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Urteilskopf

96 III 35


6. Entscheid von 16. Mai 1970 i.S. Partinvest Treuhand AG

Regeste

Konkurs des Wechselbürgen.
1. Rechte des Wechselgläubigers in diesem Konkurs (Art. 208, 217 SchKG; Art. 1022 OR). Bedeutung von Zahlungen, die der Wechselgläubiger vor oder nach Anmeldung und Kollokation seiner Forderung im Konkurs des Wechselbürgen von andern Wechselverpflichteten erhält (Art. 217 SchKG). Übergang der Rechte aus dem Wechsel auf die Konkursmasse im Umfang der von ihr ausbezahlten Dividende (Art. 1022 Abs. 3 OR).
2. Inhalt des Kollokationsplans (Art. 244 ff. SchKG, 56 ff. KV). Anfechtung desselben durch Klage oder durch Beschwerde. Der Wechselgläubiger, dessen Forderung zugelassen wurde, hat die mit der Kollokationsverfügung verbundene Bemerkung, die Dividende werde nur auf die bei Abschluss des Konkursverfahrens allfällig noch bestehende Restschuld ausgerichtet, nicht als Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG aufzufassen, gegen die bei Gefahr der Verwirkung binnen 10 Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung der Auflegung des Kollokationsplans (Art. 17 Abs. 2, 250 Abs. 1 SchKG) Beschwerde zu führen wäre. Er kann sich vielmehr im Anschluss an die Anzeige der Auflegung der Verteilungsliste (Art. 263 SchKG) darüber beschweren, dass die jener Bemerkung entsprechende Verteilung den massgebenden Vorschriften (insbesondere dem Art. 217 SchKG) widerspreche. Beschwerde gegen den Verteilungsplan für eine Abschlagsverteilung(Art. 266 SchKG), der dem Wechselgläubiger die sofortige Auszahlung der auf die zugelassene Forderung entfallenden Abschlagsdividende verweigert.

Sachverhalt ab Seite 37

BGE 96 III 35 S. 37

A.- Die Partinvest Treuhand AG ist Inhaberin eines Wechsels über Fr. 200'000.--, den W. Gantenbein in Tagelswangen am 18. November 1966 ausgestellt und Rudy Meyer-Asensio in Madrid, für den die Bank Germann & Co. in Basel Wechselbürgschaft leistete, angenommen hat. Am 5. Mai 1967, fünf Monate vor Verfall dieses Wechsels, wurde über die Bank Germann & Co. der Konkurs eröffnet. In diesem Konkurs meldete der Vertreter der Partinvest Treuhand AG am 10. Juli 1967 deren Wechselforderung zur Kollokation an mit dem Bemerken: "Ohne Rechtspflicht wird meine Klientschaft am 5. Oktober 1967 beim Akzeptanten und /oder andern Wechselverpflichteten den Wechsel präsentieren. Um den allfällig eingehenden Betrag würde sich die Wechselforderung in der Folge reduzieren".
Das Konkursamt Basel-Stadt, das als Konkursverwaltung amtet, liess diese Forderung in dem am 18. Mai 1968 aufgelegten Nachtrag zum Kollokationsplan nach Abzug des Zwischenzinses für die Zeit vom 5. Mai bis 5. Oktober 1967 (Art. 208 Abs. 2 SchKG) mit Fr. 195'833.35 in 5. Klassse zu. Es fügte bei:
"Die Gläubigerin wird verpflichtet, alle Teilzahlungen der Hauptschuldner der Konkursverwaltung laufend mitzuteilen und ihre Eingabe entsprechend zu ermässigen. Dividende und Verlustschein werden nur auf die bei Abschluss des Konkursverfahrens allfällig noch bestehende Restschuld ausgerichtet".
In der Anzeige vom 18. Mai 1968, mit welcher das Konkursamt der Partinvest Treuhand AG von dieser Verfügung Kenntnis gab, wurde die voraussichtliche Höchstdividende für die Gläubiger 5. Klasse auf 5% beziffert.
Die Kollokationsverfügung wurde innert der Frist von Art. 250 Abs. 1 SchKG weder durch Klage noch durch Beschwerde angefochten.

B.- Am 30. Januar 1970 legte das Konkursamt eine Abschlagsverteilungsliste auf, die für die Gläubiger 5. Klasse eine Abschlagsdividende von 10% vorsah. In der dem Vertreter
BGE 96 III 35 S. 38
der Partinvest Treuhand AG zugestellten Mitteilung über die Auflegung dieser Liste steht in der Rubrik für den Betrag der Forderung und der Abschlagsdividende:
"admittierte Maximal Forderung: Fr. 195'833.35
Zuteilung: Fr. -.-*
* Dividende (sowie später der Verlustschein) wird gemäss Kollokationsverfügung vom 18. Mai 1968 nur auf den bei Abschluss des Konkurses allfällig noch bestehenden Kapitalsaldo entrichtet. Demzufolge ist z. Zt. keine Abschlagsdividende auszurichten; diese bleibt vielmehr beim Konkursamt deponiert."
Gegen diese Verfügung führte die Partinvest Treuhand AG am 9. Februar 1970 beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Konkursgericht für Banken auf Grund von Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (BankG) Beschwerde mit dem Begehren, "es sei die auf uns entfallende Abschlagsdividende in der Höhe von 10% der zugelassenen Forderung ohne Verzug auszubezahlen". Sie machte geltend, das Konkursamt verkenne, dass der Wechselbürge nicht ein blosser Ausfallbürge sei, sondern gleich wie derjenige hafte, für den er sich verbürgt.
Das Konkursamt bemerkte in seiner Vernehmlassung, es habe sich an die rechtskräftige Kollokationsverfügung gehalten; die Beschwerdeführerin habe ihre Ansprüche gegen die aufrechtstehenden übrigen Wechselverpflichteten durchzusetzen; soweit sie von diesen Zahlung erhalte, falle die Wechselbürgschaft der Gemeinschuldnerin dahin; der Beschwerdeführerin bleibe ihr Dividendenanspruch für den Fall gewahrt, dass sie von den übrigen Wechselverpflichteten bis zum Schluss des Konkursverfahrens wider Erwarten nichts oder nicht alles erhalten sollte; es wäre wenig sinnvoll, "heute eine Abschlagsdividende auszurichten und diese auf dem Regressweg wiederum bei Wechselaussteller oder Wechselakzeptanten hereinzubringen zu suchen".
Das Appellationsgericht wies die Beschwerde am 6. April 1970 ab mit der Begründung, die angefochtene Verfügung entspreche der in Rechtskraft erwachsenen Kollokationsverfügung vom 18. Mai 1968, da das Konkursverfahren noch nicht abgeschlossen sei und die Beschwerdeführerin erst in jenem Zeitpunkt Anspruch auf eine Dividende habe.
BGE 96 III 35 S. 39

D.- Den Entscheid des Appellationsgerichts hat die Beschwerdeführerin auf Grund von Art. 36 Abs. 2 BankG und Art. 53 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung zum BankG vom 30. August 1961 an das Bundesgericht weitergezogen.

Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Der Wechselbürge haftet nach Art. 1022 Abs. 1 OR in der gleichen Weise wie derjenige, für den er sich verbürgt hat. Er wird nach aussen, gegenüber dem Wechselgläubiger, nicht als Bürge behandelt, sondern ist Solidarschuldner der Wechselverbindlichkeit (Art. 1044 Abs. 1 OR) und hat weder wie ein einfacher Bürge die Einrede der vorgängigen Belangung desjenigen, für den er sich verbürgt hat, noch (bei mehrfacher Wechselbürgschaft) die Einrede der Teilung der Schuld (GUHL, Das schweiz. OR, 5. A. 1956, S. 740; im gleichen Sinne schon der zu Art. 808 aoR ergangene EntscheidBGE 44 II 145ff.). Seine Verpflichtung hängt zwar ihrem Inhalt nach von der Verpflichtung desjenigen ab, für den er sich verbürgt hat (BGE 84 II 648 E. 2; GIOVANOLI, Kommentar zum revidierten Bürgschaftsrecht, 1942, N. 16 zu Art. 492 OR; GUHL, a.a.O.). Im übrigen handelt es sich dabei aber um eine selbständige Wechselverpflichtung (vgl. die eben genannten Autoren). Die Belangbarkeit des Wechselbürgen setzt demgemäss im Unterschied zur Belangbarkeit des Solidarbürgen (Art. 496 OR) nicht voraus, dass derjenige, für den er sich verbürgt hat, mit seiner Leistung in Rückstand gekommen und erfolglos gemahnt worden oder offenkundig zahlungsunfähig ist. Es steht vielmehr im Belieben des Wechselgläubigers, den Wechselbürgen vor den andern Wechselverpflichteten zu belangen (vgl. Art. 1044 Abs. 2 OR).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Wechselbürge in Konkurs fällt. Der Wechselgläubiger ist auch in diesem Falle befugt, zunächst den Wechselbürgen in Anspruch zu nehmen, und zwar selbst dann, wenn die verbürgte Wechselschuld zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht fällig war. Als selbständige Verbindlichkeit wird die Schuldpflicht des Wechselbürgen gemäss Art. 208 Abs. 1 SchKG mit der Konkurseröffnung über ihn gegenüber der Konkursmasse fällig. (Auch wenn das nicht der Fall wäre, könnte übrigens die Forderung aus der Wechselbürgschaft im Konkurs des Wechselbürgen nach
BGE 96 III 35 S. 40
Art. 215 SchKG sofort geltend gemacht werden; vgl. JAEGER N. 1 zu Art. 215 SchKG). Teilzahlungen, die der Wechselgläubiger vor der Anmeldung seiner Forderung im Konkurs des Wechselbürgen von andern Wechselverpflichteten erhalten hat, hindern ihn nach Art. 217 Abs. 1 SchKG nicht, in diesem Konkurs die Wechselforderung in ihrem vollen ursprünglichen Betrage anzumelden. Die Wechselforderung bleibt als Konkursforderung auch dann im vollen ursprünglichen Betrage aufrecht, wenn der Wechselgläubiger nach ihrer Anmeldung und Kollokation von andern Wechselverpflichteten teilweise oder ganz befriedigt wird (vgl. JAEGER N. 3 zu Art. 217 SchKG). Der Wechselgläubiger erhält nach Art. 217 Abs. 3 SchKG die auf den vollen Forderungsbetrag entfallende Dividende, soweit er darauf zu seiner vollständigen Befriedigung angewiesen ist. Aus einem allfälligen Überschuss erhalten die rückgriffsberechtigten andern Wechselverpflichteten, die Zahlungen geleistet haben, nach der gleichen Bestimmung die auf ihre Regressforderungen entfallenden Dividenden (vgl. JAEGER N. 14 zu Art. 217 SchKG undBGE 44 III 194). Der Rest verbleibt der Masse (Art. 217 Abs. 3 a. E. SchKG). Die Tatsache, dass der Wechselgläubiger nach der Kollokation seiner Forderung im Konkurs des Wechselbürgen von andern Wechselverpflichteten Zahlungen erhält, erlaubt der Konkursverwaltung also nicht, in Anwendung der Regeln, die gewöhnlich gelten, wenn eine kollozierte Forderung nachträglich ganz oder teilweise untergeht (BGE 39 I 666/67,BGE 52 III 121, BGE 87 III 84; zur Veröffentliche bestimmter Entscheid vom 16. Februar 1970 i.S. BEURET, E. 3 Abs. 3), die Auszahlung der Dividende für die volle Forderung unter Ansetzung einer Klagefrist (BGE 52 III 121) zu verweigern und dem teilweise befriedigten Wechselgläubiger nur die Dividende auszurichten, die auf den noch ausstehenden Betrag der Wechselforderung entfällt.
Hat sich der Gemeinschuldner für den Akzeptanten, d.h. für den Haupt- und Endschuldner aus dem gezogenen Wechsel (GUHL, a.a.O. S. 732) verbürgt, so sind mit Ausnahme des Akzeptanten alle Wechselverpflichteten, die Zahlungen leisteten, im Sinne von Art. 217 Abs. 3 SchKG rückgriffsberechtigt. Anderseits erwirbt die Konkursmasse des Wechselbürgen gemäss Art. 1022 Abs. 3 OR (der im Falle der Wechselbürgschaft anstelle von Art. 215 Abs. 2 Satz 1 SchKG eingreift) für den Betrag, den der Wechselgläubiger aus dem Konkurserlös
BGE 96 III 35 S. 41
erhält, die Rechte aus dem Wechsel gegenüber demjenigen, für den der Gemeinschuldner sich verbürgt hat, und gegen alle, die diesem wechselmässig haften, im Falle der Wechselbürgschaft für den Akzeptanten also die Rechte gegen diesen und nur gegen diesen, da dem Akzeptanten als dem Endschuldner aus dem gezogenen Wechsel kein anderer Wechselverpflichteter wechselmässig haftet. (Zum partiellen Übergang der Rechte aus dem Wechsel im Falle, dass der Wechselbürge die Wechselforderung nur zum Teil bezahlt, vgl. JACOBI, Wechsel- und Scheckrecht, Berlin 1955, S. 690 sowie BAUMBACH/HEFERMEHL, Wechsel- und Scheckgesetz, 7. A. 1962, N. 3 a.E. zu Art. 32 des deutschen Wechselgesetzes, der mit Art. 1022 OR übereinstimmt).
Diese Grundsätze hat das Konkursamt im vorliegenden Falle verkannt, indem es annahm, die Rekurrentin sei verpflichtet, ihre Ansprüche gegen die aufrechtstehenden übrigen Wechselverpflichteten durchzusetzen; sie habe, wenn sie von diesen Zahlung erhalte, nur Anspruch auf die Dividende, die auf die bei Abschluss des Konkursverfahrens allfällig noch bestehende Restforderung entfalle, und könne aus diesen Gründen an einer vorher durchgeführten Abschlagsverteilung nicht teilnehmen; die Konkursmasse des Wechselbürgen brauche sich nicht auf den Weg des Rückgriffs gegen andere Wechselverpflichtete verweisen zu lassen. Die Beschwerde, mit der die Rekurrentin die Ausrichtung der auf ihre kollozierte Forderung entfallenden Abschlagsdividende verlangt, ist nach dem Gesagten materiell begründet, da nicht geltend gemacht wird und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Rekurrentin von andern Wechselverpflichteten Zahlungen erhalten habe, die zusammen mit dieser Dividende die volle Wechselforderung übersteigen würden. Es kann sich daher nur noch fragen, ob die Beschwerde, wie die Vorinstanz angenommen hat, an der Rechtskraft der Verfügung des Konkursamts vom 18. Mai 1968 bzw. daran scheitere, dass die Rekurrentin es unterlassen hat, jene Verfügung innert der Frist des Art. 250 Abs. 1 SchKG anzufechten.

2. Nach Art. 244 ff. SchKG und Art. 56 ff. KV, die ohne Abweichung im Sinne von Art. 36 Abs. 3 BankG auch für den Konkurs einer Bank gelten (BGE 86 III 119), enthält der Kollokationsplan die Entscheidungen der Konkursverwaltung (eventuell des Gläubigerausschusses) über die Zulassung und
BGE 96 III 35 S. 42
den Rang der angemeldeten und der aus den Grund- und Hypothekenbüchern ersichtlichen Forderungen und Ansprüche gegen den Gemeinschuldner (wobei im Konkurs einer Bank nach Art. 36 Abs. 4 BankG die aus den Büchern der Bank ersichtlichen Forderungen als angemeldet gelten). Der Kollokationsplan hat sich über die Zulassung oder Abweisung einer Forderung eindeutig auszusprechen (BGE 85 III 96). Bedingte Zulassungen oder Abweisungen sind unstatthaft (Art. 59 Abs. 2 KV), ebenso grundsätzlich die Abweisung einer Forderung zur Zeit (BGE 51 III 200E. 1). Ob es sich bei der im Kreisschreiben Nr. 10 des Bundesgerichts vom 9. Juli 1915 (BGE 41 III 240) vorgesehenen Kollokation von Forderungen, deren vom Gemeinschuldner vorgenommene Tilgung paulianisch angefochten wird und die bei Gutheissung der Anfechtungsklage gemäss Art. 291 Abs. 2 SchKG wieder in Kraft treten, um die - allgemein zulässige - Kollokation einer bedingten Forderung oder um eine - für diesen Sonderfall ausnahmsweise zugelassene - bedingte Kollokation handle (im ersten SinneBGE 79 III 36, im zweiten Sinne - ohne Auseinandersetzung mit dem eben genannten Entscheide - BGE 83 III 44 E. 2), ist praktisch bedeutungslos und kann jedenfalls im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, da hier die Kollokation einer solchen Forderung nicht in Frage steht. Dass die Konkursverwaltung mit der Kollokation einer Forderung Auflagen verbinden könne, ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil über den Bestand, die Höhe oder den Rang seiner eigenen Forderung oder der Forderung eines andern Gläubigers nicht richtig entschieden worden sei, hat binnen zehn Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung der Auflegung des Kollokationsplans gegen die Konkursmasse bzw. gegen den andern Gläubiger Klage zu erheben (Art. 250 Abs. 1 und 2 SchKG). Verfahrensfehler, die bei der Aufstellung des Kollokationsplans begangen wurden sein sollen, sind durch Beschwerde geltend zu machen (BGE 85 III 97 mit Hinweisen), und zwar gilt dafür die gleiche Frist wie für die Klage (BGE 93 III 87, Entscheid vom 16. Februar 1970 i.S. BEURET E. 1). Vorbehalten bleibt die grundsätzlich jederzeit mögliche Aufhebung schlechthin nichtiger Verfügungen von Amtes wegen (vgl. BGE 93 III 87).
Im vorliegenden Falle bot die eigentliche Kollokationsverfügung des Konkursamtes der Rekurrentin weder zu einer
BGE 96 III 35 S. 43
Klage noch zu einer Beschwerde Anlass; denn die von ihr angemeldete Forderung (für die sie kein Privileg in Anspruch nahm) wurde nach Vornahme der in Art. 208 Abs. 2 SchKG vorgeschriebenen Diskontierung (Abzug des Zinses für die Zeit von der Konkurseröffnung bis zum Verfall des Wechsels) in klarer und unbedingter Form im vollen Betrage zugelassen.
Der Zusatz, den die Konkursverwaltung der eigentlichen Kollokationsverfügung beifügte, konnte die Rekurrentin ebenfalls nicht zu einer Klage veranlassen, da er nichts daran änderte, dass ihre Forderung entsprechend ihrer Konkurseingabe kolloziert wurde.
Die Rekurrentin brauchte den erwähnten Zusatz aber auch nicht innert der Frist des Art. 250 Abs. 1 SchKG durch Beschwerde anzufechten, um eine ungerechtfertigte Verschlechterung ihrer Rechtsstellung zu verhindern.
a) Haften für eine Konkursforderung neben dem Gemeinschuldner weitere Personen solidarisch, wie es für die Forderung der Rekurrentin zutrifft, so hat die Konkursverwaltung ein berechtigtes Interesse daran, von den Zahlungen, die der Gläubiger von diesen andern Personen erhält, in Kenntnis gesetzt zu werden; denn sie hat nach Art. 217 Abs. 3 SchKG darüber zu wachen, dass der Gläubiger von der auf den ursprünglichen Forderungsbetrag entfallenden Dividende nicht mehr erhält, als zusammen mit den Zahlungen von Mitverpflichteten des Gemeinschuldners zu seiner vollen Befriedigung nötig ist. Daher ist nicht zu beanstanden, dass die Konkursverwaltung die Rekurrentin bei der Kollokation ihrer Forderung einlud, solche Zahlungen zu melden. Die Rekurrentin wendet denn auch hiegegen nichts ein.
b) Indem die Konkursverwaltung die Rekurrentin darüber hinaus verpflichtete, ihre Konkurseingabe "entsprechend zu ermässigen", d.h. den angemeldeten Forderungsbetrag um die allfällig eingehenden Zahlungen anderer Wechselverpflichteter herabzusetzen, hat sie dagegen eine Anordnung getroffen, die nicht bloss gegen Art. 217 SchKG verstiess, sondern mit der sie offensichtlich den Rahmen ihrer Amtsbefugnis überschritt. Die angemeldete Forderung unter gewissen Voraussetzungen ganz oder teilweise fallen zu lassen, kann einem Gläubiger nicht befohlen werden. Diese Anordnung ist daher nichtig. Das Konkursamt hielt damit nicht etwa bloss ein von der Rekurrentin freiwillig gemachtes Zugeständnis fest. Wenn die Rekurrentin
BGE 96 III 35 S. 44
in der Konkurseingabe bemerkte, um den allfällig vom Akzeptanten oder von einem andern Wechselverpflichteten eingehenden Betrag "würde sich die Wechselforderung in der Folge reduzieren", so hiess das nur, sie lasse sich einen solchen Betrag auf ihre Forderung aus dem Wechsel anrechnen. Sie erklärte sich dagegen mit dieser Bemerkung nicht auch damit einverstanden, dass allfällige Zahlungen anderer Wechselverpflichteten entgegen Art. 217 SchKG von dem als Konkursforderung angemeldeten und zugelassenen Betrage nachträglich abgezogen werden.
c) Im Zusammenhang mit der Kollokation war nicht darüber zu entscheiden, auf Grund welchen Forderungsbetrages im Falle, dass nach der Kollokation andere Wechselverpflichtete Zahlungen leisten sollten, die Konkursdividende der Rekurrentin zu berechnen sei. Die Entscheidung hierüber gehörte vielmehr erst in die Verteilungsliste. Die Rekurrentin brauchte deshalb die Bemerkung des Konkursamtes im Kollokationsplan, die Dividende werde "nur auf die bei Abschluss des Konkursverfahrens allfällig noch bestehende Restschuld ausgerichtet", nicht als eine Verfügung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG aufzufassen, gegen die sie bei Gefahr der Verwirkung innert der Frist von Art. 17 Abs. 2 bzw. 250 Abs. 1 SchKG hätte Beschwerde führen müssen, sondern sie durfte darin die blosse Ankündigung erblicken, nach welchen Regeln das Konkursamt in einem spätern Verfahrensstadium handeln werde, wenn bis dahin gewisse nicht bestimmt voraussehbare Tatsachen (Teilzahlungen anderer Wechselverpflichteter in unbekannter Höhe) eintreten sollten. Solche Äusserungen eines Amtes sind nicht durch Beschwerde anzufechten, weil dadurch die Rechtsstellung der Personen, an die sie sich richten, noch nicht in bestimmter, konkreter Weise beeinträchtigt wird (vgl.BGE 43 III 93E. 3, BGE 85 III 92 E. 2, BGE 94 III 88 E. 2). Die Beschwerde hat sich vielmehr gegebenenfalls erst gegen die Anordnung zu richten, die das Amt nach Eintritt der ins Auge gefassten Tatsachen in Anwendung der von ihm verkündeten Richtlinien trifft. Ein vorher durchgeführtes Beschwerdeverfahren würde sich im Falle des Nichteintritts der fraglichen Tatsachen als zwecklos erweisen. Die Rekurrentin war daher befugt, gegen die Abschlagsverteilungsliste, die ihr unter Hinweis auf die Bemerkung im Kollokationsplan die Ausrichtung einer Abschlagsdividende verweigerte, binnen zehn Tagen seit Erhalt
BGE 96 III 35 S. 45
der Anzeige der Auflegung dieser Liste (vgl. das Konkursformular Nr. 10 und BGE 94 III 53 E. 5) wegen Verletzung der für die Verteilung des Konkurserlöses geltenden Vorschriften Beschwerde zu führen, wie sie es getan hat. Dass ihr durch die erwähnte Bemerkung im Kollokationsplan der Anspruch auf eine Abschlagsdividende von vornherein abgesprochen worden sei, konnte die Rekurrentin nach Erhalt der Anzeige über die Auflegung des Nachtrages zum Kollokationsplan vom 18. Mai 1968 um so weniger annehmen, als die Gläubiger 5. Klasse nach dieser Anzeige höchstens eine Dividende von insgesamt 5% erwarten konnten, so dass mit einer Abschlagsverteilung überhaupt nicht zu rechnen war.
Kann der Rekurrentin somit nicht schaden, dass sie es unterlassen hat, im Anschluss an die Auflegung des Nachtrags zum Kollokationsplan Beschwerde zu führen, sondern ist sie befugt, die von ihr behauptete Rechtsverletzung durch Beschwerde gegen die Abschlagsverteilungsliste (und nötigenfalls später gegen die Schlussverteilungsliste) geltend zu machen, so ist ihre Beschwerde aus den in Erwägung 1 hievor dargelegten Gründen zu schützen. Das Konkursamt kann zur Sicherung des Rückgriffsrechts der Masse verlangen, dass ihm für die Abschlagszahlung eine Quittung erteilt und diese Zahlung auf dem Wechsel vermerkt und ihm eine beglaubigte Abschrift des in der Hand der Rekurrentin bleibenden Wechsels ausgehändigt wird (vgl. Art. 1029 Abs. 3 OR und BAUMBACH/HEFERMEHL a.a.O.; was dieser Autor über die Zahlung eines Teilbürgen ausführt, muss auch für die Teilzahlung eines für den vollen Wechselbetrag haftenden Bürgen gelten). Der Vermerk auf dem Wechsel verhindert, dass die Rekurrentin von andern Wechselverpflichteten Zahlungen erheben könnte, die zusammen mit der Abschlagsdividende mehr als die volle Wechselforderung ausmachen würden.

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Konkursverwaltung angewiesen, die auf die Forderung der Rekurrentin entfallende Abschlagsdividende von 10% ohne Verzug auszuzahlen.

Inhalt

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Sachverhalt

Erwägungen 1 2

Dispositiv

Referenzen

BGE: 93 III 87, 84 II 648, 87 III 84, 86 III 119 mehr...

Artikel: Art. 208, 217 SchKG, Art. 250 Abs. 1 SchKG, Art. 217 Abs. 3 SchKG, Art. 1022 OR mehr...