dem Akronym "FIFA" und der Verwendung von Begriffen wie "Sponsor". Wie die Klägerin zutreffend ausführt, erfolgt die Beurteilung der Irreführungsgefahr eines Zeichens in dem Sinne registerbezogen, als das Zeichen in der angemeldeten Form betrachtet wird und die konkrete Verwendung (samt aufklärender Hinweise auf der Ware, der Verpackung oder im Präsentationsumfeld) unbeachtet zu bleiben hat (NOTH, a.a.O., N. 18 zu Art. 2 lit. c MSchG; FRAEFEL/MEIER, a.a.O., N. 116 zu Art. 2 MSchG; STÄDELI/BRAUCHBAR BIRKHÄUSER, a.a.O., N. 283 zu Art. 2 MSchG). Selbst wenn von einer entsprechenden Kenntnis der Schweizer Abnehmer auszugehen wäre, leuchtet nicht ein, inwiefern eine solche bei abstrakter Betrachtung der Zeichen "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" bzw. "PUMA WORLD CUP 2022" die Erwartung einer besonderen Beziehung des Markeninhabers zur Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar beseitigen soll.
BGE 148 III 257 S. 264
Ebenso wenig lässt sich aus dem blossen Umstand, dass im Rahmen der Fussball-Weltmeisterschaft 2018 die Bezeichnung "FIFA WORLD CUP" verwendet worden war, darauf schliessen, die massgebenden Verkehrskreise würden aufgrund des Fehlens des Zusatzes "FIFA" eine besondere Verbindung zur anstehenden Fussball-Weltmeisterschaft 2022 ohne Weiteres ausschliessen. Wie die Klägerin zutreffend vorbringt, wird der durchschnittlich aufmerksame Schweizer Verbraucher den beiden eingetragenen Marken "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" bzw. "PUMA WORLD CUP 2022" die Information entnehmen, PUMA sei Titelsponsor der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Da es sich um ein zukünftiges Ereignis handelt, wird diese Erwartung selbst dann geweckt, wenn ein Titel-/ Namenssponsoring für die Fussball-Weltmeisterschaften in der Vergangenheit tatsächlich nicht erfolgte.
Das Vorbringen der Beklagten, die Verwendung der Begriffe "WORLD CUP QATAR 2022" bzw. "WORLD CUP 2022" werde nicht als Hinweis auf Waren und Dienstleistungen der Klägerin verstanden, sondern sei beschreibend, ist wohl zutreffend (dazu hinten E. 6), ändert jedoch nichts an der durch die beiden hinterlegten Zeichen hervorgerufenen Erwartung der massgebenden Verkehrskreise, die gerade durch die Verbindung von "PUMA" mit diesen Begriffen ausgelöst wird. Letzteres verkennt auch die Vorinstanz, wenn sie davon ausgeht, die Verwendung des Zusatzes "PUMA" spreche gegen eine Irreführung. Eine Marke, die unwahre bzw. irreführende Angaben enthält, unterliegt auch dann dem Schutzausschlussgrund von Art. 2 lit. c MSchG, wenn sie noch andere, für sich betrachtet nicht zu beanstandende Bestandteile enthält, und diese der Marke einen kennzeichnenden Charakter verleihen (STÄDELI/ BRAUCHBAR BIRKHÄUSER, a.a.O., N. 279 a.E. zu Art. 2 MSchG). Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht geht es bei der Irreführung nach dieser Bestimmung zudem nicht um eine Fehlvorstellung in Bezug auf ein besserberechtigtes Zeichen der Klägerin, geschweige denn um eine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr (vgl. zu den relativen Ausschlussgründen Art. 3 MSchG), sondern um einen absoluten Ausschlussgrund, der nicht mit Bezug zu einem anderen Zeichen bzw. Ausschliesslichkeitsrecht zu beurteilen ist (vgl. FRAEFEL/MEIER, a.a.O., N. 147 zu Art. 2 MSchG).

3.2.2 Die Vorinstanz stellte in tatsächlicher Hinsicht fest, dass die Beklagte weder offizielle Sponsorin noch Partnerin oder (Mit-)Veranstalterin der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar ist. Entsprechend werden die durch die beiden strittigen Zeichen bei den
BGE 148 III 257 S. 265
angesprochenen Verkehrskreisen geweckten Erwartungen enttäuscht und es ist von irreführenden Zeichen auszugehen, die nach Art. 2 lit. c MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen sind. Den von der Beklagten erhobenen Einwand, es sei aufgrund ihrer Unterstützung von am fraglichen Fussballturnier teilnehmenden Mannschaften oder Spielern von einem "indirekten Sponsoring" auszugehen, wies die Vorinstanz zu Recht zurück. Eine derart schwache und bloss indirekte Verbindung zu der in Katar auszutragenden Fussball-Weltmeisterschaft 2022 reicht nicht aus, die mit den beiden Marken hervorgerufenen Erwartungen zu erfüllen. Eine Irreführung wird damit nicht behoben.
Der Vorinstanz kann sodann nicht gefolgt werden, wenn sie darauf hinweist, die Klägerin habe im Zusammenhang mit der Verwendung von Trikots der Spieler, die nach den Vorgaben der Klägerin mit deren offiziellen Kennzeichen zu versehen seien, im Grundsatz gebilligt, dass die Beklagte bei ihrer Kommunikation in diesem Sinne einen gewissen (indirekten) Bezug zur Fussball-Weltmeisterschaft 2022 nehme. Streitgegenstand der Feststellungsklage (Nichtigerklärung der beiden eingetragenen Marken) ist nicht, inwieweit die Klägerin aufgrund ihres Verhaltens eine "Nähe der Ausrüster und Sponsoren von teilnehmenden Mannschaften zum Event und eine entsprechende Bezugnahme in Kauf zu nehmen und zu dulden [hat]". Vielmehr geht es allein um die Frage, ob aufgrund der beiden eingetragenen Zeichen - und zwar unabhängig von einer konkreten Verwendung - bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Gefahr der Irreführung besteht und deshalb für diese kein Markenschutz gewährt wird. Ob eine konkrete Zeichenverwendung der Beklagten mit einem Bezug zur Fussball-Weltmeisterschaft 2022 zulässig wäre oder vielmehr von der Klägerin verboten werden könnte, ist nicht Gegenstand der zunächst zu beurteilenden Feststellungsbegehren (Antrags-Ziffern 1 und 2), sondern einzig der beiden Verbotsbegehren (Antrags-Ziffern 3 und 4).

3.3 Den beiden von der Beklagten eingetragenen Zeichen "PUMA WORLD CUP QATAR 2022" und "PUMA WORLD CUP 2022" ist demnach gemäss Art. 2 lit. c MSchG der Markenschutz zu versagen. Entsprechend sind die Feststellungsbegehren Ziffern 1 und 2 gestützt auf Art. 52 MSchG gutzuheissen und die beiden Marken im Markenregister zu löschen.
(...)
BGE 148 III 257 S. 266
Beschwerde der Beklagten (4A_526/2021)

6. Die Beklagte wirft der Vorinstanz vor, sie habe die beiden Wort-/ Bildmarken Nr. 725 428 "QATAR 2022" und 725 429 "WORLD CUP 2022" der Klägerin zu Unrecht als unterscheidungskräftig und nach Art. 2 lit. a MSchG schutzfähig angesehen.
(...)

6.2

6.2.1 Nach der Legaldefinition von Art. 1 Abs. 1 MSchG ist jedes Zeichen als Marke schützbar, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Marke dient der Individualisierung der Produkte eines Unternehmens und deren Abgrenzung gegenüber Konkurrenzprodukten. Allfällige weitere wirtschaftliche Funktionen wie Werbung, Profilierung oder Kommunikation der Markeninhaber im Wettbewerb geniessen keinen selbständigen Schutz (BGE 128 III 146 E. 2b/bb mit Hinweisen).

6.2.2 Nach Art. 2 lit. a MSchG sind Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden. Die Gründe für den Schutzausschluss von Zeichen, die dem Gemeingut angehören, liegen entweder im Freihaltebedürfnis oder in der fehlenden Unterscheidungskraft, wobei sich Überschneidungen ergeben können (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 139 III 176 E. 2; BGE 131 III 121 E. 4.1; je mit Hinweisen). Freihaltebedürftig sind Zeichen, auf deren Verwendung der Wirtschaftsverkehr angewiesen ist. Die Unterscheidungskraft geht Zeichen ab, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes oder ihres sachlichen resp. beschreibenden Gehalts die markenspezifische Unterscheidungsfunktion nicht erfüllen können (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 139 III 176 E. 2 mit Hinweis). Nicht schutzfähig sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere Zeichen, die sich in Angaben über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert oder sonstige Merkmale der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen erschöpfen und daher die zu deren Identifikation erforderliche Unterscheidungskraft nicht aufweisen. Der beschreibende Charakter solcher Hinweise muss vom angesprochenen Publikum ohne besondere Denkarbeit und ohne Fantasieaufwand unmittelbar erkennbar sein. Dabei genügt, dass dies in einem Sprachgebiet der Schweiz zutrifft (BGE 145 III 178
BGE 148 III 257 S. 267
E. 2.3.1; BGE 135 III 359 E. 2.5.5; BGE 131 III 495 E. 5; BGE 129 III 225 E. 5.1; BGE 128 III 447 E. 1.5). Englischsprachige Ausdrücke können berücksichtigt werden, sofern sie von einem nicht unbedeutenden Teil der massgebenden Verkehrskreise verstanden werden (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 129 III 225 E. 5.1).
Ob ein Zeichen als Marke in Frage kommt, beurteilt sich nach dem Gesamteindruck, den es bei den massgebenden Adressaten in der Erinnerung hinterlässt (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 134 III 547 E. 2.3.1; BGE 133 III 342 E. 4). Ob die massgebenden Adressaten ein Zeichen für die beanspruchten Produkte als Hinweis auf ein Unternehmen wahrnehmen, ist dabei vor dem Hintergrund der gesamten Umstände zu beurteilen (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 137 III 403 E. 3.3.2; BGE 134 III 547 E. 2.3). Als originär unterscheidungskräftig ist ein Zeichen schützbar, wenn es aufgrund einer minimalen ursprünglichen Unterscheidungskraft geeignet ist, die mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu individualisieren, und es dem Verbraucher dadurch ermöglicht, diese im allgemeinen Angebot gleichartiger Waren und Dienstleistungen wiederzuerkennen (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 140 III 109 E. 5.3.2; BGE 137 III 403 E. 3.3.2; je mit Hinweisen). Bei der Prüfung, ob diese Schutzvoraussetzung erfüllt ist, ist das Zeichen so zu betrachten, wie es vom Hinterleger angemeldet worden ist. Die Auswirkungen des bereits erfolgten oder künftigen Zeichengebrauchs auf die Wahrnehmung durch die massgebenden Verkehrskreise müssen ausser Betracht bleiben. Das Zeichen muss aus sich selbst heraus und unabhängig von seinem Gebrauch geeignet sein, die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers von denjenigen anderer Anbieter zu unterscheiden (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 140 III 109 E. 5.3.2 mit Hinweisen).

6.2.3 Das Bundesgericht prüft auch in diesem Zusammenhang grundsätzlich als Rechtsfrage frei, wie der massgebende Adressatenkreis für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen abzugrenzen ist und wie das allgemeine Publikum aufgrund der erwarteten Aufmerksamkeit das Zeichen wahrnimmt (BGE 145 III 178 E. 2.3.1; BGE 143 III 127 E. 3.3.2; BGE 139 III 176 E. 2; je mit Hinweisen).

6.3

6.3.1 Die Vorinstanz hat ihrer Beurteilung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit der beiden Zeichen "QATAR 2022" (fig.) und "WORLD CUP 2022" (fig.) zutreffend die allgemeinen Grundsätze
BGE 148 III 257 S. 268
gemäss Art. 2 lit. a MSchG zugrunde gelegt. Der Umstand, dass der registerrechtliche Schutz für die Bezeichnung einer Veranstaltung begehrt wird, weshalb solche Marken bisweilen als "Eventmarken", "Ereignismarken" oder "Veranstaltungsmarken" bezeichnet werden, bedeutet nicht etwa, dass an die Beurteilung der absoluten Schutzfähigkeit andere, geschweige denn geringere Anforderungen zu stellen wären als bei sonstigen Marken (vgl. PAUL STRÖBELE, in: Markengesetz, Kommentar, Ströbele/Hacker/Thiering [Hrsg.], 12. Aufl. 2018, § 8 Rz. 284; Beschluss I ZB 96/05 des deutschen Bundesgerichtshofs [BGH] vom 27. April 2006, in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen [BGHZ] 167 [2007] S. 285 ff. Rz. 20 ff.). Auch die sog. Eventmarke unterliegt den allgemeinen markenrechtlichen Bestimmungen (NOTH/THOUVENIN, in: Markenschutgesetz [MSchG], Noth/Bühler/Thouvenin [Hrsg.], 2. Aufl. 2017, N. 86 zu Art. 1 MSchG; zu den sog. Eventmarken rechtsvergleichend CYRILL P. RIGAMONTI, Eventmarken und Markenrecht, in: Wirtschaftsrecht in Theorie und Praxis, 2009, S. 343 ff.).

6.3.2 Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass die Wortkombinationen "QATAR 2022" und "WORLD CUP 2022" vom angesprochenen Publikum als Hinweis auf die in diesem Jahr in Katar stattfindende Fussball-Weltmeisterschaft verstanden wird. Die Verbindung von Austragungsort und Austragungsjahr oder "World Cup" und Austragungsjahr ist - wie etwa auch die deutsche Bezeichnung "Weltmeisterschaft" bzw. "WM" oder "Europameisterschaft" bzw. "EM" verbunden mit dem Austragungsjahr - insbesondere für Sportveranstaltungen weit verbreitet und wird ohne Weiteres als Hinweis auf das im betreffenden Jahr bzw. am betreffenden Ort stattfindende Sportereignis aufgefasst. Das Publikum versteht eine solche Bezeichnung als Beschreibung der Sportveranstaltung selbst und nicht als Hinweis auf deren Veranstalter bzw. die Herkunft der damit bezeichneten Produkte (HILTY/VON DER CRONE/WEBER, Stellungnahme zur Anpassung des UWG: Ambush Marketing, in: sic! 10/2006 S. 703; PHILIPP ENGEL, Sponsoring im Sport, 2009, S. 133; Beschluss I ZB 96/05 des BGH vom 27. April 2006, a.a.O., Rz. 24, 26; vgl. auch MICHAEL G. NOTH, Trittbrettfahren durch Werbung bei Sportveranstaltungen, 2007, S. 164 f.).
Daran ändert auch die in den strittigen Zeichen jeweils hinzugefügte Null in Form eines stilisierten Fussballs nichts; im Gegenteil wird dieses beschreibende Verständnis aufgrund des bildlich vermittelten Sinngehalts noch verstärkt, indem zusätzlich auf die konkrete
BGE 148 III 257 S. 269
Sportart hingewiesen wird. Dies verkennt die Vorinstanz, wenn sie zwar auf den erkennbaren Bezug des Bildelements zum Fussballsport hinweist, darin jedoch ein den Gesamteindruck prägendes Element erblicken will, das die Unterscheidungskraft begründen soll. Im Übrigen geht auch die Vorinstanz einzig davon aus, die hinterlegten Zeichen vermöchten im Gesamteindruck einen Bezug zur Fussball-Weltmeisterschaft 2022 der Klägerin herzustellen, womit auch sie im Ergebnis lediglich von einem Hinweis auf die fragliche Sportveranstaltung selbst ausgeht. Das unmittelbar beschreibende und in seiner grafischen Darstellung banale Bildelement vermag den Zeichen nicht die erforderliche minimale ursprüngliche Unterscheidungskraft zu verleihen. Im Gegensatz zu den von der Klägerin ins Feld geführten, angeblich vergleichbaren Wort-/Bildmarken, die entweder ein fantasievolles Bildelement oder eine besondere Schrift aufweisen, wird in den hier strittigen Zeichen weder das bildliche Element noch die Schrift als zumindest derart fantasievoll empfunden, dass sie im Gesamteindruck unterscheidungskräftig würden (vgl. zur grafischen Darstellung einer nicht unterscheidungskräftigen Bezeichnung etwa Urteil 4A_109/2010 vom 27. Mai 2010 E. 2.4).
Den beiden von der Klägerin im Markenregister hinterlegten Zeichen "QATAR 2022" (fig.) und "WORLD CUP 2022" (fig.) fehlt es an der originären Unterscheidungskraft. Sowohl für die Sportveranstaltung selbst als auch für die mit ihrer Durchführung verbundenen Waren und Dienstleistungen sind die beiden hinterlegten Zeichen unmittelbar beschreibend. Das Publikum verbindet mit diesen das Sportereignis als solches und sieht darin keinen Hinweis auf einen Hersteller oder Veranstalter. Auch bei den beanspruchten Merchandisingartikeln, die als solche keinen unmittelbaren Bezug zur Fussballveranstaltung aufweisen, erkennen die Abnehmer lediglich einen Hinweis auf das überaus bekannte Ereignis selbst, ohne davon auszugehen, die Bezeichnung identifiziere die Herkunft damit versehener Produkte aus einem bestimmten Unternehmen (vgl. Beschluss I ZB 96/05 des BGH vom 27. April 2006, a.a.O., Rz. 45 f.; STRÖBELE, a.a.O., § 8 Rz. 287 f.). Dass für einzelne beanspruchte Waren oder Dienstleistungen von einem besonderen Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise auszugehen wäre, das von der beschriebenen Wahrnehmung des Publikums abweichen würde, macht die Klägerin nicht geltend.
Mangels originärer Unterscheidungskraft sind die strittigen Zeichen nicht als Marke schutzfähig. Die Vorinstanz hat die Frage der
BGE 148 III 257 S. 270
Verkehrsdurchsetzung zwar offengelassen; nachdem die beiden Zeichen gemäss den Feststellungen im angefochtenen Entscheid bislang gar noch nicht benutzt worden sind, ist jedoch unerfindlich und wird auch von der Klägerin nicht dargelegt, inwiefern im konkreten Fall eine Verkehrsdurchsetzung erfolgt sein soll.

6.4 Den beiden hinterlegten Zeichen "QATAR 2022" (fig.) und "WORLD CUP 2022" (fig.) ist demnach gemäss Art. 2 lit. a MSchG der Markenschutz insgesamt zu versagen. Entsprechend ist die Widerklage gutzuheissen und die beiden eingetragenen Marken sind gestützt auf Art. 52 MSchG für nichtig zu erklären.

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Sachverhalt

Erwägungen 3 6

Referenzen

BGE: 145 III 178, 143 III 127, 139 III 176, 129 III 225 mehr...

Artikel: Art. 2 lit. c MSchG, Art. 2 MSchG, Art. 2 lit. a MSchG, Art. 292 StGB mehr...